Feiertage und Feste, Schabbat

Der Schabbat – Das Geschenk der Liebe G-ttes

Nachdem er 17 Monate ohne Unterbrechung für seine Firma gearbeitet hatte, ohne einen freien Tag und mit Schlafpausen bis höchstens zweieinhalb Stunden pro Tag, verstarb der junge Angestellte Ichiro Oshima 1991 in Tokio an ‚Tod durch Überarbeitung‘. In der japanischen Sprache gibt es hierfür ein eigenes Wort: Karoshi 過労死. Tod durch Überarbeitung wurde früher überall als schicksalsmäßig hingenommen und wird auch heute noch in einigen menschlichen Gesellschaften als zwangsläufiges Risiko des Broterwerbs gesehen, dem der Mensch ‚im Schweiße seines Angesichts‘ nachgehen soll.

In der Geschichte der Menschheit haben Gewaltherrscher immer wieder die Methode ‚Vernichtung durch Arbeit‘ gezielt eingesetzt um verhasste Menschen durch pausenlosen Arbeitseinsatz nicht nur auszubeuten sondern zugleich zu ermorden. Auch Pharao hatte uns durch ununterbrochenen Arbeitseinsatz vernichten wllen und er wußte sehr wohl, daß es genügt um einen Menschen umzubringen, ihn daran zu hindern Atem zu schöpfen, zu sich zu kommen, über die eigene Situation nachzudenken, gar sie zu ändern. Genau diese Möglichkeit, die G’tt am Ende der Weltschöpfung selbst für sich beanspruchte, will Er jedoch auch jeder Kreatur gewährleisten, aufatmen zu können und so das Leben zu behalten.

‚Sechs Tage darfst du arbeiten und alle deine Werke verrichten. Aber der siebente Tag ist ein Schabbat dem Ewigen, deinem G’tt da sollst du keinerlei Werk verrichten , weder du noch dein Sohn oder deine Tochter, noch dein Knecht oder deine Magd,noch dein Vieh, noch der Fremde, der in deinen Toren ist.‘

2.Mosche 20,8-11;23:12; 31:12-17;34:21; 35:1-3, 3.Mosche 23:3;5.Mosche 5:12-15

Die Einrichtung des Schabbat ist ein Geschenk, das G’tt über Israel der Menschheit gab und das,noch vor dem Gebot der Nächstenliebe, eine ungeheure soziale Revolution bedingte: Nicht nur das Recht, sondern sogar die Verpflichtung zu sich zu kommen und sich zu erneuern. An sechs Tagen der Woche sind wir wie Lasttiere den Zwängen des Alltags ausgesetzt und unterworfen, sind nicht unser eigener Herr. Die Institution des Schabbat, auf deren Nichteinhaltung die Todesstrafe steht, befreit uns aus den Zwängen und gestattet uns jegliche Verpflichtung zur Arbeit, jegliches Ansinnen dazu, von uns zu weisen. Wir sind frei und erhalten unsere menschliche Würde zurück , können uns auf das besinnen, was unsere eigentliche Bestimmung ist, zu unserem Ursprung zurückfinden und daraus neue Kraft schöpfen, uns erneuern und zu einem neuen Dasein gelangen. Am Freitagabend, wenn die ersten drei Sterne am Himmel sichtbar sind, oder wenn man einen weißen von einem schwarzen Faden in der Abenddämmerung nicht mehr unterscheiden kann, beginnt der Schabbat. Die Frau entzündet das Schabbat-Licht und segnet es. Diese heilige Handlung markiert den Beginn des Ruhetages. Der Mensch, nach dem Abstreifen seines Lasttier-Zustandes, ist wieder Mensch geworden. Er fühlt sich erhaben wie ein König und heißt den Schabbat willkommen wie eine Königin, wie eine Braut, nach der er sich lange sehnte.
Dies kommt in dem Lied ‚Lecha Dodi'(Sidur Sefat Emet,S.84,Victor Goldsschmidt Verlag Basel,1972) zum Ausdruck, das wir zu Schabbatbeginn singen und bei dem wir uns der Eingangstüre zuwenden. Im Abendgebet erinnern wir uns daran, daß G’tt in sechs Tagen die Welt erschuf und am siebenten Tag ruhte und diesen Tag heiligte ’nachdem Er das ganze Werk der Schöpfung vollendet hatte, es fortzugestalten‘ (Thora/1.Mosche 2:1-3;in der Übersetzung aus :Jakob J.Petuchowski,’G’ttesdienst des Herzens‘,S.37,Verlag Herder Freiburg iBr.;1981).

