Beitzah Kapitel 5

Der Talmud, Traktat (Massechet) Beitzah in deutscher Übersetzung von Lazarus Goldschmidt:

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Blätter / Dapim

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i MAN DARF AM FESTTAGE FRÜCHTE DURCH EINE LUKE HERABLASSEN1, JEDOCH NICHT AM ŠABBATH. MAN DARF FRÜGHTE WEGEN DER TRAUFE MIT GEFÄSSEN ZUDECKEN, DESGLEICHEN KRÜGE WEIN UND KRÜGE ÖL. MAN DARF AM ŠABBATH EIN GEFÄSS UNTER DIE TRAUFE STELLEN.

GEMARA. Es wurde gelehrt: R. Jehuda und R. Nathan [streiten]; einer liest »mašilin«2, und einer liest »mašḥilin«. Mar Zuṭra sprach: Wer »mašilin« liest, liest nicht falsch, und wer »mašḥilin« liest, liest nicht falsch. Wer »mašilin« liest, liest nicht falsch, denn es heißt:3denn deine Oliven fallen [jišal] ab; wer »mašḥilin« liest, liest nicht falsch, denn wir haben gelernt: Der šaḥul und der kasul; »šaḥul« heißt [ein Vieh], dessen Hüfte sich gelöst hat, »kasul« heißt eines, dessen eine Hüfte höher ist als die andere. R. Naḥmanb.Jiçḥaq sprach: Auch wer »maširin« liest, liest nicht falsch, wer »mašḥirin« liest, liest nicht falsch, und wer »manširin« liest, liest nicht falsch. Wer »maširin« liest, liest nicht falsch, denn wir haben gelernt: R. Jišma͑él sagt, ein Naziräer dürfe sich den Kopf nicht mit Ton reiben, weil er das Haar ausfallen [mašir] macht. Wer »mašḥirin« liest, liest nicht falsch, denn wir haben gelernt: Die Rasierzange4 und die Haarschneideschere sind verunreinigungsfähig, auch wenn sie geteilt wurden. Wer »manširin« liest, liest nicht falsch, denn wir haben gelernt: Wenn einem [am Šabbath] seine Kleider ins Wasser gefallen [našru] sind, so darf er oline Bedenken in ihnen gehen. Oder aus folgender Lehre: Was heißt Nachlese? Was beim Mähen herabfällt [nošer].

Wir haben gelernt: Man darf am Festtage Früchte durch eine Luke herablassen. Wieviel? R. Zera erwiderte im Namen R. Asis, und wie manche sagen, R. Asi im Namen R. Joḥanans: Wie wir gelernt haben: Man darf wegen der Gäste oder wegen der Störung des Studiums5 vier, sogar fünf Haufen Stroh oder Getreide forträumen.

Vielleicht ist es da anders, wo es sich um die Störung des Studiums handelt, nicht aber hierbei, wo keine Störung des Studiums vorliegt!? Oder aber, da aus dem Grunde6, weil kein Geldschaden vorliegt, hierbei aber, wo ein Geldschaden vorliegt, ist auch mehr erlaubt!? Oder umgekehrt, da sind [nur] vier oder fünf Haufen erlaubt, weil der Šabbath streng ist, und man nicht verleitet wird, ihn zu mißachten, am Festtage aber, der leichter ist, den zu mißachten man verleitet werden könnte, sollte überhaupt nichts erlaubt sein!?

Dort haben wir gelernt: Jedoch keine Scheune. Und Šemuél erklärte,

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unter »jedoch keine Scheune« sei zu verstehen, man dürfe sie nicht ganz7 ausräumen, weil man Vertiefungen ebnen könnte. Wie ist es nun hierbei: ist es nur am Šabbath verboten, weil er streng ist, nicht aber am Festtage, der leichter ist, oder aber: wenn es schon da verboten ist, wo eine Störung des Studiums vorliegt, um so mehr hierbei, wo eine Störung des Studiums nicht vorliegt? Ferner: hierbei haben wir gelernt, man dürfe am Festtage Früchte durch eine Luke herablassen, und hierzu sagte R. Naḥman, nur vom selben Dache, nicht aber von einem Dache nach einem anderen. Und desgleichen wird gelehrt, man dürfe keine [Früchte] von einem Dache nach einem anderen bringen, selbst wenn die Dächer gleichmäßig sind. Wie ist es nun da: ist es nur hierbei verboten, weil der Festtag leichter ist und man verleitet werden könnte, ihn zu mißachten, am Šabbath aber, der streng ist und den zu mißachten man nicht verleitet wird, ist es erlaubt, oder aber: wenn es schon hierbei verboten ist, wo eine Beschädigimg der Früchte vorliegt, um so mehr da, wo keine Beschädigung der Früchte vorliegt? Ferner: hierbei wird gelehrt, man dürfe [die Früchte] nicht mit Stricken durch Fenster herablassen und nicht mittels Leitern herabbringen. Wie ist es nun da: ist es nur hierbei, am Festtage, verboten, weil keine Störung des Studiums vorliegt, da aber, am Šabbath, wo eine Störung des Studiums vorliegt, ist es erlaubt, oder aber: wenn es schon hierbei, wo eine Beschädigung der Früchte vorliegt, verboten ist, um so mehr da, wo keine Beschädigung der Früchte vorliegt?

Dies bleibt unentschieden.

