Talmud-Übersetzung

Traktat Chullin

Der Beginn des Traktats Chullin in deutscher Übersetzung – mit Verdeutlichung der Frage-Antwort-Struktur.

2a 2b 3a 3b 4a 4b

2a

מתני׳ הכל שוחטין ושחיטתן כשרה חוץ מחרש שוטה וקטן שמא יקלקלו את שחיטתן וכולן ששחטו ואחרים רואין אותן שחיטתן כשרה:

MISCHNAH:
Alle können schlachten und ihre Schlachtung ist gültig, außer die eines Taubstummen [Cheresch חרש], einer dummen Person [Schoteh שוטה] oder die eines Minderjährigen [Katan קטן], damit sie die Schlachtung nicht verpfuschen. Wenn aber jemand von ihnen geschlachtet hat und andere dabei waren, dann ist ihre Schlachtung gültig.

GEMARA:

גמ׳ הכל שוחטין לכתחלה ושחיטתן כשרה דיעבד
אמר ליה רב אחא בריה דרבא לרב אשי וכל הכל לכתחלה הוא אלא מעתה הכל ממירין אחד האנשים ואחד הנשים ה“נ דלכתחלה הוא והא כתיב (ויקרא כז, י) לא יחליפנו ולא ימיר אותו טוב ברע או רע בטוב
התם כדקתני טעמא לא שהאדם רשאי להמיר אלא שאם המיר מומר וסופג את הארבעים
אלא הכל מעריכין ונערכין נודרין ונידרין הכי נמי דלכתחלה והא כתיב (דברים כג, כג) וכי תחדל לנדור לא יהיה בך חטא
וכתיב (קהלת ה, ד) טוב אשר לא תדור משתדור ולא תשלם ותניא טוב מזה ומזה שאינו נודר כל עיקר דברי רבי מאיר ר‘ יהודה אומר טוב מזה ומזה נודר ומשלם ואפי‘ רבי יהודה לא קאמר אלא באומר הרי זו אבל

Frage »Alle können schlachten« heißt es an erster Stelle (le’chatchillah לכתחלה von vorneherein), dann heißt es, ihre Schlachtung sei gültig?
Gegenfrage Rav Acha, der Sohn von Rava sagte zu Rav Aschi:
Ist denn überall, wo es alle (haKol) heißt, an erster Stelle zu verstehen, aber es heißt: »alle können eintauschen« 1ein profanes Tier für ein geweihtes; Temurah 7a in Bezug auf Lev. 27:10, »Männer wie Frauen«, es ist also so, dass es le’chatchillah zu verstehen wäre, aber es steht geschrieben: »Er soll es nicht austauschen oder auswechseln, ein gutes auf ein schlechtes oder ein schlechtes auf ein gutes!« 2Lev. 27:10?
Antwort Dort wird es erklärt: »nicht, dass man umtauschen dürfe, als vielmehr, wenn man es getan hat, es gültig sei und man vierzig Peitschenhiebe erhalte.«

Frage Aber es steht geschrieben: »Alle können einen Erech (eine Abschätzung 3den Wert eines Menschen, nach der absoluten Schätzung in der Torah, Lev. 27, 1-8) erklären, oder ihr Erech kann erklärt werden oder ihren eigenen Erech erklären.« 4Arachin 2a Es ist so, le’chatchillah, aber es heißt auch: »wenn du zu geloben unterlässt, so haftet dir keine Sünde an.« Und weiter: »besser, dass du nicht gelobst, als dass du gelobst und nicht bezahlst« 5Kohelet 5:4. Weiter heißt es in einer Barajta: »Besser als das eine und das andere, wenn man überhaupt nicht gelobt« sind die Worte Rabbi Meirs.

[ר‘ יהודה אומר] R. Jehuda sagt, besser als dies und jenes 6Als geloben und nicht halten, oder gar nicht geloben ist, wenn man ein Gelübde tut und es einlöst.
Und selbst Rabbi Jehuda meint es nur in dem Falle, wenn er sagt: Wirklich, dieses da [gelobe ich].

2b

אבל אמר הרי עלי לא
וכל הכל לאו לכתחלה הוא אלא הכל חייבים בסוכה הכל חייבין בציצית הכי נמי דלאו לכתחלה
חייבין לא קאמינא אלא מעתה הכל סומכין אחד האנשים ואחד הנשים הכי נמי דלאו לכתחלה והא כתיב (ויקרא א, ד) וסמך ידו ונרצה
אין איכא הכל לכתחלה ואיכא הכל דיעבד אלא הכל דהכא ממאי דלכתחלה הוא דתקשי לך דלמא דיעבד הוא ולא תקשי לך
א“ל אנא שחיטתן כשרה קשיא לי מדקתני שחיטתן כשר‘ דיעבד מכלל דהכל לכתחלה הוא דאי דיעבד תרתי דיעבד למה לי
אמר רבה בר עולא הכי קתני הכל שוחטין ואפי‘ טמא בחולין טמא בחולין מאי למימרא בחולין שנעשו על טהרת הקדש וקסבר חולין שנעשו על טהרת הקדש כקדש דמו
כיצד הוא עושה מביא סכין ארוכה ושוחט בה כדי שלא יגע בבשר
ובמוקדשים לא ישחוט שמא יגע בבשר ואם שחט ואומר ברי לי שלא נגעתי שחיטתו כשרה
חוץ מחרש שוטה וקטן דאפילו בחולין גרידי דיעבד נמי לא שמא ישהו שמא ידרסו ושמא יחלידו
וכולן ששחטו אהייא אילימא אחרש שוטה וקטן עלה קאי ואם שחטו מיבעי ליה אלא אטמא בחולין הא אמרת לכתחלה נמי שחיט
ואלא אטמא במוקדשים בברי לי סגי דליתיה קמן דנשייליה
האי טמא במוקדשים מהכא נפקא מהתם נפקא כל הפסולין ששחטו שחיטתן כשרה שהשחיטה כשרה בזרים בנשים ובעבדים ובטמאים ואפילו בקדשי קדשים ובלבד שלא יהיו טמאין נוגעין בבשר
הכא עיקר התם איידי דתנא שאר פסולין תנא נמי טמא במוקדשים ואב“א התם עיקר דבקדשים קאי הכא איידי דתנא טמא בחולין תני נמי טמא במוקדשים
האי טמא דאיטמא במאי אילימא דאיטמי במת (במדבר יט, טז) בחלל חרב אמר רחמנא

aber nicht, wenn er bloß sagen sollte:
Fürwahr, ich gelobe etwas 7ein solches Gelübde sollte auch nach R. Jehuda unterbleiben.
Gegenfrage Also soll überall, wo Hakol steht, nicht gemeint sein, von vorneherein [ist es so]?
Aber es heißt doch 8Arachin 3b: Alle sind verpflichtet [an Sukkot] in der Laubhütte zu sitzen, alle sind verpflichtet zu dem Gebot der Zizit.
Sollte das auch nicht von vorneherein gemeint sein?