An dieses Geschehen erinnere der Schabbat als ein Zeichen für alle Zeiten zwischen G’tt und Israel, ein ewiger Bund, den einzuhalten Israel verpflichtet ist. Im Kreis der Familie erbitten die Eltern für ihre Kinder den Segen G’ttes. In einer Hymne aus den Sprüchen Salomos gedenkt der Ehemann der Tüchtigkeit seiner Frau und all des Guten, das sie für ihn tut, seine Partnerin, die G’tt ihm gegeben hat( Eschet Chayil-Sprüche Salomos 31:10-31) . Nach dem Segen über Wein, den Kelch des Heils, werden die Worte der Heiligung, das ist der Qiddusch, gesprochen. Wir verdeutlichen uns, daß G’tt nach uns verlangte, uns für sich erwählte und uns heiligte , daß Er den Schabbat, sein Heiligtum, an uns gab, in Liebe und mit festem Willen, zum Andenken an die Ereignisse des Urbeginnes. Nachdem uns G’tt in der Pessach-Nacht zum Leben errettet hatte, war der Schabbat das erste Geschenk, das Er uns gab, das erste und heiligste der Feste, ein Geschenk der Liebe, um uns dieses Leben nicht nur zu erhalten sondern seine Fortentwicklung uns zu ermöglichen. Nach dem Waschen der Hände spricht man den Segen über die Schabbat-Brote.
Es sind zwei Brote zum Gedenken an die doppelte Menge Himmelsbrot (Man), die unsere Vorfahren in der Wüste am Rüsttag zum Schabbat aufsammelten. Wir essen das Brot zusammen mit Salz, wie uns die Thora anweist:

‚Alle deine Speiseopfer sollst du mit Salz bestreuen; das Salz, das Bündnis mit deinem G’tt, darfst du…nicht fehlen lassen.‘
3.Mosche 2:13, 4.Mosche 11:7-9

Nach dem Essen und dem Tischgebet singt man Schabbat-Lieder. Man gibt sich der Muße hin, in Freude. Trauer wird vermieden. Dies kennzeichnet den Schabbat. Jegliche Arbeit, das Anzünden von Feuer, jegliche Tätigkeit, die aktiv eine Zustandsveränderung herbeiführt, soll unterlassen werden. So wie das Samenkorn, die Frucht der alten Pflanze, erst einmal in der Erde ruhen muß, scheinbar ohne Veränderung, bevor eine neue Pflanze daraus erwachsen kann, so ruhen auch wir nach der vergangenen Woche, bevor die neue Woche beginnen kann. Wenn der Schabbat zu Ende gegangen ist entzünden wir am Samstagabend erneut wieder Feuer, ein Licht, sprechen den Segen über den Wein, den Segen über die Gewürze, deren Duft wir als eine Erinnerung an den Schabbat mit in die neue Woche nehmen wollen, sprechen des Segen über das wärmende Licht, das G’tt als erstes schuf, und ohne das wir nicht leben könnten, und wir lassen hierbei das Licht des neuen Feuers sich auf unseren Fingernägeln spiegeln. Schließlich preisen wir G’tt für die Unterscheidung (Havdalah) zwischen Heiligem und Alltäglichem, zwischen Licht und Finsternis, zwischen dem Volk G’ttes und anderen Völkern, zwischen dem siebenten Tag und den übrigen Tagen des Schöpfungswerkes. Wir wünschen uns eine gute Woche und lassen die Schabbat-Ausgangsfeier ausklingen mit einem Lied vom Propheten Eliyahu, dem Vorboten des Maschiach (Messias). Denn es heißt, an dem Tag, an dem alle Menschen den Schabbat heiligen werden, wird der Maschiach kommen.
Mit der Sehnsucht nach diesem Schabbat gehen wir in die neue Woche.