G’tt hat uns mit der Torahh 8 Feste gegeben, durch die unser Leben gegliedert wird. Diese stellen vier Paare dar, da immer zwei Feste eine engere Beziehung zueinander haben.
Zwei Feste, die unser Leben in der Zeit in feste Abschnitte unterteilen:
Der Schabbat, der am Ende einer jeden Woche steht, und der Neumondstag (Rosch haChodesch), mit dem der neue Monat beginnt.
Zwei Feste, die uns zu Besinnung, Umkehr vom falschen Weg und Neuorientierung aufrufen: Rosch haSchanah, der Tag des Posaunenschalls, der Tag des Sichebesinnens und Gedenkens, der Umkehr, und Yom Kippur, der Tag der Rückkehr auf G’ttes Weg und der Aussöhnung.
Und schließlich vier Wallfahrtsfeste, – Feste, an denen man zur Zeit des Tempels dorthin pilgerte, Feste, die einerseits den Jahreskreislauf der Natur, andererseits auch den Lauf unseres Lebens, den Weg des Volkes Israel und letztlich auch den der ganzen Menschheit widergeben:
Zwei Feste im Frühjahr
Pessach, das Fest des Auszugs aus Ägypten, das lest der ungesäuerten Brote, der Neugeburt, und Schavuot, das Fest der ersten Reife, an dem die Torah in unsere Hände gelegt wurde, sie zu lernen und zu befolgen.
Und zwei Feste im Spätjahr:
Schemini Atzereth wird von unseren Weisen als eigenständiges Wallfahrtsfest bezeichnet, als viertes der Pilgerfeste. Es hätte, so wie Schavuoth nach Pessach, eigentlich sieben Wochen nach Sukkoth liegen sollen, also nach Beginn der Regenzeit, im Winter wenn das landwirtschaftliche Jahr zu Ende gegangen ist und die Natur ihren Schlaf begonnen hat. Aber eine Wallfahrt in der kalten Jahreszeit wäre äußerst beschwerlich und gefährlich gewesen, weshalb G’tt in Seinem Erbarmen dieses Fest vorverlegt hat und es seinen Platz direkt im Anschluß an das siebentägige Sukkoth- Fest bekam und somit zum Fest des Achten Tages wurde.
Die Welt, in der wir leben, wurde in sieben Tagen erschaffen. Der 8. Tag ist der Tag, der danach kommt, der nach Beendigung des Jetzigen Daseins kommt und der der erste Tag des danach kommenden neuen Zustands ist.
Die Torah ist der Weg, den zu gehen uns G’tt gewiesen hat,- nicht nur das Volk Israel, sondern jeden einzelnen Menschen. Und das Ziel dieses Weges ist das Erreichen des verheissenen Landes in seiner idealen Form, des Zustands der Vollendung. Auch wenn das Volk Israel in seiner irdischen Geschichte die Wanderung durch die Wüste schon einmal beendet und jenes Land erreicht hat, es hat es dieses Land durch eigene Schuld doch wieder verloren und muß diesen Weg zusammen mit der ganzen Menschheit noch einmal gehen, jeder einzelne muß diesen Weg in seinem Leben gehen, und wir alle haben das verheißene Land der Vollkommenheit noch nicht erreicht.
Es liegt jenseits des Endes unseres Weges, und auch die Torahh endet mit dem Weg. Das Fest des Achten Tages, das dem Erreichen des Zieles gewidmet ist, können wir eigentlich noch gar nicht feiern, da dieses Ereignis jenseits unserer Zeit liegt, – aber wie G’tt Mosche, der selbst das Ziel nicht mehr hat erreichen können, jenes Land vor dessen Tod wenigstens hat schauen lassen, so ermöglichte Er uns, durch Vorverlegung des Restes in unsere Zeit, Jenen Tag im Voraus schon zu feiern. Und so beenden wir den Zustand unserer Wanderschaft, als wären wir schon so weit, indem wir an Schemini Atzereth die Laubhütten, die zerbrechlichen Wohnungen, die in den vergangenen Tagen unsere Behausungen waren, verlassen und in unsere festgebauten Häuser zurückkehren, deren Annehmlichkeiten wir genießen.