MAN DARF FRÜCHTE ZUDECKEN. U͑la sagte, sogar Schichten Ziegelsteine; R. Jiçḥaq sagte, nur Früchte, die ja verwendbar sind. R. Jiçḥaq vertritt hiermit seine Ansicht, denn R. Jiçḥaq sagte, man dürfe ein Gerät nur zum Behufs einer Sache fortbewegen, die man am Šabbath fortbewegen darf.

Wir haben gelernt: Man darf Früchte mit Gefäßen zudecken. Nur Früchte, aber keine Schichten Ziegelsteine!?

Dasselbe gilt auch von Schichten Ziegelsteinen, da er aber im Anfangssatze lehrt, man dürfe Früchte herablassen, so lehrt er auch im Schlußsatze, man dürfe Früchte zudecken.

Wir haben gelernt: Desgleichen Krüge Wein8 und Krüge Öl!?

Hier handelt es sich um Unverzehntetes9.

Dies ist auch einleuchtend; wolltest du sagen, Krüge Wein und Krüge Öl, die erlaubt sind, so lehrt er es ja bereits im Anfangssatze von Früchlen.

Von Krügen Wein und Krügen Öl ist dies besonders zu lehren nötig: man könnte glauben, sie haben nur einen erheblichen Schaden10berücksichtigt, nicht aber haben sie einen unerheblichen Schaden berücksichtigt, so lehrt er uns.

Wir haben gelernt: Man darf am Šabbath ein Gefäß unter die Traufe11stellen!?

Wenn die Traufe verwendbar ist.

Komm und höre: Man darf am Šabbath Matten über Ziegelsteine ausbreiten!?

Wenn sie von einem Bauwerke zurückgeblieben sind und man sich auf sie lehnen kann.

Komm und höre: Man darf am Šabbath Matten über Steine ausbreiten!?

Wenn die Steine eckig und für den Abort verwendbar sind.

Komm und höre: Man darf am Šabbath eine Matte über einen Bienenstock ausbreiten, bei Sonnenschein, wegen der Sonne, und bei Regen, wegen des Regens; jedoch darf man nicht beabsichtigen, [die Bienen] einzufangen!?

Da ebenfalls, wenn Honig darin ist. R. U͑qaba aus Mesan sprach zu R. Aši: Allerdings im Sommer, wo Honig darin ist, wie ist es aber hinsichtlich der Regenzeit zu erklären!?

Wegen der zwei Honigscheiben12.

Diese zwei Honigscheiben sind ja aber Abgesondertes!?

Hier handelt es sich um den Fall, wenn man sich deren Gebrauch vorbehalten hat.

Weshalb lehrte er, wenn es demnach verboten ist, falls man es sich nicht vorbehalten hat, man dürfe nicht beabsichtigen, [die Bienen] einzufangen, er sollte doch einen Unterschied beim ersten Falle selbst lehren: diese Worte gelten nur, wenn man sich [den Gebrauch] vorbehalten hat, wenn man es sich aber nicht vorbehalten hat, ist es verboten!?

Er meint es wie folgt: selbst wenn man sich den Gebrauch vorbehalten hat, darf man nicht beabsichtigen, [die Bienen] einzufangen.

Wie ist, wo du es R. Jehuda addiziert hast, der vom Abgesonderten nichts hält, der Schlußsatz zu erklären: nur darf man nicht beabsichtigen, [die Bienen] einzufangen; dies ist ja nach R. Šimon, welcher sagt, die unbeabsichtigte Tätigkeit sei erlaubt!?

Glaubst du, nach R. Šimo͑n? Abajje und Raba sagten ja beide, daß R. Šimo͑n in [einem Falle gleich] dem Kopfabschlagen ohne zu töten13beipflichtel? Tatsächlich das ganze nach R. Jehuda, und hier handelt es sich um den Fall, wenn [der Bienenstock] Fensterchen14hat. Man lese nach R. Jehuda nicht:

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Jedoch darf man nicht beabsichtigen, [die Bienen] einzufangen, sondern: man darf [den Bienenstock] nicht zum Fangnetze machen15.

Selbstverständlich!?

Man könnte glauben, [das Fangen] sei nur bei einer Art verboten, die man gewöhnlich fängt, bei einer Art aber, die man gewöhnlich nicht fängt, sei es erlaubt, so lehrt er uns. R. Aši erwiderte: Lehrt er etwa: im Sommer und in der Regenzeit, er lehrt ja nur: bei Sonnenschein wegen der Sonne und bei Regen wegen des Regens!? Beides kommt in den Tagen des Nisan und in den Tagen des Tišri vor, wo sowohl Sonne und Regren als auch Honiff vorhanden ist.

MAN DARF AM ŠABBATH EIN GEFÄSS UNTER DIE TRAUFE STELLEN. Es wird gelehrt: Wird das Gefäß voll, so darf man es ohne Aufhör ausgießen und wieder unterstellen. In die Mühlen s tube Abajjes rieselte der Regen herein, und als er vor Rabba kam, sprach dieser zu ihm: Geh, bringe da dein Bett hinein, damit [die Mühle] für dich einem Kotbecken16gleiche, sodann darfst du sie hin ausbringen. Darauf saß Abajje und warf die Frage auf: Darf man denn etwas von vornherein zum Kotbecken machen!? Als aber währenddessen die Mühle Abajjes einstürzte, sprach er: Geschieht mir recht, da ich die Worte des Meisters übertreten habe.

