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Land für Frieden tauschen?

Überlegungen zur Haschkafah

Die Friedensverhandlungen und Abkommen zwischen Israel und seinen Nachbarn haben in den letzten Jahren viele Kontroversen ausgelöst. In den nächsten beiden Kapiteln diskutieren wir, ob es zulässig ist, israelischen Boden abzutreten in der Absicht, Frieden mit anderen Nationen zu erreichen. In diesem Abschnitt werden wir uns mit Fragen der Haschkafah befassen (Anschauungen oder Ansprüche, die auf einer religiösen Sichtweise im Gegensatz zu einem religiösen Gesetz basieren).

Die Wichtigkeit des Landes Israel

Bevor die »technische« Zulässigkeit von Landabtretungen diskutiert wird, sollte hervorgehoben werden, dass jeder die große Bedeutung von Eretz Jisrael (des Landes Israel) anerkennt. Die große Liebe, die die jüdische Nation für Eretz Jisrael hegt, befeuert eine leidenschaftliche Debatte über dieses Thema. Die folgende Anekdote aus der Gemara (Ketubot 112a) veranschaulicht die Liebe, die wir für Eretz Jisrael empfinden:

Rabbi Abba küsste die Felsen von Akko. Rabbi Chanina reparierte die Straßen von Eretz Jisrael (Raschi: »Aus Liebe zu Eretz Jisrael unternahm er diese Anstrengung, damit niemand die Qualität der Straßen in Eretz Jisrael verunglimpfen würde«). Rabbi Ami und Rabbi Assi verlegten die Studenten [im Sommer] von der Sonne in den Schatten und [im Winter] vom Schatten in die Sonne (Raschi: damit sie sich nicht über das Wetter in Israel beschweren). Rabi Chija bar Gamda pflegte sich im Schmutz von Eretz Jisrael zu wälzen, wie geschrieben steht (Tehillim 102,15): »Denn deine Diener begehren ihre Steine und finden Reiz in ihrem Schmutz.«

Wir lieben sogar die Steine und den Dreck von Eretz Jisrael, obwohl sie keinen wirtschaftlichen Wert haben. Während alle darin übereinstimmen, dass Eretz Jisrael für das jüdische Volk sehr wichtig ist, glauben einige, dass die zentrale Rolle von Eretz Jisraels im Judentum und besonders seine Rolle für die Erlösung jede Diskussion über die Abtretung von Land ausschließe, selbst dann, wenn das Ergebnis Frieden wäre. Andere meinen, dass Umstände eintreten könnten, unter denen der Austausch von Teilen von Eretz Jisrael für Frieden zulässig ist.

Opposition gegenüber jeder Abtretung

Raw Jaakov Mosche Charlap glaubte, dass Eretz Jisrael so lebenswichtig für das jüdische Volk sei, dass es niemals aufgegeben werden dürfte. Er schrieb eine glühende Reaktion auf die, von der Peel-Kommission 1937, vorgeschlagene Teilung Palästinas (veröffentlicht in Techumin 9,271-273 [siehe S. 280 für eine Karte, die die vorgeschlagenen Grenzen skizziert]).
Als es noch gar keinen jüdischen Staat gab, war Raw Charlap dagegen, irgendetwas zu akzeptieren, das weniger als das gesamte Eretz Jisrael umfasste:

»Es gibt keinen Zweifel, dass, wenn es dazu kommen sollte, G-tt bewahre, dass wir gezwungen werden, ein internationales Abkommen zu unterzeichnen, das Zugeständnisse seitens unserer Rechte auf Eretz Jisrael erforderlich machen würde, es für die Unterzeichner besser wäre, sich die Daumen abzuschneiden [!], als irgendeinen Teil des … schönen Zions wegzuschneiden, auf dem G-ttes Schönheit erscheint. So wie jemand, der behauptet, dass die gesamte Torah bis auf einen Buchstaben G-ttlichen Ursprungs ist, als Ketzer gilt, so schadet auch jemand, der sagt, dass ganz Eretz Jisrael den Juden gehört, bis auf einen Zentimeter, der Heiligkeit des Landes1

Die Gegner von »Land für Frieden« zitieren auch bestimmte aggadische Aussagen, um ihre Position zu unterstützen. Sie zitieren oft Rabi Schimon Bar Jochais Aussage (Berachot 5a), dass G-tt das jüdische Volk mit drei kostbaren Geschenken beschenkt hat, die nur unter großen Schwierigkeiten erworben werden können: Tora, Eretz Jisrael und die kommende Welt. Sie verweisen auch auf die Erklärung des Raschbam, warum G-tt Avraham der Prüfung unterzog, Jitzchak zu binden (Bereschit 22,1). Er schlägt vor, dass G-tt Awraham dafür bestrafe, dass er einen Friedensvertrag mit Awimelech, dem König der Philister, geschlossen hatte.