Antwort Von Stellen, hinter denen »sind verpflichtet« steht, spreche ich gar nicht.

Frage Demnach sollte die Stelle 9Menachot 93a »Alle legen die Hand auf das Opfertier, sowohl Männer, als auch Frauen« 10In der Mischnah von Menachot fehlt die Hinzufügung der Frauen, auch aufzufassen sein, nicht von vorneherein, während doch geschrieben steht: »Und er lege seine Hand auf den Kopf des Ganzopfers, dass es ihm gnädig aufgenommen werde.« 11Lev. 1,4?

Antwort Ja, es gibt Stellen, an denen das Wort hakol הכל (alle) von vorneherein (zu sehen ist) und es gibt wiederum andere Stellen, an denen das Wort hakol als diavad, im Nachhinein (de facto), aufzufassen ist.

Frage Woher beweist du also, dass hier das Wort hakol als »von vorneherein« aufzufassen ist und das sich dir hieraus eine Schwierigkeit ergibt?
Vielleicht bedeutet hier hakol de facto und dann gibt es keine Schwierigkeit?
Er (Rabbi Aschi) antwortete:
Mir war der Nachsatz »und wenn sie geschlachtet haben, ist ihr Schlachten gültig«, schwierig.
Da gelehrt wird: wenn sie geschlachtet haben, ist es gültig, so muss das hakol bedeuten, sogar von vorneherein, sei es erlaubt, denn würde es de facto bedeuten, wozu wäre ein doppeltes de facto (diavad) notwendig?

Antwort Es sagte Rabbah bar Ula:
So lehrt man:
Alle dürfen schlachten, selbst ein Unreiner darf Profanes (Chullin) schlachten.
Dass ein Unreiner Profanes schlachten darf, wozu muss man das zuerst sagen?
Nur wenn man von Profanem spricht, bei dessen Zubereitung levitische Reinheit beachtet wurde und er ist der Meinung, dass Profanes, bei dessen Zubereitung levitische Reinheit beachtet wird, wie Heiliges zu betrachten ist.
Wie soll man es aber machen? 12Wie darf ein Unreiner also solches schlachten, ohne auch das Fleisch unrein zu machen?

Man bringt ein langes Messer und schlachtet damit, so dass man das Fleisch nicht berührt.
Geheiligte [Tiere] soll man aber [mit einem langen Messer] nicht schlachten, denn man könnte vielleicht das Fleisch berühren.
Wenn er jedoch geschlachtet hat und sagt: Ich weiß genau, dass ich nichts berührt habe, ist die Schächtung gültig, mit Ausnahme eines Taubstummen, einer dummen Person oder die eines Minderjährigen, deren Schlachten von bloßem Profanen auch de facto ungültig ist, weil zu befürchten ist, sie könnten [während der Schächtung] pausiert, das Messer fest aufgedrückt oder zwischen die eine und die andere Vene gesteckt haben 13Dies würde die Schlachtung ungültig machen.

Worauf bezieht sich der Nachsatz in der Mischna:
»Wenn alle diese geschlachtet haben [und andere sahen es mit an].«
Soll ich sagen auf einen Taubstummen, einen Geisteskranken, oder ein Kind?
Von diesen ist ja eben die Rede und hätte es nur heißen sollen: ואם שחטו ?
Oder soll es sich auf einen Unreinen, der Profanes geschlachtet hat, beziehen?
Da sagtest du doch, dass ein solcher sogar von vorneherein schlachten darf?
Oder soll es sich auf einen solchen beziehen, der als Unreiner heilige (Opfertiere) geschlachtet hat, so würde es ausreichen, wenn er erklärt, es ist mir sicher (dass ich nicht das Fleisch berührt habe?

Antwort: Man meint, wenn er (der Schlachtende) nicht vor uns ist, dass wir ihn fragen könnten.

Frage: Dass ein Unreiner heilige Opfertiere; wird denn das von hier erwiesen, vor dort14Sewachim 31b erweisen wir es ja, wo es heißt: Alle diejenigen, die ungeeignet sind (ein Opfer darzubringen), und dennoch geschlachtet haben, deren Schächtung ist tauglich, weil das Schlachten auch von Laien, Frauen, Sklaven und von Unreinen, selbst an den allerheiligsten Opfertieren vorgenommen werden kann, nur dürfen die Unreinen das Fleisch nicht berühren?

Antwort Hier ist die Hauptstelle, dort (in Sewachim, das genannte Zitat) wird nur gelegentlich der Aufzählung der übrigen ungeeigneten Personen auch der Unreine in Bezug auf heilige Opfertiere erwähnt.
Oder wenn du willst, sage: Dort ist die Hauptstelle, weil man da eigentlich von heiligen Opfertieren spricht, hier aber geschieht es nur gelegentlich, weil man von einem Unreinen bezüglicher profaner Tiere spricht, erwähnt man auch den Unreinen bezüglich der heiligen Opfertiere.

Frage: Woran hat sich aber dieser Unreine verunreinigt?
Soll man sagen, er hat sich an einem Toten verunreinigt, so hat die Torah 15Num. 19,16 »an einem vom Schwert Erschlagenen« ausgesprochen.

3a

חרב הרי הוא כחלל אב הטומאה הוא לטמייה לסכין ואזל סכין וטמיתיה לבשר
אלא דאיטמי בשרץ ואי בעית אימא לעולם דאיטמי במת וכגון שבדק קרומית של קנה ושחט בה דתניא בכל שוחטים בין בצור בין בזכוכית בין בקרומית של קנה
אביי אמר הכי קתני הכל שוחטין ואפילו כותי במה דברים אמורים כשישראל עומד על גביו אבל יוצא ונכנס לא ישחוט
ואם שחט חותך כזית בשר ונותן לו אכלו מותר לאכול משחיטתו לא אכלו אסור לאכול משחיטתו
חוץ מחרש שוטה וקטן דאפילו דיעבד נמי לא שמא ישהו שמא ידרסו ושמא יחלידו
וכולן ששחטו אהייא אילימא אחרש שוטה וקטן עלה קאי ואם שחטו מבעי ליה
אלא אכותי הא אמרת כשישראל עומד על גביו שחיט אפילו לכתחלה קשיא
אמר רבא ויוצא ונכנס לכתחלה לא והתנן המניח עובד כוכבים בחנותו וישראל יוצא ונכנס מותר התם מי קתני מניח המניח קתני דיעבד
אלא מהכא אין השומר צריך להיות יושב ומשמר אלא אע“פ שיוצא ונכנס מותר
אלא אמר רבא הכי קתני הכל שוחטין ואפי‘ כותי בד“א כשישראל יוצא ונכנס אבל בא ומצאו ששחט חותך כזית בשר ונותן לו אכלו מותר לאכול משחיטתו לא אכלו אסור לאכול משחיטתו
חוץ מחרש שוטה וקטן דאפילו דיעבד נמי לא שמא ישהו ושמא ידרסו ושמא יחלידו וכולן ששחטו אהייא אילימא אחרש שוטה וקטן עלה קאי ואם שחטו מבעי ליה
אלא אכותי הא אמרת אפילו יוצא ונכנס שחיט לכתחלה קשיא
רב אשי אמר הכי קתני הכל שוחטין ואפילו ישראל מומר מומר למאי לאכול נבילות לתיאבון וכדרבא דאמר רבא ישראל מומר אוכל נבילות לתיאבון

