Beitzah Kapitel 4

Der Talmud, Traktat (Massechet) Beitzah in deutscher Übersetzung von Lazarus Goldschmidt:

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Blätter / Dapim

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Blatt 29b

i WER WEINKRÜGE VON ORT ZU ORT BRINGT, DARF SIE NICHT IN EINEM KORBE ODER IN EINER KIEPE TRAGEN, SONDERN.AUF DER SCHULTER ODER VOR SICH. EBENSO DARF, WER STROH TRÄGT, DAS BÜNDEL NICHT AUF DEM RÜCKEN HERABHÄNGEN LASSEN, SONDERN ES NUR IN DER HAND TRAGEN. MAN DARF EINEN STROHHAUFEN ANFANGEN, NICHT ABER DAS HOLZ AUF DEM TROCKENHOFE.

Blatt 30a

GEMARA. Es wird gelehrt: Ist es auf ungewöhnliche Weise nicht möglich1, so ist es erlaubt. Raba führte in Maḥoza ein, das, was man sonst auf einer Hebestange2 trägt, [am Feste] auf einer Traggabel zu tragen, was man sonst auf einer Traggabel trägt, auf einem Joche zu tragen, was man sonst auf einem Joche trägt, auf Trägern zu tragen, und auf das, was man sonst auf Trägern trägt, ein Tuch3 auszubreiten; ist es aber nicht möglich, so ist es [auf gewöhnliche Weise] erlaubt, denn der Meister sagte, ist es auf ungewöhnliche Weise nicht möglich, sei es erlaubt.

R. Ḥanau b.Raba sprach zu R. Aši: Die Rabbanan sagten, daß am Festtage [jede Arbeit], soweit es möglich ist, auf ungewöhnliche Weise erfolge, weshalb sagen wir den Frauen nichts, wenn sie am Festtage ohne jede Änderung mit ihren Krügen Wasser schöpfen!? Dieser erwiderte: Weil es nicht anders möglich ist; wie sollten sie es denn anders machen: sollte etwa, die gewöhnlich mit einem großen Kruge schöpft, mit einem kleinen schöpfen, so würde sie ja den Weg erweitern; sollte etwa, die gewöhnlich mit einem kleinen Kruge schöpft, mit einem großen schöpfen, so würde sie ja die Last erschweren; sollte sie [den Krug] mit einem Deckel zudecken, so könnte sie ja, wenn er herabfällt, ihn zu tragen veranlaßt werden; sollte sie ihn festbinden, so könnte sie ja, wenn er sich löst, ihn festzubinden veranlaßt werden; sollte sie [über den Krug] ein Tuch ausbreiten, so könnte sie ja, wenn es naß wird, es auszudrücken veranlaßt werden. Es ist daher nicht anders möglich.

Raba b.R. Ḥanin sprach zu Abajje: Wir haben gelernt, man dürfe [am Festtage] weder in die Hände klatschen, noch in die Hüften schlagen, noch tanzen; wir sehen ja aber, daß manche dies tun, und wir sagen ihnen nichts!? Dieser erwiderte: Nach deiner Meinung: Raba sagte ja, man setze sich nicht an den Pfosten einer Durchgangsgasse, weil man, wenn ihm ein Gegenstand fortrollt, vier Ellen auf öffentlichem Gebiete zu tragen veranlaßt werden könnte, und wir sehen, daß Frauen ihre Krüge nehmen und sich am Eingange der Durchgangsgasse niedersetzen, ohne daß man ihnen etwas sagt!? Laß Jisraél lieber unwissentlich übertreten, als daß sie es wissentlich tun. (Ebenso auch hierbei: Laß Jisraél lieber unwissentlich übertreten, als daß sie es wissentlich tun.) Dies nur bei rabbanitischen [Verboten], nicht aber bei solchen der Tora. Das ist jedoch nichts; einerlei ob es eines der Tora oder ein rabbanitisches ist, sage man nichts. Die Zugabe zum Versöhnungstage4 ist aus der Tora, dennoch essen und trinken manche, bis es finster wird, ohne daß man ihnen etwas sagt.

MAN DARF EINEN STROHHAUFEN ANFANGEN. R. Kahana sagte: Dies besagt, daß man einen Vorrat anfangen dürfe. Also nach R. Šimo͑n, der vom Verbote des Abgesonderten nichts hält; wie ist nun der Schlußsatz zu erklären: nicht aber das Holz auf dem Trockenhofe, also nach R. Jehuda, nach dem das Abgesonderte [verboten ist]!?

Da handelt es sich um Zedern und Zypressen, die wegen des Geldschadens5 Abgesondertes sind, wobei auch R. Šimo͑n beipflichtet. Manche beziehen dies auf den Schlußsatz: nicht aber das Holz auf dem Trockenhofe. R. Kahana sagte: Dies besagt, daß man einen Vorrat nicht anfangen dürfe. Also nach R. Jehuda, nach dem das Abgesonderte [verboten ist]; wie ist nun der Anfangssatz zu erklären: man darf einen Strohhaufen anfangen, also nach R. Šimo͑n, der [vom Verbote] des Abgesonderten nichts hält!?

Da handelt es sich um verfaultes Stroh6.

Verfaultes Stroh ist ja zu Lehm verwendbar!?

Wenn Dornen darin sind7.

ii,1 MAN DARF NICHT VOM HOLZE DER LAUBHÜTTE NEHMEN, WOHL ABER VOM DARAN LEHNENDEN.

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GEMARA. Von dem der Laubhütte wohl deshalb nicht, weil man dadurch ein Zelt niederreißt, und auch wenn vom daran lehnenden reißt man ja ein Zelt nieder!? R. Jehuda erwiderte im Namen Šemuéls: Unter »lehnenden« ist das an den Wänden lehnende8 zu verstehen. R. Menasja erwiderte: Du kannst auch sagen, das nicht an den Wänden9 lehnende, denn dies gilt von Bündeln10.

R. Ḥija b.Joseph rezitierte vor R. Joḥanan: Man darf nicht vom Holze der Laubhütte nehmen, wohl aber vom daran lehnenden; R. Šimo͑n erlaubt dies. Sie stimmen jedoch überein, daß es bei einer Festhütte am Hüttenfeste verboten ist; hat man es sich aber vorbehalten, so hängt alles von seinem Vorbehalte ab.

»R. Šimo͑n erlaubt dies«; man reißt ja ein Zelt nieder!? R. Naḥman b.Jiçḥaq erwiderte: Hier handelt es sich um eine hinfällige Laubhütte; R. Šimo͑n vertritt hierbei seine Ansicht, denn er hält nichts vom Abgesonderten. Es wird nämlich gelehrt: Das in einer Lampe oder einer Schüssel zurückbleibende Öl ist [am Šabbath] verboten und nach R. Šimo͑n erlaubt.