Šemuél sagte: Das Kotbecken und das Uringefäß darf man auf den Misthaufen hinausbringen, und wenn man sie zurückbringt, gieße man Wasser hinein17und bringe sie zurück. Hieraus folgerten sie, daß man das Kotbecken nur wegen des Gefäßes hinausbringen darf, [den Kot] besonders aber nicht. Aber komm und höre: Als man einst im Gewürze R. Ašis eine Maus fand, sprach er: Faßt sie am Scliwanze und bringt sie fort.

ii WESWEGEN MAN AM ŠABBATH SCHULDIG18IST, OB DES FEIERNS19WEGEN, OB ES EIN FREIGESTELLTES20IST, OB ES EIN GEBOT21IST, DESWEGEN IST MAN AUCH AM FESTTAGE SCHULDIG. FOLGENDES DES FEIERNS WEGEN: MAN DARF AUF KEINEN BAUM STEIGEN, AUF KEINEM TIERE REITEN, NICHT AUF DEM WASSER SCHWIMMEN, NICHT IN DIE HÄNDE KLATSCHEN, NICHT IN DIE HÜFTEN SCHLAGEN UND NICHT TANZEN. FOLGENDES ALS FREIGESTELLTES: MAN DARF KEINE GERICHTSVERHANDLUNG ABHALTEN, SICH KEINE FRAU ANTRAUEN, DIEALIÇA NICHT ERTEILEN UND DIE SCHWAGEREHE NICHT VOLLZIEHEN. FOLGENDES ALS GEBOT: MAN DARF NICHTS DEM HEILIGTUME WEIHEN, KEIN SCHÄTZGELÜBDE TUN, KEIN BANNGELÜBDE22TUN, UND NICHT DIE HEBE UND DEN ZEHNTEN ABHEBEN. DIES ALLES SAGTEN SIE VOM FESTTAGE, UND UM SO MEHR GILT DIES VOM ŠABBATH. DER FESTTAG UNTERSCHEIDET SICH VOM ŠABBATH NUR HINSICHTLICH DER [BEREITUNG VON] SPEISEN.

GEMARA. MAN DARF AUF KEINEN BAUM STEIGEN. Weil man etwas abpflücken könnte.

AUF KEINEM TIERE REITEN. Weil man außerhalb des Šabbathgebietes hinauskommen könnte. Hieraus wäre zu entnehmen, das [Gesetz vom] Šabbathgebiete sei aus der Tora!?

Vielmehr, weil man eine Gerte abschneiden könnte.

NICHT AUF DEM WASSER SCHWIMMEN. Weil man einen Schwimmschlauch anfertigen könnte.

NICHT IN DIE HÄNDE KLATSCHEN, NICHT IN DIE HÜFTEN SCHLAGEN UND NICHT TANZEN. Weil man Musikinstrumente anfertigen könnte.

FOLGENDES ALS FREIGESTELLTES: MAN DARF KEINE GERICHTSVERHANDLUNG ABHALTEN. Man übt ja ein Gehet aus!?

In dem Falle, wenn ein Geeigneterer vorhanden ist.

SICH KEINE FRAU ANTRAUEN. Man übt ja ein Gebot aus!?

In dem Falle, wenn man Frau und Kinder hat.

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DIEALIÇA NICHT ERTEILEN UND DIE SCHWAGEREHE NICHT VOLLZIEHEN. Man übt ja ein Gehot aus!?

In dem Falle, wenn ein älterer [Bruder] vorhanden ist, und es ist Gebot, daß der ältere die Schwagerehe vollziehe.

Weshalb ist dies alles [verboten]?

Weil man zum Schreiben veranlaßt werden könnte.

FOLGENDES ALS GEBOT: MAN DARF NICHTS DEM HEILIGTUME WEIHEN, KEIN SCHÄTZGELÜBDE TUN, KEIN BANNGELÜBDE TUN. Mit Rücksicht auf Kauf und Verkauf.

NICHT DIE HEBE UND DEN ZEHNTEN ABHEBEN. Selbstverständlich!?

R. Joseph lehrte, selbst in dem Falle, wenn man sie am selben Tage dem Priester23gibt. Dies gilt aher nur von Früchten, die seit dem Tage vorher zehntpflichtig waren, von Früchten aber, die erst jetzt zehntpflichtig werden, beispielsweise die Teighebe vom Teige, darf man sie absondern und dem Priester geben.

Sind denn jene nur Freigestelltes und nicht des Feierns wegen [verboten], und sind denn diese nur Gebote und nicht des Feierns wegen [verboten]!? R. Jiçḥaq erwiderte: Dies ist als selbstverständlich zu verstehen: selbstverständlich ist das des Feierns wegen Verbotene verboten, aber auch Freigestelltes ist des Feierns wegen verboten; und selbstverständlich ist Freigestelltes des Feierns wegen verboten, aber auch ein Gebot ist des Feierns verboten.

DIES ALLES SAGTEN SIE VOM FESTTAGE. Ich will auf einen Widerspruch hinweisen: Man darf am Festtage Früchte durch eine Luke herablassen, jedoch nicht am Šabbath!? R. Joseph erwiderte: Das ist kein Widerspruch; das eine nach R. Elie͑zer und das andere nach R. Jehošua͑. Es wird nämlich gelehrt: Wenn ein [Vieh] und sein Junges in eine Grube gefallen24 sind, so hole man, wie R. Elie͑zer sagt, das eine herauf, um es zu schlachten, und schlachte es, und das andere füttere man an Ort und Stelle, damit es nicht verende. R. Jehošua͑ sagt, man bediene sich einer List: man hole eines herauf, um es zu schlachten, schlachte es aber nicht, sodann hole man das andere herauf und schlachte, welches man will. Abajje sprach zu ihm: Wieso denn, vielleicht ist R. Elie͑zer dieser Ansicht nur da, wo man [das Vieh] füttern kann, nicht aber hierbei, wo dies nicht möglich ist. Oder vielleicht ist R. Jehošua͑ dieser Ansicht nur da, wo man sich einer List bedienen kann, nicht aber hierbei, wo dies nicht möglich ist. Vielmehr, erwiderte R. Papa, das ist kein Widerspruch; das eine nach der Schule Šammajs und das andere nach der Schule Hillels. Wir haben nämlich gelernt: Die Schule Šammajs sagt, man dürfe nicht [am Feste] ein Kind, einen Feststrauß oder eine Torarolle auf öffentliches Gebiet hinaustragen; die Schule Hillels erlaubt dies.

