Sukkot

Sukkot – aber wie selber machen?

Die Nähe zu den geistig sehr anspruchsvollen „ehrfürchtigen“ Tagen lässt schnell vergessen, dass ein weiterer Feiertag folgt, der den Herbst, die Jahreszeit in der es auf unserem Teil der Erde ja zunehmend ungemütlicher und dunkler wird, etwas auf den Kopf stellt. Auf den Kopf, weil mit dem Beginn des Herbstes eine Zeit beginnt, die in der jüdischen Tradition „Zman Simchatejnu“ genannt wird „Zeit unserer Freude“. Dies ist ein Name von Sukkot; wie er etwa in der Amidah für die Festtage erscheint. Diese „Zeit der Freude“ bildet einen interessanten Kontrast zu den „ehrfurchtsvollen“ Tagen die von Rosch haSchanah bis Jom Kippur andauern.

Eine Sukkah
Eine Sukkah


Die zeitliche Nähe zu den Hohen Feiertagen erfordert jedoch von denjenigen, die Sukkot bewusst erleben wollen – und die Leser dieses Artikels gehören mit Sicherheit dazu – eine sorgfältige Planung die bereits vor den Hohen Feiertagen beginnen sollte. Eventuelle Besorgungen müssten auch schon vor Rosch haSchanah getätigt werden. Im schlechtesten Fall bleiben nach Jom Kippur maximal zwei Werktage, um vielleicht in den Baumarkt zu fahren oder ein paar Dinge zu besorgen. Übrigens heißt es sogar, man soll sich nach dem Ausgang von Jom Kippur direkt an die Arbeit machen.

Was besorgt werden müsste und warum, das werden wir im Folgenden betrachten.

Im Idealfall wird es zwei Gruppen von Lesern geben:
Diejenigen, die selber eine Sukkah aufstellen könnten oder das auch schon gemacht haben und diejenigen, die darauf angewiesen sind, dass die Mitglieder der ersten Gruppe sie in die Sukkah einladen.

In der Praxis gibt es jedoch noch eine dritte Gruppe: Diejenigen Leser, die eine Einhaltung von Sukkot „schwierig“ finden: Der Bau einer Sukkah erfordere doch sicher einige Kenntnisse, man hat keine Möglichkeit eine Sukkah aufzustellen, die Gemeinde vor Ort baue keine, man habe wenig Zeit, draußen sei es im Oktober zu ungemütlich etc. Auch wenn Ihnen diese Argumente bekannt vorkommen, sei Ihnen gesagt: Es ist nicht zu spät zu beginnen. Die Tatsache, dass etwas schwierig ist, sollte uns nicht davon abhalten, etwas nicht zu tun. Die Haltung, dass man Schwierigkeiten lieber aus dem Wege geht, indem man die Projekte lieber erst gar nicht angeht, ist offensichtlich keine moderne Erfindung. Die jüdische Tradition kennt vielerlei Aufforderungen die genau dies abwenden wollen. „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ gehört zu den Klassikern unter diesen Appellen. Halten Sie es lieber mit Franz Rosenzweig, der gefragt wurde, ob er morgens Teffilin legt. Er antwortete mit „noch nicht“ statt mit „Nein“ und zeigte damit, dass er bereit sei, dies zu tun, wenn der Zeitpunkt gekommen wäre. Nun wird es also Zeit für Sukkot.

Sukkot kann durchaus ähnlich stimmungsvoll werden, wie Chanukkah und Pessach und es zu einem Familienfest machen, dessen Rituale und Traditionen Sie möglicherweise ungeduldig im nächsten jüdischen Jahr erwarten.

Es wird nicht überraschen, dass der Bau einer Sukkah der zentrale Vorschlag ist. Auch wenn es zunächst nach einer unmöglichen Aufgabe ausschaut, so ist es doch wirklich ein spannendes und auch lustiges Projekt für die gesamte Familie. Zudem ist es einfacher als man zunächst denken würde.

In den USA kann man sich eine Sukkah fertig im Internet bestellen. In Deutschland sind Sie zunächst auf sich gestellt bei der Erfüllung dieser wichtigen Mitzwah.

Was ist wichtig an einer Sukkah? Eine Sukkah wird dadurch charakterisiert, dass sie in jedem Jahr neu errichtet werden muss. Eine Sukkah die auch das Jahr über aufgebaut ist, verliert ihre Bedeutung und gilt nicht mehr als Sukkah. Sie ist ja keine „temporäre“ Behausung mehr.

