Schabbat

Responsum 64 des Rabbi Ja’akow Emden (1697 – 1776) zum MiScheberach am Schabbat

Die Übersetzung des Responsums hat Alexander Adler angefertigt.

Frage:

Das »mi scheberach«, das die Kantoren am Schabbat sagen — soll man es verwerfen, weil man am Schabbat nicht für etwas beten darf?

Antwort:

Man soll nicht für etwas beten, das ein aktuelles Bedürfnis ist. Geht es aber um etwas Künftiges, so stört es nicht. Ebenso ist es auch verboten, Heilpflanzen zu essen, sofern gesundheitliche Beschwerden vorliegen. Ohne dies ist es aber erlaubt. So weit das Zitat.
Ich wundere mich aber darüber, denn es sollte eigentlich umgekehrt sein: Ein aktuelles Bedürfnis sollte eher erlaubt sein! So ähnlich ist auch die Erlaubnis, die Gelübde aufzuheben bzw. um die Auflösung von Gelübden nachzufragen, wenn das für den Schabbat Nutzen hat. Was aber keinen Nutzen für den Schabbat hat, ist verboten. So wird es auch im Schulchan Aruch OC. §288 entschieden.
Einen vollständigen Beweis, dass für Zwecke, die nicht zum Nutzen des Schabbat sind, zu beten verboten ist, findet man aus dem [Talmud] Jeruschalmi, den Tur Orach Chajim §188 zitiert:
Es wäre nicht angemessen, im Birkat haMason die Phrase »unser Vater, unser König, führe uns, ernähre uns, erhalte uns …« zu lesen, wenn nicht der Text des Gebets eben so lautete. Und das, obwohl es sich hier um eine Bitte für etwas Künftiges handelt! Offensichtlich bittet man hier nicht um Essen für den aktuellen Schabbat, denn wenn man es nicht am Vortag vorbereitet hat, was soll man am Schabbat essen?! Außerdem hat man ja gerade gegessen. Es kann sich also nur um eine Bitte für etwas Künftiges handeln. Dennoch gab es Raum für das Verbot dieser Bitte, wenn nicht der Text schon feststünde. Die vermeintliche Ähnlichkeit zum Fall der Heilpflanzen trügt, weil die Heilpflanzen verboten sind, da die Gefahr besteht, dass man sie zermahlen könnte. Daher kann man diese nur bei einem Kranken erlauben, was bei einem Gesunden nicht der Fall ist, der nie auf die Idee käme, sie zu zermahlen. Aber Bitte und Gebet sind nicht wegen der Befürchtung verboten, man werde etwas zermahlen; was haben diese beiden Dinge also miteinander zu tun?!

Vielmehr scheint mir der Grund für das Verbot von Gebeten [für ein aktuelles Bedürfnis] darin zu bestehen, dass das Sprechen am Schabbat nicht wie das am Wochentag sein soll; und möglicherweise wird das Gebet erhört. Daher soll man für einen Kranken nicht beten, außer, wenn seine Krankheit einen unerwartet schweren Verlauf nimmt. Ein solcher Fall stellt eine plötzlich eintretende Notwendigkeit dar, eine Lebensgefahr. Jeder aber, der sich nicht in Lebensgefahr befindet, soll auf das Verdienst des Schabbat vertrauen und nicht um seine Angelegenheit bitten, wie er es am Wochentag tut. Das meint man übrigens auch mit der Aussage, dass dieser Tag prinzipiell für das wochentägliche Gebet mit 18 Segenssprüchen geeignet wäre, man es aber wegen Belästigung der Gemeinde unterlässt und nur die sieben Segenssprüche des Schabbat-Gebetes liest — uns ist nämlich geboten, den Schabbat zu genießen und nicht wie am Wochentag lang und breit unsere Bitten darzulegen. Das wäre nämlich eine Belästigung der Gemeinde. Es ist übrigens auch egal, ob es allgemein formuliert ist oder mit ausdrücklicher Nennung wie bei unserem Text des »mi scheberach« — es ist insgesamt verboten. Erst recht natürlich ist es für einen Gesunden verboten, der für so etwas überhaupt kein Bedürfnis hat, wie man aus dem Vergleich mit den 18 Segenssprüchen des wochentäglichen Gebets versteht. So geht es auch aus dem Jeruschalmi-Zitat oben hervor. Dass man heutzutage »mi scheberach« zu sagen pflegt, ist ein Fehler, den die Kantoren begehen, und diejenigen, die sie darin bestärken. Es gibt nichts, worauf sie sich stützen können. Sie tun es nur zum eigenen Vorteil, und sprechen sich selber für glücklich, weil sie andere segnen, und wenden sich nicht der Besserung zu. Ein weiteres Problem ist das Versprechen von Geldbeträgen, wie ich zur Stelle schreibe, siehe in meinem Werk. Nur leider haben wir nicht die Macht, diese Leute zurechtzuweisen, weil der Brauch sich bereits seit langen Jahren eingebürgert hat.
Glücklich ist, wer die Einführer dieses Brauches von ihrer Stelle bringt. Dass man in früherer Generation allerdings ausgerechnet für Schabbat das Gebet »jekum purkan« festgelegt hat, scheint daran zu liegen, dass sich am Wochentag nicht so viele Leute in die Synagoge versammeln wie am Schabbat, wenn sie nämlich alle kommen. Sie haben es auch für gut gehalten, einen allgemeinen Segen für die Ehre der Tora und der Tora-Lerner festzusetzen, der von jedem Einzelnen zugleich gesagt wird, um die Macht der Religion zu bestärken, wie es dem Bedürfnis der Generation in dieser langen und bitteren Verbannung entspricht.
Geht es um die Bedürfnisse der Mehrheit, stört es uns nicht, denn dafür haben unsere Weisen die Wendungen »sochrenu« bzw. »mi chamocha« an den hohen Feiertagen festgelegt. Aber ein »mi scheberach« für jeden Einzelnen, der es will, ist bestimmt nicht in Ordnung, und es ist auch eine große Belästigung für die Gemeinde, hat man doch schließlich sogar die 18 Segen deswegen gekürzt.
Heutzutage pflegt man »mi scheberach« lange auszuschleppen und braucht dazu mitunter bis zum Mittag.
Es ist eine Schande der Anführer, und hätte ich die Macht, hätte ich es abgeschafft.
יעב“ץ ס«ט.