Vielleicht aber ist dem nicht so; die Schule Šammajs sagt dies nur vom Hinaustragen, nicht aber von der Fortbewegung!?

Erfolgt etwa nicht die Fortbewegung wegen des Hinaustragens!?

iii VIEH UND GERÄTE GLEICHEN DEN FÜSSEN DES EIGENTÜMERS25. WENN JEMAND EIN VIEH SEINEM SOHNE ODER EINEM HIRTEN ÜBERGIBT, SO GLEICHEN DIESE DEN FÜSSEN DES EIGENTÜMERS. GERÄTE, DIE FÜR EINEN DER BRÜDER IM HAUSE BESTIMMT SIND, GLEICHEN SEINEN FÜSSEN, DIE NICHT BESTIMMT SIND, DÜRFEN [DAHIN GEBRACHT WERDEN, WO ALLE] HINGEHEN DÜRFEN. iv WENN JEMAND AM VORABEND DES FESTES VON SEINEM NÄCHSTEN EIN GERÄT BORGT, SO GLEICHT ES DEN FÜSSEN DES BORGENDEN; WENN AM FESTTAGE, SO GLEICHT ES DEN FÜSSEN DES VERBORGENDEN. WENN EINE FRAU VON IHRER NÄCHSTEN GEWÜRZ, WASSER ODER SALZ ZU IHREM TEIGE BORGT, SO GLEICHT DIESES DEN FÜSSEN BEIDER26; R. JEHUDA ENTBINDET BEIM WASSER, WEIL NICHTS WESENTLICHES DARAN IST.

GEMARA. Unsere Mišna lehrt nicht nach R. Dosa, denn es wird gelehrt:

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R. Dosa, wie manche sagen, Abba Šaúl, sagte: Wenn jemand am Vorabend des Festes von seinem Nächsten ein Vieh kauft, so gleicht es den Füßen des Käufers, obgleich jener es ihm erst am Festtage übergibt; wenn jemand ein Vieh einem Hirten übergibt, so gleicht es den Füßen des Hirten, obgleich er es ihm erst am Festtage übergibt.

Du kannst auch sagen, nach R. Dosa, dennoch besteht hier kein Widerspruch; das eine gilt von einem Hirten und das andere gilt von zwei Hirten27. Dies ist auch zu beweisen, denn er lehrt: seinem Sohne28oder einem Hirten. Schließe hieraus. Rabba b.Bar Ḥana sagte im Namen R. Joḥanans: Die Halakha ist wie R. Dosa.

Kann R. Joḥanan dies denn gesagt haben, er sagte ja, die Halakha sei wie die anonyme Mišna, und eine solche lehrt ja, Vieh und Geräte gleichen den Füßen des Eigentümers!?

Haben wir etwa nicht erklärt, das eine gelte von einem Hirten und das andere gelte von zwei Hirten!?

Die Rabbanan lehrten: Wenn zwei gemeinsam ein Gewand geborgt haben, einer, um in diesem morgens ins Lehrhaus zu gehen und einer um in diesem abends zu einem Gastmahle zu gehen, und einer einen E͑rub in der Nordseite gemacht hat, und einer einen E͑rub in der Südseite gemacht hat, so darf derjenige, der den E͑rub in der Nordseite gemacht hat, es nördlich so weit tragen wie derjenige, der den E͑rub in der Südseite gemacht hat, und derjenige, der den E͑rub in der Südseite gemacht hat, es südlich so weit tragen wie derjenige, der den E͑rub in der Nordseite gemacht hat. Haben sie das Gebiet geteilt und in die Mitte29genommen, so dürfen sie es nicht von der Stelle rühren.

Es wurde gelehrt: wenn zwei gemeinsam ein Faß und Vieh gekauft haben, so ist, wie Rabh sagt, das Faß erlaubt30und das Vieh verboten, und wie Šemuél sagt, das Faß ebenfalls verboten.

Welcher Ansicht ist Rabh: ist er der Ansicht, es gebe eine fiktive31Feststellung, so sollte auch das Vieh erlaubt sein, und ist er der Ansicht, es gebe keine fiktive Feststellung, so sollte auch das Faß verboten sein!?

Tatsächlich ist er der Ansicht, es gebe eine fiktive Feststellung, anders ist es aber bei einem Vieh, da die Gebiete32voneinander ihre Nahrung ziehen. R. Kahana und R. Asi Sprachen zu Rabh: Sie haben also das Verbot des Abgeordneten nicht berücksichtigt und das Verbot hinsichtlich des Šabbathgebietes berücksichtigt!? Da schwieg Rabh.

Wie bleibt es nun damit?