Das Dach muss aus „abgeschnittenen“ Materialien sein. In Frage kämen also Holz oder Holzlatten (jedoch nicht befestigt), Tannenzweige, große Äste oder ähnliches. Auch aus ästhetischen Überlegungen sollten farbige Folien vermieden werden, durchsichtige Folie könnte das eigentliche Dach vor Regen schützen. Der Grad ist schmal, halachisch betrachtet muss eine Sukkah so beschaffen sein, dass sie mehr Schatten spendet, als Sonne durch das Dach eingelassen wird. Auf der anderen Seite muss das Dach so beschaffen sein, dass man die Sterne sehen kann. Bei den Wänden besteht etwas mehr Freiraum, denn als Wände der Sukkah können auch gegenüberliegende Wände zweier Häusern sein. Die Sukkah müsste also drei Wände haben.

Auch zur Größe gibt es Anforderungen. Die Sukkah sollte groß genug sein, um eine Person und einen Tisch aufnehmen zu können. Als Wände könnten Sie drei Rahmen fertigen, die dann miteinander verbunden werden und die das Dach tragen. Man könnte auch vier Pfosten im Boden verankern und zwischen ihnen die Wände einziehen. Im Prinzip sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Örtliche Gegebenheiten können berücksichtigt werden. Doch Vorsicht, eine Sukkah auf dem Balkon klingt verlockend und einfach. Das ist jedoch nur dann praktikabel, wenn der größte Teil des Balkons unter freiem Himmel liegt. In vielen Mehrfamilienhäusern ist häufig ein weiterer Balkon über dem eigenen. Sollte dies der Fall sein, dann sollten Sie nicht auf eine Sukkah verzichten und sich vielleicht mit einer Familie zusammentun, die eine Sukkah baut oder bauen möchte. Einige Gemeinden bauen ebenfalls Laubhütten, der Zugang ist aber hier oft auf bestimmte Gelegenheiten beschränkt.

Der Bauplan könnte schon in der Familie besprochen werden, aber richtig spannend wird es, wenn jedes Familienmitglied in den Bau miteinbezogen wird. Mit Jugendlichen könnte man in der Planungsphase darüber sprechen, welch ein Luxus es ist, ein festes Dach über dem Kopf zu haben und nur zeitweise in eine „Hütte“ zu ziehen. Ähnlich ist es mit Jom Kippur – für uns ist es Luxus fasten zu „können“, während viele Menschen fasten „müssen“ weil sie einfach nichts zu essen bekommen können. Die „Instabilität“ des Seins ist ein Thema, dass sich Jugendlichen vielleicht auf diese Weise erschließt. Das Buch Kohelet wird nicht zufällig zu Sukkot gelesen in dem es heißt, das alles Mühen auf der Welt einem Windhauch gleichzusetzen ist.

Ältere Kinder können bei der tatsächlichen Aufstellung helfen, während die jüngere mit dem Werkzeug aushelfen und es anreichen. Später könnte man sie auch mit dem Schmücken der Sukkah „beauftragen“. Schon im Vorhinein könnten kleinere Kinder Bilder malen oder thematisch passenden Schmuck herstellen. Trockene Früchte sind ebenfalls ein beliebter Schmuck.

Da die Torah uns gebietet, in der Sukkah zu „wohnen“ – „Sieben Tage sollt ihr in Hütten wohnen“ (3. Mosche 23:42), wird die Sukkah die eigentliche Wohnung der Familie. Im Unterschied zur Wohnung der Eltern, sollte es den Kindern erlaubt sein, vollständig das Regiment über die Innenausstattung der temporären Bleibe übernehmen. Die Kinder sind frei, sich Motive für die Sukah auszudenken. Zwangsläufig muss sich nicht alles um Sukkot drehen. Ein mögliches Motiv ist der Herbst insgesamt, oder eine abenteuerliche Geschichte. Selbst eine Piratenhöhle ist denkbar. Der Neid der nichtjüdischen Nachbarskinder dürfte ihnen dann zumindest sicher sein.

