Berachot Kapitel 1

Der Talmud, Traktat (Massechet) Berachot in deutscher Übersetzung von Lazarus Goldschmidt:

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Blätter / Dapim

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Übersetzung

Blatt 2a

[Talmud-Seite in der Wilna-Ausgabe]

VON WANN AN LIEST MAN DAS ŠEMA͑1 AM ABEND? VON DER STUNDE AN, DA DIE PRIESTER2 EINTRETEN, VON IHRER HEBE3 ZU ESSEN, BIS ZUM SCHLUSS DER ERSTEN NACHTWACHE4 SO R.5 ELIE͑ZER. DIE WEISEN6 SAGEN, BIS MITTERNACHT; R. GAMLIÉL SAGT, BIS DIE MORGENRÖTE AUFSTEIGT. EINST KAMEN SEINE SÖHNE VOM GASTMAHL UND SPRACHEN ZU IHM: WIR HABEN [NOCH] DAS ŠEMA͑ NICHT GELESEN. DA SPRACH ER ZU IHNEN: IST DIE MORGENRÖTE NOCH NICHT AUFGESTIEGEN, SO SEID IHR ZU LESEN VERPFLICHTET. UND NICHT NUR DIESBEZÜGLICH SAGTEN SIE DIES7, SONDERN VON ALLEM, WORÜBER DIE WEISEN SAGTEN, [ES HABE ZEIT] BIS MITTERNACHT, GILT DAS GEBOT, BIS DIE MORGENRÖTE AUFSTEIGT. DAS GEBOT DER AUFRÄUCHERUNG DES FETTES UND DER GLIEDER8 REICHT, BIS DIE MORGENRÖTE AUFSTEIGT, UND DAS GEBOT DESSEN, WAS AN EINEM TAGE9 GEGESSEN WERDEN SOLL, REICHT, BIS DIE MORGENRÖTE AUFSTEIGT. WARUM SAGTEN DIE WEISEN, WENN DEM SO IST: BIS MITTERNACHT? UM DEN MENSCHEN VON DER ÜBERTRETUNG FERNZUHALTEN.

GEMARA10. Worauf bezieht sich der Tanna11, daß er lehrt: von wann an? Ferner, warum lehrt er zuerst: am Abend, er sollte doch zuerst vom Morgen lehren?

Der Tanna bezieht sich auf den Schriftvers. Es heißt: [Dewarim 6,7.]bei deinem Schlafengehen und bei deinem Aufstehen; darauf bezugnehmend lehrt er: wann (beginnt] die Zeit des Šema͑lesens beim Schlafengehen?

von der Stunde an, da die Priester eintreten, von ihrer Hebe zu essen. Wenn du willst, sage ich: er lernte dies12 von der Weltschöpfung, denn so heißt es:[Bereschit 1,5] es ward Abend und es ward Morgen, ein Tag.

Demnach sollte er doch am Schlusse13, wo er lehrt: am Morgen spreche man zwei Segenssprüche vorher and einen nachher14; am Abend spreche man zwei vorher und zwei nachher, [ebenfalls] vom Abend zuerst lehren? —Der Tanna beginnt mit dem Abend und lehrt nachher über den Morgen, und da er vom Morgen spricht, erklärt er die Angelegenheiten des Morgens, und nachher erst erklärt er die Angelegenheiten des Abends. Der Meister sagte: Von der Stunde an, da die Priester eintreten, von ihrer Hebe zu essen. Merke, die Priester essen ja die Hebe von der Stunde an, da Sterne hervortreten, so sollte er doch lehren: von der Stunde an, da Sterne hervortreten!?

Nebenbei lehrt er ein Zweites, daß nämlich die Priester von der Hebe essen von der Stunde an, da Sterne hervortreten, und damit lehrt er uns, daß die Sühne15nicht hindernd sei. So wird auch gelehrt: [Wajikra 22,7]und wenn die Sonne untergegangen, so ist er rein, nur sein Sonnenuntergang hindert ihn, von der Hebe zu essen, nicht aber hindert ihn seine Sühne16, von der Hebe zu essen.

Woher aber, daß [die Worte]: wenn die Sonne untergegangen, auf den [völligen] Untergang der Sonne17 und [die Worte]: so ist er rein, auf das Reinsein das Tages18 hinweist,

Blatt 2b

[Talmud-Seite in der Wilna-Ausgabe]

vielleicht ist hier das Schwinden des Sonnenlichtes19 und (was heißt: er ist rein?) das Reinwerden der Person zu verstehen? Rabba b.20 Šila erwiderte: Demnach hätte die Schrift sagen sollen: er soll rein werden; unter: er ist rein [verstehe man] das Reinsein des Tages. So spricht auch das Volk: die Sonne ist untergegangen, der Tag ist gesäubert Im Westen21 hatten sie von der Erklärung des Rabba b. R. Šila nicht gehört und stellten folgende Frage: Wenn die Sonne untergegangen; ist hier der [völlige] Untergang der Sonne und (was heißt: er ist rein?) das Reinsein des Tages, oder aber das Schwinden des Sonnenlichtes und (was heißt: er ist rein?) das Reinwerden der Person zu verstehen? Sie entschieden dies nachher aus einer Barajtha22. Eine Barajtha lehrt: Ein Zeichen dafür23 ist das Hervortreten der Sterne. Schließe daraus, daß hier der [völlige] Untergang der Sonne und (was heißt: er ist rein?) das Reinsein des Tages zu verstehen ist. Der Meister sagte: Von der Stunde an, da die Priester eintreten, von ihrer Hebe zu essen. Ich will auf einen Widerspruch hinweisen: Von wann an liest man das Šema͑ am Abend?

von der Stunde an, da der Arme ein tritt, sein Brot mit Salz zu essen, bis zur Stunde, da er aufsteht, sich von seiner Mahlzeit zu entfernen. Der Schlußsatz widerspricht entschieden unserer Mišna: ist aber anzunehmen, daß auch der Anfangssatz unserer Mišna widerspricht?

Nein, der Arme und der Priester haben eine Zeit. Ich will auf einen Widerspruch hin weisen: Von wann an beginnt man das Šema͑ am Abend zu lesen?

von der Stunde an, da die Leute an den Vorabenden24 der Šabbathe eintreten, ihr Brot zu essen so R. Meír. Die Weisen sagen, von der Stunde an, da die Priester berechtigt sind, von ihrer Hebe zu essen. Ein Zeichen dafür ist das Hervortreten der Sterne. Und obgleich es hierfür keinen Beweis gibt, so gibt es doch eine Andeutung, denn es heißt:[Nechemja 4,15.] wir arbeiteten bei dem Werke, und ihre Hälfte hielten die Lanzen vom Anfang der Morgenröte bis zum Hervortreten der Sterne. Ferner heißt es:[Ib. 4,16.] es war uns die Nacht zur Wache und der Tag zur Arbeit.

Wozu das ‘ferner’?

Man könnte sagen, die Nacht beginne tatsächlich mit dem Sonnenuntergang, nur hätten sie25 früh und spät gearbeitet, so heißt es: es war uns die Nacht zur Wache und der Tag zur Arbeit 26. Er glaubte, der Arme und die [gewöhnlichen] Menschen haben27 eine Zeit, und wenn man sagen wollte, auch der Arme und der Priester haben eine Zeit28, so wären ja die Weisen [derselben Ansicht wie] R. Meír!? Vielmehr schließe man hieraus, daß die Zeitangabe des Armen eine andere ist, als die der Priester.

Nein, der Arme und der Priester haben eine Zeit, nicht aber haben der Arme und die [gewöhnlichen] Menschen eine Zeit.

Haben etwa der Arme und der Priester eine Zeit, ich will auf einen Widerspruch hin weisen: Von wann an beginnt man das Šema͑ am Abend zu lesen?

Von der Stunde an, da der Tag an den Vorabenden der Šabbathe heilig wird — so R. Elie͑zer.

R. Jehošua͑ sagt, von der Stunde an, da die Priester rein sind, von ihrer Hebe zu essen. R. Meír sagt, von der Stunde an, da die Priester untertauchen, um von ihrer Hebe zu essen.

R. Jehuda sprach zu ihm29: Die Priester tauchen ja noch am Tage unter30!? R. Ḥanina sagt, von der Stunde an, da der Arme eintritt, sein Brot und Salz zu essen. R. Ahaj, nach anderen R. Aḥa, sagt, von der Stunde an, da die meisten Menschen zur Mahlzeit eintreten. Wenn du sagen wolltest, der Arme und der Priester haben eine Zeit, so wäre ja R. Ḥanina [derselben Ansicht wie] R. Jehošua͑!? Vielmehr ist hieraus zu schließen, daß die Zeitangabe des Armen eine andere ist, als die der Priester. Schließe hieraus.

Welche von ihnen31 ist später?

Es ist anzunehmen, daß die des Armen später ist; wollte man sagen, die des Armen sei früher, so wäre ja R. Ḥanina [derselben Ansicht wie] R. Elie͑zer!? Vielmehr ist hieraus zu schließen, daß die des Armen später ist. Schließe hieraus. Der Meister sagte: R. Jehuda sprach zu ihm: Die Priester tauchen ja noch am Tage unter!? Zutreffend entgegnete ja R. Jehuda dem R. Meír!? R. Meír erwiderte ihm folgendes: Du glaubst wohl, ich meine deine32 Dämmerung, ich meine die Dämmerung R. Joses, denn R. Jose sagt, die Dämmerung währe einen Augenblick: diese kommt und jener33 geht, es ist nicht möglich, es auseinander zu halten.

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[Talmud-Seite in der Wilna-Ausgabe]

R. Meír befindet sich ja in einem Widerspruch34!?

Zwei Tannaím streiten über die Ansicht R. Meírs. R. Elie͑zer befindet sich ja in einem Widerspruch35!?

Zwei Tannaím streiten über die Ansicht R. Elie͑zers. Wenn du willst, sage ich, der Anfangssatz36 ist nicht von R. Elie͑zer37

BIS ZUM SCHLUSS DER ERSTEN NACHTWACHE. Welcher Ansicht ist R. Elie͑zer, ist er der Ansicht, die Nacht sei [in] drei Nachtwachen [geteilt], so sollte er ja sagen: bis vier Stunden, und ist er der Ansicht, die Nacht sei [in] vier Nachtwachen [geteilt], so sollte er sagen: bis drei Stunden!?

Tatsächlich ist er der Ansicht, die Nacht sei [in] drei Nachtwachen [geteilt], aber er lehrt uns folgendes: es gibt Nachtwachen im Himmel, und Nachtwachen auf Erden. Es wird nämlich gelehrt: R. Elie͑zer sagte: Die Nacht ist [in] drei Nachtwachen [geteilt); an jeder Nachtwache sitzt der Heilige, gepriesen sei er, und brüllt wie ein Löwe, wie es heißt:[Jirmejahu 25,30.] der Herr brüllt von der Höhe, und aus der Wohnung seines Heiligtums gibt er seine Stimme, brüllen brüllt er wegen seines Wohnortes38. Ein Merkzeichen: an der ersten Nachtwache schreit der Esel, an der zweiten heulen die Hunde, an der dritten saugt [bereits] der Säugling von der Brust seiner Mutter und plaudert die Frau mit ihrem Manne.— Was meint R. Elie͑zer: meint er den Beginn der Nachtwachen, wozu ein Zeichen für die erste Nachtwache, es ist ja Abend, und meint er den Schluß der Nachtwachen, wozu ein Zeichen für das Ende der letzten Nachtwache, es ist ja Tag!?

Vielmehr, er meint den Schluß der ersten, den Beginn der letzten und die Mitte der mittelsten Nachtwache. Wenn du aber willst, sage ich: er meint den Schluß aller Nachtwachen, und wenn du einwendest, die letzte [zu bezeichnen] sei nicht nötig, dies sei ohne Belang, — wegen des Lesens des Šema͑ fûr den, der in einem dunklen Zimmer schläft und die Zeit des Šemálesens nicht kennt; sobald die Frau mit ihrem Manne plaudert, und der Säugling von der Brust seiner Mutter saugt, stehe er auf und lese. R. Jiçḥaq b. Šemuél sagte im Namen Rabhs: Die Nacht ist [in] drei Nachtwachen [geteilt); an jeder Nachtwache sitzt der Heilige, gepriesen sei er, und brüllt wie ein Löwe, indem er spricht: Wehe, daß ich mein Haus zerstört, meinen Tempel verbrannt und meine Kinder unter die Völker verbannt habe.

Es wird gelehrt: R. Jose erzählte: Als ich einst auf Reisen war, trat ich in eine von den Ruinen Jerušalems ein, um zu beten. Da kam Elijahu39, gesegneten Andenkens, und erwartete mich am Eingange; er verweilte, bis ich mein Gebet beendet hatte. Nachdem ich mein Gebet beendet hatte, sprach er zu mir: Friede mit dir, mein Herr! Ich erwiderte ihm: Friede mit dir, mein Herr und Meister! Er sprach zu mir: Mein Sohn, wozu bist du in diese Ruine getreten? Ich erwiderte ihm: Um zu beten. Da sprach er zu mir: Du hättest ja auf der Straße beten können. Ich erwiderte ihm: Ich befürchtete, von den Vorübergehenden gestört zu werden. Darauf sprach er zu mir: Du hättest ja das kurze Gebet40 verrichten können. In dieser Stunde lernte ich von ihm dreierlei: ich lernte, daß man keine Ruine betrete, ich lernte, daß man auf der Straße beten darf, und ich lernte, daß wer auf der Reise betet, das kurze Gebet verrichte. Er sprach ferner zu mir: Mein Sohn, was sprach die Stimme, die du in dieser Ruine gehört? Ich erwiderte: Ich hörte eine wie eine Taube girrende Hallstimme sprechen: Wehe, daß ich mein Haus zerstört, meinen Tempel verbrannt und meine Kinder unter die Völker verbannt habe. Da sprach er zu mir: Bei deinem Leben, beim Leben deines Hauptes: nicht allein an dieser Stunde spricht sie so, sondern dreimal täglich (spricht sie so). Und nicht das nur, auch zur Stunde, da die Jisraéliten in die Bet- und Lehrhäuser eintreten und rufen: Amen, gepriesen sei sein großer Name, schüttelt der Heilige, gepriesen sei er, sein Haupt und spricht: Heil dem König, den man in seinem Hause preist; wehe dem Vater, der seine Kinder vertrieben, und wehe den Kindern, die vom Tische ihres Vaters vertrieben wurden. Die Rabbanan lehrten: Aus drei Gründen betrete man keine Ruine: wegen Verdachtes41 wegen Einsturzes und wegen der Gespenster42 »Wegen Verdachtes«, es genügt ja [die Begründung]: wegen Einsturzes!?

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[Talmud-Seite in der Wilna-Ausgabe]

Bei einer neuen43.

Es genügt ja [die Begründung]: wegen der Gespenster!?

Wenn es zwei sind44.

Bei zweien gibt es ja auch keinen Grund zum Verdacht45!?

Bei zwei Zuchtlosen. »Wegen Einsturzes«, es genügt ja [die Begründung:] wegen Verdachtes und wegen der Gespenster!?

Bei zwei Züchtigen46 — »Wegen der Gespenster«, es genügt ja [die Begründung:] wegen Verdachtes und wegen Einsturzes!? — Bei einer neuen Ruine und zwei Züchtigen47 Bei Zweien gibt es ja auch keine Gespenster!?

An ihrem Aufenthaltsorte befürchte man sie48. Wenn du aber willst, sage ich: tatsächlich bei einer Person und einer neuen Ruine, wenn sie aber auf dem Felde steht; hier gibt es keinen Verdacht, da eine Frau sich im Felde nicht aufhält, wohl aber befürchte man Gespenster. Die Rabbanan lehrten: Vier Nachtwachen hat die Nacht — so Rabbi49; R. Nathan sagt, drei. Was ist der Grund R. Nathans?

Es heißt:[Schoftim 7,19.] da kam Gideón und die hundert Mann, die mit ihm, an das Ende des Lagers zu Beginn der mittelsten Nachtwache. Es wird gelehrt: Keine mittelste, wenn nicht eine vorher und eine nachher.

Und Rabbi50!?

»Mittelste« heißt eine von den mittelsten (unter den mittelsten).

Und R. Nathan!?

Es heißt nicht die mittelste von den mittelsten, sondern: die mittelste. SWas ist der Grund Rabbis?

R. Zeriqa erwiderte im Namen R. Amis im Namen des R. Jehošua͑ b. Levi: Ein Schriftvers lautet:[Tehillim 119,62.] Mitternachts stehe ich auf, dir für deine gerechten Urteile zu danken, ein anderer aber lautet:[Tehillim 119,148.] meine Augen kommen den Nachtwachen zuvor; dies kann nur dann sein, wenn die Nacht vier Nachtwachen hat51

Und R. Nathan52!?

Er ist der Ansicht R. Jehošua͑s, denn wir haben gelernt: R. Jehošua͑ sagt, bis drei Stunden53, denn Könige pflegen in der dritten Stunde aufzustehen. Sechs [Stunden] der Nacht und zwei des Tages sind zwei Nachtwachen54. R. Aši erklärte: Eine Nachtwache und eine halbe nennt man ebenfalls »Nachtwachen«55 Ferner sagte R. Zeriqa im Namen R. Amis im Namen des R. Jehošua͑ b. Levi: Man rede in Gegenwart des Toten nichts als Worte [bezüglich] des Toten. R. Abba b. Kahana sagte: Dies bezieht sich nur auf Worte der Tora56, gegen weltliche Dinge aber ist nichts einzuwenden. Manche sagen:

R. Abba b. Kahana sagte: Dies bezieht sich auch auf Worte der Tora, und um so mehr auf weltliche Dinge. Pflegte David denn um Mitternacht aufzustehen, er pflegte ja schon abends aufzustehen, denn es heißt:[Tehillim 119,147.] ich wachte in der Dämmerung auf und schrie.

Woher, daß hier unter Dämmerung der Abend zu verstehen ist?

Es heißt:[Mischlej 7,9.] in der Dämmerung, am Abend des Tages, in der Tiefe der Nacht und der Dunkelheit. R. Oša͑ja erklärte im Namen R. Aḥas: David sprach: Niemals ist mir die Mitternachtszeit im Schlafe vergangen. R. Zera erwiderte: Bis Mitternacht schlummerte er wie ein Pferd57 von da an stärkte er sich wie ein Löwe58. R. Aši erwiderte: Bis Mitternacht befaßte er sich mit Worten der Tora, von da an mit Liedern und Lobgesängen.

Ist denn unter »Dämmerung« der Abend zu verstehen, mit Dämmerung« ist ja der Morgen gemeint, denn es heißt:[1. B. Schmuel 30,17.] David schlug sie von der Dämmerung bis zum Abend des folgenden Tages; doch wohl von Morgen bis Abend !?

Nein, von Abend bis Abend.— Demnach sollte es doch heißen: von Dämmerung bis Dämmerung, oder: von Abend bis Abend!?

Vielmehr, sagte Raba, es gibt zweierlei Dämmerungen, eine Dämmerung der Nacht, worauf der Tag folgt, und eine Dämmerung des Tages, worauf die Nacht folgt. Kannte David denn die [genaue] Mitternachtszeit, selbst unser Lehrer Mose kannte sie ja nicht!? Es heißt:[Schemot 11,4] gegen Mitternacht ziehe ich durch Miçrajim. Warum »gegen Mitternacht«: wollte man sagen, der Heilige, gepriesen sei er, habe zu ihm59 »gegen Mitternacht« gesagt, so gibt es ja nichts Unsicheres vor dem Himmel; vielmehr sagte er60 zu ihm »um Mitternacht«, worauf dieser »gegen Mitternacht« sagte. Hieraus, daß ihm dies61 unsicher war, und David sollte dies gekannt haben!?

David hatte ein Kennzeichen. R. Aḥa b. Bizna sagte nämlich im Namen R. Šimo͑n des Frommen: Über dem Bette Davids hing eine Harfe, und als die Mitternachtszeit heranreichte, wehte der Nordwind und blies daran, und sie spielte von selbst. Sofort stand er auf und befaßte sich mit der Tora, bis die Morgenröte aufstieg. Sobald die Morgenröte aufgestiegen war, traten die Weisen Jisraéls bei ihm ein und sprachen zu ihm: Unser Herr und König, dein Volk Jisraél bedarf des Unterhalts. Er erwiderte ihnen: Geht und ernährt euch einer vom anderen. Sie sprachen zu ihm: Die Handfülle sättigt nicht den Löwen, und die Grube wird von ihrem eigenen Schutt nicht voll. Er erwiderte ihnen: Geht, und streckt eure Hände aus in der Truppe62 Alsdann beriet man sich mit Aḥithophel, überlegte mit dem Synedrium und befragte das Orakelschild. R. Joseph sagte: Hierauf deutet folgender Schriftvers:[1. Diwrej hajamim 27,34.] Nach Ahithophel waren Benajahu, Sohn Jehojada͑s63 und Ebjathar; Joab war Feldherr des Königs. Ahithophel war der Ratgeber, denn es heißt:[2. B. Schmuel 16,23.] Und der Ratschlag Ahithophels, den er in jener Zeit erteilte, war, als hätte man das Wort Gottes befragt,

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[Talmud-Seite in der Wilna-Ausgabe]

Benajahu, Sohn Jehojada͑s, war das [Oberhaupt des] Synedriums, und Ebjathar war [Träger des] Orakelschildes, denn es heißt:[2. B. Schmuel 20,23.] Benajahu, Sohn Jehojada͑s, war über das Krethi und Plethi 64 Weshalb werden sie65 Krethi und Plethi genannt?

Krethi, weil sie ihre Worte schneiden66 Plethi, weil sie durch ihre Worte ausgezeichnet67 sind. Nachher68 serst wird Joab, der Feldherr des Königs, genannt. R. Jiçaḥaq b. Ada, nach anderen, R. Jiçaḥaq b. R. Idi sagte: Hierauf69 deutet folgender Schriftvers:[Tehillim 57,9.] Wache auf, meine Ehre, erwache, Psalter und Harfe, ich will das Morgenrot wecken. R. Zera sagte: Tatsächlich kannte dies70 Moše und kannte dies David.

Wenn David dies kannte, was sollte ihm die Harfe!?

Um ihn aus dem Schlafe zu wecken.

Wenn Moše dies kannte, weshalb sagte er »gegen Mitternacht«!?

Moše dachte, die Astrologen des Pareó könnten sich irren71 und dann sagen, Moše sei ein Lügner. Der Meister sagte nämlich: Lehre deine Zunge »ich weiß nicht« zu sagen, denn du könntest als Lügner erscheinen und gefaßt werden. R. Aši erwiderte: Dies72 war um Mitternacht des dreizehnten zum vierzehnten, und Moše sprach zu den Jisraéliten: der Heilige, gepriesen sei er, sagte: morgen um Mitternacht, wie eben73 werde ich durch Miçrajim ziehen. [Tehillim 86,2.] Des David: Bewahre meine Seele, denn ich bin fromm. Levi und R. Jiçḥaq (streiten hierüber]. Einer sagt, David sprach vor dem Heiligen, gepriesen sei er: Herr der Welt, bin ich etwa nicht fromm? Alle Könige des Ostens und des Westens schlafen bis drei Stunden74, ich aber: [Tehillim 119,62.] um Mitternacht stehe ich auf, um dich zu preisen. Der andere sagt: David sprach vor dem Heiligen, gepriesen sei er: Herr der Welt, bin ich etwa nicht fromm! Alle Könige des Ostens und des Westens sitzen scharenweise in ihrer Herrlichkeit, ich aber: meine Hände sind stets vom Blute [der] Eihäute und Nachgeburten beschmutzt, um eine Frau ihrem Manne reinzuspreche75. Und noch mehr, alles, was ich tun will, überlege ich vorher mit meinem Lehrer Mephibošeth76 und spreche zu ihm: Meister Mephibošeth, habe ich richtig gerichtet? habe ich richtig schuldig gesprochen? habe ich richtig freigesprochen? habe ich richtig reingesprochen? habe ich richtig unreingesprochen? Ich schäme mich dessen nicht.

R. Jehošua͑ b. R. Idi sagte: Hierauf deutet folgender Schriftvers:[Tehillim 119,46.] vor Königen spreche ich über deine Zeugnisse und schäme mich dessen nicht. Es wird gelehrt: Nicht Mephibošeth, sondern Išbošeth war sein Name; und nur deshalb wird er Mephibošeth genannt, weil er bei der Halakha77 das Gesicht Davids zu beschämen pflegte78. Deshalb war es David beschieden, daß von ihm Kiláb79 hervorging. R. Joḥanan sagte: Nicht Kiláb, sondern Daniél war sein Name; und nur deshalb wird er Kiláb genannt, weil er das Gesicht des Mephibošeth bei der Halakha zu beschämen80 pflegte. Über ihn spricht Šelomo in seiner Weisheit:[Mischlej 23,15.] mein Sohn, wenn dein Herz weise ist, wird sich auch mein Herz freuen. Ferner:[Mischlej 27,11.] Sei weise, mein Sohn, und erfreue mein Herz, auf daß ich meinen Lästerern Antwort gebe.