Die leidenschaftliche Liebe zu Eretz Jisrael wird weiter befeuert durch das, was manche über die Wiederbesiedlung des Landes Israel im vergangenen Jahrhundert glauben. Raw Tzvi Jehudah Kook soll oft die Gemara (Sanhedrin 98a) zitiert haben, um zu zeigen, dass der Staat Israel die atchalta dig’ulah, den Beginn der »endgültigen Erlösung«, darstelle:

»Rabi Abba sagt, dass es kein größeres Anzeichen dafür gibt, dass die Erlösung eingetroffen ist, als das, was vom Nawi (Jechezkel 36,9) beschrieben wird: ›Hört, ihr Berge Israels, eure Zweige sollen Früchte tragen für Mein Volk Israel.‹«

Der Maharscha (der diese Passage kommentiert) präsentiert zwei alternative Interpretationen, ob die Früchte, von denen gesprochen wird, »natürliche« Früchte oder »übernatürliche« Früchte seien. Raw Tzwi Jehudahs Ansicht, dass die Verheißung der Gemara bereits erfüllt wurde, nimmt vermutlich erstere Interpretation an.

Die tiefe Verbundenheit mit Eretz Jisrael wird noch verstärkt durch den Glauben einiger, dass die gegenwärtige Rückkehr nach Israel unumkehrbar ist. Diese Haltung mag aus den Verheißungen vieler Propheten herrühren, dass G-tt die endgültige Erlösung nicht rückgängig machen wird. Amos, zum Beispiel, schließt sein Buch mit diesen Gedanken (9,13-15):

»Ich werde mein Volk Israel in das Land zurückbringen, und sie werden verlassene Städte wieder aufbauen und [sie] besiedeln, und sie werden Weinberge pflanzen und ihren Wein trinken, und sie werden Gärten anlegen und ihren Ertrag essen. Und ich werde sie in ihr Land pflanzen, und sie werden nicht mehr von ihrem Land, das ich ihnen gegeben habe, entfernt werden, spricht HaSchem, dein G-tt.«

In der Tat gibt es eine Geschichte, die von Raw Jitzchak Herzogs Rückreise nach Israel im Jahr 1943, erzählt wird. Dies war, während die Schlacht von El Alamein tobte. Sie vermittelt diesen festen Glauben. Als er vor der Gefahr gewarnt wurde, die mit der Rückreise nach Israel zu dieser Zeit verbunden war, antwortete Raw Herzog, dass das Beit Hamikdash zweimal zerstört wurde und nicht wieder zerstört werden würde. Raw Herzog sprach diese Worte aus, als die Nazis (mögen ihre bösen Namen ausgelöscht werden) nur noch neunzig Meilen von Eretz Jisrael entfernt waren und erwartet wurde, dass sie die Alliierten bei El Alamein besiegen würden.

Der Ramban erklärt in seinem Kommentar zu Wajikra (26,16), dass die dort beschriebene Zerstörung sich auf die Zerstörung des Ersten Tempels beziehe, und eine ähnliche Zerstörung, wie sie in Dewarim (Kapitel 28) beschrieben wird, spiele auf die Zerstörung des Zweiten Tempels an.

Raw Herschel Schachter (Be’ikvei Hatzon 32,15-16) versteht es so, dass gemäß dem Ramban, keine Zerstörung in Israel nach der Zerstörung des Zweiten Tempels stattfinden wird. Raw Schachter stellt fest, dass sich der Ramban in seiner Beschreibung der Zerstörung des Zweiten Tempels auf die Zerstörung der jüdischen Regierung bezieht und nicht auf die Zerstörung des Tempels selbst. Da sich das, was damals geschah, niemals wiederholen soll, schlägt Raw Schachter vor, dass die Erlösung unumkehrbar wird, sobald ein souveräner jüdischer Staat in Eretz Jisrael errichtet werden würde.