R. Hošaja sagt, es gebe eine fiktive Feststellung, und R. Joḥanan sagt, es gebe keine fiktive Feststellung.

Wir haben gelernt: Befindet sich der Leichnam33in einem Hause, das mehrere Türen hat, so ist [der Hohlraum] aller Türen unrein, wird eine derselben geöffnet, so ist diese unrein und alle übrigen sind rein; hat man beschlossen, ihn durch eine derselben oder durch ein vier zu vier [Handbreiten] großes Fenster hinauszubringen, so schützt diese alle übrigen Türen. Die Schule Šammajs sagt, dies nur, wenn man es noch vor seinem Tode beschlossen hatte; die Schule Hillels sagt, auch wenn nach seinem Tode. Und hierzu wurde gelehrt: R. Hošaja sagte, nur die Geräte, die nachher34hineinkommen, sind rein. Nur nachher, rückwirkend aber nicht!?

Wende es um: R. Hošaja sagt, es gebe keine fiktive Feststellung, und R. Joḥanan sagt, es gebe eine fiktive Feststellung.

Ist R. Joḥanan denn der Ansicht, es gebe eine fiktive Feststellung. R. Asi sagte ja im Namen R. Joḥanans: Brüder, die [eine Erbschaft] geteilt35haben, gelten als Käufer und müssen im Jobeljahre36einander zurückerstatten37. Wolltest du sagen, R. Joḥanan halte nichts von der fiktiven Feststellung bei einem Gebote der Tora, wohl aber bei einem rabbanitischen, so lehrte ja Ajo: R. Jehuda sagt, niemand könne sich bedingungsweise zwei Eventualitäten gleichzeitig vorbehalten38«; vielmehr, kommt der Gelehrte aus der Ostseite, so ist sein E͑rub nach Osten gültig, und wenn aus der Westseite, so ist sein E͑rub nach Westen gültig, jedoch nicht da und dort. Dagegen

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wandten wir ein: Da und dort wohl deshalb nicht, weil es keine fiktive Feststellung gibt, ebeso sollte es keine fiktive Feststellung geben, auch wenn nach Osten oder Westen!? Und R. Joḥanan erwiderte: Wenn der Gelehrte bereits eingetroffen war. Hieraus, daß R. Joḥanan von der fiktiven Feststellung nichts hält!?

Vielmehr, tatsächlich wende man es39nicht um, aber R. Hošaja hält nichts von der fiktiven Feststellung nur bei einem Gebote der Tora, wohl aber hält er davon bei rabbanitischen. Mar Zuṭra trug vor: Die Halakha ist wie R. Hošaja. Šemuél sagte: Der Ochs eines Züchters gleicht den Füßen jedermanns40, der des Hirten gleicht den Füßen der Stadtleute.

WENN JEMAND AM VORABEND DES FESTES VON SEINEM NÄCHSTEN EIN GERÄT BORGT. Selbstverständlich!?

Dies ist wegen des Falles nötig, wenn er es ihm erst am Festtage übergibt; man könnte glauben, es sei nicht in seinen Besitz übergegangen, so lehrt er uns. Dies ist eine Stütze für R. Joḥanan, denn R. Joḥanan sagte: Wenn jemand am Vorabend des Festes von seinem Nächsten ein Gerät borgt, so gleicht es den Füßen des Borgenden, auch wenn er es ihm erst am Festtage übergibt.

WENN AM FESTTAGE, SO GLEICHT ES DEN FÜSSEN DES VERBORGENDEN. Selbstverständlich!?

Dies ist wegen des Falles nötig, wenn er es von ihm häufig zu borgen pflegt; man könnte glauben, es sei in seinen Besitz übergegangen, so lehrt er uns. Dieser denkt nämlich: da er bisher nicht gekommen ist, so hat er wohl jemand anders gefunden, von dem er es borgt.

WENN EINE FRAU VON IHRER NÄCHSTEN BORGT. Als R. Abba [nach Palästina] hinaufgehen wollte, sprach er wie folgt: Möge es der Wille [Gottes] sein, daß ich etwas sage, was angenommen wird. Nachdem er hinaufgekommen war, traf er R. Joḥanan, R. Ḥanina b.Papi und R. Zera, und wie manche sagen, R. Abahu, R. Šimo͑n b.Pazi und R. Jiçḥaq den Schmied, die dasaßen und sagten: Weshalb denn, das Wasser und das Salz sollten doch dem Teige gegenüber ihre Wesentlichkeit verlieren!? Da sprach R. Abba zu ihnen: Sollte denn, wenn ein Kab Weizen des einen