Wieso nannte sich David »fromm«, es heißt ja:[Tehillim 27,13.] wenn ich nicht glaubte, im Lande des Lebens die Güte des Herrn zu schauen, und im Namen des R. Jose wird gelehrt, auf [den Worten] wenn nicht stehen Punkte, denn David sprach vor dem Heiligen, gepriesen sei er: Herr der Welt, ich vertraue auf dich, daß du dereinst den Gerechten eine gute Belohnung geben wirst, ich weiß jedoch nicht, ob ich unter ihnen einen Anteil habe oder nicht!?

Die Sünde könnte es verursachen. Dies nach R. Ja͑qob b. Idi, denn R. Ja͑qob b. Idi wies auf einen Widerspruch hin: Es heißt:[Bereschit 28,15] siehe, ich bin mit dir und werde dich überall behüten, wo du hingehst, dagegen aber heißt es:[Bereschit 32,8] und Ja͑qob fürchtete sehr. Er dachte, die Sünde könnte es verursachen. Wie gelehrt wird:[Schemot 15,16] Bis hinübergezogen dein Volk, o Herr, bis hinübergezogen das Volk, das du erworben. Bis hinübergezogen dein Volk, o Herr, dies ist der erste Einzug81 bis hinübergezogen das Volk, das du erworben, dies ist der zweite Einzug82. Hieraus folgern die Weisen, die Jisraéliten waren würdig, daß ihnen in den Tagen E͑zras Wunder geschähen, wie in den Tagen Jehošua͑s, des Sohnes Nuns, die Sünde aber hat es verursacht.

DIE WEISEN SAGEN, BIS MITTERNACHT. Wessen Ansicht vertreten die Weisen: sind sie der Ansicht R. Elie͑zers, so sollten sie wie R. Elie͑zer lehren, und sind sie der Ansicht R. Gamliéls,

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[Talmud-Seite in der Wilna-Ausgabe]

so sollten sie doch wie R. Gamliél lehren!?

Tatsächlich sind sie der Ansicht R. Gamliéls, nur deshalb sagen sie: bis Mitternacht, um den Menschen von einer Übertretung fern zu halten. Es wird nämlich gelehrt: Die Weisen machten eine Umzäunung für ihre Worte, damit nicht der Mensch, wenn er abends von der Arbeit kommt, sage: ich gehe nach Hause, esse ein wenig, trinke ein wenig und schlafe ein wenig, nachher erst werde ich das Šema͑ lesen und beten; der Schlaf könnte ihn überwältigen, und er die ganze Nacht hindurch schlafen. Vielmehr gehe der Mensch, wenn er von der Arbeit kommt, ins Bethaus; ist er im Lesen [der Schrift] bewandert, so lese er, ist er im Studium [der Mišna] bewandert, so studière er, dann lese er das Šemà und bete; nachher erst esse er sein Brot und spreche den Segen. Wer aber die Worte der Weisen übertritt, verdient den Tod. Weshalb heißt es sonst83 nicht, er verdiene den Tod, hier aber heißt es, er verdiene den Tod?

Wenn du willst, sage ich: weil [hier] die Gewalt des Schlafes [zu befürchten] ist, und wenn du willst, sage ich: um die Ansicht desjenigen auszuschließen, welcher sagt, das Abendgebet sei Freigestelltes; er lehrt uns, daß es Pflicht sei. Der Meister sagte: Dann lese er das Šema͑ und bete. Dies ist eine Stütze für R. Joḥanan, denn R. Joḥanan sagte: Wer ist ein Kind der zukünftigen Welt?

der den Erlösungssegen84 an das Abendgebet anschließt. R. Jehošua͑ b. Levi sagt, die Gebete seien in die Mitte eingereiht. Worin besteht ihr Streit?

Wenn du willst, sage ich: es ist ein Schriftvers, und wenn du willst, sage ich: ein Vernunftgrund. Wenn du willst, sage ich: ein Vernunftgrund; R. Joḥanan ist der Ansicht, die Erlösung85 habe schon am Abend begonnen, nur die vollständige Erlösung geschah erst am Morgen; R. Jehošua͑ b. Levi aber ist der Ansicht, da sie86 erst am Morgen geschah, so ist die vorherige Erlösung keine wirkliche. Wenn du willst, sage ich: es ist ein Schriftvers, und zwar folgern beide aus einem Vers. Es heißt:[Dewarim 6,7.] bei deinem Schlafengehen und deinem Aufstehen. R. Joḥanan ist der Ansicht, man vergleiche das Schlafengehen mit dem Aufstehen hierin: wie man beim Aufstehen zuerst das Šema͑ liest und dann das Gebet verrichtet, ebenso lese man beim Schlafengehen zuerst das Šema͑ und verrichte dann das Gebet. R. Jehošua͑ b. Levi ist der Ansicht, man vergleiche das Schlafengehen mit dem Aufstehen hierin: wie man beim Aufstehen das Šema͑ nahe am Bette87 liest, ebenso lese man das Šema͑ beim Schlafengehen nahe am Bette88. Mar b. Rabina wandte ein: Am Abend spreche man zwei Segenssprüche vorher und zwei nachher. Wie kann man, wenn du sagst, man müsse den Erlösungssegen an das Gebet anschließen, ihn anschließen, wo man doch [das Gebet] »Laß uns niederlegen89 hersagen muß!? Ich will dir sagen: Da die Rabbanan das Gebet] »Laß uns niederlegen« angeordnet haben, so ist es als verlängerter Erlösungssegen zu betrachten. Wie könnte man, wolltest du nicht so90 sagen, es morgens anschließen, R. Joḥanan sagte ja, daß man zu Beginn91 sage:[Tehillim 51,17.] Herr, öffne meine Lippen, und zum Schluß:[Tehillim 19,15.] Es mögen die Worte meines Mundes zum Wohlgefallen sein!? Vielmehr, wie [die Formel:] Herr, öffne meine Lippen, die als verlängertes Gebet betrachtet wird, weil die Rabbanan sie angeordnet haben, ebenso ist hier [das Gebet:] »Laß uns niederlegen«, als verlängerter Erlösungssegen zu betrachten, weil die Rabbanan es angeordnet haben. R. Elea͑zar sagte im Namen R. Abinas: Wer dreimal täglich [den Psalm Loblied Davids[Tehillim Kap. 145.] liest, sei dessen sicher, daß er ein Kind der zukünftigen Welt ist. Aus welchem Grund: wollte man sagen, weil dieser »Psalm] alphabetisch ist, so lese man doch lieber [den Psalm][Tehillim Kap. 119.] Heil den Vollkommenen im Wandel, der achtfach alphabetisch ist!? Vielmehr, weil es darin heißt: er öffnet seine (deine) Hand.

So lese man doch lieber den großen Lobpsalm92 in welchem es heißt: allem Fleische gibt er Nahrung!?

Vielmehr, weil bei diesem beides ist. R. Joḥanan sagte: Weshalb fehlt des Nun93 im [Psalm] Heil?

weil mit diesem die Niederlage der Feinde94 Jisraéls beginnt; denn es heißt: 95 Gefallen ist sie, nicht wird sie mehr aufstehen, die Jungfrau Jisraél. Im Westen erklären sie diesen Vers wie folgt: Gefallen ist sie, aber nicht wird sie mehr fallen; aufstehen sollst du, Jungfrau Jisraél.

R. Naḥman b. Jiçḥaq sagte: Dennoch deutete David darauf96 hin, indem er sie im heiligen Geist97 stützte; denn es heißt:[Tehillim 145,14.] der Herr stützt alle Fallende. R. Elea͑zar b. Abina sagte: Größer ist das, was von Mikhaél gesagt wird, als das, was von Gabriél gesagt wird. Von Mikhaél heißt es:[Jeschajahu 6,6.] da flog zu mir einer der Seraphim, während es von Gabriél heißt:[Dan.9,21.] der Mann Gabriél, den ich im Traumgesicht gesehen, flog in Flügen98 etc..

Woher daß jener eine Mikhaél war? R. Joḥanan erwiderte: Dies ist aus [dem Wort] einer zu entnehmen. Hier heißt es: da flog zu mir einer der Seraphim, und dort heißt es:[Daniel 10,13.] da kam Mikhaél, einer der ersten Fürsten, mir beizustehen. Es wird gelehrt: Mikhaél [fliegt] in einem [Fluge Gabriél in zwei, Elijahu in vier und der Todesengel in acht; zur Zeit der Seuche aber in einem.

R. Jehošua͑ b. Levi sagte: Obgleich man das Šema͑ im Bethause gelesen, so ist es dennoch Gebot, es auch im Bette zu lesen. R. Jose sprach: Hierauf deutet folgender Schriftvers:[Tehillim 4,5.] zürnet und fehlet nicht, sprechet in euerem Herzen, auf euerem Lager, und schweiget, Selah.

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[Talmud-Seite in der Wilna-Ausgabe]

R. Naḥman sagte: Ist er Schriftgelehrter, so braucht er es nicht. Abajje sagte: Auch ein Schriftgelehrter hat einen Vers des Gebetes zu lesen, beispielsweise:[Tehillim 31,6.] In deine Hand befehle ich meine Seele; du, o Herr, Gott der Wahrheit, hast mich erlöst.

R. Levi b. Ḥama sagte im Namen des R. Šimo͑n b. Laqiš: Stets erzürne der Mensch den guten Trieb gegen den bösen Trieb, denn so heißt es: zürnet und fehlet nicht. Hat er ihn besiegt, gut, wenn nicht, so befasse er sich mit der Tora, denn es heißt: sprechet in euerem Herzen. Hat er ihn besiegt, gut, wenn nicht, so lese er das Šema͑, denn es heißt: auf euerem Lager. Hat er ihn dann besiegt, gut, wenn nicht, so denke er an den Tod, denn es heißt: und schweiget, Selah. Ferner sagte R. Levi b. Ḥama im Namen des R. Šimo͑n b. Laqiš: Es heißt:[Schemot 24,12] Ich will dir geben die Steintafeln, die Lehre und das Gebot, das ich geschrieben, um sie zu lehren. Die Tafeln, das sind die zehn Gebote; die Lehre, das ist die Schrift; das Gebot, das ist die Mišna; das ich geschrieben, das sind die Prophetenbücher und die Hagiographen; um sie zu belehren, das ist der Talmud. Dies lehrt, daß sie sämtlich dem Moše am Sinaj überliefert wurden. R. Jiçḥaq sagte: Wenn man im Bett das Šema͑ liest, so ist es ebenso, als hielte man ein zweischneidiges Schwert in der Hand99 denn es heißt:[Tehillim 149,6.] die Erhabenheit Gottes in ihrer Kehle und ein zweischneidiges Schwert in ihrer Hand.

Wieso geht dies100 hieraus hervor? Mar Zutra, manche sagen, R. Aši erwiderte: Aus dem Anfang des Satzes, denn es heißt:[Tehillim 149,5.] jauchzen werden die Frommen in Ehren, jubeln werden sie auf ihren Lagern; hierauf folgt: die Erhabenheit Gottes in ihrer Kehle, und ein zweischneidiges Schwert in ihrer Hand. Ferner sagte R. Jiçḥaq: Von jedem, der auf seinem Bette das Šema͑ liest, weichen die Gespenster; denn es heißt:[Ijow 5,7.] die Schwirrenden101 erheben sich zum Fliegen. »Fliegen« deutet auf die Tora, denn es heißt:[Mischlej 23,5.] lassest du deine Blicke darüber fliegen, so ist es nicht mehr, und »Schwirrende« bedeutet Gespenster, denn es heißt:[Dewarim 32,24.] verschmachtet vor Hunger 102 und aufgezehrt von den Schwirrenden103.

R. Šimo͑n b. Laqis sagte: Wer sich mit der Tora befaßt, dem bleiben die Züchtigungen fern, denn es heißt: die Schwirrenden erheben sich zum Fliegen; »Fliegen« deutet auf die Tora, denn es heißt: lassest du deine Blicke darüber fliegen, so ist es nicht mehr, und »Schwirrende« bedeutet Züchtigungen, denn es heißt: verschmachtet vor Hunger und aufgezehrt von den Schwirrenden104. R. Joḥanan sprach zu ihm: Dies wissen ja selbst Schulkinder, denn es heißt:[Schemot 15,26] Er sprach: Wenn du hörest auf die Stimme des Herrn, deines Gottes, tust, was recht in seinen Augen, horchest auf seine Gebote und beobachtest all seine Gesetze, so werde ich all die Krankheiten, die ich auf Miçrajim gebracht, auf dich nicht bringen, denn ich, der Herr, bin dein Arzt. Vielmehr über den, der die Möglichkeit hat, sich mit der Tora zu befassen, sich aber damit nicht befaßt, bringt der Heilige, gepriesen sei er, ekelhafte Züchtigungen, die ihn betrüben, denn so heißt es:[Tehillim 39,3.] ich wurde zum Schweigen verstummt, schwieg vom Guten, und mein Schmerz war betrübend. »Gut« bedeutet nichts anderes als die Tora, denn es heißt:[Mischlej 4,2.] eine gute Belehrung habe ich euch gegeben, meine Lehre sollt ihr nicht verlassen.

R. Zera, manche sagen, R. Ḥanina b. Papa, sagte: Komm und siehe, das Verfahren des Menschen gleicht nicht dem Verfahren des Heiligen, gepriesen sei er. Das Verfahren des Menschen: wenn ein Mensch seinem Nächsten eine Sache verkauft, so ist der Verkäufer traurig, und der Käufer freut sich; nicht so der Heilige, gepriesen sei er: er gab Jisraél die Tora und freute sich dabei, denn es heißt: eine gute Belehrung habe ich euch gegeben, meine Lehre sollt ihr nicht verlassen. Raba, nach anderen, R. Ḥisda sagte: Sieht jemand, daß Züchtigungen über ihn kommen, so untersuche er seine Handlungen, denn es heißt: [Echa 3,40.] wir wollen unseren Wandel untersuchen und prüfen, wir wollen uns dem Herrn zuwenden. Hat er untersucht und nichts gefunden, so schreibe er sie der Vernachlässigung der Tora zu, denn es heißt:[Tehillim 94,12.] heil dem Manne, den du züchtigst, o Herr, und ihn aus deiner Tora belehrst. Hat er auch dazu keinen Grund gefunden, so sind es sicherlich Züchtigungen der Liebe, denn es heißt:[Mischlej 3,12.] wen der Herr liebt, den züchtigt er.

Raba sagte im Namen R. Seḥoras im Namen R. Honas: An wem der Heilige, gepriesen sei er, Wohlgefallen hat, den drückt er durch Züchtigungen nieder, wie es heißt: [Jeschajahu 53,10.] und der Herr hatte Wohlgefallen [an ihm], er drückte ihn durch Krankheit nieder. Man könnte glauben, auch wenn er sie nicht aus Liebe105 aufnimmt, so heißt es:[Jeschajahu 53,10.] wenn seine Seele sich als Schuldopfer hingibt; wie das Schuldopfer gutwillig [dargebracht wird], so auch die Züchtigungen, wenn gutwillig. Was ist, wenn er sie [in Liebe] aufgenommen, seine Belohnung? [Jeschajahu 53,10.] er wird Nachkommenschaft sehen und lange leben. Und noch mehr, auch sein Studium bleibt ihm erhalten, wie es heißt: [Jeschajahu 53,10.] und der Wille Gottes wird ihm gelingen. R. Ja͑qob b. Idi und R. Aḥa b. Ḥanina streiten hierüber. Einer sagt, Züchtigungen der Liebe seien solche, durch die [das Studium] der Tora nicht vernachlässigt wird, denn es heißt:[Tehillim 94,12.] Heil dem Manne, den du züchtigst, o Herr, und ihn aus deiner Lehre belehrst. Der andere aber sagt, Züchtigungen der Liebe seien solche, durch welche das Gebet nicht vernachlässigt wird, denn es heißt:[Tehillim 66,20.] gepriesen sei der Herr, der mein Gebet und seine Gnade von mir nicht weichen ließ.

R. Abba, Sohn des R. Ḥija b. Abba, sprach zu ihnen: So sagte R. Ḥija b. Abba im Namen des R. Joḥanan: Sowohl diese, als auch jene sind Züchtigungen der Liebe, denn es heißt: wen der Herr liebt, den züchtigt er. Wieso aber heißt es: und aus deiner Tora belehrst du ihn? — lies nicht: belehrst du ihn, sondern: belehrst du uns106. Du lehrst uns dies aus deiner Tora durch [einen Schluß107 vom] Leichteren auf das Schwerere, von Zahn und Auge108: Zahn und Auge sind ja nur einzelne Glieder des Menschen, dennoch geht ein Sklave ihrethalben in Freiheit aus109, um wie viel mehr bewirken dies Züchtigungen, die den ganzen Körper des Menschen aufreiben. Dies ist es, was R. Šimo͑n b. Laqiš sagte, denn R. Šimo͑n b. Laqiš sagte: Beim Salz heißt es Bündnis und bei den Züchtigungen heißt es Bündnis. Beim Salz heißt es Bündnis, denn es heißt:[Wajikra 2,13] du sollst nicht fehlen lassen das Bündnis des Salzes, und bei den Züchtigungen heißt es Bündnis, denn es heißt:[Dewarim 28,69. Schluß des Kapitels, in welchem die Züchtigungen aufgezählt werden, die bei Vernachlässigung des Gesetzes über Jisraél hereinbrechen werden.] dies sind die Worte des Bündnisses. Wie das Salz, wobei es Bündnis heißt, das Fleisch schmackhaft macht, ebenso läutern die Züchtigungen, wobei es Bündnis heißt, alle Sünden des Menschen. Es wird gelehrt: R. Šimo͑n b. Joḥaj sagte: Drei gute Gaben schenkte der Heilige, gepriesen sei er, Jisraél; alle aber wurden nur durch Züchtigungen erworben. Und zwar: die Tora, das Jisraélland und die zukünftige Welt. Woher dies von der Tora? — es heißt: Heil dem Manne, den du züchtigst, o Herr, und ihn aus deiner Lehre belehrst. Vom Jisraélland? — denn es heißt:[Dewarim 8,5.] wie ein Mensch seinen Sohn züchtigt, so züchtigt dich der Herr, dein Gott, und hierauf folgt: denn der Herr, dein Gott, bringt dich in ein gutes Land. Von der zukünftigen Welt? — denn es heißt:[Mischlej 6,23.] denn eine Leuchte ist das Gebot und ein Licht die Lehre; ein Weg zum Leben sind die Züchtigungen. Ein Schüler rezitierte vor R. Joḥanan: Wer sich mit der Tora und mit Liebeshandlungen befaßt, und wer seine Kinder begräbt, dem vergibt man all seine Sünden.

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[Talmud-Seite in der Wilna-Ausgabe]

R. Joḥanan sprach zu ihm: Zugegeben sei dies von der Tora und den Liebeshandlungen, denn es heißt:[Mischlej 16,6.] durch Gnade und Wahrheit wird die Sünde verziehen; »Gnade«, das sind Liebeshandlungen, denn es heißt:[Mischlej 21,21.] wer nach Freigiebigkeit und Gnadenerweisung strebt, findet Leben, Recht und Ehre. »Wahrheit«, das ist die Tora, denn es heißt:[Mischlej 23,23.] Wahrheit erwirb und verkaufe nicht; woher dies aber von dem, der seine Kinder begräbt?

Da lehrte es ein Greis im Namen des R. Šimo͑n b. Joḥaj: Dies folgt aus [dem Worte] Sünde; hier heißt es: durch Liebe und Wahrheit wird die Sünde verziehen, und dort[Jirmejahu 32,18.] heißt es: er zahlt heim die Sünde der Väter in den Schoß ihrer Kinder. R. Joḥanan sagte: Aussatz und Kinderlosigkeit sind keine Züchtigungen der Liebe.

Ist es denn der Aussatz nicht, es wird ja gelehrt, daß wenn einem eine der vier Aussatzerscheinungen110 anhaftet, dies ein Altar der Sühne sei!? Es ist wohl ein Altar der Sühne, Züchtigungen der Liebe aber nicht. Wenn du willst, sage ich: dies für uns, jenes für sie111 Wenn du aber willst, sage ich auch: dies bei unsichtbaren112 und jenes bei sichtbaren113. Kinderlosigkeit ist es nicht: in welchem Falle, wollte man sagen, wenn er welche hatte und sie gestorben sind, so sagte ja R. Joḥanan: das ist ein Knochen114 von [meinem] zehnten Sohn!?

Vielmehr, dies, wenn er keine hatte, jenes, wenn er welche hatte, und sie gestorben sind. R. Ḥija b. Abba erkrankte, und R. Joḥanan besuchte ihn. Da sprach er zu ihm: Sind dir die Züchtigungen lieb? Dieser erwiderte: Weder sie noch ihre Belohnung. Da sprach er zu ihm: Reiche mir deine Hand. Er reichte sie ihm, und jener richtete ihn auf. R. Joḥanan erkrankte, und R. Ḥanina besuchte ihn. Da sprach er zu ihm: Sind dir die Züchtigungen lieb? Dieser erwiderte: Weder sie noch ihre Belohnung. Da sprach er zu ihm: Reiche mir deine Hand. Er reichte sie ihm, und jener richtete ihn auf. Wozu dies, sollte R. Joḥanan selber sich aufrichten!? Ich will dir sagen, der Gefangene kann sich nicht selber aus dem Gefängnis befreien.

R. Elie͑zer erkrankte, und R. Joḥanan besuchte ihn. Da fand er ihn in einem dunklen Zimmer liegen und entblößte seinen Arm, aus welchem Licht115 hervorstrahlte. Als er R. Elie͑zer weinen sah, sprach er zu ihm: Warum weinst du: wenn etwa, weil du dich nicht viel mit der Tora befaßt hast, so haben wir ja gelernt: ob viel oder wenig, wenn man nur seine Gedanken auf den Himmel richtet; wenn etwa wegen Nahrungssorgen, so sind nicht jedem beide Tische116 beschieden; und wenn wegen der Kinderlosigkeit, so ist hier ein Knochen von meinem zehnten Sohn. Dieser erwiderte: Ich weine über diese Schönheit, die einst in der Erde modern soll. Da sprach jener: Darüber weinst du mit Recht. Sie weinten dann beide. Währenddessen fragte er ihn: Sind dir die Züchtigungen lieb? Dieser erwiderte: Weder sie noch ihre Belohnung. Da sprach er zu ihm: Reiche mir deine Hand. Er reichte sie ihm, und jener richtete ihn auf. R. Hona wurden vierhundert Fässer Wein sauer. Da besuchte ihn R. Jehuda, Bruder R. Sala des Frommen, und die Rabbanan, manche sagen, R. Ada b. Ahaba und die Rabbanan, und sie sprachen zu ihm: Möge der Meister seine Taten prüfen. Er erwiderte ihnen: Bin ich in eueren Augen verdächtig? Sie entgegneten: Ist denn etwa der Heilige, gepriesen sei er, verdächtig, eine Strafe ohne Recht zu verhängen? Da erwiderte er ihnen: Wenn jemand etwas über mich gehört, so möge er es sagen. Da sprachen sie zu ihm: Dies haben wir gehört, der Meister gäbe seinem Gärtner keine Weinranken117. Er erwiderte ihnen: Läßt er mir etwa davon etwas übrig, er stiehlt sie mir ja ganz. Da sprachen sie zu ihm: Das ist es, was die Leute sagen: Stiehl vom Diebe, und du empfindest den Geschmack118 Hierauf sprach er zu ihnen: Ich nehme auf mich [die Verpflichtung] sie ihm zu geben. Manche sagen, der Essig119 wurde wieder Wein, und manche sagen, der Essig wurde so teuer, daß er zum Weinpreise verkauft wurde. Es wird gelehrt: Abba Binjamin sagte: Um zwei Dinge war ich in meinem ganzen Leben besorgt: daß mein Gebet vor meinem Bette verrichtet werde, und daß mein Bett in der Richtung von Norden nach Süden gesetzt werde120 «Daß mein Gebet vor meinem Bette verrichtet werde.? Was heißt vor meinem Bette, wollte man sagen, wirklich vor meinem Bette, so sagte ja R. Jehuda im Namen Rabhs, nach anderen, R. Jehošua͑ b. Levi: Woher, daß nichts den Betenden von der Wand trennen darf? — denn es heißt:[Jeschajahu 38,2.] Hizqijahu kehrte sein Gesicht zur Wand und betete!?

