Christentum, Interreligiöses

Die Suche geht weiter… Das Buch „Judentum” von Hans Küng

Eine kleine Rezension des Buches „Das Judentum- Die religiöse Situation der Zeit“ von Hans Küng.

Diesmal hat unser kleiner Goi auf einer Etappe seiner Suche nach einem guten Buch über das Judentum ein wenig länger gebraucht. Nachdem ihn die Binnensicht (siehe letzter Bericht über den kleinen Goi) nicht die befriedigende Darstellung gebracht hatte, wagte er sich diesmal an ein Werk aus nichtjüdischer Feder. Immerhin könnte es ja sein, daß ein anderer Goi mit den gleichen Fragen dasteht, wie unser kleiner Goi und die nötigen Antworten gefunden hat.

Wie bereits gesagt, diese Etappe war etwas länger, um genau zu sein, knapp 900 Seiten lang: Hans Küng, Das Judentum – Die religiöse Situation der Zeit. Das Buch macht sich also so richtig breit im Bücherregal, mehr aber leider auch nicht. Unser kleiner Goi möchte gerne vernünftig dargestellte Hinweise auf seiner Suche haben – das ist uns ja mittlerweile bekannt. Naiv wie er ist, dachte er: viele Seiten, viele Hinweise, viel Brauchbares vielleicht. Leider war diese Überlegung sehr naiv. Er wollte ein Buch über das Judentum und warum es heute so ist wie es ist. Eine ausführliche Geschichte Israels (so nennen es die Theologen), und das in besserer Form, hat er schon in seinem Bücherschrank. Hätte er etwas über Abraham als Stammvater der Juden, Christen und Moslems lesen wollen, er hätte sich ein Buch darüber gekauft; hätte er etwas über das Verhalten der Kirche und des Papstes während der Shoa lesen wollen, er hätte sich doch darüber auch ein Buch gekauft und wenn er über die politische Situation in Nahost unterrichtet sein will, hat unser Goi doch andere Möglichkeiten als ein Buch über das Judentum. Das alles und noch viel mehr bietet Küng, aber keine neutrale Darstellung des heutigen Judentum. Beim lesen kann man immer mehr den Eindruck gewinnen, daß es Küng im Endeffekt dann doch um eine Rechtfertigung des Christentum gegenüber des Judentum geht. Das darf man Küng wahrscheinlich nicht einmal als böse Absicht unterstellen, doch wohl manchmal als Gedankenlosigkeit. Wenn er mit einer merkwürdigen Begründung in einem Buch über das Judentum, das sich selber als Beitrag zum Dialog versteht, die volle Nennung des Gottesnamen rechtfertigt und dabei seine jüdischen LeserInnen um Verständnis bittet, wirkt das doch, selbst in den Augen unseres unbedarften Gois, sehr befremdlich.

Auch die Frage nach der theologischen Bedeutung des, für das Christentum, gekreuzigten Christus in einem jüdische-christlichen Gottesverständnisses nach Auschwitz wirkt völlig deplaziert. Des weiteren auch seine Äußerung gegen die verkrusteten Strukturen der katholischen Kirche, wobei er dann auch gerne mal die jüdischen Orthodoxen mit den katholischen Orthodoxen vergleicht. Irgendwie hat das Buch unserem kleinen Goi also viel Stirnrunzeln gebracht, aber irgendwann wußte er auch nicht mehr so genau, was Küng eigentlich wollte. Mal ganz davon abgesehen, das er merkte, das seine Suche wohl noch länger dauern wird.

Eines ist ihm dann aber doch noch auf den letzten Seiten klar geworden: Was Küng will. Er möchte das Judentum ganz im Sinne seines Projektes Weltethos darstellen. So lobenswert diese Projekt in seinen Ansätzen ist, wird es doch dort problematisch, wenn alle Überlegungen diesem Ziel untergeordnet werden. Mal ganz davon abgesehen, in wie weit dieses Buch wirklich ein lohnender und hörenswerter Beitrag zum interreligiösen Dialog ist.

Hans Küng, Das Judentum-Die religiöse Situation der Zeit, 2. Aufl., München 2001.