Hashkafah hinter dem Tausch von Land gegen Frieden

Raw Jehuda Amital (Alon Schewut 100, 34-62) argumentiert, dass wir unsere nationalen Werte priorisieren müssten. Ausgehend von den Grundwerten des physisch existierenden jüdischen Volkes, der Tora und des Landes, versucht Raw Amital zu beweisen, dass eine klare Hierarchie bestehe (in der genannten Reihenfolge), so dass die Rettung der Menschen Vorrang vor dem Land Israel habe. Wenn es also im Interesse der Rettung von Menschenleben ist, auf Teile von Eretz Jisrael zu verzichten, dann sollten wir das tun2.

In ähnlicher Weise zitiert Raw Owadia Yosef (Techumin 10,8) eine Geschichte aus dem Ersten Weltkrieg, um zu betonen, dass der Wunsch nach Erlösung nicht über dem Wert des menschlichen Lebens stehen sollte:

»Leute sagten zu Raw Chaim Soloveitchik während eines Gesprächs, dass, wenn dieser Krieg (der Erste Weltkrieg) die Erlösung bringen würde, dieser sich vielleicht lohnen würde. Raw Chaim wies sie zurecht und sagte: ›Es ist besser, dass viele Erlösungen vom jüdischen Volk aufgeschoben werden, als dass ein jüdisches Leben verloren geht. Und deshalb, wenn uns die Frage gestellt werden würde, ob durch das Opfern eines Juden der Maschiach kommen würde, dann würden wir natürlich entscheiden, dass es besser sei, dass der Maschiach nicht kommt und ein Jude nicht sterben muss. Setzt nicht pikuach nefesch jede Mitzwa in der Tora außer Kraft, einschließlich des Maschiach und der Erlösung?‹«

Wie wir bereits bemerkt haben, bedeutet die Haschkafah derjenigen, die die Rückgabe von Land erlauben, in keiner Weise, dass der Wert von Eretz Jisrael geschmälert wird.

Raw Aharon Lichtenstein, der auch den Tausch von Land für Frieden erlaubt, zitierte einmal eine Geschichte von Raw Tzvi Jehudah Kook, um diesen Punkt zu illustrieren. Raw Tzvi Jehudah weinte an dem Tag, an dem der Staat Israel gegründet wurde – aus Enttäuschung darüber, dass ein großer Teil von Eretz Jisrael unter nichtjüdische Kontrolle geraten würde. Raw Lichtenstein erklärte mit Nachdruck, dass, auch wenn man mit Raw Tzvi Jehudahs Ansicht über den Tausch von Land gegen Frieden nicht übereinstimmt, seine Ansicht über die Heiligkeit von Eretz Jisrael akzeptiert werden muss.

Für das jüdische Volk ist Eretz Jisrael nicht nur ein nationales Heimatland, sondern das Heilige Land, das G-tt seinem Volk gegeben hat. Das Land für den Frieden aufzugeben, muss für einen Juden große Schmerzen bedeuten, analog zur Amputation eines Gliedes, um das Leben eines Menschen zu retten.

Halachische Argumente

Abgesehen von ihren Überlegungen der Haschkafah stellt jede Seite in der Debatte über die Abtretung von Land, im Gegenzug für Frieden, halachische Ansprüche. Wir werden zunächst eine Reihe von Quellen zitieren, um die sich die Debatte dreht, und dann erklären, wie jede Seite diese Quellen interpretiert.

Die Meinung des Ramban

Die Tora (Bemidbar 33,53) gebietet: »Und ihr sollt das Land [Kanaan] erobern und euch darin niederlassen, denn euch habe ich das Land gegeben, um es zu erben.«

Der Ramban kommentiert dies:

Meiner Meinung nach ist dies ein positives Gebot, mit dem uns befohlen wird, das Land zu besiedeln und zu erobern,3 da es uns gegeben ist und wir unser Erbe von G-tt nicht ablehnen dürfen.