Ist es denn gleich: da kann man ja auf das Ausgehen der Lampe warten11, aber kann man hier auf das Einstürzen der Hütte warten!?

R. Naḥman b.Jiçḥaq erwiderte: Hier handelt es sich um eine verfallene Laubhütte, mit der man schon den Tag vorher gerechnet hat.

«Sie stimmen jedoch überein, daß es bei einer Festhütte am Hüttenfeste verboten ist; hat man es sich aber vorbehalten, so hängt alles von seinem Vorbehalte ab.» Nützt denn dabei der Vorbehalt, R. Šešeth sagte ja im Namen R. A͑qibas: Woher, daß das Holz der Festhütte während der ganzen sieben Tage [zur Verwendung] verboten ist? Es heißt:12siehen Tage Hüttenfest für den Herrn. Ferner wird gelehrt: R. Jehuda b. Bethera sagte: Woher, daß die Festhütte ebenso den Namen Gottes trägt? Es heißt: sieben Tage Hüttenfest für den Herrn; wie das Festopfer für den Herrn, ebenso die Festhütte für den Herrn!? R. Menasja, der Sohn Rabas, erwiderte: Der Schlußsatz bezieht sich auf eine gewöhnliche Laubhütte, bei der Festhütte aber nützt der Vorbehalt nicht.

Nützt denn bei der Festhütte der Vorbehalt nicht, es wird ja gelehrt: Hat man [die Festhütte] vorschriftsmäßig überdacht, mit Tapeten und gewirkten Teppichen verziert und darin Nüsse, Mandeln, Pfirsiche, Granatäpfel, Traubenbüschel, Weine, Öle, feines Mehl und Ährenkränze ausgehängt, so ist es verboten, davon bis zum Ablaufe des letzten Festtages zu genießen; hat man es sich aber vorbehalten, so hängt alles von seinem Vorbehalte ab!? Abajje und Raba erklärten beide: Wenn man gesagt hat: ich sage mich davon während der ganzen Dämmerzeit13nicht los, sodaß es von der Heiligkeit überhaupt nicht erfaßt wird; das Holz der Festhütte aber, an der die Heiligkeit haftet, gilt während der ganzen sieben Tage als Abgesondertes.

Womit ist es aber hierbei anders als bei der folgenden Lehre: Hat man sieben Etrogim für die sieben Festtage abgesondert, so kann man, wie Rabh sagt, mit jedem einzelnen seiner Pflicht genügen und ihn sofort essen, und, wie R. Asi sagt, mit jedem einzelnen seiner Pflicht genügen und ihn am nächsten Tage essen!?

Da werden die Tage durch die Nächte14getrennt, somit ist es an jedem Tage ein besonderes Gebot, hierbei aber werden die Tage nicht durch die Nächte getrennt, somit gelten alle Tage zusammen als ein langer Tag.

ii,2 MAN DARF HOLZ VOM FELDE HOLEN, WENN ES GESAMMELT IST; VOM GEHEGE,

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AUCH WENN ES ZERSTREUT IST. WELCHES HEISST EIN GEIIEGE? WENN ES SICH NAHE DER STADT BEFINDET

SO R. JEHUDA: R. JOSE SAGT, IN DAS MAN DURCH EINE SCHLIESSVORRICHTUNG GELANGT, AUCH INNERHALB DES ŠABBATHGEBIETES.

GEMARA. R. Jehuda sagte im Namen Šemuéls: Man darf Holz nur vom gesammelten im Gehege holen.

Wir haben ja aber gelernt: vom Gehege, auch wenn es zerstreut ist!?

Unsere Mišna vertritt die Ansicht eines Einzelnen, denn es wird gelehrt: R.Šimo͑n b. Elea͑zar sagte: Die Schule Šammajs und die Schule Hillels stimmen überein, daß man das auf dem Felde zerstreute nicht holen, und das im Gehege gesammelte holen dürfe, sie streiten nur über das im Gehege zerstreute und das auf dem Felde gesammelte; die Schule Šammajs sagt, man dürfe es nicht holen, und die Schule Hillels sagt, man dürfe es wohl holen. Raba sprach: Blätter von Stauden und Weinranken sind verboten, auch wenn sie gesammelt liegen, denn da ein Wind, wenn er sich erhebt, sie auseinanderweht, werden sie als zerstreut betrachtet; hat man aber auf diese am Tage vorher ein Ge>vand gelegt, so ist es erlaubt.

WELCHES HEISST EIN GEHEGE &C. Sie fragten: Wie meint er es: wenn es sich nahe der Stadt befindet, und nur wenn es eine Schließvorrichtung hat, und hierzu sagte R. Jose, wenn es nur eine Schließvorrichtung hat, auch innerhalb des Šabbathgebietes, oder meint er es wie folgt: wenn es sich nahe der Stadt befindet, einerlei ob es eine Schließvorrichtung hat oder nicht, und hierzu sagte R. Jose, selbst innerhalb des Šabbathgebietes, jedoch nur wenn es eine Schließvorrichtung hat, hat es aber keine Schließvorrichtung, so ist es verboten, selbst wenn es sich nahe der Stadt befindet?

Komm und höre: Da er lehrt: R.Jose sagt: in das man durch eine Schließvorrichtung gelangt, auch innerhalb des Šabbathgebietes, so ist zu entnehmen, daß R. Jose beides erleichternd meint. Schließe hieraus. R. Sala sagte im Namen R. Jirmejas: Die Halakha ist wie R. Jose, erleichternd.

iii,1 MAN DARF KEIN HOLZ VON BALKEN ABSPALTEN, AUCH NICHT VON EINEM AM FESTE ZERBROCHENEN BALKEN. MAN DARF VTEDER MIT EINER AXT SPALTEN, NOCH MIT EINER SÄGE, NOCH MIT EINER SICHEL, SONDERN MIT EINEM HACKEMESSER.

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GEMARA. Du sagtest ja im Anfangssatze, man dürfe überhaupt nicht spalten!? R. Jehuda erwiderte im Namen Šemuéls: [Die Mišna] ist lükkenhaft und muß wie folgt lauten: Man darf kein Holz von einer Balkenschicht abspalten, auch nicht von einem am Feste zerbrochenen Balken, wohl aber darf man von einem am Vorabend des Festes zerbrochenen Balken abspalten; jedoch darf man, wenn man spaltet, weder mit einer Axt spalten, noch mit einer Sichel, noch mit einer Säge, sondern mit einem Hackemesser. Ebenso wird auch gelehrt: Man darf kein Holz von einer Balkenschicht abspalten, auch nicht von einem am Feste zerbrochenen Balken, weil diese kein Vorrätiges sind.