Sage nicht: vor meinem Bette, sondern: nahe meinem Bette121. «Und daß mein Bett in der Richtung von Norden nach Süden gesetzt werde.» R. Ḥama b. R. Ḥanina sagte nämlich im Namen R. Jiçḥaqs: Wer sein Bett in der Richtung von Norden nach Süden setzt, bekommt männliche Kinder122 denn es heißt:[Tehillim 17,14.] durch deinen Norden123 machst du voll ihren Leib, sie werden Söhne in Fülle haben. R. Naḥman b. Jiçḥaq sagte: Auch gebärt dessen Frau keine Fehlgeburt; hier heißt es: durch deinen Norden machst du voll ihren Leib, und dort[Bereschit 25,24] heißt es: und ihre Tage voll zum Gebären, siehe da, Zwillinge in ihrem Leibe. Es wird gelehrt: Abba Binjamin sagte: Wenn zwei124 zum Beten eintreten, und einer von ihnen zuerst mit dem Gebete fertig wird und hinausgeht, ohne auf den anderen zu warten, so fetzt man ihm sein Gebet vor seinem Gesicht, denn es heißt:[Ijow 18,4.] er fetzt seine Seele125 vor seinem Gesicht; soll um deinetwillen die Erde verlassen werden? Und noch mehr, er veranlaßt auch, daß die Göttlichkeit von Jisraél weiche, denn es heißt: 126 es wurde entrückt der Fels von seinem Orte, und unter »Fels« ist kein anderer, als der Heilige, gepriesen sei er, zu verstehen, denn es heißt: [Dewarim 32,18.] den Fels, der dich gezeugt, vergißt du. Was ist seine Belohnung, wenn er wartet? R. Jose b. R. Ḥanina sagte:

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[Talmud-Seite in der Wilna-Ausgabe]

Ihm sind folgende Segnungen beschieden:[Jeschajahu 48,18-19] Wenn du auf meine Gebote gewartet127 hättest, so würde einem Strome gleich dein Friede sein und den Wellen des Meeres gleich dein Sieg; wie der Üfersand dein Same und die Sprößlinge deines Leibes etc.. Es wird gelehrt: Abba Binjamin sagte: Wäre dem Auge die Macht zu sehen gegeben, so könnte kein Geschöpf vor [dem Anblick der] Gespenster bestehen. Abajje sagte: Sie sind zahlreicher als wir; sie umgeben uns, wie die Furche das Beet. R. Hona sagte: Jeder von uns hat deren Tausend an seiner Linken und Myriaden an seiner Rechten. Raba sagte: Das Gedränge beim Vortrag128 rührt von ihnen her; daß die Kniee matt werden, rührt von ihnen her; daß die Kleider der Gelehrten schäbig werden, rührt von ihrer Reibung her; daß die Füße verwundet werden, rührt von ihnen her. Wer Kenntnis von ihnen haben will, nehme gesiebte Asche und streue sie um das Bett; am Morgen wird er Fußspuren wie von einem Hahne sehen. Wer sie sehen will, nehme die Nachgeburt einer Katze, einer schwarzen von einer schwarzen geboren, einer erstgeborenen von einer erstgeborenen geboren, verbrenne sie im Feuer, zerreibe sie und streue sich davon etwas in die Augen; dann wird er sie sehen. Sodann tue man sie in ein eisernes Rohr und versiegle es mit einem eisernen Siegelring, denn sonst könnten sie davon stehlen; man schließe aber auch den Mund, damit man nicht zu Schaden komme. R. Bebaj b. Abajje tat dies und kam zu Schaden. Da beteten die Gelehrten für ihn, und er genas. Es wird gelehrt: Abba Binjamin sagte: Das Gebet des Menschen wird nirgends als im Bethause erhört, denn es heißt:[1. Melachim 8,28.] den Gesang und das Gebet zu hören; wo der Gesang, da auch das Gebet. Rabin b. R. Ada sagte im Namen R. Jiçḥaqs: Woher, daß der Heilige, gepriesen sei er, im Bethause zu finden ist? — es heißt:[Tehillim 82,1.] Gott steht in der Gottesgemeinde. Woher, daß, wenn zehn beten, die Göttlichkeit mit ihnen ist? — es heißt: Gott steht in der Gottesgemeinde129 Woher, daß, wenn drei zu Gericht sitzen, die Göttlichkeit mit ihnen ist? — es heißt:[Tehillim 82,1.] er richtet in der Mitte der Richter. Woher, daß, wenn zwei sitzen und sich mit der Tora befassen, die Göttlichkeit mit ihnen ist? — es heißt:[Mal. 3,16.] dann unterhielten sich die Gottesfürchtigen, einer mit seinem Nächsten, und der Herr horchte etc... Was heißt:[Mal. 3,16.] die da denken an seinen Namen?

R. Aši erwiderte: Wenn der Mensch ein Gebot auszuüben dachte, und durch einen Notfall es auszuüben verhindert wird, so rechnet die Schrift es ihm an, als hätte er es ausgeübt. Und woher, daß, wenn auch nur einer sich mit der Tora befaßt, die Göttlichkeit mit ihm ist? — es heißt:[Schemot 20,21] an jedem Orte, wo ich meinen Namen erwähnt wissen werde, werde ich zu dir kommen und dich segnen.

Wenn dies schon bei einem geschieht, wozu ist dies von zweien [zu lehren] nötig?

Bei zweien werden ihre Worte in das Gedenkbuch eingetragen, bei einem aber werden seine Worte nicht in das Gedenkbuch eingetragen.

Wenn aber dies schon bei zweien geschieht, wozu ist dies von dreien [zu lehren] nötig?

Man könnte glauben, die Gerichtssitzung sei nur ein Schlichtungsakt, wobei die göttliche Niederlassung sich nicht befindet, so lehrt er uns, daß auch das Gericht Gesetzeskunde ist.

Wenn aber dies sogar bei dreien geschieht, wozu ist dies vor zehn [zu lehren] nötig?

Bei zehn kommt die göttliche Niederlassung vorher, bei drei aber, erst wenn sie sitzen. R. Abin b. R. Ada sagte im Namen R. Jiçḥaqs: Woher, daß der Heilige, gepriesen sei er, Tephillin130 anlegt? — es heißt:[Jeschajahu 62,8.] Der Herr hat bei seiner Rechten geschworen und bei seinem mächtigen Arm. Seine Rechte, das ist die Tora, wie es heißt:[Dewarim 33,2.] an meiner Rechten ist ein Feuer des Gesetzes für sie. Bei seinem mächtigen Arm, das sind die Tephillin, wie es heißt:[Tehillim 29,11.] der Herr wird seinem Volke Macht verleihen.

Woher, daß die Tephillin eine Macht Jisraéls sind?

Es heißt:[Dewarim 28,10.] und alle Völker der Erde werden sehen, daß der Name des Herrn über dich genannt wird, und sie werden sich vor Dir fürchten, und hierzu wird gelehrt, R. Elie͑zer der Große sagte, dies131 seien die Tephillin des Hauptes. R. Naḥman b. Jiçḥaq sprach zu R. Ḥija b. Abin: Was steht in den Tephillin des Herrn der Welt geschrieben? Dieser erwiderte:[1. Diwrej hajamim 17,21.] Wer ist wie dein Volk Jisraél ein einziges Volk auf Erden.

Prahlt denn der Heilige, gepriesen sei er, mit dem Ruhme Jisraéls? Freilich; es heißt ja:[Dewarim 26,17.] du hast heute den Herrn verherrlicht, und darauf folgt: und der Herr hat dich heute verherrlicht. Der Heilige, gepriesen sei er, sprach zu Jisraél: Ihr habt mich zu einer Verherrlichung auf der Welt gemacht, daher werde ich euch zu einer Verherrlichung auf der Welt machen. Ihr habt mich zu einer Verherrlichung auf der Welt gemacht, denn es heißt:[Dewarim 6,4.] höre Jisraél, der Herr ist unser Gott, der Herr ist einzig. Auch ich mache euch zu einer Verherrlichung auf der Welt, denn es heißt:[1. Diwrej hajamim 17,21.] wer ist wie dein Volk Jisraél ein einziges Volk auf Erden.

R. Aḥa b. Raba sprach zu R. Aši: Allerdings in dem einen Gehäuse, was aber steht in den übrigen Gehäusen132? Dieser erwiderte:[Dewarim 4,7.] Denn wer ist ein großes Volk;[Ib. V. 8.] Welches große Volk; [Ib. 33,29.] Heil dir, Jisraél;[Ib. 4,34.] Hat ein Gott etwa versucht;[Ib. 26,19.] Daß er dich zum Höchsten mache.

Demnach sind es ja mehr133 Gehäuse!?

Vielmehr [die Verse:] Denn wer ist ein großes Volk, und: Welches große Volk, die einander gleichen, in einem Gehäuse; [die Verse:] Heil dir, Jisraél, und: Wer ist wie dein Volk Jisraél, ebenfalls in einem Gehäuse; [der Vers:] Hat ein Gott etwa versucht, in einem Gehäuse; und [der Vers: Daß er dich zum Höchsten mache, in einem Gehäuse. Diese alle sind auch in der [Tephilla] des Arms geschrieben.

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[Talmud-Seite in der Wilna-Ausgabe]

Rabin b. R. Ada sagte im Namen R. Jiçḥaqs: Wer [täglich] in das Bethaus zu gehen pflegt und einen Tag nicht kommt, nach dem erkundigt sich der Heilige, gepriesen sei er, denn es heißt:[Jeschajahu 50,10.] wer unter euch, der den Herrn fürchtet, der da höret auf die Stimme seines Knechtes; wer im Finstern wandelt und kein Licht hat. Ist er zur Ausübung eines Gebotes gegangen, so ist ihm Licht, ist er aber zu freigestellten Dingen gegangen, so ist ihm kein Licht.[Jeschajahu 50,10.] Der vertraue auf den Namen des Herrn: aus dem Grunde, weil er auf den Namen des Herrn vertrauen sollte, aber nicht vertraut hat.

R. Joḥanan sagte: Wenn der Heilige, gepriesen sei er, in das Bethaus kommt und da keine zehn [Personen] findet, gerät er sofort in Zorn, wie es heißt:[Jeschajahu 50,2.] warum kam ich, und niemand war da, ich rief, und niemand antwortete

R. Ḥelbo sagte im Namen R. Honas: Wer einen Ort für sein Gebet bestimmt, dem steht der Gott Abrahams bei, und wenn er stirbt, sagt man über ihn: Wo ist der Demütige, wo ist der Fromme, von den Schülern unseres Vaters Abraham?

Woher, daß unser Vater Abraham einen Ort [für das Gebet] bestimmt hatte? — es heißt:[Bereschit 19,27] und Abraham machte sich am Morgen früh auf zu demOrte, woselbst er gestanden, und stehen bedeutet nichts anderes als beten, denn es heißt:[Tehillim 106,30.] und Pinhas stand auf und betete

R. Ḥelbo sagte im Namen R. Honas: Wer aus dem Bethause geht, mache keine großen Schritte. Abajje sagte: Dies bezieht sich nur auf das Herausgehen, beim Hineingehen aber ist es sogar Gebot, zu laufen, denn es heißt:[Hoschea 6,3.] lasset uns nachjagen, um den Herrn zu erkennen

R. Zera sagte: Früher glaubte ich, als ich die Rabbanan am Šabbath zum Vortrag laufen sah, sie entweihten den Šabbath, seitdem ich aber gehört habe, was R. Tanḥum im Namen des R. Jehošua͑ b. Levi sagte, daß nämlich der Mensch stets zur Halakha eile, selbst am Šabbath, denn es heißt: [Hoschea 11,10.] dem Herrn sollen sie folgen, wie ein Löwe brüllt er, laufe ich ebenfalls

R. Zera sagte: Das Verdienst der Vorlesung ist das Laufen. Abajje sagte: Das Verdienst des öffentlichen Vortrages ist das Gedränge. Raba sagte: Das Verdienst der Lehre134 ist das Grübeln

R. Papa sagte: Das Verdienst der Beileidsbezeugung ist das Schweigen. Mar Zutra sagte: Das Verdienst des Fastens ist die Almosengabe135

R. Sešeth sagte: Das Verdienst der Trauer ist das Erheben [der Klage]

R. Aši sagte: Das Verdienst des Hochzeitsfestes ist die Unterhaltung.

R. Hona sagte: Wer hinter dem Bethaus betet, heißt Gottloser, denn es heißt:[Tehillim 12,9.] ringsum wandeln die Gottlosen. Abajje sagte: Dies nur dann, wenn er sein Gesicht nicht nach dem Bethause wendet, wenn er aber sein Gesicht dem Bethause zuwendet, so ist nichts daran. Einst betete jemand hinter dem Bethause und wandte sein Gesicht nicht dem Bethause zu; da ging Elijahu an ihm vorüber, der ihm wie ein Araber erschien, und als er ihn sah, sprach er zu ihm: Mit dem Rücken gewendet stehst du vor deinem Herrn!? Da zog er sein Schwert und tötete ihn. Einer der Jünger sprach zu R. Bebaj b. Abajje, manche sagen, R. Bebaj b. Abajje zu R. Naḥman b. Jiçḥaq:[Tehillim 12,9.] Wie das Erhabene den Menschenkindern als Geringschätzigkeit gilt; was bedeutet dies? Dieser erwiderte: Es sind die Dinge, die in der Höhe der Welt136 stehen, die aber die Menschen gering schätzen.

R. Joḥanan und R. Elea͑zar sagten beide: Sobald ein Mensch der Mitmenschen benötigt, wird sein Gesicht wie Kerum137 verändert, wie es heißt: Kerum [wie das Erhabene] gilt den Menschenkindern als Geringschätzigkeit. Was ist Kerum? Als R. Dimi kam, erklärte er: In den [über]seeischen138 Städten gibt es einen Vogel, der Kerum139 heißt, der, sobald die Sonne ihn bescheint, seine Farbe verwandelt

R. Ami und R. Asi sagten beide: Wie wenn er140 von zwei Straf. gerichten, dem Feuer und dem Wasser, heimgesucht worden wäre, denn es heißt:[Tehillim 66,12.] du hast den Menschen auf unserem Haupte reiten lassen, wir sind in Feuer und Wasser geraten. Ferner sagte R. Ḥelbo im Namen R. Honas: Stets achte der Mensch auf das Vespergebet, denn Elijahu wurde ja nur beim Vespergebet erhört, wie es heißt:[1. Melachim 18,36.] es war zur Zeit, wo das Nachmittagsopfer141 dargebracht wird, da trat der Prophet Elijahu hin und sprach etc.: Erhöre mich, o Herr, erhöre mich. Erhöre mich, daß ein Feuer vom Himmel herabkomme, und erhöre mich, daß sie nicht sagen, es sei Zauberwerk.

R. Jonathan sagte: Auch auf das Abendgebet, denn es heißt:[Tehillim 141,2.] mein Gebet möge wie Räucherwerk vor dir bereitet sein, die Erhebung meiner Hände wie das Abendopfer

R. Naḥman b. Jiçḥaq sagte: Auch auf das Morgengebet, denn es heißt:[Tehillim 5,4.] am Morgen erhöre meine Stimme, o Herr, am Morgen rüste ich mich vor dir und harre. Ferner sagte R. Ḥelbo im Namen R. Honas: Wer vom Gastmahl des Bräutigams genießt und ihn nicht erheitert, übertritt fünf Stimmen142 denn es heißt:[Jirmejahu 33,11.] Stimme der Wonne und Stimme der Freude, Stimme des Bräutigams und Stimme der Braut, Stimme derer, die da sprechen: Danket dem Herrn der Heerscharen. Was ist seine Belohnung, wenn er ihn aber erheitert?

R. Jehošua͑ b. Levi sagte: Ihm wird die Tora zuteil, die durch fünf Stimmen gegeben wurde, wie es heißt:[Schemot 19,16ff.] es geschah am dritten Tage, des Morgens, da waren [Donner]stimmen und Blitze und schweres Gewölk auf dem Berge, und die Stimme der Posaune etc..; und es war die Stimme der Posaune; und Gott antwortete ihm mit der Stimme.

Dem143 ist ja aber nicht so, es heißt ja auch:[Schemot 20,15] das ganze Volk sah die Stimmen!?

Dies waren Stimmen vor der Tora.

R. Abahu sagte: Es ist ebenso, als hätte er Dankopfer dargebracht, denn es heißt:[Jirmejahu 33,11.] sie bringen Dankopfer in das Haus des Herrn144

R. Naḥman b. Jiçḥaq sagte: Es ist ebenso, als hätte er eine von den Ruinen Jerušalems aufgebaut, denn es heißt:[Jirmejahu 33,11.] denn ich werde die Gefangenschaft des Landes zurückführen wie ehemals, spricht der Herr. Ferner sagte R. Ḥelbo im Namen R. Honas: Wem Gottesfurcht eigen, dessen Worte werden erhört, denn es heißt:[Kohelet 12,13.] endlich wird alles dem erhört, der Gott fürchtet etc...

Was bedeutet:[Kohelet 12,13.]denn dies ist der ganze Mensch? R. Elea͑zar erwiderte: Der Heilige, gepriesen sei er, sprach: die ganze Welt ist nur seinethalben145 serschaffen worden

R. Abba b. Kahana sagte: Dieser wiegt die ganze Welt auf.

R. Šimo͑n b. A͑zaj, manche sagen, R. Šimo͑n b. Zoma, sagte: Die ganze Welt wurde nur dazu geschaffen, um sich diesem anzuschließen. Ferner sagte R. Ḥelbo im Namen R. Honas: Wenn jemand von seinem Nächsten weiß, daß er ihn zu grüßen pflegt, so komme er diesem mit seinem Gruße zuvor, denn es heißt:[Tehillim 34,15.] suche den Frieden146 und jage ihm nach. Wenn er ihm aber seinen Gruß nicht erwidert, so wird er Räuber genannt, denn es heißt:[Jeschajahu 3,14.] ihr habt abgeweidet den Weinberg, der Raub des Armen147 ist in eueren Häusern

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[Talmud-Seite in der Wilna-Ausgabe]

R. Joḥanan sagte im Namen R. Joses: Woher, daß der Heilige, gepriesen sei er, betet? — es heißt:[Jeschajahu 56,7.] ich werde sie nach meinem heiligen Berge bringen und sie in meinem Bethause erfreuen. Es heißt nicht »ihrem Bethause«, sondern »meinem Bethause«, woraus zu entnehmen, daß der Heilige, gepriesen sei er, betet.

Was betet er? R. Zuṭra b. Ṭobia erwiderte im Namen Rabhs: Es möge mein Wille sein, daß meine Barmherzigkeit meinen Zorn bezwinge, daß meine Barmherzigkeit sich über meine Eigenschaften [des Rechtes] wälze, daß ich mit meinen Kindern nach der Eigenschaft der Barmherzigkeit verfahre und daß ich ihrethalben innerhalb der Rechtslinie148 trete.

Es wird gelehrt: R. Jišma͑él b. Eliša͑ erzählte: Einst trat ich in das Allerinnerste149 ein, um die Spezereien zu räuchern und sah Ochteriél, Jah, den Herrn der Heerscharen, auf einem hohen und erhabenen Throne sitzen. Da sprach er zu mir: Jišma͑él, mein Sohn, segne mich! Ich sprach zu ihm: Möge es dein Wille sein, daß deine Barmherzigkeit deinen Zorn bezwinge, daß deine Barmherzigkeit sich über deine Eigenschaften [des Rechtes wälze, daß du mit deinen Kindern nach der Eigenschaft der Barmherzigkeit verfahrest und daß du ihretwegen innerhalb der Rechtslinie tretest. Da nickte er mir (mit seinem Haupte) Beifall zu. Dies lehrt uns, daß der Segen eines Gemeinen nicht gering in deinen Augen sei. Ferner sagte R. Joḥanan im Namen R. Joses: Woher, daß man einen Menschen während seines Zornausbruches nicht zu besänftigen suche? es heißt:[Schemot 33,14] mein Gesicht wird vorübergehen, und ich willfahre dir. Der Heilige, gepriesen sei er, sprach zu Moše: Warte ein wenig, bis das zornige Gesicht vorüber ist, und ich willfahre dir.

Gibt es etwa Zorn beim Heiligen, gepriesen sei er?

Freilich, denn es wird gelehrt:[Tehillim 7,12.] Gott zürnt jeden Tag.

Wie lange währt sein Zorn?

Einen Augenblick.

Wieviel ist ein Augenblick?

Der achtundfünfzigtausendachthundertachtundachtzigste Teil einer Stunde; dies ist ein Augenblick. Kein Geschöpf kann diese Zeit abpassen, und nur der ruchlose Bilea͑m [vermochte es]; denn von ihm heißt es:[Bamidbar 24,16.] er kennt die Gedanken des Höchsten.

Wenn er nicht einmal die Gedanken seines Tieres150 kannte, wie konnte er die Gedanken des Höchsten gekannt haben? Vielmehr lehrt dies, daß er die Stunde abzupassen wußte, in der der Heilige, gepriesen sei er, zürnt. Dies ist es, was der Prophet zu Jisraél sagte:[Michah 6,5.] mein Volk, bedenke doch, was Balaq, der König von Moab, geraten hat etc...

Was bedeutet:[Michah 6,5.] um die Wohltaten des Herrn zu erkennen? R. Elea͑zar erwiderte: Der Heilige, gepriesen sei er, sprach zu Jisraél: Bedenket, wieviel Wohltaten ich euch erwiesen habe, indem ich nicht zürnte in den Tagen des ruchlosen Bilea͑m, denn hätte ich gezürnt, so wäre von den Feinden151 Jisraéls weder Flüchtling noch Entronnener übrig geblieben. Dies ist es, was Bilea͑m zu Balaq gesagt hat:[Bamidbar 23,8.] wie soll ich fluchen, dem Gott nicht flucht, und wie soll ich zürnen, wenn Gott nicht zürnt. Dies lehrt, daß er in all jenen Tagen nicht zürnte.

Wie lange währt sein Zorn?

Einen Augenblick.— Wieviel ist ein Augenblick? R. Abin, manche sagen, R. Abina, erwiderte: Wie man [das Wort] »Rega͑“ [Augenblick] ausspricht.

Woher, daß er einen Augenblick zürnt?

Es heißt:[Tehillim 30,6.] denn einen Augenblick in seinem Zorne, lebenslänglich in seinem Wohlwollen. Wenn du aber willst, sage ich, hieraus:[Jeschajahu 26,20.] verbirg dich nur einen Augenblick, bis der Zorn vorübergeht.

Wann zürnt er? Abajje erwiderte: In den drei ersten [Tages]stunden, wenn dem Hahn der Kamm weiß wird und er auf einem Fuße steht. So steht er ja auch zu jeder anderen Stunde!?

Zu jeder anderen Stunde hat er rote Streifen, in dieser Stunde aber hat er keine roten Streifen. Ein Minäer[Jeschajahu 26,20.], der in der Nachbarschaft des R. Jehošua͑ b. Levi wohnte, quälte diesen sehr durch Schriftverse152. Eines Tages holte er einen Hahn, stellte ihn zwischen die Füße des Bettes und beobachtete ihn, indem er dachte, sobald diese Stunde kommt, verfluche ich ihn. Als aber diese Stunde herankam, schlief er ein. Da sprach er: Hieraus ist zu ersehen, daß es keine Lebensart ist, so zu handeln, denn es heißt:[Tehillim 145,9.] seine Liebe mit all seinen Geschöpfen; ferner:[Mischlej 17,26.] auch ist das Strafen dem Gerechten nicht lieb.

Im Namen R. Meírs wird gelehrt: Wenn die Sonne hervorstrahlt, und alle Könige des Ostens und Westens ihre Kronen auf ihre Häupter setzen und die Sonne anbeten, erzürnt der Heilige, gepriesen sei er, sofort.153

Ferner sagte R. Joḥanan im Namen R. Joses: Besser eine Züchtigung« im Herzen des Menschen, als viele Geißelhiebe, denn es heißt:[Hoschea 2,9.] sie setzt ihrem Buhlen nach etc.. und spricht: ich will gehen und zu meinem ersten Manne zurückkehren, denn besser erging es mir damals als jetzt.

Reš Laqiš[Mischlej 17,10.] sagte: Besser als hundert Geißelhiebe, denn es heißt:[Mischlej 17,10.] tiefer dringt Schelte bei einem Verständigen ein, als hundert Schläge bei einem Toren.

Ferner sagte R. Joḥanan im Namen R. Joses: Drei Dinge erbat sich Moše von dem Heiligen, gepriesen sei er, und er gewährte sie ihm. Er bat, daß die göttliche Niederlassung auf Jisraél ruhen möge, und er gewährte es ihm, wie es heißt:[Schemot 33,16] fürwahr, wenn du mit uns gehest. Er bat, daß die göttliche Niederlassung auf den Völkern der Welt nicht ruhen möge, und er gewährte es ihm, wie es heißt:[Schemot 33,16] damit wir ausgezeichnet sind, ich und dein Volk. Er bat, ihn die Wege des Heiligen, gepriesen sei er, erkennen zu lassen, und er gewährte es ihm, wie es heißt:[Schemot 33,13] laß mich erkennen deine Wege. Er sprach vor ihm: Herr der Welt, warum gibt es einen Gerechten, dem es gut geht, und einen Gerechten, dem es schlecht geht, einen Frevler, dem es gut geht, und einen Frevler, dem es schlecht geht? Er antwortete ihm: Moše, der Gerechte, dem es gut geht, ist ein Gerechter, Sohn des Gerechten, der Gerechte aber, dem es schlecht geht, ist ein Gerechter, Sohn eines Frevlers; der Frevler, dem es gut geht, ist ein Frevler, Sohn eines Gerechten, der Frevler aber, dem es schlecht geht, ist ein Frevler, Sohn eines Frevlers. Der Meister sagte: Der Gerechte, dem es gut geht, ist ein Gerechter, Sohn eines Gerechten, der Gerechte aber, dem es schlecht geht, ist ein Gerechter, Sohn eines Frevlers. Dem ist ja aber nicht so!? Es heißt: [Ib. 34,7.] er ahndet die Sünde der Väter an den Kindern, dagegen aber heißt es: [Dewarim 24,16.] nicht sollen Kinder wegen der Väter getötet werden, und auf unseren Einwand, die Schriftverse widersprechen ja einander, wurde erwidert, dies sei kein Widerspruch: das eine, wenn sie an den Werken ihrer Väter festhalten, und das andere, wenn sie nicht an den Werken ihrer Väter festhalten!?