d.h. ein Schwert ist [bezüglich der Übertragung der Unreinheit] so gut wie ein Erschlagener, das bedeutet, es wird zu einer Hauptunreinheit (aw hatumah) und würde er erst das Messer verunreinigen und dann das Messer weiter das Fleisch verunreinigen?

Antwort Darum meint man, er hat sich an einem Reptil verunreinigt.
Oder wenn du so willst, sage: Immerhin hatte er sich an einem Toten verunreinigt, und zwar hatte er beispielsweise die Rohrstange untersucht und damit das Tier geschlachtet, denn in der Barajta 16Tosefta 1,5 wurde gelehrt:
Mit allem darf man schlachten, sowohl mit einem Felsen, als auch mit einem Stück Glas, als auch mit einer Rohrstange.
Abaje sagte:
So lehrt man: Alle dürfen schlachten, selbst ein Kutäer [darf das], aber wann gilt das [wenn selbst die Kutäer schlachten dürfen]?
Wenn ein Jude bei ihm steht, wenn der Jude nur aus- und eingeht, darf jener nicht schlachten.
Wenn der Kutäer aber bereits geschlachtet hat, so schneidet er [also der Jude] ein Stück Fleisch von der Größe einer Olive ab und gibt es ihm zu essen. Isst er es, so darf man von seiner Schlachtung essen, isst er aber es selbst nicht, ist es verboten, von seiner Schlachtung zu essen; ausgenommen ist jedoch ein Taubstummer, eine dumme Person oder ein Kind, bei denen selbst, de facto, die Schächtung ungültig ist, weil man befürchtet, sie könnten gezögert haben [das Schächten unterbrochen haben], das Messer fest eingedrückt oder zwischen die eine oder andere Vene gesteckt haben.

Frage: Worauf beziehen sich die Worte:
Aber von allem gilt: wenn sie geschlachtet haben?
Soll man sagen: sie beziehen sich auf einen Taubstummen, eine dumme Person und ein Kind?
so ist ja von ihnen gerade die Rede und hätte es heißen müssen: ואם שחטן?
Oder soll es sich auf einen Kutäer beziehen, so sagst du doch, dass wenn ein Jude bei ihm steht, er sogar von vorneherein schlachten darf?
Das bleibt schwierig [קשיא].

Frage: Rawa sagte: Wenn er [der Jude] nur aus- und eingeht, darf er [der Kutäer] von vorneherein nicht schlachten.
Wir lernten aber doch in der Mischna 17Awoda Sara 69a: Wenn jemand einen Nichtjuden in seinem Laden stehen lässt und ein Jude geht ein und aus, ist es erlaubt?

Antwort Heißt es denn dort מניח man darf ihn stehen lassen?
Es steht doch dort vielmehr המניח, wenn man ihn hat stehen lasse, das bedeutet, de facto [aber von vornherein darf man es nicht].

Frage: Aber von hier [müsste ein Gegenbeweis erbracht werden]. Es heißt doch18Awoda Sara 69a: Der Aufseher braucht nicht [ständig] dabei zu sitzen und zu beobachten, sondern wenn er auch nur aus- und eingeht, ist es erlaubt?

Antwort Darum sagte Aba: So lehrte man [in der Tosefta]: Alle dürfen schlachten, selbst ein Kutäer; das ist aber nur dann erlaubt, wenn ein Jude dabei ein- und ausgeht, kam er jedoch hinzu und fand das Tier bereits geschlachtet, schneidet er ein Stück von der Größe einer Olive ab und reicht es ihm. Isst er es, ist es erlaubt, von seiner Schlachtung zu essen; isst er es nicht, ist es verboten, von seiner Schlachtung zu essen, ausgenommen ist ein Taubstummer, eine dumme Person oder ein Kind, bei welchen es sogar de facto verboten ist, weil man befürchtet, sie könnten gezögert haben [das Schächten unterbrochen haben], das Messer fest eingedrückt oder zwischen die eine oder andere Vene gesteckt haben.

Frage: Worauf beziehen sich dann die Worte: Und alle, wenn sie geschlachtet haben etc.?
Soll man sagen auf einen Taubstummen, eine dumme Person und auf ein Kind, so ist ja gerade von ihnen die Rede und hätte ואם שחטן stehen sollen?
Oder auf einen Kutäer, so sagst du doch, dass, selbst wenn er [der Jude] nur aus- und eingeht, er von vornherein schlachten darf? Das bleibt schwierig [קשיא].

רב אשי אמר R. Aschi sagte:
So lehrte man [in der Tosefta]: Alle dürfen schlachten, selbst ein Jude, der ein Apostat ist.
Frage: In welcher Hinsicht ist er ein Apostat?

Antwort Hinsichtlich des Genusses von gefallenen Tieren, um seine Begierden zu befriedigen, und zwar im Sinne Rabas, denn Rawa sagte: Wenn ein Jude, der Apostat ist, gefallene Tiere isst, um seine Begierden zu befriedigen,