WEDER MIT EINER AXT. R. Ḥenana b. Šelemja sagte im Namen Rabhs: Dies lehrten sie nur von der weiblichen15Seite, mit der männlichen aber ist es erlaubt.

Selbstverständlich, wir haben ja gelernt: wohl aber mit einem Hackemesser16!?

Man könnte glauben, nur mit einem Hackemesser, mit einem aus Axt und Hackemesser bestehenden Geräte aber sei es mit der einen Seite verboten, weil es mit der anderen verboten ist, so lehrt er uns. Manche beziehen dies auf den Schlußsatz: wohl aber mit einem Hackemesser. R. Ḥenana b. Šelemja sagte im Namen Rabhs: Dies lehrten sie nur von der männlichen Seite, mit der weiblichen aber ist es verboten.

Selbstverständlich, wir haben ja gelernt: nicht aber mit einer Axt!?

Man könnte glauben, nur mit einer Axt, mit einem aus Hackemesser und Axt bestehenden Geräte aber sei es mit der einen Seite erlaubt, weil es mit der anderen erlaubt ist, so lehrt er uns.

iii,2 WENN EIN MIT FRÜCHTEN GEFÜLLTER RAUM GESCHLOSSEN WAR UND DURCHBROCHEN17WIRD, SO DARF MAN DURCH DIE DURCHBROCHENE STELLE [FRÜCHTE] HERVORHOLEN: R. MEÍR SAGT, MAN DÜRFE VON VORNHEREIN EIN LOCH MACHEN UND HERVORHOLEN.

GEMARA. Warum denn, man reißt ja ein Zelt nieder!? R. Niḥumi b. Ada erwiderte im Namen Šemuéls: Dies gilt von einer Schicht von Ziegelsteinen18.

Dem ist ja aber nicht so, R. Naḥman sagte ja, man dürfe die von einem Bau zurückgebliebenen Ziegelsteine am Šabbath fortbewegen, weil sie verwendbar sind, sich darauf zu setzen, und daß sie, wenn man sie aufeinander geschichtet hat, entschieden Abgesondertes sind!? R. Zera erwiderte: Sie sagten es nur vom Festtage, nicht aber vom Šabbath. Ebenso wird auch gelehrt: R. Meír sagt, man dürfe von vornherein ein Loch machen und hervorholen; sie sagten es jedoch nur vom Festtage, nicht aber vom Šabbath.

Šemuél sagte: BLnoten am Boden19darf man lösen, nicht aber [die Stricke] losflechten noch zerschneiden; an Geräten darf man lösen, losflechten und zerschneiden, einerlei ob am Šabbath oder am Festtage. Man wandte ein: Knoten am Boden darf man am Šabbath lösen, nicht aber [die Stricke] losflechten noch zerschneiden!?

Hier ist die Ansicht R. Meírs vertreten, welcher sagt, man dürfe auch von vornherein ein Loch machen und hervorholen; die Rabbanan aber streiten gegen ihn, und ich sage dies nach den Rabbanan.

Streiten denn die Rabbanan gegen ihn über Knoten am Boden, es wird ja gelehrt: Die Rabbanan pflichten R. Meír bei, daß man Knoten am Boden am Šabbath lösen, nicht aber [die Stricke] losflechten noch zerschneiden, und am Festtage sowohl lösen als auch [die Stricke] losflechten oder zerschneiden dürfe!?

Er ist der Ansicht des Autors der folgenden Lehre: Knoten am Boden darf man

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lösen, nicht aber [die Stricke] losflechten noch zerschneiden, einerlei ob am Šabbath oder am Festtage; an Geräten darf man am Šabbath lösen, nicht aber [die Stricke] losflechten noch zerschneiden, am Festtag sowohl lösen als auch losflechten oder zerschneiden.

Du hast also den Anfangssatz erklärt, gegen den Schlußsatz ist ja aber einzuwenden!?

Da ist die Ansicht R. Neḥemjas vertreten, welcher sagt, man dürfe Geräte nur zu ihrem eigentlichen Gebrauche fortbewegen20.

Nach R. Neḥemji sollte dies ja nicht nur vom Šabbath, sondern auch vom Festtage gelten!? Wolltest du sagen, R. Neḥemja unterscheide zwischen [einem Verbote] des Feierns wegen am Šabbath und [einem Gebote] des Feierns wegen am Festtage, so unterscheidet er ja nicht!? Eines lehrt nämlich, man dürfe mit Geräten, nicht aber mit Bruchstücken von Geräten heizen, und ein Anderes lehrt, man dürfe sowohl mit Geräten als auch mit Bruchstücken von Geräten heizen, und ein Anderes lehrt, man dürfe weder mit Geräten noch mit Bruchstücken von Geräten heizen, und wir erklärten, dies sei kein Widerspruch; eines nach R. Jehuda21, eines nach R. Šimo͑n22, und eines nach R. Neḥemja23.

Zwei Tannaím streiten über die Ansicht R. Neḥemjas.

iv MAN DARF AM FESTTAGE KEIN LICHTNÄPFCHEN EINDRÜCKEN24, WEIL MAN EIN GERÄT MACHT; FERNER DARF MAN KEINE KOHLEN MACHEN, AUCH KEINEN DOCHT ENTZWEISCHNEIDEN; R. JEHUDA SAGT, MAN DÜRFE IHN DURCH DAS FEUER TEILEN.

GEMARA. Wer lehrte, das (Eindrücken eines) Lichtnäpfchens25sei ein Gerät? R.Joseph erwiderte: Es ist R. Meír, denn wir haben gelernt: Wann wird das Tongefäß verunreinigungsfähig? Sobald es fertig ist

so R. Meír; R. Jehošua͑ sagt, sobald es im Ofen gebrannt ist. Abajje sprach zu ihm: Wieso dies, vielleicht ist R. Meír dieser Ansicht nur da, weil [Gefäße] zum Aufnehmen verwendbar26sind, wozu aber ist das [Lichtnäpfchen] verwendbar!?

Es ist zur Aufnahme von Kupfermünzen27verwendbar. Manche lesen: R. Joseph erwiderte: Es ist R. Elea͑zar b. R. Çadoq, denn wir haben gelernt: Die Eronischen Tiege28sind im Zelte eines Leichnams rein, jedoch verunreinigungsfähig, wenn ein Flußbehafteter sie trägt; R. Elea͑zar b. R. Çadoq sagt, auch wenn ein Flußbehafteter sie trägt, sind sie rein, weil sie noch nicht fertig sind. Abajje sprach zu ihm: Vielleicht ist R. Elea͑zar b.R. Çadoq dieser Ansicht nur da, weil sie zum Aufnehmen verwendbar sind, wozu aber ist [das Lichtnäpfchen] verwendbar!?

Es ist zur Aufnahme von Kupfermünzen verwendbar.