Nach dem Text aus:
שאילת יעבץ חלק א-ב
עמדין, יעקב בן צבי יעב“ץ
Lemberg 1739

Hebräischer Text

תמיהא רבתא על בהל“קט במ“ש על ענין מ“ש שעושין החזנים בשבת שמהפך הסברות לעקור הלכה קבועה
שם שאלה ס“ג מי שבירך שאומרים החזנים בשבת אם יש לחוש משום שאין להתפלל בו. תשו‘ אין להתפלל על דבר שהוא צורך היום. אבל דבר שהוא להבא אין בכך כלום. ה“נ אין לאכול סמים של רפואה דווקא כשיש מיחוש. אבל בל“ז מותר עכ“ל.

ותמיהני ע“ז דאזיל בתר איפכא דאיברא הכא איפכא מסתברא דדבר שהוא צורך היום יש להתיר יותר. זכר לדבר מפירין נדרים ונשאלין לנדרים שהן לצורך השבת. אבל מה שאינו לצורך השבת יאסר. וכן נפסק בש“ע סי‘ רפ“ח בנ“ז:

וראיה גמורה שמה שאינו לצורך השבת אסור בתפלה. מן הירו‘ שהביא בטור סי‘ קפ“ח שהיה בדין שלא לומר בשבת. בבה“מ נוסח אבינו מלכנו רענו זונינו פרנסינו. אם לא שמטבע ברכות כך הוא. הרי שאע“פ שהוא נוסח תפלה להבא. דבודאי אינו מבקש על פרנסת היום בשבת שעומד בה. שאם לא טרח בע“ש מהיכן יאכל בשבת. וגם כבר אכל. ועל כרחין אינו אלא לשון בקשה להבא. ואעפ“כ היה מקום לאוסרו. אם לא מטעם שמטבע ברכה כך הוא:

ומה שדימה לסמים של רפואה לא דמי אלא כאוכלא לדנא. דסמים נאסרו משום גזרת שחיקת סממנין. משו“ה בחולה דווקא יש מקום לאוסרן. משא“כ בבריא. שבודאי לא יבא לידי כך. אבל תפלה ובקשה בשבת לא נאסרה משום גזרה דשחיקה. ומה ענין זה לזה:

ופשיטא טובא דלא ש“ד מתרי טעמי
ונ“ל טעם מניעת הבקשה בשבת משום שלא יהא דיבורך של שבת כשל חול ויכולה היא שתרחם. לכן אין לבקש על החולה אם לא תקף עליו חליו. דצורך שעה הוא ופיקוח נפש. וכל שאין בו סכנה יש לו לבטוח בזכות שבת ולא יבקש צרכיו כדרך שעושה בחול. והיינו נמי דאמרינן דהיום הוא ראוי לתפלת י“ח. אלא משום טורח הציבור אין מתפללין בו י“ח רק ז‘ ברכות. דהיינו משום שנצטוינו לענג השבת. ושלא נאריך בו בבקשתנו כמו בחול. האי הוא טירחא דצבורא. ולא שנא דרך כללי. או פרטי כמו שהוא הנוסח דמי שבירך. הכל אסור. וכ“ש לבריא שאין בו צורך כלל לבו ביום. דפשיטא דאסור וק“ו מתפלת י“ח. וכמ“ש גם מהירושלמי הנ“ל. לכן אותו מנהג שנהגו לברך. טעות הוא בידי החזנים. והנושאים להם פנים. ואין להם על מה שיסמוכו. רק לטובתן ולהנאתן עושים והתברכו בלבבם למען יתברכו. ולא ילפינן ממקלקלתא. גם יש בו משום פיסוק מעות כמ“ש במקומו בס“ד וע“ש בחיבורי. אלא שאין כחנו יפה למחות מאחר שכבר נהגו משנים קדמוניות. ואשרי שיאחז במעוז הדת ונפץ עלולי המנהגים הגרועים. אל הסלעים:

והתנצלות בעד הקדמונים שקבעו בקשת יקום פורקן ודכוותה בשבת
ומה שתיקנו הראשונים יקום פורקן לכתחלה דווקא בשבת. נראה משום דבימות החול לא היו העם מתקבצים לבה“כ כמו ביש“ק שנאספין כולן. וראו לתקן ברכה כללית לכבוד תורה וללומדיה. שתהא נאמרת מפי כל הציבור כאחד. להחזיק במעוז הדת כפי צורך הדורות באורך הגלות המר. ובצרכי רבים לית לן בה. דמשו“ה דכוותה קבעי רבנן. זכרנו ומי כמוך בר“ה ויה“כ. ואף בג‘ ראשונות. אבל מי שברך לכל יחיד שירצה. ודאי אינו נכון כלל. ויש בו ג“כ משום טירחא דציבורא טובא. דאפי‘ תפלת י“ח קצרו משו“ה. ועכשיו נוהגין להאריך במ“ש ולפעמים מתעכבין עד חצות. עלבון המנהיגים הוא. אי איישר חילי אבטליניה. יעב“ץ ס“ט:

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