Da die Sukkah im Außenbereich steht und der Witterung ausgesetzt ist, kann es nicht schaden, Fotos und gemalte Bilder zuvor zu laminieren. Es kann durchaus frustrierend sein, wenn das mühsam gemalte Bild nach dem ersten (nicht sehr unwahrscheinlichen) Regenguss mit zerlaufenen Farben schlaff von der Wand hängt. Nach Sukkot müssen diese Dinge nicht entsorgt werden. Sie könnten in einer speziellen Box aufbewahrt werden und dort auf das nächste Jahr warten. Ebenso verhält es sich mit den Bauteilen für die Sukkah. Vergessen sollten Sie auch nicht, die fertige Sukkah, oder sogar schon ihr Entstehen, zu fotografieren. Legen Sie diese Bilder in die Box zu den Dekorationsartikeln und bewahren Sie sie auf. Schnell wird aus den ersten zögerlichen Schritten eine Tradition und die Erinnerung an die vergangenen Jahre wird zugleich die Entwicklung der Familie dokumentieren.

Im engsten Sinne, sollen wir in der Sukkah essen, trinken und schlafen; also regelrecht in dieser wohnen. Später wurde diese Auslegung verändert und an das mitteleuropäische Klima angepasst. Man erfüllt die Mitzwah theoretisch auch durch die Aufnahme einer Mahlzeit, oder zumindest durch den Verzehr von Brot. Wenn das Wetter es nicht zulässt, ist Kiddusch mit einem Stückchen Brot in der Größe einer Olive vollkommen ausreichend. Ist die Sukkah in direkter Nähe zur Wohnung, spricht nichts gegen die Einnahme aller Mahlzeiten in der Sukkah. Bei starkem Regen natürlich nicht. Vielleicht werden die Kinder auch Hausaufgaben in der Sukkah machen wollen. Ein besonders spannendes Erlebnis für Kinder jeden Alters wäre jedoch die Übernachtung in einer Sukkah. Sind die Gegebenheiten dementsprechend. Kinder lieben das Gefühl (sehr oft) nachts im Freien zu sein. Spannende Erzählungen im schwachen Licht oder das gemeinsame Singen im warmen Schlafsack machen den oder die Abende unvergesslich. Um tatsächlich aus der Zeit eine „Zman Simchatejnu“ machen zu können, sollte das Wetter natürlich mitspielen.

Wenn das für Ihre Familie in Frage kommt, gehören Sie zu den glücklichen Mitgliedern der ersten Gruppe, die eingangs genannt worden sind. Eine gute Gelegenheit, befreundete oder verwandte Menschen in die Sukkah einzuladen. Es ist aber auch eine gute Gelegenheit eine Familie kennen zu lernen, die noch nicht mit der ihrigen befreundet ist.

Gäste sind auch traditionell mit der Sukkah verbunden. Sieben hohe „Uschpesin“ werden in jeder Sukkah erwartet. Die Seelen Abrahams, Jitzchaks, Ja’akovs, Josefs, Mosches, Aarons und Davids werden eingeladen. An jedem Tag sitzt ein anderer Gast vorne.

Ein guter Siddur enthält die Einladungsformel für den jeweiligen ersten und übrigen Gäste. Hier bietet sich an, die Kinder raten zu lassen, welcher Gast heute erwartet wird. Eine kleine Rätselgeschichte zur jeweiligen Person bietet sich an. Anschließend könnte man auch überlegen, wen man noch gern in die Sukkah einladen würde und diese Personen oder Figuren in das Ratespiel einbeziehen.

Während in Israel Sukkot auch Ferienzeit ist – was nicht der Grund dafür ist, dass Sukkot „Zman Simchatejnu“ genannt wird – könnten die Halbfeiertage in Deutschland für besondere Aktivitäten genutzt werden. In einigen Bundesländern sind Herbstferien und für die Erwachsenen ist es Zeit, sich um ihren Resturlaub zu kümmern. Der Besuch eines Freizeitparks der im Winter geschlossen haben wird, könnte ebenso selbstverständlich gehören, wie die Sukkah. Im besonderen Maße dann, wenn Sie zur zweiten Gruppe derjenigen gehören, die keine Sukkah errichten kann. Wenn es sich ergibt, helfen Sie einer anderen Familie beim Bau ihrer Sukkah. Aber schmücken Sie auch die Wohnung daheim mit Dingen, die Sie und Ihre Kinder an Sukkot erinnern. Machen Sie aus der Zeit eine besonders fröhliche.