Die Rabbanan lehrten: Man darf am Festtage kein Lichtnäpfchen eindrücken, ferner darf man keine Eronischen Tiegel fertigen; R. Šimo͑n b.Gamliél erlaubt die Eronischen Tiegel. Was heißt Eronische [Tiegel]? R. Jehuda erwiderte: Kleinstädtische29. Was heißt Kleinstädtische? Abajje erwiderte: Tiegel der Dorf linge.

MAN DARF KEINE KOHLEN MACHEN. Selbstverständlich, wozu sind sie denn verwendbar30!?

R. Ḥija lehrte, dies sei wegen des Falles nötig, wenn man sie am selben Tage den Badedienern geben31will.

Ist denn [das Baden] an diesem Tage erlaubt!?

Wie Raba erklärt hat, nur um zu schwitzen, und zwar vor dem Verbote32, ebenso auch hierbei, nur um zu schwitzen, und zwar vor dem Verbote.

MAN DARF DEN DOCHT NICHT ENTZWEISCHNEIDEN. Mit einem Messer wohl deshalb nicht, weil man eine Sache33herstellt, und auch wenn es durch

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das Feuer erfolgt, stellt man ja eine Sache her!?

R. Ḥija lehrte, man trenne ihn mit dem Feuer, wenn er sich in zwei Leuchten34befindet. R. Nathan b.Abba sagte im Namen Rabhs: Man darf am Festtage den Docht schnäuzen.

Was heißt schnäuzen? R. Ḥenana b.Šelemja erwiderte im Namen Rabhs: Die Schnuppe entfernen.

Bar Qappara lehrte: Sechserlei wurde vom Dochte gelehrt, drei erschwerend und drei erleichternd. Erschwerend: man darf ihn am Festtage nicht von vornherein flechten, nicht im Feuer ansengen und nicht entzweischneiden; erleichternd: man darf ihn mit der Hand zusammendrehen, in Öl weichen und mit dem Feuer zwischen zwei Leuchten trennen.

Ferner sagte R. Nathan b. Abba im Namen Rabhs: Die Reichen Babyloniens kommen in das Fegefeuer. So traf einst Šabbethaj b. Marinos in Babylonien ein und bat um Beschäftigung. Als sie ihm dies verweigerten und auch keine Verpflegung gaben, sprach er: Diese stammen vom Mischvolke35ab, denn es heißt:36er wird dir Erbarmen geben und sich deiner erbarmen; wer sich seiner Mitmenschen erbarmt, ist sicher von den Kindern unseres Vaters Abraliam, und wer sich seiner Mitmenschen nicht erbarmt, ist sicher nicht von den Kindern unseres Vaters Abraham.

Ferner sagte R. Nathanb.Abba im Namen Rabhs: Ist jemand auf den Tisch anderer angewiesen, so ist ihm die Welt finster, denn es heißt: 37er schaut nach Brot umher, er weiß, daß ihm ein finsterer Tag bereit ist. R. Ḥisda sagte: Auch sein Leben ist kein Leben.

Die Rabbanan lehrten: Drei sind es, deren Leben kein Leben ist, und zwar: wer auf den Tisch seines Nächsten angewiesen ist, den seine Frau beherrscht, und über dessen Körper Züchtigungen herrschen. Manche sagen, auch wer nur ein Hemd besitzt.

Und der erste Tanna!?

Dieser kann ja sein Gewand untersuchen38.

v MAN DARF KEINE SCHERBEN ZERBRECHEN UND KEIN PAPIER ZERSCHNEIDEN, UM EINEN SALZFISCH ZU BRATEN39. MAN DARF OFEN UND HERD NICHT AUSRAFFEN, WOHL ABER DARF MAN [DIE ASCHE] GLATTDRÜCKEN. MAN DARF NICHT ZWEI KRÜGE NEBEN EINANDER STELLEN UND AUF DIESE EINEN KOCHTOPF SETZEN40. MAN DARF NICHT EINEN TOPF MIT EINEM SPAN STÜTZEN, EBENSOWENIG EINE TÜR. MAN DARF KEIN VIEH MIT EINEM STOCKE TREIBEN; ELEA͑ZAR B.R. ŠIMO͑N ERLAUBT DIES.

GEMARA. Aus welchem Grunde?

Weil man eine Sache herstellt.

MAN DARF OFEN UND HERD NICHT AUSRAFFEN. R. Ḥija b. Joseph lehrte vor R. Naḥman: Kann man nur dann backen, wenn man ihn ausgerafft hat, so ist es erlaubt. Der Frau R. Ḥijas fiel am Festtage ein Ziegel in den Ofen; da sprach R. Ḥija zu ihr: Achte darauf, ich will gutes Brot haben. Raba sprach zu seinem Diener: Brate mir eine Ente, paß aber auf, daß sie nicht anbrenne. Rabina sprach zu R. Aši: R. Aḥa aus Huçal erzählte uns, daß man für den Meister am Festtage den Ofen zu verkleben41 pflegt. Dieser erwiderte: Wir verlassen uns auf das Ufer des Euphrat42. Dies jedoch nur dann, wenn man [den Ton] bereits am vorangehenden Tage angezeichnet hat. Rabina sagte: Mit Asche ist es erlaubt.

MAN DARF NICHT ZWEI KRÜGE NEBEN EINANDER STELLEN. R. Naḥman sagte: Man darf die Steine des Abortes43am Festtage zurechtlegen. Raba wandte gegen R. Naḥman ein: Man darf nicht zwei Krüge neben einander stellen und auf diese einen Kochtopf setzen!? Dieser erwiderte: Anders ist es da, weil man ein Zelt44macht. Rabba der Kleine sprach zu R. Aši: Demnach ist es erlaubt, am Festtage einen Sitz herzustellen, weil man kein Zelt macht!? Dieser erwiderte: Die Tora hat nur ein bleibendes Bauwerk verboten und nicht ein provisorisches, nur haben die Rabbanan beim provisorischen Bauwerk das bleibende berücksichtigt, hierbei45aber haben die Rabbanan es nicht berücksichtigt, wegen der Züchtigkeit. R. Jehuda sagte: Einen Feuerhaufen darf man von oben nach unten anrichten, nicht aber von unten nach oben46. Dasselbe gilt

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auch von einem Ei, einem Topfe, einem Bette und einem Kruge. Man darf einen Topf nicht mit einem Spane stützen, ebensowenig mit einer Tür.

»Mit einer Tür«, wie kommst du darauf!?

Sage vielmehr: ebensowenig eine Tür.

Die Rabbanan lehrten: Man darf einen Topf nicht mit einem Spane stützen, ebenso wenig eine Tür, weil das Holz nur zum Heizen verwandt werden darf; R. Šimo͑n erlaubt dies.

Man darf am Festtage kein Vieh mit einem Stocke treiben; R. Elea͑zar b.R. Šimo͑n erlaubt dies.