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sich unter zehn eines anderen vermischt, dieser essen und sich freuen!? Als sie aber über ihn lachten, rief er: Habe ich euch etwa eure Röcke genommen!? Da lachten sie wiederum über ihn. R. Hošaja sprach: Sie hatten recht, daß sie über ihn lachten; von Weizen und Gerste sprach er wohl deshalb nicht, weil es verschiedene Arten sind, und eine Art sich in einer anderen Art sich verliert41, und dasselbe gilt auch von Weizen und Weizen. Zugegeben, daß es sich nach R. Jehuda nicht verliert, nach den Rabbanan aber verliert es sich42wohl, R. Saphra sprach zu ihm: Moše, du hast recht43. Jene haben jedoch das nicht gehört, was R. Ḥija aus Ktesiphon im Namen Rabhs gesagt hat, daß, wenn jemand in der Tenne seines Nächsten Geröll herausliest, er ihm den Wert des Weizens ersetzen44müsse. Also deshalb, weil er ihm das Quantum vermindert hat, ebenso hat er auch hierbei das Quantum vermindert45. Abajje sprach zu ihm: Unterscheidel denn der Meister nîclit zwischen dem Gelde, das man einfordern kann, und dem Gelde, das man nicht einfordern46kann!? Dieser erwiderte: Wie willst du nach deiner Ansicht [folgendes erklären]: R. Ḥisda sagte: Aas verliert sich unter Geschlachtetem47, weil Geschlachtetes nicht die Eigenschaft des Aases48annehmen kann; das Geschlachtete verliert sich unter Aas nicht, weil das Aas die Eigenschaft des Gesclilachteten49annehm en kann. Verliert es sich hierbei nicht, wenn es einen Eigentümer hat!? Wolltest du sagen, dem sei auch so, so wird ja gelehrt: R. Joḥanan b.Nuri sagte: Herrenlose Sachen erwerben ihr Šabbathgebiet50, und obgleich sie keinen Eigentümer haben, ist es ebenso, als hätten sie einen Eigentümer. Jener entgegnete: Willst du etwa ein rituelles Verbot mit einer Geldangelegenheit vergleichen!? Bei einem rituellen Verbote verliert sich [das Geringere], bei einer Geldangelegenheit aber nicht.

Was ist nun der Grund51?

Abajje erklärte, weil sie den Teig gemeinsam52bereiten könnten; Raba erklärte, weil Gewürze des Geschmacks wegen verwendet werden, und was einen Geschmack verleiht, sich nicht verliert; R. Aši erklärte, weil es eine Sache ist, wofür es ein

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Erlaubtwerden gibt, und wofür es ein Erlaubtwerden53gibt, verliert sich auch im Tausendfachen nicht.

R. JEHUDA ENTBINDET BEIM WASSER. Nur beim Wasser, beim Salz aber nicht; es wird ja aber gelehrt: R. Jehuda sagt, Wasser und Salz verlieren sich sowohl im Teige als auch in der gekochten Speise!?

Das ist kein Einwand; das eine gilt von Feinsalz und das andere gilt von Grobsalz54.

Es wird ja aber gelehrt: R. Jehuda sagt, Wasser und Salz verlieren sich im Teige, nicht aber in der gekochten Speise, weil diese dünn ist!?

Das ist kein Einwand; das eine gilt von einer dicken und das andere von einer dünnen.

v,1 EINE KOHLE GLEICHT DEN FÜSSEN DES EIGENTÜMERS55, EINE FLAMME56 ABER [GEHÖRT] ÜBERALL HIN. AN EINER KOHLE DES HEILIGTUMS BEGEHT MAN EINE VERUNTREUUNG, EINE FLAMME ABER DARF MAN NICHT NIESSBRAUCHEN, JEDOCH BEGEHT MAN DARAN KEINE VERUNTREUUNG. WENN MAN EINE KOHLE AUF ÖFFENTLICHES GEBIET HINAUSBRINGT, IST MAN SCHULDIG, WENN EINE FLAMME, IST MAN FREI.

GEMARA. Die Rabbanan lehrten: Fünferlei wurde von der Kohle gelehrt: eine Kohle gleicht den Füßen des Eigentümers, eine Flamme aber [gehört] überall hin; an einer Kohle des Heiligtums begeht man eine Veruntreuung, eine Flamme aber darf man nicht nießbrauchen, jedoch begeht man daran keine Veruntreuung; eine Kohle vom Götzendienste ist verboten, eine Flamme aber erlaubt; wenn man eine Kohle auf öffentliches Gebiet hinausbringt, ist man schuldig, wenn eine Flamme, ist man frei; wer sich den Genuß von seinem Nächsten abgelobt hat, dem ist seine Kohle verboten, seine Flamme aber erlaubt.

Weshalb ist eine Flamme vom Götzendienste erlaubt und eine des Heiligtums verboten?

Der Götzendienst ist widerwärtig und man hält sich davon fern, daher haben die Rabbanan dabei keine Maßnahme getroffen, das Heiligtum ist nicht Λviderwärtig und man hält sich davon nicht fern, daher haben die Rabbanan dabei eine Maßnahme getroffen.

WENN MAN EINE KOHLE AUF ÖFFENTLICHES GEBIET HINAUSBRINGT, IST MAN SCHULDIG, WENN EINE FLAMME, IST MAN FREI. Es Wird ja abcT gelehrt, wer eine Flamme irgend welcher Größe hinausbringt, sei schuldig!? R. Šešeth erwiderte: Wenn er sie an einem Spane hinausbringt.

Dann ist er ja wegen des Spans schuldig!?

Wenn er die Größe nicht hat. Wir haben nämlich gelernt: Wenn man Holz hinausbringt, als man damit ein leichtes Ei57kochen kann. Abajje erwiderte: Wenn er einen Gegenstand mit Öl bestreicht und es ansteckt.

Dann ist er ja wegen des Gegenstandes schuldig!?

Bei einer Scherbe.

Dann ist er ja wegen der Scherbe schuldig!?

Wenn sie die Größe nicht hat. Wir haben nämlich gelernt: Eine Scherbe, als man sie zwischen Bretter58 legt, so R. Jehuda.

Wie kann demnach der in unserer Mišna gelehrte Fall vorkommen, man sei frei, wenn man eine Flamme hinausbringt?

Wenn man sie beispielsweise auf öffentliches Gebiet hinausbläst59.

v,2 DER BRUNNEN EINES EINZELNEN GLEICHT DEN FÜSSEN60DES EINZELNEN, DER DER STADTLEUTE GLEICHT DEN FÜSSEN DER STADTLEUTE, UND DER DER AUSZÜGLER AUS BABYLONIEN GLEICHT DEN FÜSSEN DES SCHÖPFENDEN.