Vielmehr, sprach er zu ihm wie folgt: der Gerechte, dem es gut geht, ist ein vollkommener Gerechter, der Gerechte aber, dem es schlecht geht, ist ein unvollkommener Gerechter; der Frevler, dem es gut geht, ist kein vollkommener Frevler, der Frevler aber, dem es schlecht geht, ist ein vollkommener Frevler. Er streitet gegen R. Meír, denn R. Meír sagte, er habe ihm zwei Dinge gewährt, eines aber habe er ihm nicht gewährt, denn es heißt:[Schemot 33,19] ich bin gnädig, dem ich gnädig sein will, obgleich er dessen nicht würdig ist,[Schemot 33,19] und ich erbarme mich, dessen ich mich erbarmen will, obgleich er dessen nicht würdig ist154 [Schemot 33,20-23.] Und er sprach, du vermagst nicht mein Antlitz zu schauen.

Es wird im Namen des R. Jehošua͑ b. Qorḥa gelehrt: Der Heilige, gepriesen sei er, sprach zu Moše wie folgt: Als ich wollte155 wolltest du nicht, jetzt, wo du willst, will ich nicht. Er streitet gegen R. Šemuél b. Naḥmani, im Namen R. Jonathans, denn R. Šemuél b. Naḥmani sagte im Namen R. Jonathans: Als Belohnung für drei Dinge ist Moše mit drei Dingen bedacht worden. Als Belohnung für: [Schemot 3,6] und Moše verbarg sein Antlitz, ward ihm ein [strahlendes] Antlitz beschieden; als Belohnung für:[Schemot 3,6] er fürchtete, ward ihm beschieden, daß:[Ib. 34,30.] sie fürchteten, ihm zu nahen; und als Belohnung für:[Schemot 3,6] zu schauen, ward ihm beschieden, daß:[Bamidbar 12,8.] er schaute das Gesicht des Herrn. [Schemot 33,20-23.] Ich will meine Hand entfernen, und du wirst meine Rückseite schauen. Hierüber sagte R. Ḥana b. Bizna im Namen R. Šimo͑n des Frommen: Dies lehrt, daß der Heilige, gepriesen sei er, Moše den Knoten156 der Tephillin gezeigt hat. Ferner sagte R. Joḥanan im Namen R. Joses: Kein Gutes verheißendes Wort, das aus dem Mund des Heiligen, gepriesen sei er, kommt, auch wenn nur bedingungsweise, wird von ihm157 widerrufen. Woher dies?

Von unserem Meister Moše, denn es heißt:[Dewarim 9,14.] laß mich, ich will sie vertilgen etc.. und dich zum mächtigen Volke machen; obgleich Moše diesbezüglich um Erbarmen flehte und es abwandte, erfüllte er [seine Verheißung] an dessen Nachkommen, wie es heißt:[1. Diwrej hajamim 23,15.] die Söhne Mošes waren Geršom und Elie͑zer, und die Söhne Elie͑zers waren Reḥabja, das Oberhaupt etc..; und die Söhne Reḥabjas mehrten sich überaus etc... Hierzu lehrte R. Joseph: Mehr als sechzig Myriaden, denn dies ist aus dem Worte mehren zu entnehmen; hier heißt es: sie mehrten sich überaus, und dort[Schemot 1,7] heißt es: die Kinder Jisraéls waren fruchtbar, wimmelten und mehrten sich158

Blatt 7b

[Talmud-Seite in der Wilna-Ausgabe]

R. Joḥanan sagte im Namen des R. Šimo͑n b. Joḥaj: Seit dem Tage, da der Heilige, gepriesen sei er, die Welt erschaffen, gab es niemand, der den Heiligen, gepriesen sei er, Herr genannt hätte, bis Abraham kam und ihn Herr nannte, wie es heißt:[Bereschit 15,8] und er sprach: O Herr, woran werde ich erkennen, daß ich es ererben werde? Rabh sagte: Auch Daniél wurde nur um Abrahams willen erhört, denn es heißt:[Daniel 9,17.] so höre doch nun, o Gott, auf das Gebet und auf das Flehen deines Knechtes, und laß dein Antlitz über dein verwüstetes Heiligtum leuchten, um des Herrn willen; er sollte ja um deinetwillen sagen, — vielmehr, um Abrahams willen, der dich Herr nannte. Ferner sagte R. Joḥanan im Namen des R. Šimo͑n b. Joḥaj: Woher daß man einen Menschen während seines Zornausbruches nicht zu besänftigen suche? — es heißt:[Schemot 33,14] mein Zorn wird vorübergehen, und ich willfahre dir. Ferner sagte R. Joḥanan im Namen des R. Šimo͑n b. Joḥaj: Seit dem Tage, da der Heilige, gepriesen sei er, seine Welt erschaffen, gab es niemand, der dem Heiligen, gepriesen sei er, gedankt hätte, bis Leá kam und ihm dankte, wie es heißt:[Bereschit 29,35] diesmal danke ich dem Herrn. [Ib. 25,33.] Reúben

R. Elea͑zar sagte: Leá sprach: Sehet [reú], welch ein Unterschied zwischen meinem Sohne [ben] und dem Sohne meines Schwiegervaters. Der Sohn meines Schwiegervaters verkaufte seine Erstgeburt freiwillig, wie es heißt: er verkaufte dem Ja͑qob seine Erstgeburt, dennoch, sehet, heißt es von ihm:[Ib. 27,41.] E͑saw haßte Ja͑qob, ferner:[Ib. V. 36.] er sprach: Man nennt ihn mit Recht Ja͑qob, denn er hat mich zweimal betrogen etc.; mein Sohn aber: obgleich Joseph ihm seine Erstgeburt gegen seinen Willen abgenommen hat, wie es heißt:[1. Diwrej hajamim 5,1.] als er das Bett seines Vaters entweihte, wurde seine Erstgeburt dem Joseph gegeben, dennoch beneidete er ihn[1. Diwrej hajamim 5,1.] nicht, wie es heißt:[Bereschit 37,21] als Reúben dies hörte, rettete er ihn aus ihrer Hand.

Ruth. Warum [heißt sie] Ruth? R. Joḥanan erklärte: Weil ihr beschieden war, daß David, der den Heiligen, gepriesen sei er, mit Liedern und Lobgesängen letzte159, ihr entstammte. Woher, daß Namen vorbedeutend sind? R. Elea͑zar erwiderte: Es heißt:[Tehillim 46,9.] gehet, schauet die Werke des Herrn, der Verwüstungen auf Erden gemacht; lies nicht Šamoth [Verwüstungen], sondern Šemoth [Namen]. Ferner sagte R. Joḥanan im Namen des R. Šimo͑n b. Joḥaj: Schlimmer ist böse Zucht im Hause des Menschen, als der Krieg von Gog160 und Magog. Es heißt:161 ein Gesang Davids, als er vor seinem Sohne Abšalom floh, und hierauf folgt: Herr, wie zahlreich sind meine Feinde, wie viel, die gegen mich auftreten! Vom Krieg von Gog und Magog aber heißt es nur:[Ib. 2,1.] warum toben die Völker, die Nationen sinnen Eitles, es heißt aber nicht: wie zahlreich sind meine Feinde. Ein Gesang Davids, als er vor seinem Sohne Abšalom floh.

Ein »Gesang« Davids, es hätte ja ein »Klagelied« Davids heißen sollen!? R. Šimo͑n b. Abišalom erwiderte: Ein Gleichnis, womit dies zu vergleichen ist. Mit einem Menschen, auf den ein Schuldschein in den Verkehr gebracht wurde; bevor er ihn einlöst, ist er traurig, hat er ihn aber eingelöst, freut er sich. So auch David. Als der Heilige, gepriesen sei er, zu ihm sagte: [2. B. Schmuel 12,11.] Siehe, ich lasse dir ein Unglück aus deinem Hause erstehen, war er traurig, denn er dachte: es wird vielleicht ein Sklave oder ein Bastard sein, der sich meiner nicht erbarmen wird; als er aber sah, daß es Abšalom war, freute er sich. Darum ein »Gesang«. Ferner sagte R. Joḥanan im Namen des R. Šimo͑n b. Joḥaj: Es ist erlaubt, auf dieser Welt die Frevler zu reizen, denn es heißt:[Mischlej 28,4.] die die Lehre verlassen, rühmen den Frevler, die aber die Lehre wahren, reizen sie. Diesbezüglich wird gelehrt: R. Dostaj b. R. Mathon sagte: Es ist erlaubt, auf dieser Welt die Frevler zu reizen, denn es heißt: die die Lehre verlassen, rühmen den Frevler die aber die Lehre wahren, reizen sie. Sollte dir jedoch jemand zuflüstern, es heißt ja:[Tehillim 37,1.] streite mit den Bösen nicht und beneide nicht die Übelläter, so antworte ihm: so deutet [diesen Vers], dem das Herz162 klopft; vielmehr: wetteifere nicht mit den Bösen, um wie die Bösen zu sein, und beneide nicht die Übeltäter, um wie die Übeltäter zu sein. Ferner heißt es:[Mischlej 23,17.] dein Herz beneide die Sünder nicht, es verharre vielmehr täglich in der Furcht des Herrn.

Dem ist doch aber nicht so, R. Jiçḥaq sagte ja folgendes: Wenn du einen Frevler [Tehillim 10,5.] siehst, dem die Stunde lächelt, so reize ihn nicht, denn es heißt:[Tehillim 10,5.] seine Wege gedeihen allezeit. Und noch mehr, er wird auch bei Gericht begünstigt, denn es heißt:[Tehillim 10,5.] hoch, fern von ihm sind deine Strafgerichte. Und noch mehr, er sieht auch Rache an seinen Feinden, denn es heißt:[Tehillim 10,5.] all seine Feinde bläst er weg.

Das ist kein Einwand; dies gilt von eigenen Angelegenheiten, jenes von göttlichen163 Angelegenheiten. Wenn du willst, sage ich: beides gilt von göttlichen Angelegenheiten, nur gilt dieses von einem Frevler, dem die Stunde lächelt, jenes aber von einem Frevler, dem die Stunde nicht lächelt. Wenn du aber willst, sage ich: beides gilt von einem Frevler, dem die Stunde lächelt, dennoch besteht hier kein Widerspruch, denn das eine gilt, von einem vollkommen Gerechten, und das andere gilt von einem unvollkommen Gerechten

R. Hona sagte nämlich: Es heißt:164 warum siehst du die Treulosen an, schweigest, wenn der Frevler den gerechteren als er verschlingt; kann etwa der Frevler den Gerechten verschlingen, es heißt ja:[Tehillim 37,33.] der Herr verläßt ihn nicht in seiner Hand, ferner:[Mischlej 12,21.] dem Gerechten begegnet kein Unheil!? Vielmehr einen, der gerechter ist als er, verschlingt er, einen vollkommen Gerechten verschlingt er nicht. Wenn du aber willst, sage ich: anders ist es, wenn ihm die Stunde lächelt165 Ferner sagte R. Joḥanan im Namen des R. Šimo͑n b. Joḥaj: Wer für sein Gebet einen Platz bestimmt, dem unterliegen seine Feinde, denn es heißt:[2. B. Schmuel 7,10.] ich werde einen Platz für mein Volk Jisraél bestimmen, ich pflanze es, daß es an seiner Stätte verharre; nicht wird es fortan beunruhigt werden, und nicht werden es ferner die Boshaften bedrücken wie vorher

R. Hona wies auf einen Widerspruch hin, es heißt: zu bedrücken, und es heißt [anderweitig[1. Diwrej hajamim 17,9.]:] zu166 vernichten!? Anfangs: zu bedrücken, später167: zu vernichten.

Ferner sagte R. Joḥanan im Namen des R. Šimo͑n b. Joḥaj: Wichtiger ist die Pflege168 der Tora, als das Studium derselben, denn es heißt:[2. Melachim 3,11.] hier ist Eliša͑, Sohn des Šaphat, der auf die Hände des Elijahu Wasser gegossen. Es heißt nicht: gelernt, sondern: gegossen; dies lehrt, daß ihre Pflege wichtiger ist, als ihr Studium

R. Jiçḥaq sprach zu R. Naḥman: Weshalb kam der Meister nicht ins Bethaus, um zu beten? Dieser erwiderte: Ich konnte nicht. Jener sprach: Der Meister hätte ja zehn [Männer] versammeln können und beten!? Dieser erwiderte: Dies wäre mir zu beschwerlich.

So sollte der Meister dem Gemeindediener sagen, daß er zur Zeit, da die Gemeinde betet, komme und es dem Meister künde!? Dieser entgegnete: Wozu dies alles? Jener erwiderte: Folgendes sagte R. Joḥanan im Namen des R. Šimo͑n b. Joḥaj:

Blatt 8a

[Talmud-Seite in der Wilna-Ausgabe]

Es heißt:[Tehillim 69,14.] ich richte mein Gebet zu dir, o Herr, zur Zeit des Fol.8 Wohlwollens, die Zeit des Wohlwollens ist die Stunde, in der die Gemeinde betet

R. Jose b. R. Ḥanina entnimmt dies aus folgendem:[Jeschajahu 49,8.] So spricht der Herr, zur Zeit des Wohlwollens habe ich dich erhört

R. Aḥa b. R. Ḥanina entnimmt dies aus folgendem:[Ijow 36,5.] Fürwahr, Gott verachtet die Mächtigen169 nicht. Ferner heißt es:[Tehillim 55,19.] er erlöste meine Seele in Frieden aus dem Ansturm gegen mich, denn Viele waren mit mir. Desgleichen wird gelehrt: R. Nathan sagte: Woher, daß der Heilige, gepriesen sei er, das Gebet der Menge nicht verachtet? Es heißt: Gott verachtet die Mächtigen nicht. Ferner heißt es: er erlöste meine Seele in Frieden aus dem Ansturm gegen mich etc... Der Heilige, gepriesen sei er, sprach: Wer sich mit der Tora und Liebeswerken befaßt und mit der Gemeinde betet, dem rechne ich es an, als hätte er mich und meine Kinder von den weltlichen Völkern erlöst.

Reš170 Laqiš sagte: Wer in einer Stadt ein Bethaus hat und nicht in dieses beten geht, heißt ein böser Nachbar, denn es heißt:[Jirmejahu 12,14.] so spricht der Herr: Über all meine bösen Nachbarn, die das Erbteil antasten, das ich meinem Volke Jisraél zugeteilt habe. Und noch mehr, er verursacht auch Verbannung sich und seinen Kindern, denn es heißt:[Jirmejahu 12,14.] siehe, ich reiße sie aus ihrem Lande heraus, und das Haus Jehudas reiße ich aus ihrer Mitte. Man erzählte R. Joḥanan, daß es in Babylonien Greise gäbe. Dies wunderte ihn, und er sprach: Es heißt ja:[Dewarim 11,21.] auf daß sich mehren euere Tage und die Tage euerer Kinder im Lande, nicht aber außerhalb des Landes. Als man ihm aber sagte, daß sie früh morgens und spät abends im Bethause verweilen, sprach er: Das ist es, was ihnen dazu verhilft. So sagte auch R. Jehošua͑ b. Levi zu seinen Söhnen: Geht ins Bethaus morgens früh und [verweilet da] abends spät, damit ihr lange lebet

R. Aḥa b. R. Ḥanina sagte: Hierauf deutet folgender Schriftvers:[Mischlej 8,34.] Heil dem Menschen, der auf mich hört, Tag für Tag an meinen Türen zu wachen, zu wahren die Pfosten meiner Türen, und darauf folgt: denn wer mich gefunden, hat Leben gefunden. R. Ḥisda sagte: Stets trete man zwei Türen in das Bethaus ein. — »Zwei Türen«, wie ist dies zu verstehen?

Sage vielmehr: zwei Türen weit171, dann bete er.

[Tehillim 32,6.] Darob bete jeder Fromme zu dir, zur Zeit des Findens

R. Ḥanina sagte: Zur Zeit des Findens, dies bezieht sich auf das Weib, denn es heißt:[Mischlej 18,22.] wer ein Weib gefunden, hat Gutes gefunden. Wenn jemand im Westen ein Weib heimführte, pflegte man ihn folgendes zu fragen: »Gefunden« oder »ich finde«? »Gefunden«, denn es heißt: wer ein Weib gefunden, hat Gutes gefunden, er wird des Herrn Wohlwollen erzielen; »ich finde«, denn es heißt:[Kohelet 7,26.] ich finde, daß das Weib bitterer ist als der Tod

R. Nathan erklärte: Zur Zeit des Findens, dies bezieht sich auf die Tora, denn es heißt:[Mischlej 8,35.] wer mich findet, findet Leben

R. Naḥman b. Jiçḥaq erklärte: Zur Zeit des Findens, dies bezieht sich auf den Tod, denn es heißt:[Tehillim 68,21.] für den Tod sind (Ausgänge) [gefunden]172. Desgleichen wird gelehrt: Neunhundertdrei Todesarten sind in der Welt erschaffen worden, denn es heißt:173 für den Tod sind Toçaoth [Ausgänge] vorhanden; Toçaoth« hat diesen Zahlenwert174. Die schwerste unter allen ist die Bräune, die leichteste unter allen ist der Kuß[tod]. Die Bräune gleicht einem Dornstrauch in einem Bündel Wolle, den man rückwärts herauszieht. Manche sagen, einem Schiffstau in der Schlundöffnung. Der Kuß[tod], wie man ein Haar aus der Milch zieht

R. Joḥanan erklärte: Zur Zeit des Findens, dies bezieht sich auf das Begräbnis

R. Ḥanina sagte: Hierauf deutet folgender Schriftvers:[Ijow 3,22.] die mit Frohlocken sich gefreut, sind froh, wenn sie ein Grab finden. Rabba b. R. Šilo sagte: Das ist es, was die Leute sagen: Der Mensch bete um Frieden, selbst bis zum letzten Spaten[stich]. Mar Zutra erklärte: Zur Zeit des Findens, dies bezieht sich auf den Abort175. Im Westen sagten sie: Die Erklärung Mar Zutras ist die beste von allen.

Raba sprach zu Raphram b. Papa: Möge uns doch der Meister einen von den schönen Aussprüchen sagen, die er im Namen des R. Ḥisda im Betreff des Bethauses gesagt hat. Dieser erwiderte: Folgendes sagte R. Ḥisda: Es heißt:[Tehillim 87,2.] der Herr liebt die Pforten Çijons vor allen Wohnungen Ja͑qobs; der Herr liebt die Pforten, die ausgezeichnet176 sind, durch die Halakha, mehr als die Bet- und Lehrhäuser. Das ist es, was R. Ḥija b. Ami im Namen U͑las gesagt hat: Seit dem Tage, an dem das Heiligtum zerstört wurde, hat der Heilige, gepriesen sei er, in seiner Welt nichts weiter, als die vier Ellen177 der Halakha. Abajje sagte: Anfangs pflegte ich zu Hause zu lernen und im Bethause zu beten, nachdem ich aber das gehört, was R. Ḥija b. Ami im Namen U͑las gesagt hat, seit dem Tage, an dem das Heiligtum zerstört wurde, habe der Heilige, gepriesen sei er, in seiner Welt nichts weiter, als die vier Ellen der Halakha, bete ich nur da, wo ich lerne. R. Ami und R. Asi beteten, obgleich sie in Tiberias dreizehn Bethäuser hatten, dennoch nirgends anders als zwischen den Säulen, wo sie zu lernen pflegten. Ferner sagte R. Ḥija b. Ami im Namen U͑las: Größer ist, der von seiner Arbeit genießt, als der Gottesfürchtige. Vom Gottesfürchtigen heißt es:[Tehillim 112,1.] Heil dem Manne, der den Herrn fürchtet, von dem aber, der von seiner Arbeit genießt, heißt es:[Ib. 128,2. f.] wenn du von deiner Hände Arbeit issest, Heil dir und wohl dir, Heil dir in dieser Welt, und wohl dir in der zukünftigen Welt; von dem Gottesfürchtigen heißt es nicht: und wohl dir. Ferner sagte R. Ḥija b. Ami im Namen U͑las: Stets wohne der Mensch im Wohnorte seines Lehrers, denn während der ganzen Zeit, da Šimi b. Gera lebte, heiratete Šelomo nicht die Tochter des Pareo͑. Es wird ja aber gelehrt, man wohne nicht!?

Das ist kein Einwand; das eine, wenn er sich seinem Lehrer unterwirft, das andere, wenn er sich ihm nicht unterwirft. R. Hona b. Jehuda sagte im Namen R. Menahems im Namen R. Amis: Es heißt:[Jeschajahu 1,28.] Die den Herrn verlassen, werden zugrunde gehen. Dies bezieht sich auf den, der die Torarolle178 liegen läßt und hinausgeht. R. Abahu ging zwischen Mann und Mann179 hinaus. R. Papa fragte: Ist es zwischen den Versen [erlaubt]? Dies bleibt unentschieden. R. Šešeth wandte sein Gesicht ab180 und lernte, indem er sagte: wir mit unserem und sie181 mit ihrem. R. Hona b. Jehuda sagte im Namen R. Amis: Stets beende man seinen Wochenabschnitt zusammen mit der Gemeinde, zweimal den Text und einmal die Übersetzung, selbst A͑taroth[Bamidbar 32,3; dh. selbst Eigennamen, die auch in der Übersetzung unverändert bleiben.] und Dibon, denn dem, der seinen Wochenabschnitt mit der Gemeinde beendet,

Blatt 8b

[Talmud-Seite in der Wilna-Ausgabe]

werden Tage und Jahre verlängert. R. Bebaj b. Abajje wollte sämtliche Wochenabschnitte des ganzen Jahres am Vortage des Versöhnungstages beenden, da trug ihm R. Ḥija b. Rabh aus Diphte folgende Lehre vor: Es heißt:[Wajikra 23,32] ihr sollt am neunten des Monats, am Abend, euere Leiber kasteien; fastet man etwa am neunten, man fastet ja am zehnten!? Dies besagt dir vielmehr, daß die Schrift jedem, der am neunten ißt und trinkt, es anrechnet, als faste er am neunten und am zehnten. Er wollte sie sodann vorher lesen, da sprach ein Greis zu ihm:

Es wird gelehrt: nur darf man sie nicht früher oder später lesen. So sagte auch R. Jehošua͑ b. Levi zu seinen Söhnen: Beendet euere Wochenabschnitte mit der Gemeinde, zweimal den Text und einmal die Übersetzung. Seid vorsichtig mit den Arterien182. Dies nach R. Jehuda, denn wir haben gelernt: R. Jehuda sagt, nur wenn man die Arterien durchschnitten hat. Und seid aufmerksam gegen einen Greis, der sein Wissen durch Zwang183 vergessen, denn wir sagen: die Tafeln und die Bruchstücke der Tafeln184 liegen in der Bundeslade. Raba sprach zu seinen Söhnen: Wenn ihr Fleisch schneidet, schneidet es nicht auf der Handfläche. Manche erklären, wegen der Gefahr, und manche erklären, wegen Besudelung der Mahlzeit. Setzt euch nicht auf das Lager einer Aramäerin. Und geht an einem Bethause nicht vorüber, wenn die Gemeinde betet. «Setzt euch nicht auf das Lager einer Aramäerin.» Manche sagen, [dies bedeute]: legt euch nicht nieder, ohne das Šema͑ gelesen zu haben; manche sagen: heiratet keine Proselytin; und manche sagen: wirklich [das Lager] einer Aramäerin, und zwar wegen des Ereignisses R. Papas. Einst besuchte nämlich R. Papa eine Nichtjüdin, und als sie ihm das Lager zurechtrückte185 und ihn zum Sitzen aufforderte, sprach er zu ihr: Ich setze mich nicht eher, als bis ihr das Lager aufgedeckt habt. Da deckten sie das Lager auf und fanden darin ein totes Kind. Daher sagten die Weisen, es sei verboten, sich auf das Lager einer Aramäerin zu setzen. «Geht an einem Bethause nicht vorüber, wenn die Gemeinde betet.? Dies ist eine Stütze für R. Jehošua͑ b. Levi, denn R. Jehošua͑ b. Levi sagte: Es ist einem verboten, an einem Bethause vorüber zu gehen, wenn die Gemeinde betet. Hierzu sagte Abajje: Dies nur dann, wenn keine andere Tür da ist, wenn aber eine andere Tür da ist, ist nichts dabei. Auch nur dann, wenn kein anderes Bethaus da ist, wenn aber ein anderes Bethaus da ist, ist nichts dabei. Endlich nur dann, wenn man weder eine Last trägt, noch läuft, noch Tephillin anhat, ist aber eines von diesen der Fall, so ist nichts dabei.