R. Elea͑zar b.R. Šimo͑n ist also der Ansicht seines Vaters, der vom Abgesonderten nichts hält?

Nein, bei diesem Falle pflichtet auch R. Šimo͑n bei, weil es den Anschein hat, als ginge man zum Markte47.

Der Dornstrauch ist nach R. Naḥman48verboten und nach R. Šešeth erlaubt. Alle stimmen überein, daß der feuchte verboten ist, sie streiten nur über den trocknen. Der es verbietet, sagt, das Holz sei nur zum Heizen zu verwenden, und der es erlaubt, sagt, es sei einerlei, ob er selber zum Braten49werwendet wird oder die Kohlen desselben zum Braten verwendet werden. Manche lesen: Alle stimmen überein, daß der trockne erlaubt ist, sie streiten nur über den feuchten. Einer verbietet es, weil ein solcher zum Heizen nicht verwendbar ist, und einer erlaubt es, weil man ihn ja zu einem großen Feuer verwenden kann. Die Halakha ist, der trockne ist erlaubt und der feuchte ist verboten.

Raba trug vor: Eine Frau darf nicht in den Holzstall gehen, um von da ein Schürholz zu holen; ferner darf man ein am Festtage zerbrochenes Schürholz nicht zum Heizen verwenden, weil man mit Geräten, nicht aber mit Bruchstücken von Geräten heizen darf.

Demnach ist Raba also der Ansicht R. Jehudas, der das Abgesonderte [verbietet], während doch Raba [am Festtage] zu seinem Diener sagte: Brate mir eine Ente man ilm ja zu einem großen Feuer verwenden kann. Die Halakha ist, der trockne ist erlaubt und der feuchte ist verboten.

vi R. ELIE͑ZER SAGT, MAN DÜRFE EIN SPÄNCHEN VON DEM VOR IHM LIEGENDEN NEHMEN, UM DAMIT IN DEN ZÄHNEN ZU STOCHERN. MAN DARF IM HOFE [BEFINDLICHE SPÄNE] ZUSAMMENLESEN UND FEUER MACHEN, DENN ALLES, WAS IM HOFE SICH BEFINDET, GILT ALS VORRÄTIGES; DIE WEISEN SAGEN, MAN DÜRFE NUR DAS VOR IHM LIEGENDE ZUSAMMENLESEN UND FEUER MACHEN. vii,1 MAN DARF KEIN FEUER HERVORBRINGEN, WEDER AUS HOLZ NOCH AUS STEINEN NOCH AUS ERDE NOCH AUS BACKSTEINEN NOCH AUS WASSER50. MAN DARF KEINE BACKSTEINE GLÜHEN, UM AUF IHNEN ZU BRATEN.

GEMARA. R. Jehuda sagte: Beim Viehfutter gibt es [am Šabbath]

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keine Zubereitung von Geräten51. R. Kahana wandte gegen R. Jehuda ein: Man darf Gewürzholz umhertragen, um daran zu riechen, oder damit einem Kranken zu fächeln; man darf es zerreiben und daran riechen, jedoch nicht abkneifen, um daran zu riechen; hat man aber abgekniffen, so ist man frei, wenn es auch verboten ist. Man darf es nicht abkneifen, um damit in den Zähnen zu stochern; hat man abgekniffen, so ist man em Sündopfer schuldig!? Dieser erwiderte: Schon [die Lehre,] man sei deswegen frei, jedoch sei es von vornherein verboten, wäre ein Einwand gegen mich, wozu noch [die Lehre,] man sei ein Sündopfer schuldig!? Aber diese Lehre handelt von hartem [Gewürzholz].

Ist denn hartes zerreibbar!?

[Diese Lehre] ist lückenhaft und rauß wie folgt lauten: Man darf es zerreiben und daran riechen, abschneiden und daran riechen. Diese Worte gelten nur von weichem [Gewürzholz], hartes aber darf man nicht abkneifen; hat man es abgekniffen, so ist man frei, wenn es auch von vornherein verboten ist; in den Zähnen zu stochern, darf man es nicht abkneifen; hat man es abgekniffen, so ist man ein Sündopfer schuldig.

Das Eine lehrt, man dürfe es abkneifen und daran riechen, und ein Anderes lehrt, man dürfe es nicht abkneifen, um daran zu riechen!? R. Zera erwiderte im Namen R. Ḥisdas: Das ist kein Widerspruch; das eine gilt von weichem und das andere gilt von hartem. R. Aḥa b.Ja͑qob wandte ein: Weshalb nicht bei hartem, womit ist es denn hierbei anders, als bei folgender Lehre, die wir gelernt haben: Man darf das Faß zerbrechen, um von den Dörrfeigen zu essen, nur darf man nicht beabsichtigen, daraus ein Gefäß52zu machen!? Ferner erzählten auch Raba b.R. Ada und Rabin b.R. Ada: Als wir bei R. Jehuda waren, spaltete er für uns einzelne Zweige ab und gab sie uns, obgleich sie als Stiele zu einem Beil oder einer Axt verwendbar sind.

Das ist kein Einwand; das eine nach R. Elie͑zer und das andere nach den Rabbanan. Es wird nämlich gelehrt: R. Elie͑zer sagt, man dürfe ein Spänchen von den vor ihm liegenden nehmen, um damit in den Zähnen zu stochern; die Weisen sagen, man dürfe dazu nur [einen Strohhalm] aus der für das Vieh [bestimmten] Krippe nehmen. Sie stimmen überein, daß man es nicht abkneifen darf. Hat man es abgekniffen, um damit in den Zähnen zu stochern, oder eine Tür zu öffnen, so ist man, wenn versehentlich am Šabbath, ein Sündopfer schuldig, und wenn vorsätzlich am Festtage, so erhält man die vierzig [Geißelhiebe]

so R. Elie͑zer; die Weisen sagen, sowohl in dem einen als auch in dem anderen Falle sei es nur des Feierns wegen verboten. Nach R. Elie͑zer, nach dem man hierbei ein Sündopfer schuldig ist, ist [das Abkneifen von Gewürzholz] straffrei, jedoch verboten; nach den Rabbanan, nach denen es hierbei straffrei, jedoch verboten ist, ist jenes von vornherein erlaubt.

Hält denn R. Elie͑zer nichts von folgender Lehre, die wir gelernt haben: Man darf ein Faß zerbrechen, um von den Dörrfeigen zu essen, nur darf man nicht beabsichtigen, daraus ein Gefäß zu machen!? R. Aši erwiderte: Dies gilt von einem geklebten53.

MAN DARF IM HOFE [BEFINDLICHE SPÄNE] ZUSAMMENLESEN. Die Rabbanan lehrten: Man darf im Hofe [befindliche Späne] zusammenlesen und Feuer machen, denn alles, was im Hofe sich befindet, gilt als Vorrätiges, nur darf man nicht ganze Haufen sammeln; R. Šimo͑n erlaubt dies.

