Omerzeit

Die Omerzählung

Unmittelbar nach Ma’ariv des zweiten Tages Pessach oder noch während des Seder-Abends beginnt man Omer zu zählen…

Ab dem zweiten Sederabend beginnt man Omer zu zählen, dies tut man bis Schawuot, dies sind genau 49 Tage bis zum Vorabend von Schawuot. Die Torah selbst gebietet uns dies zu tun:

„…und ihr sollt zählen vom anderen Tage nach der Feier (Pessach) an, von dem Tage, als ihr dargebracht habt, die Omer-Schwingung (Speiseopfer), sieben volle Wochen. Bis zum anderen Tag nach der siebenten Woche sollt ihr fünfzig Tage zählen, und ihr sollt dann HaSchem ein neues Speiseopfer darbringen“ [Leviticus 15-16]

Unmittelbar nach Ma’ariv oder während des Sederabends beginnt man mit dem Zählen des Omers. Vor dem eigentlichen Zählen sagt man folgende Brachah:

„Baruch Atah Adonaj Elohejnu melech Ha’olam ascher kideschanu be’mitzvotav vetzivanu al sefirat ha’omer“ –

„Gelobt seist Du, HaSchem, unser G’tt, König der Welt, der uns geheiligt hat mit seinen Geboten und uns geboten hat Omer zu zählen.“

Dann zählt man. Für den ersten Tag sagt man folgendes:

„Hajom jom echad le’omer“ – „Heute ist der erste Tag seit dem Omer“. Die Grundform lautet also : „Hajom jom [Zahl des Tages] le’omer“. Ab dem siebenten Tag, wird auch die Zahl der Woche hinzugefügt: „Hajom sche’vah jamim, sche’hem scha’vua echad, le’omer“ – „Heute sind es sieben Tage, welche eine Woche sind, seit dem Omer.“ (Siddur Sefat Emet Seite 305; Siddur Schma Kolenu Seite 202; Siddur Kol Ya’akov Seite 284)

Schawuot als Fest hat also kein „eigenes“ Kalenderdatum, sondern ist kalendarisch gebunden an Pessach, durch die Omer-Zählung. Der Charakter des Schawuot Festes wird dadurch unterstrichen: An Pessach erhält das jüdische Volk die Freiheit aus der Sklaverei und an Schawuot die Torah am Sinai aus den Händen HaSchems durch Mosche Rabbenu. Die Freiheit von Pessach ist Voraussetzung für den Erhalt der Torah. Man zählt erst am zweiten Tag von Pessach Omer, weil man sich am ersten Abend ganz und vollständig auf den Auszug aus Mitzrajim (Ägypten) konzentrieren soll.

Die Zeit des Omer-Zählens war zunächst eine Zeit mit freudigem Charakter, denn es war auch die Zeit der Getreideernte und der Darbringung der vorgeschriebenen Opfer der Ernte (Leviticus 23,11). Nach der Zerstörung des Tempels in Jeruschalajim wurde die Zeit allerdings zur Zeit der Trauer in der man keine Feiern und freudigen Anlässe begeht.

Im Jahre 132 allgemeiner Zeitrechnug war Israel durch Rom besetzt und der bekannte Aufstand unter Bar Kochba brach aus. Bar Kochba wurde durch den an der Schöpfung des Talmud beteiligten Rabbi Akiva unterstützt. Der Bar Kochba Aufstand wurde jedoch 135 d.Z. von Römern niedergeschlagen und letztlich wurde auch Rabbi Akiva von den Römern getötet. Während der Omer-Zeit brach dann eine Pest unter den Schülern Rabbi Akivas aus, die erst am 33. Tag der Omer-Zeit aufhörte, an diesem Tag verstarb auch der Begründer der Kabbalah Schimon bar Jochaj. Dieser 33. Tag Omer (der 18. Ijjar) wird deshalb als Halbfeiertag begangen und wir Lag ba’Omer genannt; in Deutschland wurde dieser Tag „Schülerfest“ genannt, wegen der Plage unter den Schülern Akivas. An Lag ba’Omer dürfen Feierlichkeiten begangen werden, deshalb ist Lag ba’Omer ein beliebtes Datum für Hochzeiten geworden.
Während der Omer-Zeit wurden auch die deutschen Juden Opfer der nach Israel ziehenden Kreuzfahrer während der Zeit der Kreuzzüge 1096 d.Z. bis 1099 d.Z.. Auch der Aufstand im Ghetto von Warschau und dessen Niederschlagung fällt in die Zeit des Omer-Zählens.
Die Omer-Zeit lehrt uns in erster Linie, daß die uns geschenkte Freiheit und das durch G’tt gegebene Gesetz in einem tiefen und untrennbaren Zusammenhang stehen. Leo Trepp bringt diese Botschaft in seinem Buch „Die Juden – Volk, Geschichte, Religion“ auf den Punkt: „Freiheit ohne Verpflichtung führt zum Nihilismus. Das kündet uns die Zählung“ (Seite 371).