Mit dem Ende der Wanderschaft endet auch unser Lebensweg. Wir wissen nicht wie das Ende sein wird, wissen nicht ob wir das Ziel erreichen werden, noch wie es hernach mit uns weitergehen wird. Es wird gesagt, daß in den frühen Morgenstunden des Achten Tages unser Schicksal endgültig besiegelt wird, so wie auch am Ende der Zeit das große Weltgericht stattfinden wird. Wir bitten G’tt darum an diesem Tag uns Gnade zu erweisen, Sein Wort, das Er uns gegeben hat, zur Erfüllung zu bringen, und uns unter der Decke Seines Friedens zu bergen.
Da kein Leben ohne Wasser möglich ist, ist Wasser das Sinnbild G’ttes Segens. In einem großen Gebet bitten wir an Schemini Atzereth um Regen, und ab dem Mussafgebet im G’ttesdienst dieses Tages wird bis Pessach in das die Lobpreisung G’ttes eingefügt, der den Wind zurückbringt und den Regen fallen lässt. Dem Ende des Weges entspricht auch das Ende der Torah. Und so beendet man an Schemini Atzereth die jährliche Torahlesung. Da außerhalb des Landes Israel der Feiertag an zwei Tagen gefeiert wird, verlegte dieses Ereignis in der Diaspora auf den zweiten Tag, der den Namen ,„Tag der Torahhfreude”, Simchat Torah, erhielt. Bis zur Erreichung des Ewigen Friedens wird die Torah für uns Gültigkeit besitzen und Grundlage unseres Lebens sein, und nur indem wir sie immer neu studieren werden wir den rechten Weg gehen können. An Simchath Torah freuen wir uns ob dieses Besitzes.
Beim Abendgebet und erneut im Morgeng’ttesdienst werden alle Torahrollen aus dem Schrein geholt und mit ihnen das Lesepult, der Almemor, tanzend und singend in großer Fröhlichkeit siebenmal umkreist (Hakkafot). Die Kinder, denen Bonbons zugeworfen werden, tanzen mit und tragen bunte Simchath -Torah Fähnchen, auf deren Stäbe Äpfel und in diese Kerzen gesteckt sind. An diesem Tag werden alle zum Abschluss der Torahlesung aufgerufen und die Verse des letzten Torahhabschnitts (Wesoth haBerachah) werden so oft wiederholt bis jeder dran gewesen war und jeder, gemeinsam mit allen, das Ende dieses Weges erreicht hat. Der Vorletzte, der hierfür aufgerufen wird, wird im Namen aller Kinder zur Torah aufgerufen. Gemeinsam mit ihnen kommt er zum Lesepult, es wird ein Gebetsmantel (Tallith) wie ein Baldachin über sie gehalten, und gemeinsam sprechen sie die Segenssprüche zur Torahhlesung. Der letzte, der zum Abschluß der Torahlesung aufgerufen wird, wird Bräutigam der Torah genannt (Chathan Torah), – dies ist eine ganz besondere Ehre. Da die Torahlesung nun zwar beendet ist, die Torah selbst aber ihre Erfüllung noch nicht gefunden hat und weiterhin die; Richtschnur für unser Leben ist, so beginnt man sofort im Anschluß mit der neuen Torahlesung (aus einer zweiten Torahrolle), und derjenige, der hierfür aufgerufen wird wird der Bräutigam des Anfangs, Chathan Bereschith, genannt. Der Maftir-Abschnitt mit der Opferordnung des Tages wird dann aus einer dritten Torahrolle vorgelesen.
Die nun vorgetragene Haftarah, die das erste Kapitel aus dem sich an die Torah anschließenden Buch Jehoschua (Josua) ist, beginnt mit den Worten, die die Grundbedeutung dieses Tages aussprechen:
„Es war nach dem Tode Mosches … da sprach der Ewige zu Yehoschua
Mein Knecht Mosche ist gestorben, und nun mache dieh auf und ziehe über diesen Jarden (Jordan), du und dies ganze Volk, in das Land, das ich den Kindern Israels gebe.”
So beschließen wir dieses Fest voller Hoffnung und Zuversicht mit einer freudigen Festmahlzeit.