Worin besteht ihr Streit?

Einer ist der Ansicht, dies hat den Anschein, als sammle man für morgen und übermorgen, und einer ist der Ansicht, dagegen zeuge ja der [bereitstehende] Kochtopf.

MAN DARF KEIN FEUER HERVORBRINGEN &C. Aus welchem Grunde?

Weil man etwas am Festtage erzeugt.

MAN DARF KEINE BACKSTEINE GLÜHEN. Was macht man denn dabei!? Rabba b.Bar Ḥana erwiderte im Namen R. Joḥanans: Hier handelt es sich um neue Backsteine, weil man sie noch untersuchen54muß. Manche

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erklären: Weil man sie noch härten muß55.

Dort haben wir gelernt: Hat man [ein Geflügel] getreten oder an die Wand geschlagen oder hat ein Tier es getreten und es zappelt, so ist es, wenn es von Stunde bis zur Stunde56gelebt und man es dann geschlachtet hat, tauglich. R. Elea͑zar b.Janaj sagte im Namen des R. Elea͑zar b. Antigonos: Man muß es jedoch untersuchen57. R. Jirmeja fragte R. Zera: Darf man es am Festtage schlachten: setzten wir am Festtage eine Untauglichkeit voraus oder nicht? Dieser erwiderte: Wir haben es gelernt: Man darf keine Backsteine glühen, um auf ihnen zu braten. Und auf unsere Frage, was man denn dabei verrichte, erwiderte Rabba b.Bar Ḥana im Namen R. Joḥanans, hier handle es sich um neue Backsteine, weil man sie noch untersuchen muß. Jener entgegnete: Wir lehren: weil man sie noch härten muß.

Dort haben wir gelernt: Wenn einer das Feuer holt, einer das Holz holt, einer den Topf aufstellt, einer das Wasser holt, einer das Gewürz hineintut und einer durchrührt, so sind sie alle schuldig.

Es wird ja aber gelehrt, der letzte sei schuldig und alle übrigen frei!?

Das ist kein Widerspruch; das eine, wenn das Feuer zuerst geholt wurde, und das andere, wenn das Feuer zuletzt geholt wurde58.

Einleuchtend ist es von allen übrigen, denn sie verrichten eine Arbeit, was aber macht der, der den Topf aufsetzt!? R.Šimo͑n b.Laqiš erwiderte: Hier handelt es sich um einen neuen Topf, und zwar haben sie hier [das Verbot] des Glühens von Backsteinen angewandt.

Die Rabbanan lehrten: Neue Öfen und Herde gleichen allen anderen Geräten, die man im Hofe umhertragen darf: man darf sie aber nicht mit Öl schmieren, nicht mit einem Lappen putzen und nicht mit kaltem [Wasser] kühlen, um sie zu härten; wenn aber, um zu backen59, so ist es erlaubt.

Die Rabbanan lehrten: Man darf Kopf und Füße abbrühen und sie im Feuer sengen, jedoch nicht mit Ton, Erde oder Kalk bestreichen, auch nicht [das Haar] mit einer Schere abschneiden. Ferner darf man Kräuter nicht mit der dazu bestimmten Schere beschneiden, wohl aber darf man den Kindos60und die Kardone putzen. Man darf einen Stubenofen heizen und darin backen, und Wasser in einem Antiche61auf-wärmen; man darf aber nicht in einem neuen Stubenofen backen, da er platzen könnte62.

Die Rabbanan lehrten: Man darf das [Feuer] nicht mit einem Blasebalg anfachen, wohl aber darf man es mit einem Rohr anfachen. Ferner darf man keinen Spieß ausbessern und nicht anspitzen. Die Rabbanan lehrten: Man darf kein Rohr spalten, um darauf einen Salzfisch zu braten; wohl aber darf man eine Nuß in einem Lappen aufknacken, und man berücksichtige nicht, es könnte zerreißen.

vii,2 FERNER SAGTE R. ELIE͑ZER, MAN DÜRFE IM SIEBENTJAHRE AM VORABEND

Blatt 34b

DES ŠABBATHS AM TROCKENPLATZE STEHEN UND SAGEN: DAVON WERDE ICH MORGEN ESSEN. DIE WEISEN SAGEN, MAN MÜSSE GENAU BEZEICHNEN UND SAGEN: VON DA BIS DA.

GEMARA. Dort haben wir gelernt: Wenn Kinder am Vorabend des Šabbaths [auf dem Felde] Feigen verwahrt und zu verzehnten vergessen haben, so darf man sie [auch] nach dem Šabbath nur dann63essen, wenn man sie verzehntet hat. Ferner wird gelehrt: Wenn jemand durch seinen Hof Feigen zum Trocknen führt, so dürfen seine Kinder und Familienangehörigen davon gelegentlich zehntfrei essen. Raba fragte R. Naḥman: Macht der Šabbath eine Sache, die noch nicht fertig ist, zehntpflichtig: sagen wir, er mache auch eine Sache, die noch nicht fertig ist, zehntpflichtig, weil es heißt:64du sollst den Šabbath eine Wonne65nennen, oder macht er nur eine Sache, die fertig ist, zehntpflichtig, nicht aber eine Sache, die nicht fertig ist? Dieser erwiderte: Der Šabbath macht zehntpflichtig sowohl eine Sache, die fertig ist, als auch eine Sache, die nicht fertig ist. Jener entgegnete: Vielleicht gleicht der Šabbath dem Hofe: wie der Hof nur eine fertige Sache zehntpflichtig macht, ebenso macht auch der Šabbath nur eine fertige Sache zehntplichtig!? Dieser erwiderte: Wir haben eine deutliche Lehre, der Šabbath mache zehntpflichtig, einerlei ob die Sache fertig ist oder die Sache nicht fertig ist. Mar Zuṭra, Sohn des R. Naḥman, sprach: Auch wir haben gelernt: Ferner sagte R. Elie͑zer, man dürfe im Siebentjahre am Vorabend des Šabbaths am Trockenplatze stehen &c. Nur im Siebentjähre, in dem der Zehnt nicht entrichtet wird, in den übrigen Jahren des Septenniums aber ist es demnach verboten. Doch wohl aus dem Grunde, weil der Šabbath zehntpflichtig macht.

Nein, anders ist es hierbei; da man gesagt hat: davon werde ich morgen essen, so hat man es zehntpflichtig gemacht.

Weshalb lehrt er es demnach vom Šabbath, dies gilt ja auch am Wochentage!?

Er lehrt uns folgendes: das Unverzehntete ist hinsichtlich

Blatt 35a

des Šabbaths Vorrätiges, denn, wenn man übertreten und [den Zehnten] abgesondert hat, ist es fertig.