Es wird gelehrt: R. A͑qiba sagte: Bei drei Handlungen liebe ich die Meder: wenn sie Fleisch schneiden, schneiden sie es nur auf dem Tisch; wenn sie küssen, küssen sie nur auf die Hand, und wenn sie sich beraten, beraten sie sich nur auf dem Felde. R. Ada b. Ahaba sagte: Hierauf deutet folgender Schriftvers:[Bereschit 31,4] da schickte Ja͑qob und ließ Raḥel und Leá nach dem Felde zu seinen Schafen rufen.

Es wird gelehrt: R. Gamliél sagte: Um drei Dinge liebe ich die Perser: sie sind reinlich beim Speisen, züchtig im Abort und keusch bei jener186 Sache.[Jeschajahu 13,3.] Ich habe meinen Geweihten geboten. R. Joseph lehrte: Das sind die Perser, die geweiht und vorbereitet sind für das Fegefeuer.

R. GAMLIÉL SAGT. R. Jehuda sagte im Namen Šemuéls: Die Halakha ist wie R. Gamliél. Es wird gelehrt: R. Šimo͑n b. Joḥaj sagte: Zuweilen liest jemand das Šema͑ beide Male bei Nacht, einmal vor Aufgang der Morgenröte und einmal nach Aufgang der Morgenröte, und er entledigt sich seiner Pflicht: einmal für das des Tages und einmal für das der Nacht.

Dies widerspricht ja sich selbst: du sagst, zuweilen liest jemand das Šema͑ beide Male bei Nacht, wonach [die Zeit] nach Aufgang der Morgenröte zur Nacht gehört, später aber sagst du, er entledige sich seiner Pflicht: einmal für das des Tages und einmal für das der Nacht, wonach diese zum Tage gehört!?

Nein, tatsächlich gehört sie zur Nacht, dennoch nennt er sie Tag, weil es Leute gibt, die zu dieser Zeit aufstehen. R. Aḥa b. Ḥanina sagte im Namen des R. Jehošua͑ b. Levi: Die Halakha ist wie R. Šimo͑n b. Joḥaj. Manche beziehen [die Worte] des R. Aḥa b. Ḥanina auf folgende Lehre: R. Šimo͑n b. Joḥaj sagte im Namen R. Aqibas: Zuw eilen liest jemand das Šema͑ beide Male am Tage, einmal vor Sonnenaufgang und einmal nach Sonnenaufgang, und er entledigt sich seiner Pflicht: einmal für das des Tages und einmal für das der Nacht.

Dies widerspricht ja sich selbst: du sagst, zuweilen liest jemand das Šema͑ beide Male am Tage, wonach [die Zeit] vor Sonnenaufgang zum Tage gehört, später aber sagst du, er entledige sich seiner Pflicht: einmal für das des Tages und einmal für das der Nacht, wonach diese Zeit zur Nacht gehört!?

Nein, tatsächlich gehört sie zum Tage, dennoch nennt er sie Nacht,

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[Talmud-Seite in der Wilna-Ausgabe]

weil es Leute gibt, die zu dieser Zeit schlafen. R. Aḥa b. R. Ḥanina sagte im Namen des R. Jehošua͑ b. Levi: Die Halakha ist wie R. Šimo͑n, der es im Namen des R. A͑qiba lehrte. R. Zera sagte: Jedoch lese er187 nicht [das Gebet] »Laß uns niederlegen«. Als R. Jiçḥaq b. Joseph kam, sagte er: Das, was R. Aḥa b. R. Ḥanina im Namen des R. Jehošua͑ b. Levi gesagt hat, ist nicht ausdrücklich gesagt worden, sondern aus einem Schlusse gefolgert. Einst hatten sich nämlich ein paar Jünger bei der Hochzeit eines Sohnes des R. Jehošua͑ b. Levi betrunken188 und als sie zu R. Jehošua͑ b. Levi189 kamen, sagte er: R. Šimo͑n ist es wert, daß man sich auf ihn in einem Notfalle verlasse.

EINST KAMEN SEINE SÖHNE etc.. Hatten sie denn bis dahin die Lehre R. Gamliéls nicht gekannt!?

Sie sprachen zu ihm wie folgt: streiten die Rabbanan190 gegen dich, und wenn ein Einzelner gegen eine Mehrheit streitet, so ist die Halakha nach der Mehrheit zu entscheiden, oder sind die Rabbanan ebenfalls deiner Ansicht und sagen nur deshalb: bis Mitternacht, um den Menschen von einer Übertretung fernzuhalten? Darauf erwiderte er ihnen: Die Rabbanan sind meiner Ansicht, und ihr seid [zu lesen] verpflichtet, und nur deshalb sagen sie: bis Mitternacht, um den Menschen von einer Übertretung fernzuhalten.

UND NICHT NUR DIESBEZÜGLICH SAGTEN SIE DIES, SONDERN etc.. Ist R. Gamliél denn der Ansicht: bis Mitternacht, daß er sagt: und nicht nur diesbezüglich sagten sie dies!?

Vielmehr, R. Gamliél sprach zu seinen Söhnen, wie folgt: selbst nach den Rabbanan, die bis Mitternacht sagen, reicht das Gebot, bis die Morgenröte aufsteigt, und nur deshalb sagen sie: bis Mitternacht, um den Menschen von einer Übertretung fernzuhalten.

DAS GEBOT DER AUFRÄUCHERUNG DES FETTES. Das Essen des Pesaḥopfers191 aber nennt er nicht. Ich will auf einen Widerspruch hin weisen: Das Gebot des Šema͑lesens am Abend, des Lobliedes an den Pesaḥabenden und des Essens des Pesaḥopfers, bis die Morgenröte aufsteigt!? R. Joseph erwiderte: Das ist kein Einwand; das eine nach R. Elea͑zar b. A͑zarja und das andere nach R. A͑qiba. Es wird nämlich gelehrt:[Schemot 12,8] Sie sollen das Fleisch in dieser Nacht essen. R. Elea͑zar b. A͑zarja sagte: Hier heißt es: in dieser Nacht, und dort[Ib. V. 12.] heißt es: ich werde in dieser Nacht durch das Land Miçrajim ziehen; wie dort bis Mitternacht, so auch hier bis Mitternacht. R. A͑qiba entgegnete: Es heißt vorher:[Ib. V. 11.] in Eile, bis zur Zeit der Eile192. Wieso heißt es demnach Nacht!?

Man könnte glauben, es sei gleich den geheiligten [Opfern] am Tage zu essen, daher heißt es Nacht, es darf nur bei Nacht gegessen werden, nicht aber am Tage.

Erklärlich ist es nach R. Elea͑zar b. A͑zarja, der eine Wortanalogie193 anwendet, daß die Schrift in dieser sagt, worauf aber deutet nach R. A͑qiba [das Wort] in dieser!?

Dieses schließt die darauffolgende Nacht aus. Man könnte glauben, daß, da das Pesaḥopfer zu den minderheiligen gehört und das Friedensopfer ebenfalls zu den minderheiligen Opfern gehört, wie das Friedensopfer während zweier Tage und einer Nacht gegessen werden darf, auch das Pesaḥopfer statt an zwei Tagen an zwei Nächten zu essen sei, mithin während zweier Nächte und eines Tages gegessen werden dürfe, so heißt es: in dieser Nacht, es darf nur in dieser Nacht gegessen werden, nicht aber darf es in der folgenden Nacht gegessen werden.

Und jener!?

Es heißt bereits:[Schemot 12,10] Morgen, somit ist kein Schriftvers zur Ausschließung der folgenden Nacht nötig.

Und der andere!?

Wenn nur dies, so könnte man glauben, Morgen heiße bis zum zweiten Morgen.

Und jener!?

Er kann dir erwidern: Unter »Morgen« ist überall der nächstfolgende Morgen zu verstehen.

Diese Tannaím [führen denselben Streit] wie jene Tannaím.

Es wird gelehrt:[Dewarim 16,6.] Dort sollst du das Pesahopfer schlachten, am Abend bei Sonnenuntergang, zur Zeit, wo du aus Miçrajim zogst. R. Elie͑zer sagte: Am Abend sollst du es schlachten, bei Sonnenuntergang sollst du es essen, und in der Zeit, wo du aus Miçrajim194 zogst, sollst du es195 verbrennen. R. Jehošua͑ aber sagte: Am Abend sollst du es schlachten, bei Sonnenuntergang sollst du es zu essen beginnen, und mit dem Essen fortfahren kannst du bis zur Zeit, wo du aus Miçrajim zogst. R. Abba sagte: Alle stimmen überein, daß die Jisraéliten, als sie aus Miçrajim erlöst wurden, am Abend erlöst wurden, denn es heißt:[Dewarim 16,1.] der Herr, dein Gott, hat dich nachts aus Miçrajim geführt, und daß sie, als sie auszogen, am Tage auszogen, denn es heißt:[Bamidbar 3,3.] am Morgen nach dem Pesaḥfest zogen die Kinder Jisraél mit erhobener Hand aus, und sie streiten nur über die Zeit der Eile: R. Elea͑zar b. A͑zarja ist der Ansicht, unter »Eile« sei die Eile Miçrajims196 zu verstehen, und R. A͑qiba ist der Ansicht, unter »Eile« sei die Eile Jisraéls197 zu verstehen. Desgleichen wird gelehrt: Der Herr, dein Gott, hat dich nachts aus Miçrajim geführt; zogen sie denn nachts aus, sie zogen ja am Tage aus, wie es heißt: am Morgen nach dem Pesahfest zogen die Kinder Jisraél mit erhobener Hand aus!? Dies lehrt vielmehr, daß die Erlösung schon am Abend begonnen hatte.

[Schemot 11,2] Rede doch in die Ohren des Volkes etc... In der Schule R. Jannajs wurde gesagt: »Doch« ist nichts anderes als der Ausdruck einer Bitte; der Heilige, gepriesen sei er, sprach zu Moše: Ich bitte dich, geh und sprich zu den Jisraéliten: ich bitte euch, fordert von den Miçrijim Gold- und Silbergeräte, damit nicht jener Gerechte198 sage: [Die Verheißung,][Bereschit 15,13] man wird sie knechten und bedrücken,

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hat er an ihnen erfüllt, [die Verheißung,][Bereschit 15,13] nachher werden sie mit großem Besitztum ausziehen, hat er an ihnen nicht erfüllt. Da sprachen sie199 zu ihm: O, daß doch wir selbst hinauskommen könnten! Ein Gleichnis. Wenn man zu einem Menschen, der im Gefängnis eingesperrt ist, sagt: morgen wird man dich aus dem Gefängnis herausholen und dir viel Geld geben, so erwidert dieser: befreiet mich heute, und ich verlange nichts.

[Schemot 12,36] Und sie liehen ihnen. Hierzu sagte R. Ami: Dies200 lehrt, daß sie sie wider ihren Willen zu leihen genötigt haben. Manche sagen, wider den Willen der Miçrijim, und manche sagen, wieder den Willen der Jisraéliten. Manche sagen, wider den Willen der Miçrijim, denn es heißt: [Tehillim 68,13.] und die Mitbewohnerin des Hauses teilt die Beute, und manche sagen, wider den Willen der Jisraéliten wegen der Last201.

[Schemot 12,36] Und sie leerten Miçrajim. Hierzu sagte R. Ami: Dies lehrt, daß sie es wie ein Netz202 machten, das keine Getreidekörner mehr hat. Reš Laqiš sagte: Sie machten es wie eine Meerestiefe203, die keine Fische hat.

[Schemot 3,14] Ich werde sein, der ich sein werde. Der Heilige, gepriesen sei er, sprach zu Moše: Gehe hin und sage den Jisraéliten: Ich werde mit euch in dieser Knechtschaft sein, und ich werde mit euch in der Knechtschaft der [späteren] Regierungen sein. Da sprach er vor ihm: Herr der Welt, es genügt die Not zu ihrer Zeit204. Der Heilige, gepriesen sei er, erwiderte: Geh und sage ihnen: »Ich werde sein« hat mich zu euch geschickt.

[1. Melachim 18,37.] Erhöre mich, o Herr, erhöre mich. R. Abahu sagte: Weshalb rief Elijahu zweimal »erhöre mich«? Dies lehrt, daß Elijahu vor dem Heiligen, gepriesen sei er, sprach: Herr der Welt, erhöre mich, daß ein Feuer vom Himmel herabkomme und alles verzehre, was sich auf dem Altar befindet, und erhöre mich, daß du ihre [bösen] Gedanken abwendest, damit sie nicht sagen, es sei Zauberwerk. Daher heißt es: [1. Melachim 18,37.] du hast ihr Herz rückwärts gewendet.

VON WANN AN LIEST MAN DAS ŠEMA͑ AM MORGEN? SOBALD MAN ZWISCHEN PURPURBLAU UND WEISS UNTERSCHEIDEN KANN; R. ELIE͑ZER SAGT, ZWISCHEN PURPURBLAU UND LAUCHGRÜN. MAN BEENDE ES BIS SONNENAUFGANG; R. JEHOŠUA͑ SAGT, BIS DREI STUNDEN205, DENN KÖNIGE PFLEGEN IN DER DRITTEN STUNDE AUFZUSTEHEN. WER VON DA AB LIEST, HAT NICHTS VERLOREN, ALS WENN JEMAND IN DER TORA LIEST.

GEMARA. Was heißt: zwischen purpurblau und weiß; wollte man sagen, zwischen einem weißen (Wollbündel) und einem purpurblauen Wollbündel, so ist dies ja auch nachts zu unterscheiden!?

Vielmehr, zwischen blau und weiß, das daran206. Es wird gelehrt: R. Meír sagt, sobald man zwischen einem Wolfe und einem Hunde unterscheiden kann; R. A͑qiba sagt, zwischen einem Esel und einem Waldesel; Andere sagen, sobald man seinen Nächsten in einer Entfernung von vier Ellen sehen und erkennen kann. R. Hona sagte: Die Halakha ist wie die Anderen. Abajja sagte: Bezüglich des Gebetes, wie die Anderen; bezüglich des Šema͑lesens, wie die Erzfrommen. R. Joḥanan sagte nämlich, die Erzfrommen pflegten es mit Sonnenaufgang zu beenden. Desgleichen wird gelehrt: Die Erzfrommen pflegten es mit Sonnenaufgang zu beenden, um das Gebet an den Erlösungssegen anschließen zu können; man betet dann bei Tage. R. Zera sagte: Hierauf deutet folgender Schriftvers:[Tehillim 72,5.] sie mögen dich mit der Sonne fürchten, auch vor dem Monde, von Geschlecht zu Geschlecht.

R. Jose b. Eljaqim bekundete im Namen der heiligen Gemeinde zu Jerušalem: Wer das Gebet an den Erlösungssegen anschließt, kommt den ganzen Tag nicht zu Schaden.

Dem ist ja nicht so; R. Zera sagte ja: Ich schließe ihn an, dennoch kam ich zu Schaden. Man erwiderte ihm: Dein Schaden bestand wohl darin, daß du eine Myrte in den königlichen Palast bringen mußtest, aber du solltest noch eine Belohnung entrichten, um das Gesicht des Königs zu schauen. R. Joḥanan sagte nämlich: Man sei stets bestrebt, den jisraélitischen Königen entgegenzueilen, und nicht nur jisraélitischen Königen, sondern auch Königen der weltlichen Völker, denn, wenn es ihm beschieden sein207 sollte, wird er zwischen den jisraélitischen Königen und den Königen der weltlichen Völker unterscheiden können.

R. Elea͑ sagte zu U͑la: Wenn du nach dort208 hinaufgehst, so grüße meinen Bruder R. Bruna in Gegenwart der ganzen Genossenschaft, denn er ist ein großer Mann und freut sich der Gebote. Eines Tages hatte er das Gebet an den Erlösungssegen angeschlossen, und den ganzen Tag wich das Lächeln nicht von seinem Munde.

Wieso kann man anschließen, R. Joḥanan sagte ja, daß man zu Beginn sage:[Tehillim 51,17.] Herr, öffne meine Lippen, und zum Schluß:[Tehillim 19,15.] Es mögen die Worte meines Mundes zum Wohlgefallen sein!? R. Elea͑zar erwiderte: Dies209 geschehe beim Abendgebet.

R. Joḥanan sagte ja aber, ein Kind der zukünftigen Welt sei derjenige, der den Erlösungssegen des Abends an das Gebet des Abends anschließt!?

Vielmehr erwiderte R. Elea͑zar, dies geschehe beim Nachmittagsgebet. R. Aši erwiderte: Du kannst auch sagen, bei allen [Gebeten], denn da die Rabbanan sie zum Gebete gefügt haben, so ist es als verlängertes Gebet zu betrachten. Wie könnte man, wolltest du nicht so sagen, es abends anschließen, wo man ja [das Gebet] »Laß uns niederlegen« hersagen muß!? Vielmehr, wie [das Gebet] »Laß uns niederlegen« als verlängerter Erlösungssegen betrachtet wird, weil die Rabbanan es angeordnet haben, ebenso ist es hierbei, da die Rabbanan sie210 zum Gebete gefügt haben, als verlängertes Gebet zu betrachten.

Merke [die Formel:] Es mögen zum Wohlwollen sein die Worte meines Mundes, paßt ja zu Beginn wie zum Schluß, weshalb haben sie die Rabbanan nach dem Achtzehngebet angeordnet, sollte man sie vorher sagen!? R. Jehuda, Sohn des R. Šimo͑n b. Pazi, erwiderte: Da David sie erst nach achtzehn Abschnitten gesagt hat, so haben auch die Rabbanan sie nach dem Achtzehngebet angeordnet.

Wieso achtzehn, es sind ja neunzehn211!? — [Der Psalm] Heil dem Manne und [der Psalm] Warum toben die Völker212 sind ein Abschnitt. R. Jehuda, Sohn des R. Šimo͑n b. Pazi, sagte nämlich: Hundertdrei Psalmen hatte David gesagt, doch sagte er nicht eher »Halelujah«, als bis er die Niederlage der Frevler gesehen, denn es heißt:[Tehillim 104,35.] Mögen die Sünder von der Erde verschwinden und die Frevler nicht mehr da sein; preise, meine Seele, den Herrn, Halelujah. Es sind ja nicht hundertdrei, sondern hundertvier213!? Hieraus ist somit zu entnehmen, daß [der Psalm] Heil dem Manne und [der Psalm] Warum toben die Völker ein Abschnitt sind. Ebenso sagte R. Šemuél b.

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[Talmud-Seite in der Wilna-Ausgabe]

Naḥmani im Namen R. Joḥanans: Jeden Psalm, der David besonders lieb war, begann er mit »Heil« und schloß ihn mit »Heil«; er begann ihn mit »Heil«, wie es heißt: Heil dem Manne, und er schloß ihn mit »Heil«, wie es heißt:[Tehillim 2,12;] Heil allen, die in ihm Schutz suchen.

In der Nachbarschaft des R. Meír wohnten Rohlinge214, die ihn sehr quälten, und R. Meír flehte wider sie, daß sie stürben. Da sprach seine Frau Berurja zu ihm: Du stützest dich wohl auf den Schriftvers:[Tehillim 104,35.] mögen schwinden die Sünden, aber es heißt nicht Sünder, sondern Sünden. Und beachte ferner den Schluß des Verses: und die Frevler werden nicht mehr da sein; sind die Sünden vernichtet, so sind auch keine Frevler mehr da. Flehe vielmehr für sie um Erbarmen, daß sie Buße tun. Hierauf flehte er für sie um Erbarmen, und sie taten Buße.

Ein Minäer sprach zu Berurja: Es heißt:[Jeschajahu 54,1.] juble, Unfruchtbare, die nicht geboren; weil sie nicht geboren, soll sie jubeln!? Sie erwiderte ihm: Tor, beachte den Schluß des Verses, denn es heißt: denn zahlreicher sind die Kinder der Verlassenen als die Kinder der Vermählten, spricht der Herr. [Die Worte:] unfruchtbare, die nicht geboren, sind also zu verstehen: Juble, Gemeinde Jisraél, die einer unfruchtbaren Frau gleicht, die nicht, wie ihr, Kinder für das Fegefeuer geboren hat.

Ein Minäer sprach zu R. Abahu: Es heißt:[Tehillim 3,1.] ein Loblied Davids, als er vor seinem Sohne Abšalom floh, und weiter heißt es:[Tehillim 57,1.] ein Lied Davids, als er vor Šaúl in die Höhle floh. Welches Ereignis geschah zuerst? Das Ereignis mit Šaúl geschah ja zuerst, somit sollte er doch dieses zuerst geschrieben haben!? Dieser erwiderte: Euch, die ihr das Nebeneinanderstehen215 nicht zur Forschung verwendet, ist dies unerklärlich, uns aber, die wir das Nebeneinanderstehen zur Forschung verwenden, ist dies erklärlich. R. Joḥanan sagte nämlich: Wo ist das Nebeneinanderstehen aus der Tora zu entnehmen? — es heißt:[Tehillim 111,8.] nebeneinander stehen sie für immer und ewig, gemacht zu Treue und Recht. Der Abschnitt von Abšalom steht deshalb neben dem Abschnitt von Gog216 und Magog, damit, wenn jemand dir vorhält, ob es denn einen Sklaven gäbe, der sich gegen seinen Herrn auflehnt, du ihm entgegnest, ob es denn einen Sohn gäbe, der sich gegen seinen Vater auflehnt. Wie es diesen gegeben, so wird es auch jenen geben.

R. Joḥanan sagte im Namen des R. Šimo͑n b. Joḥaj: Es heißt:[Mischlej 31,26.] Ihren Mund öffnet sie mit Weisheit, und die Lehre der Liebe ist auf ihrer Zunge. Auf wen bezüglich sprach Šelomo diesen Vers?

Er bezog ihn auf niemand anderes, als auf seinen Vater David, der in fünf Welten geweilt, und [jedesmal] ein Lied angestimmt hat. Als er im Leibe seiner Mutter weilte, stimmte er ein Lied an, wie es heißt:[Tehillim 103,1.] Preise, meine Seele, den Herrn, und all mein Inneres217 seinen heiligen Namen. Als er in den Weltenraum hinaustrat und die Sterne und Sternbilder betrachtete, stimmte er ein Lied an, wie es heißt:[Tehillim 103,20ff.] Preiset den Herrn, ihr Engel, Helden an Kraft, die ihr sein Werk ausführt, auf die Stimme seines Wortes zu hören. Preiset den Herrn, all seine Heerscharen etc... Als er an den Brüsten seiner Mutter saugte und ihre Zitzen betrachtete, stimmte er ein Lied an, wie es heißt:[Ib. V. 2. entwöhntes Kind, Säugling.] Preise, meine Seele, den Herrn, und vergiß nicht all seine Wohltaten218

Worin bestehen diese Wohltaten? R. Abahu antwortete: Daß er [dem Weibe] die Brüste an den Ort der Vernunft219 setzte.

Weshalb? R. Jehuda erwiderte: Damit [das Kind] nicht die Schamstelle schaue.

R. Mathna erwiderte: Damit es nicht aus der Stelle des Schmutzes sauge. Als er die Niederlage der Frevler sah, stimmte er ein Lied an, wie es heißt:[Tehillim 104,35.] Es mögen schwinden die Sünden von der Erde und die Frevler nicht mehr da sein; preise, meine Seele, den Herrn; Halelujah. Als er den Tag des Sterbens betrachtete, stimmte er ein Lied an, wie es heißt:[Ib. V. 1.] Preise, meine Seele, den Herrn; o Herr, mein Gott, du bist sehr groß, mit Glanz und Herrlichkeit bekleidet.

Woher, daß dies sich auf den Tag des Sterbens bezieht? Rabba b. R. Šilo erwiderte: Dies geht aus der Fortsetzung hervor, wo es heißt:[Ib. V.29.] Verbirgst du sein Antlitz, so erschrecken sie etc..

R. Šimi b. U͑qaba, manche sagen, Mar U͑qaba, pflegte bei R. Šimo͑n b. Pazi anwesend zu sein, der vor R. Jehošua͑ b. Levi Agada220 vortrug. Dieser sprach zu ihm: Was bedeutet der Schriftvers: Preise, meine Seele, den Herrn, und all mein Inneres seinen heiligen Namen? Jener erwiderte: Komm und sieh, wie die Handlungsweise des Heiligen, gepriesen sei er, nicht der Handlungsweise des Menschen gleicht. Ein Mensch malt eine Figur an die Wand, kann aber nicht Geist und Seele, Inneres und Eingeweide in diese bringen; nicht so aber der Heilige, gepriesen sei er: er bildet eine Figur in einer Figur, und doch bringt er in diese Geist und Seele, Inneres und Eingeweide. Dies ist es, was Ḥanna gesagt hat:[1. B. Schmuel 2,2.] Es gibt keinen Heiligen, wie der Herr, denn niemand ist außer dir; und es gibt keinen Schöpfer, wie unser Gott. Was heißt: es gibt keinen Schöpfer [çur] wie unser Gott? — es gibt keinen Bildner [çajar] wie unser Gott.