3b

בודק סכין ונותן לו ומותר לאכול משחיטתו אבל לא בדק ונתן לו לא ישחוט ואם שחט בודק סכינו אחריו נמצאת סכינו יפה מותר לאכול משחיטתו ואם לאו אסור לאכול משחיטתו
חוץ מחרש שוטה וקטן דאפילו דיעבד נמי לא שמא ישהו שמא ידרסו ושמא יחלידו וכולן ששחטו אהייא אילימא אחרש שוטה וקטן עלה קאי ואם שחטו מיבעי ליה
אלא אישראל מומר אי דבדק סכין ונותן לו הא אמרת שוחט לכתחלה אלא דלא בדק אי דאיתיה לסכין ליבדקיה השתא ואי דליתיה לסכין כי אחרים רואין אותו מאי הוי דלמא בסכין פגומה שחיט קשיא
רבינא אמר הכי קתני הכל שוחטין הכל מומחין שוחטין מומחין ואע“פ שאין מוחזקין
בד“א שיודעין בו שיודע לומר הלכות שחיטה אבל אין יודעין בו שיודע לומר הלכות שחיטה לא ישחוט ואם שחט בודקין אותו אם יודע לומר הלכות שחיטה מותר לאכול משחיטתו ואם לאו אסור לאכול משחיטתו
חוץ מחרש שוטה וקטן דאפילו דיעבד נמי לא שמא ישהו שמא ידרסו ושמא יחלידו וכולן ששחטו אהייא אילימא אחרש שוטה וקטן עלה קאי ואם שחטו מבעי ליה
אלא אשאין מומחין בבודקין אותו סגי דליתיה לקמן דליבדקיה
ואיכא דאמרי רבינא אמר הכי קתני הכל שוחטין הכל מוחזקין שוחטין מוחזקין אע“פ שאין מומחין בד“א ששחטו לפנינו ב‘ וג‘ פעמים ולא נתעלף אבל לא שחט לפנינו ב‘ וג‘ פעמים לא ישחוט שמא יתעלף ואם שחט ואמר ברי לי שלא נתעלפתי שחיטתו כשרה
חוץ מחרש שוטה וקטן דאפילו דיעבד נמי לא שמא ישהו שמא ידרסו ושמא יחלידו וכולן ששחטו אהייא אילימא אחרש שוטה וקטן עלה קאי ואם שחטו מיבעי ליה
אלא אשאין מוחזקין והאמרת בברי לי סגי דליתיה קמן דלישייליה
רבינא ורבה בר עולא כאביי ורבא ורב אשי לא אמרי משום דקשיא להו וכולן
כולהו כרבה בר עולא לא אמרי להך לישנא דאמרת הכא עיקר אדרבה התם עיקר דבקדשים קאי
להך לישנא דאמרת התם עיקר והכא איידי דתנא טמא בחולין תנא נמי טמא במוקדשין טמא בחולין גופיה לא איצטריכא ליה חולין שנעשו על טהרת קדש לאו כקדש דמו
כולהו כרבינא לא אמרי להך לישנא דאמר מומחין אין שאין מומחין לא רוב מצויין אצל שחיטה מומחין הן
להך לישנא דאמר מוחזקין אין שאין מוחזקין לא לעלופי לא חיישינן
רבא לא אמר כאביי כי קושייה אביי לא אמר כרבא התם לא נגע הכא נגע
רב אשי לא אמר כתרוייהו קסבר כותים גרי אריות הן
אביי לא אמר כרב אשי לא סבירא ליה הא דרבא אלא רבא מאי טעמא לא אמר כשמעתיה
לדבריו דאביי קאמר וליה לא סבירא ליה:
תנו רבנן שחיטת כותי מותרת במה דברים אמורים כשישראל עומד על גביו אבל בא ומצאו ששחט חותך כזית ונותן לו אכלו מותר לאכול משחיטתו ואם לאו אסור לאכול משחיטתו
כיוצא בו מצא בידו

untersucht man das Messer und gibt es ihm und alsdann ist es erlaubt, von seiner Schlachtung zu essen.
Hat man jedoch das Messer nicht untersucht und es ihm so hingereicht, darf er nicht schlachten, und wenn er dennoch geschlachtet hat, untersucht man das Messer hinterher. Wird das Messer für gut befunden, ist es erlaubt, von seiner Schlachtung zu essen, sonst ist es verboten, von seiner Schlachtung zu essen, mit Ausnahme der eines Taubstummen, einer dummen Person oder eines Kindes, bei welchen es auch de facto verboten ist, weil zu befürchten ist, sie könnten gezögert haben, das Messer fest hineingedrückt oder es zwischen die eine und die andere Vene gesteckt haben.

Frage:
Worauf beziehen sich die Worte וכולן ששחטו usw.?
Etwa auf den Taubstummen, die dumme Person und das Kind?
Dabei stünde man dann gerade und es hätte nur stehen sollen: ואם שחטו?
Oder auf einen Juden, der ein Apostat ist?
Hatte man das Messer untersucht und es ihm dargereicht, so sagst du doch, er darf von vornherein schlachten?
Hat man es aber nicht untersucht [so wäre folgendes dabei zu berücksichtigen]:
Liegt das Messer da, so kann man es noch untersuchen, und ist es nicht da, was liegt daran, ob es andere mitangesehen haben [als er schlachtete]? Er könnte doch mit einem schartigen Messer vielleicht geschlachtet haben? Das bleibt schwierig [קשיא].

[רבינא אמר] Rawina sagte:
So lehrte man [in der Barajta]:
Alle dürfen schlachten. Das bedeutet, alle, die kundig sind [im Schächten], dürfen die Schächtung vollziehen und zwar brauchen sie nur kundig zu sein [in der Theorie], wenn man auch von ihnen noch keine Gewissheit erlangt hat [dass sie das in der Praxis ausüben konnten].
Das gilt aber nur in dem Fall, wenn man von jemandem weiss, dass er die Regeln des Schlachtens aufsagen kann. Hat man jedoch diese Gewissheit nicht, dass er die Regeln der Schechita aufsagen kann, darf er nicht schlachten.
Wenn er aber trotzdem geschlachtet hat, so prüft man ihn. Kann er die Regeln des Schlachtens aufsagen, darf man von seinem Geschächteten essen, sonst ist es verboten, von seinem Geschächteten zu essen; ausgenommen ist ein Taubstummer, eine dumme Person oder eine Kindes, bei welchen es auch de facto verboten ist, weil zu befürchten ist, sie könnten gezögert haben, das Messer fest hineingedrückt oder es zwischen die eine und die andere Vene gesteckt haben.

Frage: Worauf beziehen sich die Worte וכולן ששחטו usw.?
Etwa auf den Taubstummen, die dumme Person und das Kind?
Dabei steht man dann gerade dabei und es hätte nur stehen sollen: ואם שחטו?
Oder auf solche, die nicht kundig sind [der Regeln der Schechita]?
Bei diesen genügt es ja, wenn man sie [nachträglich] prüft [und das Geschlachtete nicht absolut verboten ist]?

Antwort: Man meint, [der Schächter, Schochet] ist nicht da, dass man ihn prüfen könnte.
Einige sagen: Rawina hätte gesagt:
So lehrte man [in der Barajta]:
Alle dürfen schlachten, das bedeutet, alle, von denen man die Gewissheit hat [dass sie es praktisch beherrschen], wenn sie sich auch [in der Theorie] nicht bewährt haben; das ist in dem Fall gemeint, wenn sie zwei- oder dreimal vor uns geschlachtet haben, ohne schwach zu werden.
Wenn er aber noch nicht zwei- oder dreimal in unserer Gegenwart geschlachtet hat, so soll er nicht schlachten, denn er könnte vielleicht schwach werden.
Hat er jedoch geschlachtet und behauptet: Ich weiß genau, dass ich dabei nicht schwach geworden bin, so darf das von ihm Geschlachtete genossen werden; ausgenommen ist ein Taubstummer, eine dumme Person oder eine Kindes, bei welchen es auch de facto verboten ist, weil zu befürchten ist, sie könnten gezögert haben, das Messer fest hineingedrückt oder es zwischen die eine und die andere Vene gesteckt haben.