Man legt ja aber das Übrigbleibende zurück, und wir wissen von R. Elie͑zer, daß er der Ansicht ist, wenn das Übrigbleibende zurückgelegt wird, werde es nicht zehntpflichtig!? Wir haben nämlich gelernt: Wer Oliven vom Behälter nimmt, darf sie einzeln in Salz tunken und unverzehntet essen; wenn er aber [ungefähr] zehn eingetunkt und vor sich legt, so sind sie zehntpflichtig. R. Elie͑zer sagt, aus einem reinen Behälter seien sie zehntpflichtig, aus einem unreinen seien sie zehntfrei, weil er66Mas Übrigbleibende zurück [in den Behälter] legt. Und auf unseren Einwand, wodurch sich denn der Anfangssatz vom Schlußsatze67unterscheide, erwiderte R. Abahu, der Anfangssatz spreche von einem reinen Behälter und einer unreinen Person, die sie68nicht zurücklegen kann, und der Schlußsatz spreche von einem unreinen Behälter und einer unreinen Person, die sie zurücklegen kann.

Unsere Mišna spricht ebenfalls von einem reinen Trockenplatze und einer unreinen Person, die sie nicht zurückbringen kann.

Sie sind ja bereits zurückgebracht69!? Vielmehr, erwiderte R. Šimi b.Aši, ist von R. Elie͑zer nichts zu beweisen, denn er vertritt hierbei seine Ansicht, daß nämlich schon die Hebe zehntpflichtig niache, und um so mehr der Šabbath. Wir haben nämlich gelernt: Wenn man von Früchten die Hebe abgesondert hat, bevor sie fertig70waren, so ist es nach R. Elie͑zer verboten, von diesen gelegentlich [unverzehntet] zu essen; die Weisen erlauben dies.

Komm und höre [eine Stütze] vom Schlußsatze: Die Weisen sagen, man müsse genau bezeichnen und sagen: Von da bis da. Nur am Vorabend im Siebentjähre, in dem der Zehnt nicht entrichtet wird, in den übrigen Jahren des Septenniums aber, in denen der Zehnt entrichtet wird, ist es demnach verboten. Doch wohl aus dem Grunde, weil der Šabbath zehntpflichtig macht.

Nein, anders ist es hierbei; da man gesagt hat: von da bis da werde ich morgen essen, so hat man es zehntpflichtig gemacht.

Weshalb lehrt er es demnach vom Šabbath, dies gilt ja auch am Wochentage!?

Er lehrt uns folgendes: das Unverzehntete ist hinsichtlich des Šabbaths Vorrätiges, denn, wenn man übertreten und [den Zehnten] abgesondert hat, ist es fertig.

Ich will auf einen Widerspruch hinweisen: Wer eine Traube essend aus dem Garten in den Hof71geht, darf, wie R. Elie͑zer sagt, [das Essen] beenden, und wie R. Jehošua͑ sagt, nicht beenden. Dunkelt die Nacht zum Šabbath, so darf er es, wie R. Elie͑zer sagt, beenden, und wie R. Jehošua͑ sagt, nicht beenden.

Da wird auch der Grund angegeben: R. Nathan sagte: Wenn R. Elie͑zer sagt, er beende es, so ist dies nicht zu verstehen, er beende es im Hofe, vielmehr verlasse er den Hof und beende es, und wenn R. Elie͑zer sagt, er beende es, so ist dies nicht zu verstehen, er beende es am Šabbath, vielmehr warte er bis zum Ausgange des Šabbaths und beende es dann72.

Als Rabin kam, sagte er im Namen R. Joḥanans: Ob der Šabbatli, ob die Hebe, ob der Hof, ob der Kauf, sie alle machen nur das zehntpflichtig, was fertig ist. Der Šabbath, dies schließt die Ansicht Hillels aus, denn wir haben gelernt: Wenn jemand Früchte von einem Orte nach einem anderen führt und die Heiligkeit des Tages eintritt, so sind sie, wie R. Jehuda sagt, nach Hillel allein verboten. Der Hof, dies schließt die

Blatt 35b

Ansicht R. Ja͑qobs aus, denn wir haben gelernt: Wenn jemand durch seinen, Hof Feigen zum Trocknen führt, so dürfen seine Kinder und Familienangehörigen gelegentlich davon zehntfrei essen. Hierzu wird gelehrt, man sei nach R. Ja͑qob [zum Zehnten] verpflichtet und nach R. Jose b. R. Jehuda frei. Die Hebe, dies schließt die Ansicht R. Elie͑zers aus, denn wir haben gelernt: Wenn man von Früchten die Hebe abgesondert, bevor sie fertig73waren, so ist es nach R. Elie͑zer verboten, von diesen gelegentlich [unverzehntet] zu essen; die Weisen erlauben dies. Der Kauf, wie gelehrt wird: Wer Feigen in einer Ortschaft, wo die meisten Leute sie pressen, von einem Manne aus dem gemeinen Volke74 kauft, darf gelegentlich davon essen, und verzehnte sie als Demaj. Hieraus ist dreierlei zu entnehmen: es ist zu entnehmen, daß der Kauf nur das, was fertig ist, zehntpflichtig mache, es ist zu entnehmen, daß die meisten Leute aus dem gemeinen Volke den Zehnten entrichten, und es ist zu entnehmen, daß man das von einem Manne aus dem gemeinen Volke herrührende Demaj verzehnte, auch wenn es nicht fertig ist. Dies schließt das aus, was wir gelernt haben: Wenn jemand mit seinem Nächsten Früchte tauscht, einer zum Essen und der andere zum Essen, einer zum Dörren und der andere zum Dörren, einer zum Essen und der andere zum Dörren, so sind sie [zum Zehnten] verpflichtet; R. Jehuda sagt, der zum Essen, sei verpflichtet, der zum Dörren, sei frei.