Was bedeuten [die Worte]: niemand ist außer dir? R. Jehuda b. Menasja erwiderte: Man lese nicht: niemand biltekha [außer dir], sondern: niemand lebalotheka, [der dich überdauert221]. Denn nicht gleicht die Eigenschaft des Heiligen, gepriesen sei er, der Eigenschaft des Menschen. Den Menschen überdauert das Werk seiner Hände, der Heilige, gepriesen sei er, überdauert seine Werke. Dieser entgegnete: Ich fragte dich folgendes: bezüglich wessen sagte David fünfmal: Preise meine Seele?

Er bezog sie auf niemand anders, als auf den Heiligen, gepriesen sei er, und die Seele. Wie der Heilige, gepriesen sei er, die ganze Welt füllt, so füllt auch die Seele den ganzen Körper; wie der Heilige, gepriesen sei er, sieht und nicht gesehen wird, so sieht auch die Seele und wird nicht gesehen; wie der Heilige, gepriesen sei er, die gesamte Welt ernährt, so ernährt auch die Seele den ganzen Körper; wie der Heilige, gepriesen sei er, rein ist, so ist auch die Seele rein; wie der Heilige, gepriesen sei er, in den innersten Gemächern wohnt, so wohnt auch die Seele in den innersten Gemächern. Daher komme die, in der diese fünf Eigenschaften vereinigt sind, und preise den, in dem diese fünf Eigenschaften vereinigt sind.

R. Hamnuna sagte: Es heißt:[Kohelet 1,8.] Wer ist dem Weisen gleich, und wer kennt die Lösung der Dinge. Wer ist dem Heiligen, gepriesen sei er, gleich, der eine Lösung kannte bei den beiden Frommen, zwischen Ḥizqijahu und Ješa͑jahu [zu schlichten]. Ḥizqijahu sagte nämlich: Ješa͑jahu besuche mich, denn so finden wir es auch bei Elijahu, daß er Aḥáb besuchte, wie es heißt:[1. Melachim 18,2.] und Elijahu ging hin, um vor Aḥáb zu erscheinen; Ješa͑jahu aber sagte: Ḥizqijahu besuche mich, denn so finden wir es auch bei Jehoram, dem Sohne Aḥábs, daß er den Eliša͑ besuchte. Was tat der Heilige, gepriesen sei er? — er brachte Züchtigungen über Ḥizqujahu und sprach zu Ješa͑jahu: Geh und besuche den Kranken. Denn es heißt:[Jeschajahu 38,1.] In jenen Tagen erkrankte Ḥizqijahu zum Sterben, und der Prophet Ješa͑jahu, Sohn des Amoç, kam zu ihm und sprach: So sprach der Herr der Heerscharen: Bestelle dein Haus, denn sterben wirst du und nicht leben. Was heißt: denn sterben wirst du und nicht leben?

Sterben wirst du, in dieser Welt, und nicht leben, in der zukünftigen Welt. Er sprach zu ihm: Weshalb dies alles? Jener erwiderte: Weil du nicht die Fortpflanzung gepflegt hast. Dieser sprach: Weil ich im heiligen Geist geschaut, daß mir ungeratene Kinder entstammen werden. Jener entgegnete: Was gehen dich die Geheimnisse des Allbarmherzigen an? Du solltest tun, was dir geboten, und der Heilige, gepriesen sei er, mag tun, was ihm gefällt. Dieser sprach: So gib mir deine Tochter, vielleicht bewirken meine und deine Verdienste zusammen, daß mir geratene Kinder entstammen. Jener erwiderte: Das Unheil ist bereits über dich verhängt worden. Da sprach er: Sohn Amoç, höre auf mit deiner Weissagung und geh. Folgendes ist mir aus dem Hause meines Ahnherrn überliefert: Selbst wenn ein scharfes Schwert schon auf dem Halse des Menschen ruht, verzweifle er an der Barmherzigkeit nicht. Auch wurde gelehrt: R. Joḥanan und R. Elie͑zer sagten beide: Selbst wenn ein scharfes Schwert schon auf dem Halse des Menschen ruht, verzweifle er an der Barmherzigkeit nicht, denn es heißt:[Ijow 13,15.] wenn er mich auch tötet, hoffe ich dennoch auf ihn.

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[Talmud-Seite in der Wilna-Ausgabe]

R. Ḥanan sagte: Selbst wenn der Traumengel zu einem Menschen sagt, daß er morgen sterben werde, verzweifle er nicht an der Barmherzigkeit, denn es heißt:[Kohelet 5,6.] wo viele Träume, da Eitelkeit und viele Worte; vielmehr fürchte Gott222. Hierauf:[Jeschajahu 38,2.] da kehrte Ḥizqijahu sein Antlitz zur Wand und betete zum Herrn.

Worauf deutet [das Wort] Wand? R. Šimo͑n b. Laqiš erwiderte: Daß er aus den Wänden223 seines Herzens [betete], wie es heißt: [Jirmejahu 4,19.] mein Eingeweide, mein Eingeweide, ich bete aus den Wänden meines Herzens. R. Levi erwiderte: In betreff der Wand. Er sprach nämlich vor ihm: Herr der Welt, wenn du den Sohn der Šunamith, die nur eine kleine Wand224 gemacht hatte, wiederbelebt hast, um wieviel mehr mich, wo doch mein Ahnherr den ganzen Tempel mit Silber und Gold bedeckt hat!

[Jeschajahu 38,3.] Gedenke doch, daß ich vor dir gewandelt bin in Wahrheit und mit ganzem Herzen, und was recht ist in deinen Augen, habe ich getan.

Was bedeuten [die Worte]: und was recht ist in deinen Augen, habe ich getan?

R. Jehuda erwiderte im Namen Rabhs: Er hat den Erlösungssegen an das Gebet angeschlossen. R. Levi sagte, er habe das Heilmittelbuch225 versteckt.

Die Rabbanan lehrten: Sechs Verfügungen traf der König Ḥizqijahu; in dreien stimmten sie ihm bei, in dreien stimmten sie ihm nicht bei. In dreien stimmten sie ihm bei: er versteckte das Heilmittelbuch, und sie stimmten ihm bei; er zertrümmerte die kupferne Schlange226, und sie stimmten ihm bei; er schleifte die Gebeine seines Vaters auf einer Strickbahre, und sie stimmten ihm bei. In dreien stimmten sie ihm nicht bei: er sperrte das Wasser des Giḥon227 ab, und sie stimmten ihm nicht bei; er zerschlug die Tempeltüren und schickte sie dem König228 von Ašur, und sie stimmten ihm nicht bei; er machte den Nisan229 im Nisan zum Schaltmonat230, und sie stimmten ihm nicht bei.

Kannte denn Ḥizqijahu nicht [den Schriftvers]:[Schemot 12,2] dieser Monat sei euch der erste der Monate, nur dieser soll Nisan sein, nicht aber soll ein anderer231 Nisan sein?

Vielmehr, er irrte sich in [der Lehre] Šemuéls, Šemuél sagte nämlich: Man mache am dreißigsten Tage des Adar das Jahr nicht mehr zum Schaltjahre, weil es möglich ist, daß man ihn zum Nisan232 hinzuzieht. Er aber war der Ansicht, daß wir die Möglichkeit nicht berücksichtigen.

R. Joḥanan sagte im Namen des R. Jose b. Zimra: Wer sich auf sein eigenes Verdienst beruft, bei dem berücksichtigt man das Verdienst anderer, und wer sich auf das Verdienst anderer beruft, bei dem berücksichtigt man sein eigenes Verdienst. Moše berief sich auf das Verdienst anderer, denn es heißt:[Schemot 32,13] gedenke doch deiner Knechte Abraham, Jiçḥaq und Jisraél, und man berücksichtigte sein eigenes Verdienst, denn es heißt: [Tehillim 106,23.] er gedachte sie zu vertilgen, wenn ihm nicht sein Auserwählter, Moše, in den Riß getreten wäre, um seinen Grimm abzuwenden, daß er nicht verderbe. Ḥizqijahu hingegen berief sich auf sein eigenes Verdienst, denn es heißt:[Jeschajahu 38,3.] gedenke doch, daß ich vor dir gewandelt, und man berücksichtigte bei ihm das Verdienst anderer, denn es heißt:[Jeschajahu 37,35.] ich werde diese Stadt schützen, sie zu retten, um meinetwillen und um meines Knechtes David willen. Das ist es, was R. Jehošua͑ b. Levi gesagt hat; denn R. Jehošua͑ b. Levi sagte:[Ib. 38,17.] Siehe, um den Frieden ist es mir bitter, o bitter; selbst zur Stunde, wo der Heilige, gepriesen sei er, ihm Frieden geschickt hatte, war es ihm bitter.

[2. Melachim 4,10.] Wir wollen ein kleines Wandobergemach errichten. Rabh und Semuél [streiten hierüber]. Einer sagt, es war ein offenes Obergemach, und sie bedachten es, und einer sagt, es war eine große Halle, und sie teilten sie in zwei Teile.

Erklärlich ist es nach demjenigen, welcher sagt, es war eine Halle, daß es Wand233 heißt, was aber bedeutet Wand nach demjenigen, welcher sagt, es war ein offenes Obergemach!?

Daß sie es bedachten234.

Erklärlich ist es nach demjenigen, welcher sagt, es war ein Obergemach, daß es Obergemach heißt, was aber bedeutet Obergemach nach demjenigen, welcher sagt, es war eine Halle!?

Das gemächlichste im Haus.

[2. Melachim 4,10.] Und wir wollen ihm dort Bett, Tisch, Stuhl und Lampe hineinsetzen. Abajje, nach anderen, R. Jiçḥaq, sagte: Wer [von Fremden] genießen will, genieße, wie Eliša͑, wer aber nicht genießen will, genieße nichts, wie Šemuél aus Rama, denn es heißt:235 und er pflegte nach Rama zurückzukehren, denn dort hatte er sein Haus, worüber R. Joḥanan sagte, wo er hinging, führte er sein Haus mit sich.

[2. Melachim 4,9.] Und sie sprach zu ihrem Manne: Siehe, ich weiß, daß er ein heiliger Gottesmann ist. R. Jose b. Ḥanina sagte: Hieraus, daß die Frau die Gäste besser erkennt als der Mann.

Ein Heiliger. Woran merkte sie dies?

Rabh und Šemuél [streiten hierüber]. Einer sagt, sie bemerkte niemals eine Fliege über seinen Tisch fliegen, und einer sagt, sie hatte ein Linnentuch über sein Bett gebreitet und niemals daran Samenerguß bemerkt. Er ein Heiliger. R. Jose b. R. Ḥanina sagte: Er ist ein Heiliger, sein Diener ist kein Heiliger, denn es heißt:[2. Melachim 4,27.] und Gehazi trat hinzu, sie wegzustoßen, und R. Jose b. R. Ḥanina sagte, er faßte sie beim Herrlichsten ihrer Reize236.

[2. Melachim 4,9.] Es zieht an uns beständig vorüber. R. Jose b. R. Ḥanina sagte im Namen des R. Elie͑zer b. Ja͑qob: Wer einen Schriftgelehrten in seinem Hause beherbergt und ihn von seinen Gütern genießen läßt, dem rechnet die Schrift es an, als hätte er das beständige Opfer dargebracht.

Ferner sagte R. Jose b. R. Ḥanina im Namen des R. Elie͑zer b. Ja͑qob: Man stehe beim Beten nicht auf einem hohen Platze, sondern auf einem niedrigen (Platze), denn es heißt:[Tehillim 130,1.] aus den Tiefen rufe ich zu dir, o Herr. Desgleichen wird gelehrt: Man stehe beim Beten weder auf einem Stuhl, noch auf einem Schemel, noch auf sonst einem hohen Platze, sondern auf einem niedrigen (Platze), weil es vor Gott237 keine Erhöhung gibt, denn es heißt; aus den Tiefen rufe ich zu dir, o Herr; ferner:[Tehillim 102,1.] das Gebet eines Armen, der verschmachtet.

Ferner sagte R. Jose b. R. Ḥanina im Namen des R. Elie͑zer b. Ja͑qob: Der Betende muß seine Füße gerade richten, denn es heißt:[Jechezkel 1,7.] und ihre Füße waren grade.

R. Jiçḥaq sagte im Namen R. Joḥanans im Namen des R. Jose b. R. Ḥanina im Namen des R. Elie͑zer b. Ja͑qob: Es heißt:[Wajikra 19,26] esset nicht mit dem Blut: esset nicht, bevor ihr für euer Blut gebetet habt. Ferner sagte R. Jiçḥaq im Namen R. Joḥanans im Namen des R. Jose b. R. Ḥanina im Namen des R. Elie͑zer b. Ja͑qob: Wer vorher ißt und trinkt und nachher erst betet, über den sagt die Schrift:[1. Melachim 14,9.] und mich hast du hinter deinen Rücken geschleudert, und man lese nicht gevekha [Rücken], sondern geékha [Übermut]. Der Heilige, gepriesen sei er, spricht: Nachdem sich dieser übermütig gemacht hat, unterwirft er sich der himmlischen Herrschaft.

R. JEHOSUA͑ SAGT, BIS DREI STUNDEN. R. Jehuda sagte im Namen Šemuéls: Die Halakha ist, wie R. Jehošua͑,

WER VON DA AB LIEST, HAT NICHTS VERLOREN. R. Ḥisda sagte im Namen Mar U͑qabas: Er darf dann aber [das Gebet] »Schöpfer des Lichtes« nicht lesen. Man wandte ein: Wer von da ab liest, hat nichts verloren, als wenn jemand in der Tora liest; jedoch sage er zwei Segenssprüche238 vorher und einen nachher. Dies ist eine Widerlegung R. Ḥisdas. Eine Widerlegung. Manche sagen: R. Ḥisda sagte im Namen Mar U͑qabas: Unter »er hat nichts verloren« ist zu verstehen, er habe die Segenssprüche nicht verloren. Desgleichen wird gelehrt: Wer von da ab liest, hat nichts verloren, als wenn jemand in der Tora liest; jedoch sage er zwei Segenssprüche vorher und einen nachher her. R. Mani sagte: Größer ist, wer das Šema͑ zur Zeit liest, als der, der sich mit der Tora befaßt. Er lehrt, wer von da ab liest, habe nichts verloren, [es sei] als wenn jemand in der Tora liest; demnach ist das rechtzeitige Šema͑lesen zu bevorzugen.

DIE SCHULE ŠAMMAIS SAGT, AM ABEND LESE MAN [DAS ŠEMA͑] ANGELEHNT, UND AM MORGEN STEHE MAN, DENN ES HEISST:[Dewarim 6,7.] wenn du dich niederlegst und wenn du aufstehst; DIE SCHULE HILLELS SAGT, JEDER LESE AUF SEINE WEISE, DENN ES HEISST:[Dewarim 6,7.] wenn du auf dem Wege gehst. WIESO ABER HEISST ES DEMNACH: wenn du dich niederlegst und wenn du aufstehst?

ZUR STUNDE, DA DIE MENSCHEN SICH NIEDERLEGEN, UND ZUR STUNDE, DA DIE MENSCHEN AUFSTEHEN. R. TRYPHON ERZÄHLTE: EINST BEFAND ICH MICH UNTERWEGS UND LEHNTE MICH AN, UM DAS ŠEMA͑ NACH DER ANSICHT DER SCHULE ŠAMMAIS ZU LESEN; ICH SETZTE MICH DER GEFAHR AUS, WEGEN DER RÄUBER. MAN ERWIDERTE IHM: DU HAST ES VERDIENT, SELBER SCHULD ÜBER DICH ZU BRINGEN, WEIL DU DIE WORTE DER SCHULE HILLELS ÜBERTRETEN HAST.

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[Talmud-Seite in der Wilna-Ausgabe]

GEMARA. Allerdings erklärt die Schule Hillels ihren Grund und [widerlegt] den Grund der Schule Šammajs, weshalb aber lehrt die Schule Šammajs nicht wie die Schule Hillels?

Die Schule Šammajs kann dir erwidern: demnach müßte die Schrift sagen: am Morgen und am Abend, es heißt aber: wenn du dich niederlegst und wenn du aufstehst; [dies bedeutet:] beim Niederlegen wirklich liegend, beim Aufstehen, wirklich stehend.

Wofür verwendet die Schule Šammajs [die Worte] wenn du auf dem Wege gehst?

Dieses verwendet sie für die folgende Lehre: Wenn du in deinem Hause sitzest, ausgenommen derjenige, der sich mit der Ausübung eines Gebotes befaßt; wenn du auf dem Wege gehst, ausgenommen der Bräutigam. Hieraus folgerten die Weisen: wer eine Jungfrau ehelicht, ist [vom Šema͑lesen] frei, wer eine Witwe, ist verpflichtet. Wieso ist dies239 erwiesen? R. Papa erwiderte: Aus [dem Worte] Weg; wie der Weg Freigestelltes ist, so auch bei allem anderen, was freigestellt.— Es kann ja auch vorkommen, daß einer zur Ausübung eines Gebotes geht, dennoch sagt der Allbarmherzige, daß er [das Šema͑] lese!?

Demnach sollte der Allbarmherzige schreiben: beim Sitzen und beim Gehen, wenn es aber heißt: wenn du sitzest und wenn du gehst, [so bedeutet dies:] wenn du für dich sitzest und für dich gehst, bist du verpflichtet, wenn aber zur Ausübung eines Gebotes, bist du befreit.

Demnach sollte das auch von dem gelten, der eine Witwe ehelicht!?

Jener240 ist zerstreut, dieser aber nicht.

Wenn dies von der Zerstreuung abhängt, sollte auch der [befreit sein], dessen Schiff im Meere241 unterging!? Wolltest du sagen, dem sei auch so, wieso sagte demnach R. Abba b. Zabda im Namen Rabhs, der Leidtragende sei zu allen in der Tora genannten Geboten verpflichtet, mit Ausnahme der Tephillin, weil es von ihnen Kopfschmuck heißt, denn es heißt:[Jechezkel 24,17.] lege dir deinen Kopfschmuck an!?

Da ist er durch die Ausübung eines Gebotes zerstreut, hierbei aber durch Freigestelltes. (— Und die Schule Šammajs242!?

Dies verwendet sie zur Ausschließung desjenigen, der zur Ausübung eines Gebotes geht.)

Und die Schule Hillels243!?

Ich will dir sagen, es ist selbstverständlich, daß man es auch auf dem Wege lese.

Die Rabbanan lehrten: Die Schule Hillels sagt, man lese stehend, man lese sitzend, man lese angelehnt, man lese auf dem Wege gehend, und man lese Arbeit verrichtend. Einst waren R. Jišma͑él und R. Elea͑zar b. A͑zarja an einem Orte (beim Essen) beisammen. R. Jišma͑él angelehnt und R. Elea͑zar b. A͑zarja stehend; als die Zeit des Šema͑lesens heranreichte, lehnte sich R. Elea͑zar an und R. Jišma͑él richtete sich auf. Da sprach R. Elea͑zar b. A͑zarja zu R. Jišma͑él: Bruder Jišma͑él, ich will dir ein Gleichnis sagen, womit dies zu vergleichen ist. Dies ist ebenso, als wenn man zu einem sagt: dein Bart ist schön gewachsen, und er erwidert: für die Rasierenden244. So auch du. Solange ich stand, warst du angelehnt, jetzt aber, wo ich mich anlehne, richtest du dich auf. Dieser erwiderte: Ich handelte nach der Ansicht der Schule Hillels, und du nach der Ansicht der Schule Šammajs. Und außerdem könnten die Schüler dies245 bemerken und die Halakha für immer so festsetzen. Wozu das »außerdem«!?

Du könntest erwidern: auch nach der Schule Hillels kann dies lehnend erfolgen. Aber dies nur dann, wenn man bereits angelehnt war, du aber hast bis jetzt aufrecht gestanden und dich erst jetzt angelehnt, somit könnte man glauben, hieraus sei erwiesen, daß wir es mit der Schule Šammajs halten, und wenn die Schüler dies bemerken, könnten sie die Halakha für immer so festsetzen.

R. Jeḥezqel rezitierte: Wer nach der Lehre der Schule Šammajs verfährt, tut recht, und wer nach der Lehre der Schule Hillels verfährt, tut recht. R. Joseph aber sagt, wer nach der Lehre der Schule Šammajs verfährt, tut nichts, denn wir haben gelernt: Wenn jemand sich mit dem Haupte und dem größeren Teile des Körpers in der Festhütte246, sein Tisch aber sich in der Wohnung247 befindet, so ist [die Festhütte] nach der Schule Šammajs unbrauchbar und nach der Schule Hillels brauchbar. Die Schule Hillels sprach zu der Schule Šammajs: Einst besuchten ja die Ältesten der Schule Šammajs und die Ältesten der Schule Hillels den R. Joḥanan Ben-Heḥoranith, und als sie ihn mit dem Haupte und dem größeren Teile des Körpers in der Festhütte und den Tisch in der Wohnung trafen, sagten sie ihm nichts!? Diese erwiderten: Hieraus ein Beweis. Sie sagten auch zu ihm: Wenn du stets so verfährst, so hast du nie im Leben das Gebot des Hüttenfestes ausgeübt. R. Naḥman b. Jiçḥaq sagte: Wer nach der Lehre der Schule Šammajs verfährt, ist des Todes schuldig, denn wir haben gelernt: R. Tryphon erzählte: Einst befand ich mich unterwegs und lehnte mich an, um das Šema͑ nach der Schule Šammajs zu lesen, und setzte mich der Gefahr aus, wegen der Räuber. Man erwiderte ihm: Du hast es verdient, selber Schuld über dich zu bringen, weil du die Worte der Schule Hillels übertreten hast.

AM MORGEN SPRECHE MAN ZWEI SEGENSSPRÜCHE VORHER248 UND EINEN NACHHER; AM ABEND SPRECHE MAN ZWEI VORHER UND ZWEI NACHHER, EINEN LÄNGEREN UND EINEN KÜRZEREN. WO SIE EINEN LANGEN SEGENSSPRUCH ANGEORDNET HABEN, DARF MAN NICHT KÜRZEN, UND WO SIE EINEN KURZEN ANGEORDNET HABEN, DARF MAN NICHT VERLÄNGERN; WO DIE SCHLUSSFORMEL249 ZU SPRECHEN, DARF MAN SIE NICHT FORTLASSEN, WO DIE SCHLUSSFORMEL NICHT ZU SPRECHEN, DARF MAN SIE NICHT IHINZUFÜGEN.

GEMARA. Welchen Segensspruch spreche man? R. Ja͑qob erwiderte im Namen R. Oša͑jas: »Er bildet das Licht und schafft die Finsternis«.

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[Talmud-Seite in der Wilna-Ausgabe]

Sage man doch: »Er bildet das Licht und schafft den Glanz«!?

Man spreche, wie es in der Schrift heißt250. Sprechen wir etwa auch »Er stiftet Frieden und schafft Böses«, wie es in der Schrift251 heißt!? Vielmehr heißt es in der Schrift »Böses«, und wir sagen beschönigend252 »alles«, ebenso sollte man beschönigend »Glanz« sagen!? Vielmehr, erwiderte Raba, um das Kennzeichen des Tages bei Nacht und das Kennzeichen der Nacht bei Tage zu erwähnen.

Allerdings das Kennzeichen der Nacht bei Tage, wie wir gesagt: »Er bildet das Licht und schafft die Finsternis«, wieso aber das Kennzeichen des Tages bei Nacht253!? Abajje erwiderte: [Man sagt254 ja:] »Er rollt hinweg das Licht vor der Finsternis und die Finsternis vor dem Lichte«.

Welcher ist der andere255? R. Jehuda erwiderte im Namen Šemuéls: [Das Gebet] »Mit großer Liebe«. So lehrte auch R. Elea͑zar seinen Sohn R. Pedath: »Mit großer Liebe«. Desgleichen wird gelehrt: Man sage nicht »Mit ewiger Liebe«, sondern »Mit großer Liebe«. Die Rabbanan aber sagen, man sage »Mit ewiger Liebe«, denn es heißt:[Jirmejahu 31,3.] ich liebte dich mit ewiger Liebe, daher zog ich dich mit Gnade heran.

R. Jehuda sagte im Namen Šemuéls: Wer früh aufsteht, um zu lernen, muß, wenn bevor er das Šema͑ gelesen hat, den Segensspruch sagen, und wenn nachdem er das Šema͑ gelesen hat, ihn nicht sagen, denn er ist bereits durch [das Gebet] »Mit großer Liebe«256 davon befreit. R. Hona sagte: Zum Studium der Schrift und des Midraš257 muß man den Segensspruch sagen, zum Studium des Talmud braucht man keinen zu sagen. R. Elea͑zar sagte: Zum Studium der Schrift und des Talmud muß man den Segensspruch sagen, zum Studium der Mišna braucht man keinen zu sagen. R. Joḥanan sagte: Auch zum Studium der Mišna muß man den Segensspruch sagen. R. Ḥija b. Aši erzählte nämlich: Oft stand ich vor Rabh, um (Abschnitte) aus dem Siphra258 der Schule Rabhs zu lernen. Er wusch zuerst seine Hände, las den Segensspruch und dann erst lehrte er uns den Abschnitt.

Wie lautet der Segensspruch?