Frage: Worauf beziehen sich die Worte וכולן ששחטו usw.?
Etwa auf den Taubstummen, die dumme Person und das Kind?
Dabei steht man dann gerade dabei und es hätte nur stehen sollen: ואם שחטו?
Oder auf den Fall, wenn man [von den Schächtern] nicht die Gewissheit hat [dass sie praktische Erfahrung haben]?
Du sagst doch, dass es genügt, wenn er behauptet: Ich weiß gewiss [dass ich nicht schwach geworden bin]?

Antwort: Er ist nicht gegenwärtig, dass man ihn fragen könnte.

[רבינא ורבה בר עולא כאביי ורבא ורב אשי] Rawina und Rabbah b. Ula sagen ebenso wie Abaje.
Rawa und R. Aschi nicht, weil ihnen dabei etwas schwierig war.
Alle richt sich nicht nach Rabbah b. Ula aus folgedem Grund:
Nach der Annahme, dass hier die Hauptstelle sei, sagen sie umgekehrt, dass dort die Hauptstelle sei, weil man dabei von heiligen Opfertieren handelt. Und nach der Annahme, dass dort die Hauptstelle sei und hier gelegentlich von einem Unreinen, der heilige Opfertiere schlachtet, die Rede sei, weil man von einem Unreinen der Profanes [Chullin] schlachtet, spricht, sagen sie, dass selbst der Fall von einem Unreinen, der Profanes schlachtet, hier nicht angeführt zu werden braucht, denn wenn auch Profanes in levitischer Reinheit behandelt wird, ist es gar nicht mit wirklich levitisch Heiligem zu vergleichen.

Alle anderen [Amoraim] stimmen mit Rawina aus folgendem Grund nicht überein:
Nach der einen Ansicht, wonach er [Rawina] meinte, theoretisch Gebildete dürfen wohl, Ungebildete aber nicht schlachten, die meisten, welche beim Schlachten angetroffen werden, sind bewährt [also der Regeln kundig].
Nach der anderen Erklärung aber, dass solche, von welchen man die Gewissheit hat [dass sie praktische Erfahrung haben], wohl dürfen, aber solche, von welchen man nicht die Gewissheit habt, nicht dürfen, so dass wir nicht befürchten, er könnte schwach werden.

[רבא לא אמר] Rawa sagt deshalb nicht so wie Abaje, weil er dagegen eine Frage aufwarf.
[אביי לא אמר] Abaje sagt auch nicht so wie Rawa, weil er dort [als der Kutäer im Laden eines Judeen stand] das Weinfass gar nicht berührt hat, hier aber er [das Tier] in jedem Fall berührt hat.
[רב אשי לא אמר] R. Aschi sagte nicht so wie die beiden [Abaje und Rawa], weil er annimmt, die Kutäer seien Löwenkonvertiten 19Es heißt, die Bewohner Schomrons seien aus Furcht vor Löwen zum Judentum konvertiert, hätten aber sonst ihren heidnischen Lebensstil nicht aufgeben wollen. Das waren die Kutäer. Siehe 2. Buch der Könige 17,33. Der Talmud geht aber davon aus, dass die Kutäer die Regeln der Schechita streng befolgten..
[אביי לא אמר כרב אשי] Abaje sagte nicht so wie R. Aschi, weil er der Ansicht Rawas nicht beipflichtet; aber weshalb richtet Rawa sich nicht nach seiner Tradition?
Das sagt er nur im Sinne des Abaje, während er selbst anderer Ansicht ist.

»Alle können schlachten« bezieht sich auf was?

  • nach Rabbah b. Ula auf eine unreine Person
  • Nach Abaje auf einen Kutäer
  • nach Rawa auf einen Kutäer
  • nach R. Aschi auf einen Apostaten
  • nach Rawina auf jemanden, der die Theorie kennt, aber nicht geübt ist, oder auf jemanden, der geübt ist, aber die Regeln nicht gut kennt.

[תנו רבנן] Die Rabbanan lehrten: Die Schlachtung eines Kutäers ist für erlaubt zu halten. Das ist jedoch nur dann der Fall, wenn ein Jude dabeisteht [und ihn beaufsichtigt]; kommt der Jude aber und findet, dass der Kutäer bereits geschlachtet hat, so schneidet er ein Stück von der Größe einer Olive ab und reicht es ihm hin. Isst er es, darf man von dem Geschlachteten essen, sonst ist es verboten, von dem, was er geschlachtet hat, zu genießen.

Ähnlich verhält es sich, wenn man bei ihm [dem Kutäer]

4a

דקוריא של צפרים קוטע ראשו של אחד מהן ונותן לו אכלו מותר לאכול משחיטתו ואם לאו אסור לאכול משחיטתו
אביי דייק מרישא רבא דייק מסיפא אביי דייק מרישא טעמא דישראל עומד על גביו אבל יוצא ונכנס לא
רבא דייק מסיפא טעמא דבא ומצאו ששחט אבל יוצא ונכנס שפיר דמי
ולאביי קשיא סיפא אמר לך יוצא ונכנס נמי בא ומצאו קרי ליה ולרבא קשיא רישא אמר לך יוצא ונכנס נמי כעומד על גביו דמי
כיוצא בו מצא בידו דקוריא של צפרין קוטע ראשו כו‘ אמאי ליחוש דלמא האי הוא דהוה שחיט שפיר
אמר רב מנשה (סימן מכני“ס איזמ“ל בזכרי“ם) במכניסן תחת כנפיו
ודלמא סימנא הוה יהיב ליה בגויה אמר רב משרשיא דממסמס ליה מסמוסי
ודלמא קסברי כותים אין שחיטה לעוף מן התורה
ולטעמיך שהייה דרסה חלדה הגרמה ועיקור מי כתיבן
אלא כיון דאחזיקו בהו אחזיקו בהו ה“נ כיון דאחזיקו אחזיקו
ואחזוק ולא אחזוק בדלא כתיבא תנאי היא דתניא מצת כותי מותרת ואדם יוצא בה ידי חובתו בפסח
ר“א אוסר לפי שאין בקיאין בדקדוקי מצות כישראל
רשב“ג אומר כל מצוה שהחזיקו בה כותים הרבה מדקדקין בה יותר מישראל
אמר מר מצת כותי מותרת ואדם יוצא בה ידי חובתו בפסח פשיטא מהו דתימא לא בקיאי בשימור קמ“ל ר“א אוסר לפי שאין בקיאין בדקדוקי מצות קסבר לא בקיאי בשימור
רשב“ג אומר כל מצוה שהחזיקו בה כותים הרבה מדקדקין בה יותר מישראל היינו ת“ק איכא בינייהו דכתיבא ולא אחזיקו בה ת“ק סבר כיון דכתיבא אע“ג דלא אחזיקו בה ורשב“ג סבר אי אחזוק אין אי לא אחזוק לא
אי הכי כל מצוה שהחזיקו בה כותים אם החזיקו מיבעי ליה
אלא איכא בינייהו דלא כתיבא ואחזיקו בה תנא קמא סבר כיון דלא כתיבא אע“ג דאחזיקו בה נמי לא רשב“ג סבר כיון דאחזוק אחזוק
גופא אמר רבא ישראל מומר אוכל נבילות לתיאבון בודק סכין ונותן לו ומותר לאכול משחיטתו
מאי טעמא כיון דאיכא התירא ואיסורא לא שביק התירא ואכיל איסורא
אי הכי כי לא בדק נמי מיטרח לא טרח
אמרו ליה רבנן לרבא תניא דמסייע לך חמצן של עוברי עבירה אחר הפסח

