Talmud – in deutscher Übersetzung

Der vollständige Talmud in der Übersetzung von Lazarus Goldschmidt online.

Verfügbare Traktate/Massechtot

Es sind alle Traktate/Massechtot des Talmuds verfügbar. Eine Übersicht gibt es hier.

Zur Übersetzung des Talmud

Im Italienischen heißt es, so sagt man, Traduttore-Traditore, »Übersetzer-Verräter« der Übersetzer eines Textes ist immer auch ein wenig dessen Verräter. Das ist ein Problem, das wir schon mit der Tora haben.
Trotz aller Qualität geht bei der Übertragung immer etwas verloren. Es ist nicht möglich, alle Ebenen der Bedeutung in eine Übersetzung einzubringen. Richtet man sich nach Raschi? Nach einem anderen Interpreten vielleicht?
Wieviel mehr stimmt das für den Talmud.
Wörtliche Übersetzung?
Überträgt man »Konzepte« in die Zielsprache?
Beschließt man, einen Begriff, unabhängig vom Kontext, stets gleich zu übertragen?
Wie geht man mit Begriffen um, um die schon in den Kommentaren leidenschaftlich gerungen wird?

Elieser (Lazarus) Goldschmidt

Elieser Lazarus Goldschmidt (17. Dezember 1871 – 18. April 1950) hat allein alle Traktate (Massetchot) des Talmud übersetzt. Eine unfassbar umfangreiche Aufgabe – 5422 Seiten Talmud mussten dazu übertragen werden – zudem trug Goldschmidt noch Lesarten aus verschiedenen Manuskripten zusammen. (Die Autobiographie mit einer Geschichte der Übersetzung findet man hier)
Dabei war sein Vorhaben eigentlich von Beginn an zum Scheitern verurteilt, denn Deutsch lernte er erst ab dem 18. Lebensjahr und der Umfang der Arbeit war schon für eine Gruppe von Übersetzern eine Herausforderung und niemand finanzierte sein Vorhaben.
Goldschmidt lernte den Talmud als Jugendlicher in der Jeschiwah Knesset Jisrael in Slabodka, kam dann (»zu Fuß«, wie es in der zeitgenössischen Zeitschrift »Die Zukunft« hieß) nach Deutschland und wandte sich hier einer akademischen Laufbahn zu. Er studierte »orientalische« Sprachen, übersetzte etwa das Buch Henoch aus dem äthiopischen ins Hebräische (zurück?), übersetzte das Sefer Jetzirah und später den Koran aus dem Arabischen. Mit seinem Hintergrund war er also niemand, der nur nach philologischen Gesichtspunkten übertrug, sondern das entsprechende »Hintergrundwissen« mitbrachte. Lazarus Goldschmidt sammelte zu seiner Zeit Lob, aber auch Kritik für seine Übersetzung.

Stimmen zur Übersetzung von Lazarus Goldschmidt

Dr. David Hoffmann (ab 1899 Rektor des Rabbinerseminars Berlin) kritisierte die Goldschmidt-Übersetzung bereits kurz nach Erscheinen der ersten Bände (Zeitschrift für hebraeische Bibliographie, Jahrgang 1896/1897, Seite 67ff). Ihm lag die ursprüngliche zweisprachige Ausgabe vor und er sparte nicht mit Kritik. Gegen diese wehrte sich Goldschmidt zunächst polemisch, arbeitete die bemängelten Stellen dann jedoch für eine spätere Ausgabe nach. Die, hier vorliegende, (Online) Übersetzung, ist also bereits eine korrigierte.

»…Trotz all dem ist es ein großes, monumentales Werk, das uns größte Achtung abringen muss. Kleine Fehler sind, da eine Übersetzung nicht alle Kommentare berücksichtigen kann, unvermeidlich.
Kanten und Ecken in der Übersetzung, die oft auf eine wörtliche Wiedergabe Wert legt, berühren unerfreulich. Aber alles in allem genommen, beansprucht die Frucht einer Arbeit, die sich auf lange Tage und Nächte erstreckte, Anerkennung. Und sicherlich wird es auch welche geben, die einmal in der Jugend ein wenig vom Geiste des Talmuds angeweht wurden, später aber seinen Hallen entfremdet wurden und sich, – wir wollen es hoffen, – durch diesen Führer in die heilige Heimat, wie ins Sonnenland der Kindheit, zurückführen lassen.
Eine Möglichkeit, die zwar die Bedenken nicht aufhebt, die wir aber dem gelehrten und fleißigem Autor ins Verdienstkonto buchen wollen.«