GEMARA. Raba wies R. Naḥman auf einen Widerspruch hin: Wir haben gelernt, der Brunnen eines Einzelnen gleiche den Füßen eines Einzelnen, und dem widersprechend [wird gelehrt], fließende Ströme und sprudelnde Quellen gleichen den Füßen jedermanns!? Raba erwiderte: [Unsere Mišna] handelt von angesammeltem Wasser. Es wird auch gelehrt: R. Ḥija b. Abin sagte im Namen Šemuéls, sie handele von angesammeltem Wasser.

DER DER AUSZÜGLER AUS BABYLONIEN GLEICHT DEN FÜSSEN DER SCHÖPFENDEN. Es wurde gelehrt: Wenn jemand schöpft und seinem Nächsten gibt, so gleicht es, wie R. Naḥman sagt, den Füßen dessen, für den es geschöpft wird, und wie R. Šešeth sagt, den Füßen dessen, der schöpft.

Worin besteht ihr Streit?

Einer ist der Ansicht, der Brunnen sei herrenlos61, und einer ist der Ansicht, der Brunnen sei gemeinschaftliches Eigentum. Raba wandte gegen R. Naḥman ein: [Sagt jemand zu

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einem:] »ich sei dir Banngut«, so ist es dem Abgelobten verboten62; [sagt er:] »sei du mir Banngut«, so ist es dem Gelobenden verboten63; [sagt er:] »ich dir und du mir«, so ist es beiden verboten. Beiden ist [die Benutzung] von Dingen, die den Auszüglern aus Babylonien gehören, erlaubt, und von Dingen, die den Bürgern dieser Stadt64gehören,, verboten. Folgende sind Dinge, die den Auszüglern aus Babylonien gehören: der Tempelberg, die Tempelzellen, die Tempelvorhöfe und ein Brunnen in der Mitte der Straße. Folgende gehören [den Bürgern] der Stadt: der Marktplatz, das Bethaus und das Badehaus. Wieso ist nun der Brunnen, wenn du sagst, er sei gemeinschaftliches Eigentum, erlaubt, wir haben ja gelernt, daß, Λνβηη Gesellschafter sich den Genuß von einander abgeloben, sie nicht den [gemeinschaftlichen] Hof betreten dürfen, um im Brunnen zu baden!?

Baden allerdings nicht, hier aber handelt es sich um Wasserschöpfen, denn der eine schöpft seines und der andere schöpft seines.

Demnach ist R. Naḥman der Ansicht, es gebe eine fiktive Feststellung, dagegen haben wir gelernt: Brüder, die zugleich Gesellschafter sind, sind, wenn sie zum Aufgeld verpflichtet sind, vom Viehzehnten frei, und wenn sie zum Viehzehnten verpflichtet65sind, vom Aufgeld frei. Hierzu sagte R. A͑nan, dies sei nur von dem Falle gelehrt worden, wenn sie Ziegen gegen Lämmer und Lämmer gegen Ziegen geteilt haben, wenn aber Ziegen gegen Ziegen und Lämmer gegen Lämmer, so hat jeder seinen Anteil bekommen, der ihm von vornherein66zukam; R. Naḥman aber sagte, auch wenn sie Ziegen gegen Ziegen und Lämmer gegen Lämmer geteilt haben, sage man nicht, es sei sein Anteil, der ihm von vornherein zukam67.

Vielmehr, alle stimmen überein, der Brunnen sei herrenlos, hier aber streiten sie über den Fall, wenn man einen Fund für seinen Nächsten aufhebt; einer ist der Ansicht, [der Nächste] erwerbe ihn, und einer ist der Ansicht, er erwerbe ihn nicht68.

vi WENN JEMAND SEINE FRÜCHTE IN EINER ANDEREN STADT HAT UND DIE BEWOHNER DIESER STADT EINEN E͑RUB GEMACHT HABEN, UM IHM VON SEINEN FRÜCHTEN BRINGEN ZU DÜRFEN, SO DÜRFEN SIE IHM NICHT BRINGEN; HAT ER EINEN E͑RUB GEMACHT, SO GLEICHEN SEINE FRÜCHTE IHM SELBST69. vii,1 WENN JEMAND GÄSTE ZU SICH EINGELADEN HAT, SO DÜRFEN SIE KEINE TISCHGABEN

Blatt 40a

MITNEHMEN, ES SEI DENN, DASS ER IHNEN IHRE TISGHGABEN BEREITS AM VORABEND DES FESTES ZUGEEIGNET HAT.

GEMARA. Es wurde gelehrt: Wenn jemand bei seinem Nächsten Früchte verwahrt, so gleichen sie, wie Rabh sagt, den Füßen dessen, bei dem sie verwahrt werden, und wie Šemuél sagt, den Füßen dessen, der sie zur Verwahrung gegeben hat. Rabh und Šemuél vertreten somit ihre Ansichten, denn wir haben gelernt: Hat er ihn70mit Erlaubnis hineingebracht, so ist der Eigentümer des Hofes schuldig; Rabbi sagt, er sei nur dann schuldig, wenn er die Bewachung übernommen hat. Hierzu sagte R. Hona im Namen Rabhs, die Halakha sei wie die Weisen, und Šemuél sagte, die Halakha sei wie Rabbi. Rabh ist also der Ansicht der Rabbanan und Šemuél der Ansicht Rabbis.