eine Sammlung (dekurja דקוריא) von Vögeln20Raschi erklärt das zu Baba Metzia 84a als »Körbe« und zu Schabbat 127a mit »Krügen« findet, so schlägt man einem Vogel den Kopf an und reicht ihm [dem Kutäer] hin.
Isst er ihn, darf man von dem, was er geschlachtet hat, essen, sonst ist es verboten, davon zu genießen.

Abaje erweist seine Ansicht aus dem ersten Fall und Rawa erweist sie aus dem zweiten, letzten Fall.

Abaje erweist seine Ansicht aus dem ersten Fall so:
Der Grund [aus dem es von vorneherein gestattet ist, zu schlachten] ist der, weil der Jude ihn [den Nichtjuden] beaufsichtigt; aber wenn er nur aus- und eingehen möchte, nicht [wäre es nicht gestattet].

Und Rawa erweist seine Ansicht vom letzten Fall so:
Der Gruned [aus dem es von vorneherein nicht gestattet ist, zu schlachten] ist der, weil der Jude, als er kam, [das Tier] bereits geschlachtet vorgefunden hat, würde er aber aus- und eingegangen sein, wäre es recht.

Frage: Nach Abaje wäre doch der letzte Fall schwierig?

Antwort: Er sagt dir: Wenn man aus- und eingeht, ist es so gut, als würde man ihn beaufsichtigen.

Frage: [Oben heißt es] Ähnlich verhält es sich, wenn man eine Sammlung von Vögeln bei ihm [dem Kutäer] findet, wobei man einem Vogel den Kopf abschlägt etc.
Man müsste doch aber befürchten, es könnte vielleicht gerade der Kopf jenes Vogels sein, den er richtig geschlachtet hat?

Antwort: Rabbi Menasche sagt [סימן מכני“ס איזמ“ל בזכרי“ם] Man meint, er brint sie [die Vögel] und den Ecken [seines Gewands] herein.

Frage: Vielleicht hatte er [der Kutäer] sich ein Zeichen daran gemacht [an dem er erkennen konnte, dass es der Kopf seines geschlachteten Vogels war]?

Antwort: R. Mescharschija sagte: Er zerdrückte den Vogel.

Frage: Vielleicht meinen aber die Kutäer, dass das rituelle Schlachten gar nicht von der Torah geboten worden ist?

Gegenfrage: Und nach deiner Ansicht? Steht denn etwas in der Torah davon, dass man nicht zögern, das Messer nicht tief hineindrücken, es nicht zwischen die eine oder andere Vene stecken, es nicht von der dazu geeigneten Stelle weglenken, dass man die Gefäße des Halses von ihrer Wurzel nicht losreißen darf?
Folglich muss man annehmen, weil sie [die Bewohner Schomrons] an den Mitzwot festhalten, so befolgen sie diese sehr sorgfältig. Über die Sache selbst, ob sie [die Bewohner Schomrons] an dem, was nicht [in der Torah] geschrieben steht, festhalten oder nicht festhalten, streiten die Tanaim; denn es wurde in der Barajta gelehrt:
Die von den Kutäern gebackene Matza ist erlaubt und man erfüllt seine Pflicht mit ihr am Pessachfest.

[ר“א] Rabbi Eleasar verbietet [diese Matza an Pessach], weil sie [die Kutäer] nicht geübt sind in den Einzelheiten der Mitzwot, so wie die Juden.

[רשב“ג] Rabbi Schimon b. Gamliel sagt: Alle Mitzwot, an denen die Kutäer festhalten, befolgen sie noch weit sorgfältiger als die Juden.

[אמר מר] Der Meister sagte: Die Matza, die ein Kutäer gebacken hat, ist erlaubt und man erfüllt damit seine Pflicht an Pessach:
Frage: Das ist doch selbstverständlich?

Antwort: Sonst hättest du gesagt, sie sind nicht kundig in der Beachtung, darum lässt man es uns hören.
R. Eleasar verbietet es aber, weil sie nicht geübt sind in den Einzelheiten der Mitzwot, denn er nimmt an, sie kennen die Regeln der Beobachtung nicht.
Rabban Schimon b. Gamliel sagt:
Alle Mitzwot, an denen die Kutäer festhalten, befolgen sie noch weit sorgfältiger als die Juden:
Frage: Das wäre doch dasselbe, was der erste Tanna sagt?

Antwort: Eine Differenz zwischen ihnen ergibt sich, wenn ein Gebot zwar geschrieben steht [in der Torah], ohne dass man weiß, ob sie [die Kutäer] daran festhalten; der erste Tanna meint, da die Mitzwa geschrieben steht, wenn man auch nicht weiß, ob sie daran festhalten.
Und Rabban Schimon b. Gamliel meint, wenn sie an der Mitzwa festhalten, wohl, wenn sie aber nicht daran festhalten, nein.

Frage: Sollte es dann nicht lauten: כל מצות שהחזיקו כותים, sondern אם החזיקו?

Antwort: Darum ist die Differenz die, wenn es sich um eine Mitzwa handelt, das nicht [in der Torah] geschrieben steht, woran sie bekanntermaßen doch festhalten.
Der erste Tanna meint, weil es nicht geschrieben steht, wenn sie auch angeblich daran festhalten, [traut man ihnen] nicht, während Rabban Schimon Gamliel meint, weil sie einmal daran festhalten, so halten sie [auch anderen gegenüber] daran fest.

Es sagte Rawa [in 3a]: Wenn ein Juden als Apostat [Mumar מומר] Gefallenes aus Leidenschaft isst, untersucht man das Messer und gibt es ihm und dann ist es gestattet, von dem, was er geschlachtet hat, zu genießen.