Der Israelit, 20. Juni 1929 (Nummer 25), Seiten 2 und 3

»Der Übersetzer ist bemüht gewesen, den Text nicht einfach zu übertragen, sondern durch Anmerkungen und in Klammern gegebene Zusätze, durch geschickt gewählte Interpunktion und Wechsel der Typen das Verständnis zu erleichtern. Auch durch sprachliche und halachische Bemerkungen ist ihm das zweifellos gelungen. Dass dem Anfänger im Talmudstudium mit diesem Werke eine wertvolle Hilfe geboten wird, bedarf nicht der ausdrücklichen Betonung. Aber auch alle, denen die Beschäftigung mit dem Talmud religiöse Herzenssache ist, sind Goldschmidt zu Dank verpflichtet. Unsere Zeit, die den ganzen Menschen für wirtschaftliche Notwendigkeiten absorbiert, braucht für die vielen, denen bei des Tages Last und Mühen geistige Konzentration schwer fällt, eine Hilfe. Durch Goldschmidts Übertragung werden vielen T(h)orabeflissenen technische Hindernisse aus dem Wege geschafft. Darum ist dieser Talmud in jeder Hinsicht eine große Tat!«

Jeschurun, 17. Jahrgang, Heft 1-2 (Januar 1930), Seite 96

Mit der Digitalisierung steht nun dieser Text der Allgemeinheit zur Verfügung. Er kann also nicht nur gelesen werden, sondern – sofern gewünscht – auch kopiert und bearbeitet. Der Text könnte also verbessert oder bearbeitet zur Verfügung gestellt werden.

Antisemitismus

Die Tatsache, dass es lange Zeit keine vollumfängliche Übersetzung des Talmud gab, wurde von Antisemiten gerne genutzt um zu behaupten, dies sei von jüdischer Seite gar nicht erwünscht. Der Talmud enthalte Texte, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt seien. Dabei wurde natürlich nicht beachtet, dass die Übersetzung des Talmud keine reine Textübertragung ist, wie wir oben bereits gesehen haben, sondern philologisches und halachisches Wissen gleichermaßen erfordert. Hinzu kommt der Umfang der Arbeiten. Mit einer Verfügbarkeit online, tragen wir hoffentlich einen Teil dazu bei, die Quellen einer breiten Öffentlichkeit verfügbar zu machen.

Die Einteilung in Blätter

Die Einteilung in Blätter strukturiert den Text nicht inhaltlich, sondern spiegelt lediglich dessen Einteilung auf die einzelnen Blätter der hebräischen Ausgabe. Es wurde jeweils soviel Inhalt auf einem Blatt platziert, wie möglich. Es kann also vorkommen, dass zusammenhängende Texte durch Blattangaben getrennt sind. Dieses System der Referenzierung und Zitierung hat sich letztendlich auch durchgesetzt und ist maßgeblich für Zitate aus dem Talmud, etwa: Berachot 22b. Das erleichtert die Wierauffindbarkeit von Stellen im Talmud.

Die Mischna und Zitate aus der Mischna sind in der Goldschmidt-Ausgabe stets IN GROSSBUCHSTABEN wiedergegeben worden. Dies wurde in der Online-Ausgabe nicht geändert. Wird in der Mischna der Tanach zitiert, dann ist dieser dort und im Fließtext in kursiver Schrift wiedergegeben worden.

Transliteration

Lazarus Goldschmidt hat in seiner Ausgabe eine neue Form der Transliteration eingeführt. Diese ist möglicherweise kurz zu veranschaulichen:

אֻאֹאִאֵאַעֻעֹעִעֵעַ
ÚúÓóÍíÉéÁáU͑u͑O͑o͑I͑i͑E͑e͑A͑a͑
חשׁצט
ḤḥŠšÇçṬṭ

Dank

Zu Beginn dieses Projekts standen keinerlei digitalisierte Texte zur Verfügung. Auch Scans der Originalausgabe mussten zunächst beschafft werden. Dank gebührt hier Igor Itkin, der eine technische Grundlage zur Übernahme der Texte geschaffen hat.
In der zweiten Phase geht unser Dank insbesondere an das Sefaria-Projekt. Die Hilfe von Sefaria hat die Übernahme der Texte maßgeblich beschleunigt und es auch erlaubt, dass die Übersetzungen auch über die Seite von Sefaria verfügbar sind.

Weiterverwendung

Der Text auf diesen Seiten ist die Digitalisierung der korrigierten Erstausgabe (durch Lazarus Goldschmidt). Sie ist, das liegt auch im Umfang der Arbeit begründet, noch nicht fehlerfrei. Hinweise auf Fehler werden gerne entgegengenommen und natürlich stehen die Texte zur weiteren Verwendung frei zur Verfügung.

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Reaktionen

Für die ersten (ermutigenden) Reaktionen der Leserinnen und Leser bedanken wir uns. Gleich nach dem Start am 1. Januar 2021 gingen Nachrichten ein.

diese Einführung: Chajm Guski