Der Ramban erklärt seine Position ausführlicher in seiner Kritik des Sefer Hamitzvot des Rambam (zusätzliches positives Gebot 4). Er schließt seine Anmerkungen mit den Worten ab:

Dementsprechend ist [das Erobern und Leben in Eretz Jisrael] ein positives Gebot, das in allen Generationen gilt und jedes Individuum verpflichtet, sogar während der Zeit des Exils, wie es aus vielen Stellen im Talmud ersichtlich ist. In Sifrei heißt es »es geschah, dass Rabi Jehudah Ben Beteira, Rabi Matja Ben Charasch, Rabbi Chananja Ben Achi, Rabbi Jehoschua und Rabbi Natan Eretz Jisrael verließen. Sie kamen nach Platia und erinnerten sich an Eretz Jisrael. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, sie zerrissen ihre Kleider und zitierten den folgenden Vers: Und ihr sollt es erobern und darin siedeln, und seid gewiss, dies zu tun. Sie verkündeten, dass das Besiedeln und Erobern des Landes Israel gleichbedeutend ist mit allen Mitzvot.«

Aus diesen Kommentaren des Ramban können wir erkennen, dass er es für eine Mitzwa hält, das Land Israel zu erobern. Der Ramban geht nicht darauf ein, das Land für Frieden abzutreten, aber wir werden bald sehen, wie sich diejenigen, die gegen die Abtretung von Land sind, auf seine Kommentare stützen.

Ein Argument des Minchat Chinuch

Im Sefer Hachinuch (425) heißt es, dass, wenn jemand die Möglichkeit hat, ein Mitglied der sieben kanaanitischen Völker zu töten, ohne sich dabei selbst in Gefahr zu bringen und er es nicht tut, er dann die Mitzwa verletzt, sie zu vernichten (Dewarim 7,10). Minchat Chinuch (ein Kommentar zum Sefer Hachinuch) findet die Regelung des Sefer Hachinuch rätselhaft. Warum sollte diese Mitzwa nur gelten, wenn keine Gefahr im Spiel ist?

Obwohl es die meisten Mitzwot nicht verlangen, dass wir unser Leben opfern, um sie zu erfüllen, verlangt die Tora hier, dass wir mit den sieben Völkern in den Kampf ziehen. Minchat Chinuch weist darauf hin, dass die Gesetze der Tora nicht davon ausgehen, dass ein Wunder geschehen wird (wie die Kommentare des Ramban zu Bamidbar 5,20 und 13,2 erklären). Da es der normale Lauf der Welt ist, dass Menschen im Kampf sterben, sehen wir, dass die Tora uns befiehlt, mit den sieben Völkern zu kämpfen, sogar unter Gefahr für uns selbst4.

Das Argument für das Verbot des Tausches »Land für Frieden« vereinigt die Kommentare des Ramban und des Minchat Chinuch. Es behauptet, dass die Tora uns verpflichtet, Eretz Jisrael mit Gewalt zu erobern, so dass diese Mitzwa von Natur aus ein Risiko für unser Leben mit sich bringt. Wir können, demnach, also nicht Teile von Eretz Jisrael aufgeben, selbst wenn wir sicher sind, dass wir dadurch Leben retten können, denn das würde unsere Verpflichtung zur Eroberung verletzen. Zu denen, die dieses Argument vorbringen, gehört Dajan Jehoschua Menachem Aaronberg (Teschuwot Devar Jehoschua 2,48 und Techumin 10,26-33).

Natürlich, merkt Dajan Aaronberg an, wenn die Besorgnis besteht, dass eine militärische Niederlage (G-tt bewahre) mehr Territorium der jüdischen Kontrolle entziehen würde, gilt die Verpflichtung, Krieg zu führen, nicht.

Eine Antwort auf das »Ramban – Minchat Chinuch Argument«

Das vorgebrachte Argument gegen die Aufgabe von Land um des Friedens willen, fußt auf der Überzeugung des Ramban, dass es eine Mitzwa ist, Eretz Jisrael zu erobern, auch wenn es den Verlust von Menschenleben bedeutet.

Raw Jehuda Amital (Alon Schewut 100,34-62) kontert hingegen, dass der Rambam (Maimonides) überzeugt sei, dass die Mitzwa, Eretz Jisrael zu erobern, heute keine Gültigkeit mehr habe.