R. Jehuda erwiderte im Namen Šemuéls: »Der uns geheiligt hat durch seine Gebote und uns befohlen hat, uns mit den Worten der Tora zu befassen. R. Joḥanan beendete ihn also: »Laß angenehm sein, o Herr, unser Gott, die Worte deiner Tora in unserem Munde, sowie in dem Munde deines Volkes, des Hauses Jisraél. Mögen wir alle, unsere Nachkommen und die Nachkommen deines Volkes, des Hauses Jisraél, deinen Namen erkennen und uns mit deiner Tora befassen. Gepriesen seist du, o Herr, der sein Volk Jisraél die Tora lehrt«. R. Hamnuna sprach also: »Der uns von allen Völkern erwählt und uns seine Tora gegeben hat. Gepriesen seist du, o Herr, der du die Tora gegeben«. R. Ḥamnuna sagte: Dieser ist der beste unter den Segenssprüchen. Daher sage man sie alle.

Dort haben wir gelernt: Der Vorgesetzte rief ihnen259 zu: »Sprechet den einen Segensspruch«. Sodann sprachen sie ihn, lasen das Zehngebot, das »Šema͑260 vehaja-vajjomer«, sprachen mit dem Volke drei Segenssprüche: »Wahr261 und feststehend«, den Tempeldienstsegen und den Priestersegen; am Šabbath fügten sie einen Segensspruch für die abtretende Priesterwache262 hinzu.

Welchen einen Segensspruch?

R. Abba und R. Jose b. Abba trafen einst in einem Orte ein, und man fragte sie, welcher dieser eine Segensspruch sei; sie wußten es aber nicht. Da gingen sie und fragten es R. Mathna, aber auch er wußte es nicht. Als sie endlich zu R. Jehuda kamen und ihn fragten, erwiderte er ihnen: Šemuél sagte, [das Gebet] »Mit großer Liebe«, R. Zeriqa aber sagte im Namen R. Amis im Namen des R. Šimo͑n b. Laqiš, [das Gebet] »Er schafft das Licht«. Als R. Jiçḥaq b. Joseph kam, sagte er: Das, was R. Zeriqa gesagt [haben soll], ist nicht ausdrücklich gesagt worden, sondern aus einem Schlusse gefolgert.

R. Zeriqa sagte im Namen R. Amis im Namen des R. Šimo͑n b. Laqiš: Dies263 besagt, daß die Segenssprüche voneinander unabhängig sind. Erklärlich ist [die Folgerung], die Segenssprüche seien voneinander nicht abhängig, wenn man sagt, daß sie [das Gebet] »Er schafft das Licht« lasen, da sie ja [das Gebet] »Mit großer Liebe« nicht lasen,

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[Talmud-Seite in der Wilna-Ausgabe]

wieso aber ist es erwiesen, daß die Segenssprüche voneinander unabhängig sind, wenn man sagt, sie lasen [das Gebet] »Mit großer Liebe«, vielleicht lasen sie [das Gebet] »Er schafft das Licht« deshalb nicht, weil hierfür die Zeit264 noch nicht herangereicht war, jedoch lasen sie es später, wenn die Zeit hierfür heranreichte!? Was ist denn dabei, wenn aus einem Schlusse!?

Da nur aus einem Schlusse, so ist zu erwidern: tatsächlich lasen sie [das Gebet] »Mit großer Liebe«, und wenn die Zeit zum [Gebete] »Er schafft das Licht« heranreichte, lasen sie auch dieses.

Wieso sind demnach die Segenssprüche voneinander unabhängig!? — die Reihenfolge265 der Segenssprüche.

Lasen das Zehngebot, das »Šema͑-vehaja-vajjomer«, »Wahr und feststehend«, den Tempeldienstsegen und den Priestersegen.» R. Jehuda sagte im Namen Šemuéls: Auch in der Provinz266 wollte man es267 lesen, wegen der Rederei der Minäer268 aber nahm man davon Abstand. Desgleichen wird gelehrt: R. Nathan sagte: In der Provinz wollte man es ebenfalls lesen, wegen der Rederei der Minäer aber nahm man davon Abstand. Rabba b. Bar Ḥana wollte es in Sura einführen, da sprach R. Ḥisda zu ihm: Längst hat man wegen der Rederei der Minäer davon Abstand genommen. Amemar wollte es in Nehardea͑ einführen, da sprach R. Aši zu ihm: Längst hat man wegen der Rederei der Minäer davon Abstand genommen.

»Am Šabbath fügten sie einen Segensspruch für die abtretende Priesterwache hinzu.« Was war das für ein Segensspruch? R. Ḥelbo erwiderte: Die abtretende Priesterwache sprach zu der eintretenden (Priesterwache): »Der seinen Namen in diesem Hause wohnen läßt, lasse untereuch Liebe, Brüderschaft, Frieden und Freundschaft wohnen«.

WO SIE EINEN LANGEN SEGENSSPRUCH ANGEORDNET HABEN. Selbstverständlich hat man sich seiner Pflicht entledigt, wenn man einen Becher Wein in der Hand hält und im Glauben, es sei Met, den Segensspruch in diesem Sinne begonnen, aber mit [der Formel] des Weines geschlossen hat, denn man genügt seiner Pflicht auch mit [der Formel] »Alles269 entsteht durch sein Wort«, wie wir gelernt haben: bei270 allen [Genüssen] genügt man seiner Pflicht, wenn man [die Formel] »Alles entsteht durch sein Wort« gesagt hat; wie ist es aber, wenn man einen Becher Met in der Hand hält und im Glauben, es sei Wein, den Segensspruch in diesem Sinne begonnen, aber mit [der Formel] des Mets geschlossen hat: richten wir uns nach dem Hauptsegensspruche, oder richten wir uns nach dem Schlusse?

Komm und höre: Wenn man morgens mit [dem Gebete] »Er bildet das Licht« begonnen und mit »Er läßt die Abende dämmern« geschlossen hat, so hat man seiner Pflicht nicht genügt; wenn man aber mit [dem Gebete] »Er läßt die Abende dämmern« begonnen und mit Er bildet das Licht« geschlossen hat, so hat man seiner Pflicht wohl genügt. Wenn man abends mit [dem Gebete] »Er läßt die Abende dämmern« begonnen und mit »Er bildet das Licht« geschlossen hat, so hat man seiner Pflicht nicht genügt; wenn man aber mit [dem Gebete] »Er bildet das Licht« begonnen und mit »Er läßt die Abende dämmern« geschlossen hat, so hat man seiner Pflicht wohl genügt. Die Regel hierbei ist: Man richte sich stets nach dem Schlusse.

Anders ist es hierbei, wo man [den Segen] »Gepriesen sei der Schöpfer des Lichtes« gesagt271 hat.

Allerdings nach Rabh, welcher sagt, ein Segensspruch, in dem der Gottesname nicht erwähnt wird, sei kein Segensspruch, was ist aber nach R. Joḥanan einzuwenden, welcher sagt, ein Segensspruch, in dem das Königtum [Gottes]272 nicht erwähnt wird, sei kein Segensspruch273!?

Vielmehr, da Rabba b. U͑la ja gesagt hat, dies geschehe, um das Kennzeichen des Tages bei Nacht und das Kennzeichen der Nacht bei Tage zu erwähnen, so bezieht sich der Segensspruch samt [der Erwähnung] des Königtumes von vornherein auf beides274.

Komm und höre, aus dem Schlußsatze: Die Regel hierbei ist: Man richte sich stets nach dem Schlusse. Was schließt »die Regel hierbei« ein? — sie schließt wohl den Fall ein, von dem wir sprechen.

Nein, sie schließt [den Fall von] Brot und Datteln ein.

In welchem Falle: wollte man sagen, wenn jemand Brot ißt und im Glauben, er esse Datteln, [den Segensspruch] in diesem Sinne begonnen, aber mit dem des Brotes geschlossen, so wäre es ja genau dasselbe275!?

Nein, in dem Falle, wenn jemand Datteln ißt und im Glauben, er esse Brot, [den Segensspruch] in diesem Sinne begonnen, aber mit dem der Datteln geschlossen hat. Dieser hat seiner Pflicht genügt, denn er würde seiner Pflicht genügt haben, selbst wenn er mit dem des Brotes geschlossen hätte.

Aus welchem Grunde?

Weil Datteln ebenfalls nähren.

Rabba, Sohn Ḥenana des Greisen, sagte im Namen Rabhs: Wer nicht morgens [das Gebet] »Wahr und feststehend« und abends [das Gebet] »Wahr und treu« liest, genügt nicht seiner Pflicht, denn es heißt:[Tehillim 92,3.] deine Gnade am Morgen zu verkünden und deine Treue in den Nächten.

Ferner sagte Rabba, Sohn des Ḥenana, im Namen Rabhs: Wenn der Betende sich276 bückt, bücke er sich beim [Worte] »Gepriesen«, und wenn er sich aufrichtet, richte er sich [beim Aussprechen] des Gottesnamens auf, Šemuél sagte: Folgendes ist der Grund Rabhs, es heißt:[Tehillim 146,8.] der Herr richtet die Gebeugten auf. Man wandte ein:[Mal. 2,5.] Und vor meinem Namen bückt er sich!?

Es heißt ja nicht »bei277 meinem Namen«, sondern »vor meinem Namen«, Šemuél sprach zu Ḥija b. Rabh: Gelehrtensohn, komm her, ich will dir etwas Schönes sagen, das dein Vater gesagt hat. Folgendes sagte dein Vater: Wenn man sich bückt, bücke man sich beim [Worte] »Gepriesen«, und wenn man sich aufrichtet, richte man sich beim [Aussprechen des] Gottesnamens auf. Wenn R. Šešeth sich bückte, bückte er sich wie ein Dornenstock,

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[Talmud-Seite in der Wilna-Ausgabe]

und wenn er sich aufrichtete, richtete er sich wie eine Schlange auf278.

Ferner sagte Rabba, Sohn Ḥenana des Greisen, im Namen Rabhs: Das ganze Jahr hindurch sage man im Gebete »heiliger Gott« und »Gerechtigkeit und Recht liebender König«, ausgenommen die zehn Tage zwischen Neujahr und Versöhnungstag, während welcher man im Gebete »heiliger König« und »König des Rechtes« sage. R. Elea͑zar sagte: Auch wenn man »heiliger Gott« gesagt hat, hat man seiner Pflicht genügt, denn es heißt: [Jeschajahu 5,16.] erhaben ist der Herr der Heerscharen im Rechte, und der heilige Gott wird durch Gerechtigkeit geheiligt. Wann ist der Herr der Heerscharen im Rechte erhaben? — in den zehn Tagen zwischen Neujahr und Versöhnungstag, und es heißt: der heilige Gott.

Was bleibt damit?

R. Joseph sagt, [man sage] »heiliger Gott« und »Gerechtigkeit und Recht liebender König«, und Rabba sagt, [man sage] »heiliger König« und »König des Rechtes«. Die Halakha ist wie Rabba.

Ferner sagte Rabba, Sohn Ḥenana des Greisen, im Namen Rabhs: Wer für seinen Nächsten um Barmherzigkeit bitten kann und nicht bittet, wird ein Sünder genannt, denn es heißt:[1. B. Schmuel 12,23.] auch sei es mir fern, mich gegen den Herrn zu versündigen, daß ich unterließe, für euch zu beten. Raba sagte: Ist es ein Schriftgelehrter, so muß man sich für ihn abhärmen.

Woher dies, wollte man sagen, weil es heißt:[Ib. 22,8.] niemand von euch härmt sich für mich, und niemand offenbart es meinem Ohre, so ist es vielleicht bei einem König anders!?

Vielmehr hieraus:[Tehillim 35,13.] Ich aber, wenn sie krank waren, legte einen Sack an279.

Ferner sagte Rabba, Sohn Ḥenana des Greisen, im Namen Rabhs: Wer eine Sünde begangen hat und sich dessen schämt, dem vergibt man all seine Sünden, denn es heißt:[Jechezkel 16,63.] damit du daran denkst und dich schämst, und vor Schamgefühl nicht mehr deinen Mund auftust, wenn ich dir alles vergebe, was du getan hast, spricht Gott, der Herr.

Vielleicht aber ist es bei einer Gemeinschaft etwas anderes!?

Vielmehr hieraus:[1. B. Schmuel 28,15.] Und Šemuél sprach zu Šaúl: Warum hast du mich beunruhigt, mich emporbringen zu lassen? Šaúl sprach: Ich bin sehr bedrängt, die Pelištim kämpfen gegen mich, und der Herr ist von mir gewichen; er gab mir keine Antwort, weder durch die Propheten noch durch Träume; daher ließ ich dich rufen, mich wissen zu lassen, was ich tun soll.

Das Orakelschild nannte er aber nicht!?

Weil er [die Bewohner der] Priesterstadt Nob hingemordet hatte.

Woher, daß ihm vom Himmel vergeben wurde?

Es heißt:[Ib. V. 19.] (Šemuél sprach zu Šaúl:) morgen bist du samt deinen Söhnen bei mir, und R. Joḥanan erklärte: bei mir, in meinem Abteil. Die Rabbanan entnehmen dies aus folgendem:[2. B. Schmuel 21,6.] Wir wollen sie vor dem Herrn aufhängen, am Hügel Šaúls, des Auserwählten Gottes. Eine Hallstimme rief ihnen zu: Er ist ein Auserwählter Gottes280.

R. Abahu b. Zutarti sagte im Namen des R. Jehuda b. Zebida: Sie hatten die Absicht, auch den Balaq-Abschnitt[Bamidbar Kap. 22ff.] dem Šema͑ anzufügen, sie unterließen es aber wegen der Belästigung der Gemeinde.

Aus welchem Grunde281: wollte man sagen, weil es darin heißt: der Gott, der sie aus Miçrajim geführt hat, so könnte man ja ebensogut die Abschnitte vom Wucher und von den Gewichten282 anfügen, in denen ebenfalls der Auszug aus Miçrajim erwähnt wird!?

Vielmehr sagte R. Jose b. Abin, weil darin folgender Vers steht:[Bamidbar 24,9.] er kauert, liegt283 wie ein Löwe, wie eine Löwin, wer schreckt ihn auf.

So sollte man nur diesen einen Vers lesen!?

Es ist überliefert, daß wir den Abschnitt teilen, den unser Meister Moše geteilt, jedoch keinen teilen, den unser Meister Moše nicht geteilt.

Warum wurde der Abschnitt von den Çiçith284 hinzugesetzt? R. Jehuda b. Ḥabiba erwiderte: Weil darin fünf Dinge vorkommen: das Çiçithgebot, der Auszug aus Miçrajim, das Joch der Gesetze, die Häresie und die Sünden- und Götzendienstgedanken.

Allerdings werden die [ersten] drei ausdrücklich genannt: das Joch der Gesetze, denn es heißt:[Bamidbar 15,39.] ihr sollt es ansehen und euch an alle Gebote des Herrn erinnern, das Çiçithgebot, denn es heißt:[Ib. V. 38.] sie sollen sich Çiçith machen etc.; der Auszug aus Miçrajim, denn es heißt:[Ib. V. 41.] das ich herausgeführt habe etc., wieso aber die Häresie und die Sünden- und Götzendienstgedanken?

Es wird gelehrt:[Bamidbar 15,39.] Nach euerem Herzen, das ist die Häresie, denn es heißt:[Tehillim 14,1.] der Ruchlose spricht in seinem Herzen: es gibt keinen Gott;[Jeschajahu 49,8.] nach eueren Augen, das sind die Sündengedanken, denn es heißt:[Schoftim 14,3.] und Simšon sprach zu seinem Vater: Nimm mir diese, denn sie ist gefällig in meinen Augen;[Bamidbar 15,39.] denen ihr nachbuhlt, das sind die Götzendienstgedanken, denn es heißt:[Ib. 8,33.] und sie buhlten nach den Baa͑lgötzen.

MAN ERWÄHNE DEN AUSZUG AUS MIÇRAJIM [AUCH] NACHTS285. R. ELEA͑ZAR B. A͑ZARJA SPRACH: ICH BIN BEREITS WIE EIN SIEBZIGJÄHRIGER286, DENNNOCH KONNTE ICH [MEINE ANSICHT] NICHT DURCHSETZEN, DASS MAN DEN [ABSCHNITT VOM] AUSZUG AUS MIÇRAIM AUCH NACHTS LESE; BIS BEN ZOMA KAM UND DIES AUS DER SCHRIFT DEUTETE. ES HEISST:[Dewarim 16,3.] damit du des Tages deines Auszuges aus Miçrajim alle Tage deines Lebens gedenkest; DIE TAGE DEINES LEBENS, DAS SIND DIE TAGE, ALLE TAGE DEINES LEBENS, DAS SIND DIE NÄHCHTE. DIE WEISEN ABER SAGEN: DIE TAGE DEINES LEBENS, DAS IST DIESE WELT; ALLE TAGE DEINES LEBENS, DIES SCHLIESST DIE MESSIANISCHEN TAGE EIN.

GEMARA. Es wird gelehrt: Ben Zoma sprach zu den Weisen: Wird man denn in den messianischen Tagen des Auszuges aus Miçrajim gedenken, es heißt ja:[Jirmejahu 23,7f.] siehe, Tage kommen, spricht der Herr, und man wird nicht mehr sagen: so wahr der Herr lebt, der die Kinder Jisraél aus Miçrajim geführt hat, sondern: so wahr der Herr lebt, der die Kinder Jisraél aus dem Nordlande und aus allen Landen, wohin ich sie verstoßen habe, herausgeführt und hergebracht hat. Sie erwiderten ihm: Nicht etwa, daß die Erwähnung des Auszuges aus Miçrajim ganz abgeschafft werden wird, vielmehr wird die [Erlösung aus der] Knechtschaft der Regierungen Hauptsache, der Auszug aus Miçrajim Nebensache sein. Desgleichen findest du:[Bereschit 35,10] dein Name soll nicht mehr Ja͑qob sein, Jisraél soll dein Name sein;

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[Talmud-Seite in der Wilna-Ausgabe]

nicht etwa, daß der Name Ja͑qob ganz abgeschafft werde, vielmehr soll Jisraél Hauptname und Ja͑qob Nebenname sein. Desgleichen heißt es:[Jeschajahu 43,18.] Gedenket des Ersteren nicht und nach dem Früheren sehet euch nicht um. Gedenket des Ersteren nicht, dies ist die Knechtschaft der Regierungen, und nach dem Früheren sehet euch nicht um, dies ist der Auszug aus Miçrajim.

[Ib. V. 19.] Siehe, ich lasse Neues eintreten, jetzt soll es hervorsprießen. R. Joseph lehrte: Das ist der Krieg von Gog und Magog. Ein Gleichnis. Dies ist mit einem Menschen zu vergleichen, der auf dem Wege gehend auf einen Wolf stieß und gerettet wurde, der fortwährend das Ereignis mit dem Wolfe erzählte. Als er hierauf auf einen Löwen stieß und gerettet wurde, erzählte er immerfort das Ereignis mit dem Löwen. Als er aber später auf eine Schlange stieß und abermals gerettet wurde, vergaß er das Ereignis mit jenen beiden und erzählte fortan das Ereignis mit der Schlange. So auch bei Jisraél; die späteren Leiden machen die ersteren vergessen.

[1. Diwrej hajamim 1,27.] Abram, das ist Abraham. Vorher war er Vater287 von Aram, später wurde er Vater der ganzen Welt. Saraj, das ist Sarah. Vorher war sie Fürstin ihres288 Stammes, später wurde sie Fürstin der ganzen Welt. Bar Qappara rezitierte: Wer den Abraham Abram nennt, der übertritt ein Gebot, denn es heißt:[Bereschit 17,5] dein Name soll Abraham sein. R. Elie͑zer sagte, er übertrete ein Verbot, denn es heißt:[Bereschit 17,5] du sollst fortan nicht Abram heißen.

Demnach sollte dies auch der Fall sein, wenn man die Sarah Saraj nennt!?

Nur zu Abraham sagte der Heilige, gepriesen sei er:[Bereschit 17,15] Deine Frau Saraj sollst du fortan nicht mit dem Namen Saraj nennen, denn Sarah soll ihr Name sein.

Demnach sollte dies auch der Fall sein, wenn man den Ja͑qob Ja͑qob nennt!?

Anders ist es da, denn die Schrift selbst wiederholte ihn nachher, wie es heißt:[Ib. 46,2.] und Gott redete zu Jisraél in der Nachterscheinung und sprach: Ja͑qob, Ja͑qob. R. Jose b. Abin, nach anderen, R. Jose b. Zebida, wandte ein:[Nechemja 9,7.] Du, o Herr, Gott, hast den Abram erwählt.

Man erwiderte ihm: Da trägt der Prophet zur Verherrlichung des Allbarmherzigen vor, was vorher war.


  1. Das Šema͑ (dh. höre, Anfangswort des Verses), das morgens und abends gelesen wird, besteht aus drei aus verschiedenen Stellen des Pentateuchs (Dewarim 6,4-10; ib. 11,13-22; Bamidbar 15,37-41) zusammengestellten Abschnitten.↩︎

  2. Unrein gewordene Priester, die, nachdem sie gebadet, den völligen Sonnenuntergang abwarten müssen und erst dann ins Heiligtum treten und von der Hebe essen dürfen. Cf. Wajikra 22,4-7.↩︎

  3. Die priesterl. Abgaben von Baum- und Feldfrüchten. Cf. Bamidbar 18,8.↩︎

  4. Die Nacht wird in drei Wachen geteilt; hierüber weiter Blatt 3a.↩︎

  5. Dh. Rabbi, Ehren titel der Gelehrten vor Abschluß der Mišna, bezw. Rabh, dass. nach Einholung der Approbation, entspricht ungefähr unserem Doktor oder Magister.↩︎

  6. Mišnalehrer (Tannaim); unter dieser Bezeichnung oft auch eine Person gemeint.↩︎

  7. Die Weisen; daß das Gebot bis Mitternacht reicht.↩︎

  8. Des Opfers; cf. Wajikra 6,5.↩︎

  9. ZBs. Opferteile; Wajikra 7,15.↩︎

  10. Etym. Lehre (syn. mit Talmud) od. Ergänzung (sc. zur Mišna). Auslegung der Mišna beim Vortrag und der Debatte im Lehrhause.↩︎

  11. Autor einer Lehre in der Mišna od. der Barajtha.↩︎

  12. Zuerst den Abend zu nennen.↩︎

  13. In der folgenden Mišna auf Blatt 11a.↩︎

  14. Vor und nach dem Šema͑.↩︎

  15. Erklärendes folgt.↩︎

  16. Wenn er sein verpflichtetes Sühnopfer nicht dargebracht.↩︎

  17. Mit dem Hervortreten der Sterne.↩︎

  18. Von jeglichem Tageslicht.↩︎

  19. Dh. der Sonnenuntergang.↩︎

  20. Bar od. ben, Sohn.↩︎

  21. Palästina, weil westlich von Babylonien.↩︎

  22. Etym. Apokryphes; Bezeichnung der Lehren, die in den Mišnakanon nicht aufgenommen worden sind.↩︎

  23. Wann die Priester ihre Hebe essen.↩︎

  24. Da alles vorrätig ist, wird früh gespeist.↩︎

  25. Nehemja und seine Leute.↩︎

  26. In der zur Nacht gehörigen Zeit wurde also nicht gearbeitet.↩︎

  27. Zum Abendessen; letztere am Vorabend der Šabbathe.↩︎

  28. Ersterer zum Abendessen, letzterer zur Berechtigung, von der Hebe zu essen.↩︎

  29. Zu R. Meír.↩︎

  30. So früh soll das Šema͑ doch nicht gelesen werden.↩︎

  31. Von den beiden Zeitpunkten.↩︎

  32. Deine Definition der Abenddämmerung.↩︎

  33. Die Nacht bezw. der Tag.↩︎

  34. Seine Ansicht über die Zeit des Semälesens in der ersten Barajtha widerspricht seiner Ansicht in der zweiten Barajtha.↩︎

  35. Seine Ansicht über die Zeit des Šema͑lesens in unserer Mišna widerspricht der in der Barajtha.↩︎

  36. Unserer Mišna.↩︎

  37. Die Worte des R. Elie͑zer beziehen sich nur auf den zweiten Satz, bis wann das Šema͑ gelesen wird.↩︎

  38. Die dreimalige Wiederholung des Wortes »brüllen« weist auf drei Nachtwachen hin.↩︎

  39. Elias, der Prophet.↩︎

  40. Hierüber weit. Blatt 29a.↩︎

  41. Dass man mit einem Weibe verbotenen Umgang pflege.↩︎

  42. Die sich nach dem Volksglauben im Orient in den Ruinen aufhalten.↩︎

  43. Dh. bei der man vor Einsturz nicht zu fürchten hat.↩︎

  44. Zwei Personen gegenüber sind die Gespenster machtlos.↩︎

  45. Eine Frau darf mit zwei Personen allein sein.↩︎

  46. Die weder vor Verdacht noch vor Gespenstern zu fürchten haben.↩︎

  47. Die weder vor Verdacht noch vor Einsturz zu fürchten haben.↩︎

  48. Auch zwei Personen.↩︎

  49. R. Jehuda, »der Fürst« od. »der Heilige«, Redactor der Mišna, wird par excellence »Rabbi« genannt.↩︎

  50. Wie erklärt er das W. »mittelste«?↩︎

  51. Nach letzterem Verse stand David auf, als noch Nachtwachen, also zwei folgen sollten; diese Zeit nennt er in ersterem Verse »Mitternacht«, wonach die ganze Nacht vier Nachtwachen hat.↩︎