Frage: Aus welchem Grund?
Antwort: Weil Erlaubtes und Unerlaubtes vorhanden ist, dass er das Erlaubte nicht stehen lassen und Verbotenes essen wird.

Frage: Aber dann brauchte man [das Messer] gar nicht zu untersuchen?
Antwort: Bemühen würde er sich nicht.

Es sagten die Rabbanan zu Rawa: Eine Barajta dient dir zur Stütze.Es heißt nämlich [Tosefta, Pessachim 1, 16]: Das Gesäuerte [Chametz] von Gesetzesübertretern ist nach dem Pessachfest

4b

מותר מיד מפני שהן מחליפין
סברוה הא מני רבי יהודה היא דאמר חמץ אחר הפסח דאורייתא וקתני מפני שהן מחליפין אלמא לא שביק התירא ואכיל איסורא
ממאי דלמא ר“ש היא דאמר חמץ אחר הפסח דרבנן וכי מקילינן בדרבנן בדאורייתא לא מקילינן
ותיהוי נמי ר“ש מי קתני שאני אומר החליפו מפני שמחליפין קתני דודאי מחליפין ומה בדרבנן לא שביק התירא ואכיל איסורא בדאורייתא לא כ“ש
לימא מסייע ליה הכל שוחטין ואפילו כותי ואפילו ערל ואפילו ישראל מומר האי ערל ה“ד אילימא מתו אחיו מחמת מילה האי ישראל מעליא הוא אלא פשיטא מומר לערלות וקא סבר מומר לדבר אחד לא הוי מומר לכל התורה כולה
אימא סיפא ואפילו ישראל מומר האי מומר ה“ד אי מומר לדבר אחר היינו מומר לערלות אלא לאו מומר לאותו דבר וכדרבא
לא לעולם אימא לך מומר לאותו דבר לא מ“ט כיון דדש ביה כהתירא דמי ליה אלא מומר לעבודת כוכבים וכדרב ענן דאמר רב ענן אמר שמואל ישראל מומר לעבודת כוכבים מותר לאכול משחיטתו
גופא אמר רב ענן אמר שמואל ישראל מומר לעבודת כוכבים מותר לאכול משחיטתו שכן מצינו ביהושפט מלך יהודה שנהנה מסעודת אחאב שנאמר (דברי הימים ב יח, ב) ויזבח לו אחאב צאן ובקר לרוב ולעם אשר עמו ויסיתהו לעלות אל רמות גלעד
ודלמא מיזבח זבח מיכל לא אכל ויסיתהו כתיב ודלמא בדברים אין הסתה בדברים
ולא והכתיב (דברים יג, ז) כי יסיתך אחיך באכילה ובשתיה והכתיב (איוב ב, ג) ותסיתני בו לבלעו חנם למעלה שאני
ודלמא משתא אשתי מיכל לא אכל מאי שנא שתיה דאמרינן מומר לעבודת כוכבים לא הוי מומר לכל התורה כולה אכילה נמי מומר לעבודת כוכבים לא הוי מומר לכל התורה כולה
הכי השתא שתיה סתם יינן הוא ועדיין לא נאסר יינן של עובדי כוכבים אבל אכילה אימא לך מומר לעבודת כוכבים הוי מומר לכל התורה כולה
איבעית אימא לאו אורחיה דמלכא משתיא בלא מיכלא ואיבעית אימא ויזבח ויסיתהו כתיב במה הסיתו בזביחה
ודלמא עובדיה זבח לרוב כתיב עובדיה לא הוה ספיק
ודלמא שבעת אלפים זבוח דכתיב (מלכים א יט, יח) והשארתי בישראל שבעת אלפים כל הברכים אשר לא כרעו לבעל וגו‘ טמורי הוו מיטמרי מאיזבל
ודלמא גברי דאחאב הוו מעלו לא ס“ד דכתיב (משלי כט, יב) מושל מקשיב על דבר שקר כל משרתיו רשעים
ודלמא גברי דיהושפט נמי לא הוו מעלו זבוח גברי דאחאב אכול גברי דיהושפט זבוח עובדיה אכל יהושפט
לא סלקא דעתך מדמושל מקשיב על דבר שקר כל משרתיו רשעים הא לדבר אמת משרתיו צדיקים
ודלמא זבוח גברי דאחאב אכל אחאב וגבריה זבוח גברי דיהושפט אכל יהושפט וגבריה

sofort erlaubt, weil sie es eintauschen können.

Man glaubte, das sei im Sinne des R. Jehuda, welcher sagte: Gesäuertes [Chametz] nach Pessach ist von der Torah aus verboten und dennoch wurde gelehrt, weil man es Umtauschen kann [deshalb ist das Gesäuerte, welches ein Jude über Pessach behalten hat, erlaubt], folglich nimmt man an, er wird das Erlaubte nicht stehen lassen und lieber Unerlaubtes essen.

Frage: Woher ist das bewiesen? Vielleicht ist es im Sinne des R. Schimon, welcher sagt, dass Gesäuertes [welches über Pessach im Hause eines Juden war] auch nach Ablauf der Pessachzeit verboten ist, sei nur eine rabbinische [keine biblische] Satzung und wir lassen nur bei rabbinischen Verordnungen Erleichterungen eintreten, aber nicht bei biblischen [von der Torah ausgesprochenen]. Und wenn es auch mit R. Schimon übereinstimmen würde, steht etwa: שאני אומר החליפו denn ich sage, man hat es vielleicht umgetauscht, sondern es steht:
מפני שמחליפין, d. h. man hat es gewiss umgetauscht. Und wenn man schon [statt ומה steht hier השתא] bei rabbinischen Verboten annimmt, dass er das Erlaubte nicht stehen lassen und das Unerlaubte essen würde, so gilt das um so mehr von biblischen Verboten [dem von einem Apostaten geschlachteten].

Frage: Soll man sagen, dass folgendes eine Stütze für die Ansicht [des Rawa] ist:
Es heißt nämlich [Tosefta Chulin 1,1]:
Alle dürfen das Schlachten ausführen, selbst ein Kutäer, ein Unbeschnittener, selbst ein Jude, der Apostat geworden ist [statt מומר steht in der Tosefta 1 משומר].
Was soll mit »Unbeschnitten« gemeint sein?
Blieb er unbeschnitten, weil seine Brüder infolge der Beschneidung starben? [dann hätte er nicht beschnitten werden dürfen] der ist ein wahrer und echter Jude.
Vielmehr war er gewiss ein Apostat betreffs der Beschneidung und er nimmt an, dass wenn jemand ein Apostat betreffs einer einzigen Sache [eines einzigen Gebots] ist, er noch nicht als ein Apostat betreffs der ganzen Torah gilt.
Wie würdest du aber alsdann den zweiten Fall verstehen, welcher lautet: Selbst ein Jude als Apostat [darf schlachten]?
Was für ein Apostat soll damit gemeint sein?