Er stellt die Befähigung eines Rabbiners in Frage, zu entscheiden, ob wir in Übereinstimmung mit dem Ramban (Nachmanides) das Leben riskieren müssen, wenn der Rambam nicht mit seiner Behauptung übereinstimmt. Außerdem interpretieren einige Acharonim den Ramban dahingehend, dass nur die Mitzwa der Besiedlung des Landes, aber nicht der Eroberung des Landes, heute noch gilt. Der Pe’at Haschulchan (Hilchot Eretz Jisrael 1,3) entscheidet in Übereinstimmung mit dieser Ansicht.5

Diesem Ansatz folgend, wird uns nicht mehr befohlen, Eretz Jisrael zu erobern. Wenn also die Übergabe von Land zu Frieden führt, wäre es zulässig, dies zu tun.

Die Mitzwa, das Land Israel zu besiedeln, kann immer noch in den Gebieten erfüllt werden, die unter israelischer Kontrolle bleiben. Raw Aharon Lichtenstein zitierte in einer Rede an der Jeschiwat Har Etzion, in der er das Camp-David-Abkommen mit Ägypten verteidigte, Raw Josef Dow Soloveitchik, Raw Mosche Feinstein und Raw Jitzchak Hutner, die der Meinung sind, dass es Israel erlaubt ist, Land für Frieden zu tauschen.

Das Verbot von Lo Techanem

Die Mischna (Awodah Zarah 19b) verbietet den Verkauf von israelischem Grundbesitz an Nichtjuden und liefert damit einen weiteren möglichen Grund für das Verbot der Landabtretung. Dies basiert auf den Worten der Tora, »Lo techanem« (Dewarim 7,2). Die Gemara (Awodah Zarah 20a) interpretiert diese Worte als »lo titen lahem chanajah bakarka« (»Gib ihnen keine dauerhafte Wohnung im Land«). Einige verbieten es, Nichtjuden Land zu geben, selbst um Leben zu retten (siehe Teschuwot Dwar Jehoschua 2,48), während andere argumentieren, dass dieses Verbot ignoriert werden kann, wenn dadurch Leben gerettet würden (siehe Raw Owadia Josef, Techumin 10,34-47). Raw Owadia verweist auch auf die Minderheit der Autoritäten, wie den Bach (Choschen Mischpat 249,2), die behaupten, dass lo techanem nicht für Nichtjuden gilt, die keine Götzen anbeten, wie z.B. Muslime.

Ein fragwürdiger Frieden

Bis jetzt haben wir die Frage der Landabgabe zur Sicherung des Friedens diskutiert. Die Frage, vor der Israel jetzt (im Jahre 2000) steht, ist, ob es Land im Austausch für einen unsicheren Frieden aufgeben soll. Das Land ist gespalten in der Frage, ob der aktuelle Friedensprozess Frieden oder weitere Gefahr für Israel bringen wird. Selbst Israels Top-Generäle sind sich nicht einig, ob die Abgabe von Land in diesem Fall tatsächlich Frieden bringen wird. Die Frage, die sich nun stellt, ist, ob Land ausgetauscht werden darf, wenn wir uns über das Endergebnis dieses Prozesses nicht sicher sind. In dieser Situation bietet Raw Hershel Schachter (Journal of Halacha and Contemporary Society, 16,79-80) einen Vorschlag an, wie man in diesem Falle vorgehen sollte:

Die Frage, um die es hier geht, scheint vergleichbar zu sein, mit der eines kranken Menschen, der entscheiden muss, wie seine Ärzte vorgehen sollen. Die Poskim diskutieren den Fall eines Patienten, der tödlich erkrankt ist, der aber eine Behandlung erhalten könnte, die sein Leben verlängern würde, obwohl sie schmerzhafte Nebenwirkungen verursacht. Da es in einer solchen Situation keinen Konsens darüber gibt, ob eine solche Behandlung wünschenswert ist, wird die Entscheidung dem Kranken überlassen [siehe Nischmat Awraham, Joreh Deah 155,2 und 349,3, und B’ikvei Hatzon 34]. Ebenso sollte im Fall einer Nation in Todesgefahr, die mit einer Lösung von zweifelhaftem Wert konfrontiert ist, die Entscheidung über die zu ergreifende Maßnahme in den Händen der Mehrheit der Betroffenen liegen.6