  52. Wie erklärt er die Pluralform »Nachtwachen«?↩︎

  53. Nach Sonnenaufgang liest man das Šema͑ am Morgen.↩︎

  54. Die Nachtwache hat nach R. Nathan vier Stunden.↩︎

  55. Daher die Pluralform.↩︎

  56. Weil der Tote am Gespräche nicht teilnehmen könnte, was ihm zur Schande gereichen würde.↩︎

  57. Ein Pferd schlummert nur; sein Schlaf währt 60 Atemzüge (Suk. 26b).↩︎

  58. Cf. Aboth V. 20.↩︎

  59. Zu Moše.↩︎

  60. Gott.↩︎

  61. Die genaue Mitternachtszeit.↩︎

  62. Veranstaltet Feldzüge und plündert.↩︎

  63. Lies Jehojada͑, Sohn Benajahus.↩︎

  64. Benennung des Synedriums.↩︎

  65. Die Mitglieder des Synedriums.↩︎

  66. כרת schneiden, dh. genau erwägen.↩︎

  67. פלא auszeichnen, sondern.↩︎

  68. Nachdem erst Aḥithophel, das Synedrium und das Orakelschild befragt worden, zogen sie zum Kriege aus.↩︎

  69. Auf die Harfe Davids.↩︎

  70. Die genaue Mitternachtszeit.↩︎

  71. In der genauen Mitternachtszeit.↩︎

  72. Die Verkündung Mošes (Schemot 11,4).↩︎

  73. Die Partikel כ heißt gegen, wie; כחצות הלילה gegen Mitternacht, auch wie [heute] Mitternacht.↩︎

  74. In den Tag; cf. oben S. 6.↩︎

  75. David beschäftigte sich nicht nur mit politischen, sondern auch mit religiösen Gegenständen.↩︎

  76. Eine ganz besondere Bescheidenheit; cf. 2. B. Schmuel Kap. 9.↩︎

  77. Die Entscheidung eines Gesetzes; etym. Gang, Entwicklung.↩︎

  78. מפי aus meinem Munde בושת Schande.↩︎

  79. Cf. 2. B. Schmuel 3,3.↩︎

  80. כלאב, Compositum v. מכלים אב beschämt den Vater.↩︎

  81. In Palästina durch Jehošua͑.↩︎

  82. Durch E͑zra.↩︎

  83. Von derartigen Übertretungen.↩︎

  84. Die Eulogie zwischen dem Šema͑ und dem Achtzehngebet.↩︎

  85. Der Auszug aus Ägypten.↩︎

  86. Die vollständige Erlösung.↩︎

  87. Sofort nach dem Aufstehen, ohne vorher zu beten.↩︎

  88. Vor dem Schlafengehen, ohne nachher zu beten.↩︎

  89. Anfang des in Rede stehenden Gebetes.↩︎

  90. Daß die von den Rabb. angeordneten Gebete zum Hauptgebete gehören.↩︎

  91. Des Morgengebetes.↩︎

  92. Der 136. Psalm.↩︎

  93. Ein mit dem Buchstaben Nun beginnender Vers.↩︎

  94. Euphemistisch für Jisraél selbst.↩︎

  95. Amos 5,2; dieser Vers beginnt mit dem Buchstaben Nun.↩︎

  96. Auf die Niederlage Jisraéls.↩︎

  97. In der jüd. Lit. gleich Prophetie.↩︎

  98. Währendder Engel M. in einem Fluge flog.↩︎

  99. Als Schutz gegen die Gespenster.↩︎

  100. Daß man das Šema͑ im Bette lese.↩︎

  101. Das im Text gebrauchte Wort heißt Vögel, nach anderen Funken.↩︎

  102. Das im Text gebrauchte Wort heißt Vögel, nach anderen Funken.↩︎

  103. Gew. mit Glut übersetzt; der Talm. versteht an beiden Stellen Gespenster.↩︎

  104. Unter Schwirrende versteht er Züchtigungen.↩︎

  105. Zu Gott; dh. mit Zufriedenheit.↩︎

  106. Im unvokalisierten Text kann das Verbum auch 1. Pers. Plur, gelesen werden.↩︎

  107. Wörtl. leicht und schwer, Schluß a majore ad minorem, bezw. a minore ad majorem.↩︎

  108. Cf. Schemot 21,26.↩︎

  109. Wenn ihm sein Herr ein Auge oder einen Zahn ausschlägt.↩︎

  110. In Palästina wurden die Aussätzigen streng behandelt; sie durften innerhalb der Stadtmauer nicht weilen (cf. Wajikra Kap. 14), daher wird der Aussatz von R. Joḥanan, der im Lande Israel lebte, nicht als Züchtigung aus Liebe betrachtet; in Babylonien aber, wo die Aussätzigen vom gesellschaftlichen Verkehr nicht ausgeschlossen waren, kann der Aussatz als Züchtigung aus Liebe betrachtet werden. Unter »uns« sind überall die Babylonier zu verstehen.↩︎

  111. In Palästina wurden die Aussätzigen streng behandelt; sie durften innerhalb der Stadtmauer nicht weilen (cf. Wajikra Kap. 14), daher wird der Aussatz von R. Joḥanan, der im Lande Israel lebte, nicht als Züchtigung aus Liebe betrachtet; in Babylonien aber, wo die Aussätzigen vom gesellschaftlichen Verkehr nicht ausgeschlossen waren, kann der Aussatz als Züchtigung aus Liebe betrachtet werden. Unter »uns« sind überall die Babylonier zu verstehen.↩︎

  112. Wenn der Aussatz sich auf bekleid. Körperstellen befindet.↩︎

  113. An unbekl. Körperstellen.↩︎

  114. Wahrsch. ein Zahn, den er zum Andenken aufbewahrt hatte.↩︎

  115. RJ. war von seltener Schönheit (cf. Bm. 84a), so daß durch die Entblößung seines Körpers das Zimmer beleuchtet wurde.↩︎

  116. Reichtum hienieden und Seligkeit droben.↩︎

  117. Von welchen der Gärtner (oder Gartenpächter) laut Vorschrift (Bm. Blatt 103b) einen Teil zu erhalten hat.↩︎

  118. Auch wer von einem Diebe stiehlt, hat einen Diebstahl begangen.↩︎

  119. Der sauer gewordene Wein des RH.↩︎

  120. Damit nicht die Füße nach dem Osten oder Westen, in welchen Richtungen sich die Manifestation Gottes befindet, gerichtet seien.↩︎

  121. Sofort nach dem Aufstehen.↩︎

  122. Was im Orient als besonderer Segen betrachtet wird.↩︎

  123. So nach seiner Auslegung; die eigentliche Übersetzung dieses Verses ist: mit deinem Schatzefüllst du ihren Leib etc...↩︎

  124. In das Bethaus.↩︎

  125. Unter Seele wird das Gebet verstanden: auch hier ist dies nur eine Auslegung des Verses; die richtige Übersetzung ist: er vernichtet seine Seele in seinem Zorne etc.↩︎

  126. Fortsetz. des vorher zitiert. Verses.↩︎

  127. Richt. gehorcht.↩︎

  128. Wörtl. Braut, Benennung der öffentlichen Gelehrtenvorträge, besond, der beiden Schlußmonate des Semesters.↩︎

  129. Zehn Personen werden »Gemeinde« genannt.↩︎

  130. Zwei Pergamentkapseln, die während des Gebetes mittelst Riemen oberhalb der Stirn, bzw. am linken Oberarm befestigt werden. Die Kopfkapsel besteht aus vier »Gehäusen (Abteilungen), in denen sich vier Pergamentrollen, je ein Stück aus dem Pentateuch (Dewarim 6,4-9; ib. 11,13-21; Schemot 13,1-10; ib. 13,11-16) enthaltend, befinden. Die Handkapsel, die aus einem Gehäuse besteht, enthält diese vier Stücke auf einer Pergamentrolle.↩︎

  131. Was die Völker mit Ehrfurcht sehen.↩︎

  132. Der Kopfkapsel.↩︎

  133. Es werden sechs Schriftverse aufgezählt.↩︎

  134. Wörtl. Gehörtes. Die aus eigener Deduktion vorgetragene Lehre.↩︎

  135. Was man am Essen spart, gebe man den Armen.↩︎

  136. Das Gebet, welches in die Höhe steigt.↩︎

  137. Gr. χρῶμα, syr. כרומא Farbe.↩︎

  138. Bezeichnung für ferne Orte, die weite Welt.↩︎

  139. Cf. Levysohn, Zool. d. T. p. 183.↩︎

  140. Der Hilfsbedürftige.↩︎

  141. מכתה Opfergabe, spez. Nachmittagsopfer; später übertragen für Vespergebet, da das Gebet an die Stelle des Opfers getreten ist.↩︎

  142. Den folgenden Vers, in dem das W. »Stimme« fünfmal vorkommt.↩︎

  143. Daß das W. »Stimme« hier nur fünfmal erwähnt wird, der Plural »Stimmen« bedeutet zwei Stimmen.↩︎

  144. Dieser Vers folgt dem von RḤ. angezogenen.↩︎

  145. Wegen des Gottesfürchtigen.↩︎

  146. Die Grußformel lautet »Friede«.↩︎

  147. Dem man nichts nehmen kann, als die Erwiderung seines Grußes.↩︎

  148. Dh. nicht streng nach dem Recht verfahre.↩︎

  149. Das Allerheiligste.↩︎

  150. Cf. ib. Kap. 22.↩︎

  151. Cf. Anm. 124.↩︎

  152. In denen er Beweise für seine Häresie fand.↩︎

  153. Gewissensbisse, Reue.↩︎

  154. Hier werden zwei Ausdrücke »Gnade« und »Erbarmen« für das Willfahren Gottes gebraucht, als Zeichen dafür, daß ihm nur zwei Bitten gewährt wurden.↩︎

  155. Mich offenbaren; cf. Schemot 3,2-6 (Moše verbarg sein Gesicht).↩︎

  156. Der Tephillinriemen (Gebetriemen), mittelst dessen die Kopftephilla oberhalb der Stirn befestigt wird, hat einen Knoten in der Form des Buchstaben Mem oder Daleth, der gegenüber der Tephilla, am Hinterkopfe, zu liegen kommt.↩︎

  157. Auch wenn die Bedingung nicht in Erfüllung geht.↩︎

  158. Cf. Schemot 12,37.↩︎

  159. Der Name Ruth wird von רוה, letzen, laben, sättigen, abgeleitet.↩︎

  160. G. u. M. (mit Bezug auf Jechezkel 38,2ff.) sind zwei Völker, die, der Sage nach, vor Ankunft des Messias einen die ganze Welt verheerenden Krieg führen werden.↩︎

  161. Im Betreff des mißratenen Sohnes; Tehillim 3,1.↩︎

  162. Wer sich sündig fühlt.↩︎

  163. Wörtl. himmlischen.↩︎

  164. Chabakuk 1,13.↩︎

  165. RS. spricht von Frevlern im allgemeinen, RJ. aber von einem, dem das Glück besonders hold ist.↩︎

  166. In unseren Texten heißt es לבלותו ermüden, aufreiben, die älteren Kommentare bemerken nichts; wahrscheinlich liegt hier ein Schreibfehler vor.↩︎

  167. Als sie gesündigt.↩︎

  168. Wörtl. Bedienung sc. der Gelehrten, der Umgang mit den Lehrern.↩︎

  169. Od. Zahlreichen, d. i. das Gebet der Gemeinde; eine ganz willkürliche Auslegung des Verses.↩︎

  170. Compositum von R. Šimo͑n b. Laqiš, zuweilen, besonders im jerušalemischen Talmud, aufgelöst; in vorliegender Übersetzung stets mit dem Text übereinstimmend.↩︎

  171. Man bleibnicht an der Tür stehen.↩︎

  172. Ganz willkürliche Wortanspielung; תוצאות hängt etymologisch mit der Wurzel מצא finden, nicht zusammen.↩︎

  173. Ganz willkürliche Wortanspielung; תוצאות hängt etymologisch mit der Wurzel מצא finden, nicht zusammen.↩︎

  174. Der Zahlenwert der Buchstaben des Wortes תוצאות beträgt 903.↩︎

  175. In Babylonien hatten sie in den Städten keine Aborte und mußten aufs Feld hinausgehen, was ihnen große Unbequemlichkeiten verursachte.↩︎

  176. Das im Text gebrauchte Verbum ist von ציון, Zeichen, abgeleitet.↩︎

  177. Der Raum des Menschen wird auf vier Ellen bemessen und gehört ihm.↩︎

  178. Bei der Vorlesung des Wochenabschnittes am Šabbath.↩︎

  179. Der Wochenabschnitt wird in sieben Parašen (Kapitel) geteilt, und zum Vorlesen derselben wird je ein Mann aufgerufen, der vorher und nachher den Segensspruch herzusagen hat.↩︎

  180. Beim Vorlesen des Wochenabschnittes.↩︎

  181. Das Vorlesen aus der Torarolle sei nur für das Volk bestimmt.↩︎

  182. Daß diese beim Schächten durchschnitten werden.↩︎

  183. Schuldlos, durch das hohe Alter; auch dieser muß geehrt werden.↩︎

  184. Die Moše zerbrochen; cf. Schemot 32,19; Dewarim 10,2.↩︎

  185. In Handschriften durchweg in der Mehrzahl, wonach mehrere Personen anwesend waren; dies scheint jedoch eine absichtl. Änderung zu sein. Übrigens ist diese ganze Erzählung ein späteres Einschiebsel.↩︎

  186. Euphem. für Beischlaf.↩︎

  187. Wer das Abendšema͑ bei Tagesanbruch liest.↩︎

  188. Sie schliefen dann bis Sonnenaufgang, ohne das Šema͑ gelesen zu haben.↩︎

  189. Und fragten, ob sie noch das Šema͑ lesen dürfen.↩︎

  190. Wie Tannaim, ursprüngl. Lehrer, Mišnalehrer; später auch Gelehrtenjünger, Schüler. In vorliegender Übersetzung entsprechend übertragen.↩︎

  191. Des Opferlammes des (cf. Schemot Kap. 12) Pesaḥfestes; Pesah ist der Name des Festes sowie des Opfers.↩︎

  192. Die Zeit des Auszuges aus Ägypten, am Morgen.↩︎

  193. גצירה מוה Schluß aus der Gleichheit, hermeneutische Regel, die Bestimmungen des einen Gesetzes auf ein anderes, selbst ganz verschiedenes, kraft der Wortanalogie zu beziehen.↩︎

  194. Die Zeit des Auszuges aus Ägypten, am Morgen.↩︎

  195. Was davon übrig bleibt; cf. Schemot 12,10.↩︎

  196. Beim Tod der Erstgeborenen, um Mitternacht, eilten sie, die Jisraéliten aus dem Lande zu entfernen; cf. Schemot 12,30ff.↩︎

  197. Am Morgen beim Auszug.↩︎

  198. Der Erzvater Abraham.↩︎

  199. Die Jisraéliten zu Moše.↩︎

  200. Die im Texte gebrauchte kausative Hiphilform: sie machten sie leihen.↩︎

  201. Um ihnen den Auszug zu erschweren.↩︎

  202. Wegen der Wortähnlichkeit des Verbums נצל mit Netz.↩︎

  203. Wegen der Wortähnlichkeit des Verbums נצל mit Netz.↩︎

  204. Sie braucht nicht schon מצלות .Meerestiefe, bzw ,מצולת vorher angekündigt zu werden.↩︎

  205. Nach Sonnenaufgang liest man das Šema͑ am Morgen.↩︎

  206. Wahrscheinlich ist hier, wie schon Maimonides bemerkt, der weiße, blau oder schwarz gestreifte Gebetmantel gemeint.↩︎

  207. Das messianische Reich zu sehen.↩︎

  208. Nach Palästina, das höher liegt als Babylonien.↩︎

  209. Die Vorschrift RJ.s↩︎

  210. Die Formel “Herr öffne meine Lippen”.↩︎

  211. Die genannte Formel ist der letzte Vers des 19. Kapitels.↩︎

  212. Die zwei ersten Psalmen.↩︎

  213. Der angezogene Schriftvers befindet sich im 104. Kapitel.↩︎

  214. Barjone, ursprüngl. wohl Name einer Kriegspartei in Jerušalem (cf. Git. 56a u. meine Anm, daselbst); später übertragen Rohlinge, Strolche.↩︎

  215. Von Schriftstellen und Gesetzen, die nicht zusammen gehören.↩︎

  216. Tehillim 2 wird auf die messian. Kriege von Gog und Magog bezogen]↩︎

  217. Das W. »Inneres« bedeutet, daß er noch im Innern war.↩︎

  218. מול deren Säugetieren.↩︎

  219. Neben dem Herzen, nicht wie bei an*↩︎

  220. Homiletische Auslegung der Schrift: meist mit Haggada (Mythe. Erzählung) verwechselt, sodaß beide Worte abwechselnd und willkürlich gebraucht werden, für alle Bestandteile der Talmud- u. Midrašliteratur, die nicht zur Halakha gehören.↩︎

  221. Eigentlich: ermüdet, verbraucht, morsch macht.↩︎

  222. Aus Rücksicht für die Ehre Ḥizqijahus (vgl. Lebrecht, Lesarten p. 5f.) wurde an dieser Stelle in den gedruckten Talmudausgaben die Erzählung von der Ungeratenheit der Söhne Ḥizqijahus fortgelassen; diese ist in Handschriften sowie im En Jisraél erhalten: Schließlich gab er ihm seine Tochter, und es entstammten ihm Menaše und Rabšaqe. Eines Tages nahm er sie auf die Schulter und brachte sie in das Lehrhaus. Da sagte der eine: Die Glatze des Vaters ist geeignet, darauf Nüsse zu zerschlagen. Der andere sagte: Fische zu braten. Da schlug er sie zu Boden. Rabšaqe starb, Menaše starb nicht.↩︎

  223. Aus dem Innersten.↩︎

  224. Für den Propheten Eliša͑, cf. 2. Melachim 4,10.↩︎

  225. Angebl. vom König Šelomo geschrieben.↩︎

  226. Cf. Bamidbar 21,9; beide Verfügungen, damit das Volk nur auf Gott vertraue.↩︎

  227. Cf. 2. Diwrej hajamim 32,30.↩︎

  228. Cf. 2. Melachim 18,16.↩︎

  229. Name des 7. resp. 1. Monats (cf. Rh. 10b) im jüdischen Kalender, ungefähr April.↩︎

  230. Cf. 2. Diwrej hajamim 30,2. Das jüdische Schaltjahr hat 13 Monate, und zwar wird der Schaltmonat zwischen Adar und Nisan eingeschoben u. führt den Namen 2. Adar. Nach dem Wortlaut ist hier zu verstehen, Ḥ. habe den bereits als Nisan geweihten Monat (sie hatten keinen festen Kalender u, der Neumond wurde beim Erscheinen geweiht) zum 2. Adar gemacht.↩︎

  231. Wenn der Nisan Schaltmonat (2. Adar) wird, so wird der ihm folgende Ijar zum Nisan.↩︎

  232. Falls Zeugen nachträglich bekunden, daß sie den Neumond gesehen.↩︎

  233. Da sie sie durch eine Wand teilten.↩︎

  234. קיר Wand etymologisch verwandt mit הדפה bedachen.↩︎

  235. Von Šemuél, 1. B. Schmuel 7,17↩︎

  236. Bei den Brüsten. Das Verbum הדפה wird in הוד יפיה zerlegt. zerlegt.↩︎

  237. Wörtl. Raum, dh. der Unendliche, der die ganze Schöpfung faßt.↩︎

  238. Zu denen das Gebet »Schöpfer des Lichtes« gehört.↩︎

  239. Dass der sich mit der Ausübung eines Gebotes Befassende vom Šema͑ befreit ist.↩︎

  240. Der sich in größerer Aufregung befindet.↩︎

  241. Dh. großen Schaden erlitten hat.↩︎

  242. Was schließt sie aus dem Satz: wenn du auf dem Wege gehst. Die Frage, sowie die folg. Antwort sind zu streichen.↩︎

  243. Die das W. Weg mit Weise erklärt; woher entnimmt sie demnach, daß man das Šema͑ auch im Gehen lese.↩︎

  244. Die gar keinen Bart haben; ostensiv anders als der andere. So sprachlich und logisch richtiger als die Erklärung Raschis.↩︎

  245. Daß wir lehnend lesen.↩︎

  246. Während des 8 Tage dauernden Hüttenfestes muß eine vorschriftsmäßig rituell brauchbare Hütte dem erwachsenen Manne die Stelle der Wohnung (bei günstigem Wetter) vollständig vertreten.↩︎

  247. Wenn die Hütte sehr klein u. an der Wohnung angebaut ist.↩︎

  248. Vor und nach dem Šema͑.↩︎

  249. Die bekannte Formel »Gesegnet seist du etc..“ am Schluß des Segensspruches.↩︎

  250. So heißt es Jeschajahu 45,7.↩︎

  251. So heißt es Jeschajahu 45,7.↩︎

  252. Der Segen lautet: Er bildet das Licht und schafft die Finsternis, er stiftet den Frieden und schafft alles.↩︎

  253. Der angezogene Segen wird nur morgens gelesen.↩︎

  254. Im Segensspruche des Abends.↩︎

  255. Segensspruch, den man morgens vor dem Šema͑ liest.↩︎

  256. In dem ebenfalls vom Studium der Tora gesprochen wird.↩︎

  257. Wörtl. Auslegung, sc. der Schrift, hauptsächlich homiletischen Charakters, jedoch gibt es auch halakhische Midrašim.↩︎

  258. Wörtl. Buch. Name eines bekannten halakhischen Midraš zum Buche Leviticus; die Pluralform Siphre führt ein solcher zu den beiden Büchern Numeri u. Deuteronomium.↩︎

  259. Den tempeldiensttuenden Priestern beim Tempeldienst.↩︎

  260. Anfangsworte der drei Šema͑abschnitte.↩︎

  261. Anfangsworte des Gebetes nach dem Šema͑.↩︎

  262. Beim Wechsel des Wachpostens.↩︎

  263. Die Aufforderung einen Segensspruch zu sprechen.↩︎

  264. Die Priesterwache las das Šema͑ vor Tagesanbruch.↩︎

  265. Er schafft das L. ist das erste und »Mit großer Liebe« ist das zweite Gebet.↩︎

  266. Dh. außerhalb Jerušalems.↩︎

  267. Die zehn Gebote beim Šema͑.↩︎

  268. Nach Raschi, weil sie hierin für ihre Behauptung, nur die zehn Gebote seien echt, eine Bestätigung finden könnten.↩︎

  269. Denn unter dem Ausdrucke »Alles« ist auch der Wein zu verstehen, obgleich es für den Genuß des Weines einen eigens dazu bestimmten Segensspruch gibt.↩︎

  270. Es ist eine Pflicht, vor jedem Genuß einen Segensspruch herzusagen.↩︎

  271. Dh. man sagt ja einen abgeschlossenen Segensspruch für das Morgengebet, während bei obiger Frage nur die Hälfte des Segensspruches sich auf den Met bezieht.↩︎

  272. Die Formel »König der Welt«.↩︎

  273. Da danach auch der Segen »Gepriesen sei der Schöpfer des Lichtes« kein Segensspruch für sich ist, weil darin das Königtum Gottes nicht erwähnt wird.↩︎

  274. Auf die Erwähnung des Tages und Erw, der Nacht; folglich ist aus der Barajtha nicht zu entscheiden.↩︎

  275. Der Segensspr, der Datt. ist anders als der des Brotes; dieser Fall gleicht daher dem Falle von Wein und Met.↩︎

  276. Beim Achtzehngebet.↩︎

  277. Woraus zu schließen wäre, daß man beim Aussprechen des Gottesnamens sich bücke.↩︎

  278. Langsam nach u. nach.↩︎

  279. David über Doég u. Aḥitophel.↩︎

  280. Seine Feinde, die Gibo͑niten, würden ihn sonst nicht so genannt haben.↩︎

  281. Wollten sie den genannten Abschnitt zum Šema͑ hinzusetzen.↩︎

  282. Die Abschnitte Wajikra 25,36ff. u. Ib. 19,36.↩︎

  283. Hier ist vom Liegen die Rede, daher lese man es, wenn man sich legt.↩︎

  284. Wörtl. Franse, Quaste, vulgo: Schaufäden, cf. Bamidbar 15,38ff.↩︎

  285. Auch dem Šema͑ des Abends wird der Ciçithabschnitt, in dem der Ausz. aus Miç, erwähnt wird, angehängt, obgl. das Ciçithgebot nur eine Tagespflicht ist.↩︎

  286. Vgl. weit. Blatt 28a.↩︎

  287. Cf. Bereschit 17,4f.↩︎

  288. Das j am Schlusse des Namens ist Suffix der 1. Pers. Sing.↩︎