  1. Wenn man beispielsweise ein größeres Quantum braucht.↩︎

  2. So nach der richtigen Lesart mancher Texte; die kursierende Lesart u. die Erklärung der Kommentare sind falsch.↩︎

  3. Um die Öffentlichkeit zu vermeiden.↩︎

  4. Die Feier des Versöhnungstages beginnt am Vorabond vor Einbruch der Dunkelheit.↩︎

  5. Sie sind zum Verbrennen am Feste zu schade u. nur zur Verwendung nach dem Feste bestimmt.↩︎

  6. Das zum Verbrennen bestimmt ist.↩︎

  7. Die es zum Kneten ungeeignet machen.↩︎

  8. Das nicht eingebaut ist.↩︎

  9. Sondern sich auf dem Dache befindet.↩︎

  10. Die da nur zur Aufbewahrung liegen.↩︎

  11. Man rechnet mit dem Zurückbleibenden.↩︎

  12. Wajikra 23,34.↩︎

  13. Am Vorabend des Festes.↩︎

  14. Da das Gebot des Etrog nur am Tage Geltung hat.↩︎

  15. Weiblich heißt die breite, scharfe Seite, männlich die schmale, spitze Seite.↩︎

  16. Dieses hat gewöhnlich keine breite, scharfe Seite.↩︎

  17. Wenn die Öffnungen mit Ziegelsteinen geschlossen waren und einige am Feste herausfielen.↩︎

  18. Wenn die Ziegelsteine lose auf einander liegen.↩︎

  19. An Brunnen- und Kellertüren, die mit Stricken befestigt sind.↩︎

  20. Man darf daher das Messer nicht zum Zerschneiden des Knotens verwenden.↩︎

  21. Nach dem das Neuentstandene verboten ist.↩︎

  22. Nach dem das Neuentstandene erlaubt ist.↩︎

  23. Nach dem das Gerät nur zu seinem eigentl. Gebrauche fortbewegt werden darf.↩︎

  24. In einem Tonklumpen eine Höhlung eindrücken.↩︎

  25. Auch wenn es noch nicht gebrannt ist.↩︎

  26. Wenn sie auch ungebrannt für Flüssigkeiten nicht verwendbar sind, so sind sie immerhin für trockene Dinge zu verwenden; das kleine Lichtnäpfchen hingegen ist für andere Zwecke nicht verwendbar.↩︎

  27. Pešita, Name einer kleinen Münze (nach Payne-Smith indentisch mit dem span. Peséta), im Sprachgebrauche so viel wie Scheidemünze.↩︎

  28. Nach den Kommentaren wurden diese Tiegel in Form von Kugeln hergestellt, sodann gebrannt u. entzweigeschnitten; ungeteilt sind sie durch das Zusammensein mit einem Leichnam nicht unrein, weil der Innenraum geschlossen u. nur dieser für die Unreinheit empfänglich ist. Die Etymologie des stark variierenden Wortes חדניות ist dunkel, wahrscheinlich Ortsname.↩︎

  29. Ironi, v. עיר Stadt. Kleinstadt.↩︎

  30. Am selben Tage, doch nur zu Industriearbeiten, die am Festtage verboten sind.↩︎

  31. Zur Bereitung von Badewasser.↩︎

  32. Am Šabbath u. am Feste za baden; cf. Sab. Blatt 40a.↩︎

  33. Aus einem Lichte entstehen zwei.↩︎

  34. Wenn die beiden Enden des Dochtes sich in 2 Bassins befinden, so darf man ihn in der Mitte anstecken, da nicht ersichtlich ist, daß dies wegen der Teilung erfolgt.↩︎

  35. Cf. Schemot 12,38.↩︎

  36. Dewarim 13,18.↩︎

  37. Ijow 15.23.↩︎

  38. Von Ungeziefer reinigen.↩︎

  39. Damit er nicht anbrenne.↩︎

  40. Weil es den Anschein des Bauens hat.↩︎

  41. Die Ofentür wurde luftdicht verklebt.↩︎

  42. Da dort Ton sich befindet, u. die Bereitung desselben nicht erforderlich ist.↩︎

  43. Aus denen eine Art Sitz zurechtgelegt wurde.↩︎

  44. Da der 3. Topf ein Dach bildet.↩︎

  45. Beim Zurechtlegen der Steine im Abort.↩︎

  46. Man darf nicht zwei Holzscheite nebeneinander legen und oben ein drittes auflegen, da dies einem Zeltbau gleicht, vielmehr halte man das eine und lege zwei unter; ebenso hei den weiter genannten Gegenständen.↩︎

  47. Wörtl. zum Tanze, wohl wegen des bunten Treibens auf dem Marktplatze.↩︎

  48. Zur Benutzung am Feste.↩︎

  49. Der Dorn wird als Bratspieß benutzt.↩︎

  50. Über ein Verfahren, Feuer aus Wasser hervorzubringen, berichtet Donnolo, Ḥakhmoni, ed. Gastelli p. 28.↩︎

  51. Stroh, Stoppeln udgl. dürfen als Zahnstocher verwendet werden.↩︎

  52. Die Öffnung sorgfältig herstellen, um das Faß als Gefäß zu verwenden.↩︎

  53. Wenn das Faß beschädigt u. zusammengeklebt ist, sodaß die Verwendung als Gefäß nicht zu berücksichtigen ist. Im Texte מוסתקי Martix, Harz, wohl als Klebemittel verwendet.↩︎

  54. Ob sie das Brennen aushalten, und falls sie platzen, würde man am Feste nutzlos gearbeitet haben.↩︎

  55. Dies erfolgt durch das Glühen, sodaß man sie dadurch fertigstellt.↩︎

  56. Bis zur selben Stunde des folgenden Tages, dh. volle 24 Stunden.↩︎

  57. Ob die Verletzung nicht tötlich war.↩︎

  58. Im 1. Falle sind alle am Kochen beteihgt, im 2. Falle ist es nur dar letzte.↩︎

  59. Damit das Brot nicht anbrenne.↩︎

  60. Vieil. Kίνδος, eine wohirieichende Pflanze, wahrscheinl. aber verderbt aus קינרם Cynara L. Artischocke; auch die Übers, von עכבית ist nur vermutlich.↩︎

  61. Wahrscheinlich Antiochischer Kessel.↩︎

  62. Cf. Anm. 54 mut. mut.↩︎

  63. Obgleich man die Früchte, bevor sie ins Haus gekommen sind, gelegentlich zehntfrei essen darf; durch die Bestimmung für den Šabbath werden sie zehntpflichtig.↩︎

  64. Jeschajahu 58,13.↩︎

  65. Die Sahbathmahlzeit ist nie eine gelegentliche.↩︎

  66. Wie weiter erklärt wird, handelt es sich um einen Unreinen, der die von ihm berührten Früchte unrein macht.↩︎

  67. Auch in einen reinen Behälter kann man ja die übrigbleibenden Früchte zurücklegen.↩︎

  68. Die übrigbleibenden Früchte in den Behälter.↩︎

  69. Da die Mišna von dem Falle spricht, wenn man sie nicht angefaßt, sondern nur für den Šabbath bestimmt hat.↩︎

  70. Gebrauchsmäßig zubereitet u. daher zehntpflichtig.↩︎

  71. Der die Früchte zehntpflichtig macht.↩︎

  72. Dagegen handelt es sich in der oben angezogenen Lehre um den Fall, wenn die Früchte für den Šabbath bestimmt worden sind.↩︎

  73. Gebrauchsmäßig zubereitet u. daher zehntpflichtig.↩︎

  74. Der verdächtig ist, den Zehnten nicht zu entrichten.↩︎