Etwa ein Apostat betreffs einer anderen Sache [einer anderen Mitzwa, das nicht das Schlachten betrifft]?
Das wäre dasselbe, wie ein Apostat betreffs der Beschneidung.
Meint man darum nicht, jener sei ein Apostat betreffs dieser Sache [dass er Gefallenes aus Leidenschaft isst] und im Sinne Rawas?

Antwort: Nein, immerhin sage ich dir, dass ein Apostat betreffs dieser Sache [der Schechita] nicht [schlachten darf], weil, sobald er sich einmal daran gewöhnt hat, es ihm wie erlaubt vorkommt; allein hier spricht es von einem Apostat betreffs des Götzendienstes und im Sinne des R. Anan; denn R. Anan sagte im Namen Schmuels: Von einem Juden, der zum Götzendienst abgefallen ist, darf man das Geschlachtete essen.

Oben sagte R. Anan im Namen Schmuels: Das von einem jüdischen Apostaten Geschlachtete darf man essen, denn wir finden auch, dass Josafat, der König von Jehuda, von der Mahlzeit, die Ahab bereitete, genossen hat, wie [II Chron. 18, 2] gesagt ist: »Ahab schlachtete für ihn [Josafat] Schafe und Rinder in Fülle und für die Leute, die bei ihm waren, und überredete ihn, hinaufzuziehen Richtung Ramot Gilead.«

Frage: Vielleicht schlachtete er nur, aber gegessen hatte er [Josafat] nicht davon?
Antwort: Es heißt ja: »Er überredete ihn.«

Frage: Vielleicht nur durch Worte [überredete er ihn]?
Antwort: Das Wort הסתה Überredung wird bei einer Überredung mit Worten nicht angewandt.

Frage: Nicht? Es steht doch [Deut. 13, 7]: »Wenn dich überredet יסיתך dein Bruder« usw.?
Antwort: Dort ist auch gemeint, durch Essen und Trinken [überredet er ihn].

Frage: Es steht doch Hiob 2, 3: »Du hast mich überredet gegen ihn ותסיתני בו, ihn [Hiob] zu verderben unverdient?“
Antwort: Gott gegenüber verhält es sich anders.

Frage: Vielleicht hat er [Josafat bei Achab] nur getrunken, aber nicht gegessen?

Antwort: Weshalb sollte er wohl getrunken haben? Weil wir sagen, dass ein Apostat betreffs Götzendienstes noch kein Apostat ist betreffs der ganzen Torah. Ebenso ist bezüglich des Essens ein Apostat betreffs Götzendienstes noch kein Apostat betreffs der ganzen Torah.

Frage: Welcher Vergleich! Beim Trinken handelt es sich nur um סתם יינן, d. h. um solchen Wein, von dem es unbekannt ist, ob der Nichtjude davon vor Götzen gespendet hat und damals [zur Zeit Ahabs] war solcher Wein von Nichtjuden noch gar nicht verboten [für Juden], aber bezüglich Essens sage ich dir, dass ein Apostat betreffs Götzendienstes wohl als Apostat betreffs der ganzen Torah angesehen wird?
Antwort: Wenn du willst, sage, dass es nicht üblich ist, dass ein König nur zu trinken und nicht auch zugleich zu essen gibt. Oder wenn du lieber willst, sage, da es [2. Chron. 18,2} heißt: ויזבח ויסיתהו, er [Ahab] schlachtete für ihn und überredete ihn [Josafat], so bestand die Überredung wahrscheinlich im Schlachten [d. h. er gab ihm nicht rituell geschlachtetes Fleisch zu essen].

Frage: Vielleicht hatte Obadja das Schlachtmahl bereitet?
Antwort: Es steht לרוב [man schlachtete Schafe und Rinder] in Mengen und dazu hätten die Kräfte Obadjas nicht gereicht.

Frage: Vielleicht hatten die 7000 geschlachtet, mit Bezug auf [1 Kön. 19, 18]: »Ich werde übrig lassen in Israel 7000: Alle Knie, die sich nicht gebeugt vor dem Baal« usw.?
Antwort: Da haben sich versteckt gehalten vor Isebel.

Frage: Vielleicht waren die Leute im Hause Ahabs gut [gottesfürchtig]?
Antwort: Daran ist nicht zu denken, denn es steht [Spr. Sah 29. 12]: »Horcht ein Herrscher auf Worte der Lüge, so sind alle seine Diener Frevler.«

Frage: Vielleicht waren die Leute des Josafat auch nicht gut? Und vielleicht haben das, was die Leute Ahabs geschlachtet, die Leute Josafats, und was Obadja geschlachtet hat, Josafat selbst gegessen?
Antwort: Daran ist nicht zu denken, denn aus den Worten [Sprüche 1]: »Horcht ein Herrscher auf Worte der Lüge, so sind alle seine Diener Frevler« geht hervor, dass wenn ein Herrscher auf Worte der Wahrheit hört, seine Diener auch fromm sind.

Frage: Vielleicht aber haben das, was die Leute Ahabs geschlachtet, Ahab und seine Leute, und was die Leute von Josafat geschlachtet, Josafat und seine Leute gegessen?

  • 1
    ein profanes Tier für ein geweihtes; Temurah 7a in Bezug auf Lev. 27:10
  • 2
    Lev. 27:10
  • 3
    den Wert eines Menschen, nach der absoluten Schätzung in der Torah, Lev. 27, 1-8)
  • 4
    Arachin 2a
  • 5
    Kohelet 5:4
  • 6
    Als geloben und nicht halten, oder gar nicht geloben
  • 7
    ein solches Gelübde sollte auch nach R. Jehuda unterbleiben.
  • 8
    Arachin 3b
  • 9
    Menachot 93a
  • 10
    In der Mischnah von Menachot fehlt die Hinzufügung der Frauen
  • 11
    Lev. 1,4
  • 12
    Wie darf ein Unreiner also solches schlachten, ohne auch das Fleisch unrein zu machen?
  • 13
    Dies würde die Schlachtung ungültig machen
  • 14
    Sewachim 31b
  • 15
    Num. 19,16
  • 16
    Tosefta 1,5
  • 17
    Awoda Sara 69a
  • 18
    Awoda Sara 69a
  • 19
    Es heißt, die Bewohner Schomrons seien aus Furcht vor Löwen zum Judentum konvertiert, hätten aber sonst ihren heidnischen Lebensstil nicht aufgeben wollen. Das waren die Kutäer. Siehe 2. Buch der Könige 17,33. Der Talmud geht aber davon aus, dass die Kutäer die Regeln der Schechita streng befolgten.
  • 20
    Raschi erklärt das zu Baba Metzia 84a als »Körbe« und zu Schabbat 127a mit »Krügen«