Professor Eliaw Schochetman (Techumin 17,107-120) ist mit diesem Ansatz nicht einverstanden. Er zitiert zahlreiche Quellen, um zu zeigen, dass das Volk nicht über Angelegenheiten der Halacha abstimmen und entscheiden kann. Weiter zitiert er die Entscheidung von Raw Mordechai Elijahu, dass in einem Fall, in dem sich die Ärzte nicht einig sind über die weitere Behandlung eines kranken Patienten, die Ärzte eine Methode zur Beibehaltung des Status quo (schew w’al ta’aseh) ergreifen sollten. In ähnlicher Weise, so begründet Professor Schochetman, sollte der Status quo beibehalten werden, da unter Militärexperten Uneinigkeit darüber besteht, ob der Austausch von Land gegen Frieden klug oder rücksichtslos ist.

Fazit

Es ist wichtig, die Komplexität dieses Themas zu erkennen. Viele große Rabbiner erlauben den Austausch von Land für Frieden, während viele andere dies verbieten. Möge G-tt dem Staat Israel helfen, ewige Sicherheit und Frieden zu erlangen.


  1. Es muss zur Kenntnis genommen werden, dass zwei herausragende Autoritäten, Raw Chaim Ozer Grodinski (Techumin 9:293-295) und Raw Tzvi Pesach Frank (Techumin 9:276-277), es erlaubten, den Vorschlag der Peel-Kommission zu akzeptieren. Ihre Urteile zeigen nicht notwendigerweise, wie sie heute über die Abtretung von Land denken würden, weil das Land, das die Peel-Kommission den Arabern gab, noch nicht unter jüdischer Kontrolle war.↩︎

  2. Dieser Autor hat Raw Jaakov Meidan gehört, der Raw Amitals Behauptung respektvoll widerspricht. Raw Meidan argumentiert, dass die Bedürfnisse des Landes Israel und des Volkes Israel identisch seien. Es könne daher niemals im Interesse des Volkes sein, die Kontrolle über Teile von Eretz Jisrael aufzugeben.↩︎

  3. Für eine Diskussion darüber, ob der Begriff des Ramban als »souveräne Kontrolle« oder »militärische Eroberung« zu übersetzen ist, siehe die Debatte zwischen Raw Nachum Rabinowitz und Raw Jaakov Ariel in Techumin (4,302-306 und 5,174-186).↩︎

  4. Obwohl Minchat Chinuch mit dem Ausdruck eines gewissen Zweifels schließt, schließen sich eine Reihe von Acharonim dessen Argument an, darunter Raw Naftali Tzvi Jehudah Berlin (Meromei Sadeh, Eruwin 45a und Kidduschin 43a) und Raw Jitzchak Ze’ew Soloveitchik (Parschat Beschalach, S. 32; zitiert von Raw J. David Bleich, Contemporary Halakhic Probems 3,296-297).↩︎

  5. Pe’at Haschulchan gilt als maßgebend in Bezug auf die Mitzwot des Landes Israel.↩︎

  6. Siehe B’ikvej Hatzon (32:9), wo Raw Schachter genau erörtert, wer in einem solchen Referendum abstimmen dürfe.↩︎

Übersetzung von Chajm Guski

Aus dem Buch »Gray Matter« (Band I).

Dieser Inhalt steht unter der Lizenz: Namensnennung 3.0 Deutschland (CC BY 3.0 DE)

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Rabbiner Chaim Jachter ist Rabbiner, Dajan, Pädagoge und Autor. Er ist Dajan am Bejt Din von Elizabeth, New Jersey und befasst sich als Experte mit dem Scheidungsrecht. Er ist Vorsitzender des »Agunah Prevention and Resolution Committee« des Rabbinical Council of America. Rabbiner Jachter ist auch beratender Rabbiner für über 60 Eruwim in den USA. Er ist Rabbiner von Sha'arei Orah, der sephardischen Gemeinde von Teaneck, und ist Fakultätsmitglied an der Torah Academy of Bergen County (TABC). Seine Buchreihe »Gray Matter« behandelt zeitgenössische halachische Themen aus seiner Praxis am Bejt Din. Die Auszüge aus dem Büchern stehen unter einer CC-BY-Lizenz.