Siddur - Gebetbuch

Siddur Sefat Emet

Das einflussreichste Gebetbuch in Deutschland war und ist Siddur Sefat Emet, welches einen genuin deutschen Minhag abbildet. Es ist nicht nur in den deutschsprachigen Ländern sehr verbreitet, sondern auch in Ländern in denen Anhänger von religiösen Strömungen leben, die in Deutschland ihren Ursprung haben. Dort kennt man ihn entweder als Sfas Emes oder als Rödelheim Siddur, denn der Siddur wurde dort im Jahr 1799 zum ersten Mal gedruckt. Editiert wurde die Ausgabe von Wolf Heidenheim und hieß in der Erstausgabe aber noch Safah Berurah.

Siddur Sefat Emet
Siddur Sefat Emet

Seine Ausgaben von Siddur und Machsor verzichten unter anderem auf die Gebete der lurianischen Mystik. Ismar ELBOGEN schreibt:

Mit der Lossagung von allem kabbalistischen Beiwerk zu den Gebeten war ein entscheidender Schritt getan, hiermit war eine Trennung von den in der vorangegangenen Epoche allgemein geltenden Anschauungen und Überlieferungen ohne weiteres gegeben. Es war eine jener stillen Umwälzungen, die, ohne viel Aufsehen zu erregen, Epoche gemacht haben.
Elbogen – Der jüdische G-ttesdienst Seite 396

Bei der Zusammenstellung der Texte waren außerdem Dr. Bär Bibrich und ein weiterer Gelehrter beteiligt. Sie bildeten zum großen Teil, wie schon erwähnt, den Minhag der damaligen Zeit im deutschsprachigen Raum ab. In einem bekannten Fall griffen die Editoren aber auch in den Originaltext ein und änderten das Schelo asani goj in den Birkot haSchachar in ein schelo asani nochri; Nochri kann aber Fremder oder »entfremdete Person« bedeuten. Es meint aber nicht explizit Nichtjude wie Goj.

Sidur Sefat Emet enthält viele Hinweise auf den Minhag der Frankfurter jüdischen Gemeinde, was aber wohl eher an der geographischen Nähe von Rödelheim zu Frankfurt lag, als an der Wichtigkeit dieses Minhag. In Deutschland gab es eine Vielzahl von Minhagim.
Heute ist der Sefat Emet der Minhag der Neo-Orthodoxie, die sich auf Samson Raphael Hirsch beruft. Dieser Siddur war im Nachkriegsdeutschland DER Standardsiddur der jüdischen Gemeinden im deutschsprachigen Raum.

Wer war Wolf Heidenheim?

Heidenheim, Wolf Benjamin ben Samson: Exeget und Grammatiker; geboren 1757 in Heidenheim; gestorben in Rödelheim am 23. Februar 1832. Bereits in frühem Alter wurde Heidenheim nach Fürth geschickt, wo er Talmud unter Joseph Steinhardt studierte, Steinhard war der Autor von of »Zikron Josef« von 1777 an studierte er unter Hirsch Janow. Neben dem Talmud studierte Heidenheim außerdem die hebräische Grammatik, und ganz speziell die Mesorah. 1782 verließ er Fürth, vermutlich weil Janow Gegner von Mendelssohns Pentateuchübersetzung war, den jedoch Heidenheim sehr verehrte.

Er ging nach Frankfurt am Main, wo er die Bekanntschaft der führenden Gelehrten seiner Zeit machte, unter ihnen Wolf Breidenbach und Solomon Dubno.
Dort begann er auch seine literarische Tätigkeit, die 50 Jahre lang anhielt. Heidenheim, ermutigt von Dubno hatte die Idee seine eigene kritische Pentateuchausgabe zu publizieren, mit samt eigenem Kommentar. Sein erstes Werk war eine Ausgabe von Ibn Ezras »Moznajim«, welcher er einen kritischen Kommentar hinzufügte (Offenbach, 1791).
Sieben Jahre spatter begann Heidenheim seine kritische Ausgabe des Pentateuch, welche er »Sefer Torat Elohim« nannte. Es enthielt einen Targum, die Kommentare von Raschi und dem Raschbam, den Kommentar »Minchat Schai« von Solomon Norzi, seine eigenen Glossen und masoretische Referenzen, außerdem seinen »Superkommentar« auf Raschi genannt »Habanat ha-Mikra«.
Sein Kommentar bezieht sich hauptsächlich auf die Akzente und ergänzte zahlreiche grammatische Anmerkungen. Sein Vorhaben war jedoch für ihn allein wirtschaftlich kaum tragbar und so war er gezwungen mit Genesis 43:16 aufzuhören.

Gemeinsam mit Baruch Baschwitz (einem Geschäftsmann) und mit der Hilfe Breidenbachs beschaffte er sich von Graf von Solms-Rödelheim eine Erlaubnis um in Rödelheim eine Druckerei zu betreiben.

Heidenheim begann umgehend mit der Herausgabe eines Machzor, mit seinem hebräischen Kommentar und deutscher Übersetzung von ihm und Breidenbach (1800). Um einen möglichst akkuraten Text wiederzugeben, sicherte Heidenheim alte Manuskripte, unter anderem eines von 1258, außerdem die frühesten italienischen und deutschen Ausgaben. Am Ende seines Machzors für Schemini Atzeret wurde Heidenheims »Ha-Pijutim weha-Pajetanim« abgedruckt, ein Essay über die Schöpfer der Liturgie.

1806 wurde Heidenheim Alleineigentümer, Baschwitz hatte sich zurückgezogen. In diesem Jahr veröffentlichte er »Mebo ha-Laschon« eine Abhandlung über hebräische Grammatik, 1808 »Mischpete ha-Te’amim« eine Abhandlung über die Kantillationszeichen basierend auf antiken Grammatikern.
Zehn Jahre später widmete sich Heidenheim wieder seiner Pentateuchausgabe, dieses Mal mit größerem Spielraum. Sie wurde in vier Bänden 1818-21 veröffentlicht; ein Band »Me’or ‚Enajim« enthielt den Text, der Kommentar »En ha-Kore« und den Kommentar Heidenheims (»En ha-Sofer«); ein anderer Band »Moda‘ la-Binah« enthielt den Text, den Raschi-Kommentar sowie Heidenheims Kommentar auf Raschi, der dritte Band »Tikkun Sofer« enthielt den unvokalisierten Text für die Schreiber einer Torah-Rolle; der vierte Band enthielt den Text mit deutscher Übersetzung außerdem einen Kommentar von ihm namens »Minchah Chadaschah«.
Heidenheim veröffentlichte außerdem:

  • Die Pessach-Haggadah (mit deutscher Übersetzung, 1822)
  • die Pirkej Awot (mit deutscher Übersetzung, 1823)
  • »Siddur Safah Berura« (die täglichen Gebete mit deutscher Übersetzung, 1823)
  • »Ma’aseh Ta’tu’im« eine Polemik gegen den Kabbalisten Nathan Adler (anonym erschienen);
  • »Seder Tisch’ah be-Av« (mit deutscher Übersetzung und Anmerkungen, 1826);
  • Selichot (mit deutscher Übersetzung und hebräischem Kommentar, 1834).

Er hinterließ zahlreiche unveröffentlichte Werke und Aufsätze, darunter viel grammatische Abhandlungen.