Rabh kann dir erwidern: meine Ansicht gilt auch nach Rabbi, denn Rabbi ist seiner Ansicht nur da, wo er ihm nichts gesagt hat, hierbei aber hat er ja die Bewachung übernommen. Und auch Šemuél kann dir erwidern: meine Ansicht gilt auch nach den Rabbanan, denn die Rabbanan sind ihrer Ansicht nur da, weil der Eigentümer es wünscht, daß sein Ochs sich im Besitze seines Nächsten befinde, damit er nicht schuldig sei, wenn dieser einen Schaden anrichtet, aber wünscht etwa jemand, daß seine Früchte sich im Besitze seines Nächsten befinden!?

Wir haben gelernt: Hat er einen E͑rub gemacht, so gleichen seine Früchte ihm selbst. Was nützt ihm sein E͑rub, wenn du sagst, sie gleichen den Füßen dessen, bei dem sie verwahrt werden!? R. Hona erwiderte: Im Lehrhause erklärten sie: wenn er ihm eine Ecke abgetreten hat.

Komm und höre: Wenn jemand Gäste zu sich eingeladen hat, so dürfen sie keine Tischgaben mitnehmen, es sei denn, daß er ihnen ihre Tischgaben bereits am Vorabend des Festes zugeeignet hat. Was nützt die Zueignung durch einen anderen, wenn du sagst, sie gleichen den Füßen dessen, bei dem sie verwahrt werden!?

Hierbei ist es, da er sie ihnen durch einen anderen zugeeignet hat, ebenso, als hätte er ihnen eine Ecke abgetreten. Wenn du aber willst, sage ich: anders ist es, wo er sie ihnen zugeeignet hat.

Bei R. Ḥana b. Ḥanilaj hing Fleisch am Türriegel, und als er vor R. Ḥona kam, sprach er zu ihm: Hast du es selber aufgehängt, so geh und nimm es mit, haben sie71es aufgehängt, so darfst du es nicht mitnehmen.

Durfte er es denn mitnehmen, wenn er selbst es aufgehängt hat, R. Ḥona war ja ein Schüler Rabhs, und Rabh sagt ja, sie gleichen den Füßen dessen, bei dem sie verwahrt werden!?

Anders ist es, wenn am Türriegel; dies ist ebenso, als wenn man eine Ecke abtritt. R. Hillel sprach zu R. Aši: Weshalb durfte er es nicht mitnehmen, wenn jene es aufgehängt haben, Šemuél sagte ja, der Ochs des Züchters gleiche den Füßen jedermanns!? Rabina sprach zu R. Aši: Weshalb durfte er es nicht mitnehmen, wenn jene es aufgehängt haben, Rabba b. Bar Ḥana sagte ja im Namen R. Joḥanans, die Halakha sei wie R. Dosa72!? R. Aši sprach zu R. Kahana: Weshalb durfte er es nicht mitnehmen, wenn jene es aufgehängt haben, wir haben ja gelernt: Vieh und Geräte gleichen den Füßen des Eigentümers!?

Vielmehr, anders war es bei R. Ḥana b. Ḥanilaj, der ein bedeutender Mann und nur in ein Studium vertieft war; er sprach zu ihm wie folgt: Hast du es selber aufgehängt, so hast du es dir gemerkt und deine Gedanken davon nicht abgewandt, und du darfst es mitnehmen, haben jene es für dich aufgehängt, so hast du deine Gedanken davon abgewandt, und du darfst es nicht mitnehmen.

vii,2 MAN DARF KEINE STEPPENTIERE TRÄNREN UND SCHLACHTEN, WOHL ABER DARF MAN HAUSTIERE TRÄNKEN UND SCHLACHTEN. HAÜSTIEBE SIND SOLCHE, DIE IN DER STADT ÜBERNACHTEN, STEPPENTIERE SIND SOLCHE, DIE AUF DEM ANGER ÜBERNACHTEN.

GEMARA. Wozu braucht er »tränken und schlachten« zu lehren?

Er lehrt uns nebenbei, daß man das Vieh vor dem Schlachten tränke, wegen des Anhaftens der Haut73.

Die Rabbanan lehrten: Folgende sind Steppentiere und folgende sind Haustiere: Steppentiere sind solche, die um das Pesaḥfest ausgetrieben werden, auf dem Anger weiden und zur Zeit das ersten Regenfalles eingetrieben werden; Haustiere sind solche, die ausgetrieben werden und außerhalb des Stadtgebietes weiden, zurückkehren und innerhalb des Stadtgebietes übernachten. Rabbi sagt, diese und jene seien Haustiere; Steppentiere seien vielmehr solche, die ausgetrieben werden und auf dem Anger weiden, und weder im Sommer noch in der Regenzeit nach der Siedelung kommen.

Hält denn Rabbi [vom Verbote] des Abgesonderten, R, Šimo͑n b.Rabbi fragte ja Rabbi, wie es sich nach R. Šimo͑n mit den unreifen Datteln74verhalte, und er erwiderte, nach R. Šimo͑n gelten nur Dörrfeigen und R.osinen75als Abgesondertes!?

Blatt 40b

Wenn du willst, sage ich: diese76gleichen Dörrfeigen und Rosinen. Wenn du willst, sage ich: er erwiderte es nur nach der Ansicht R.Šimo͑ns, er selber aber ist nicht dieser Ansicht. Wenn du aber willst, sage ich: er saugte dies nach der Ansicht der Rabbanan: Nach mir gibt es überhaupt kein Abgesondertes, aber auch ihr solltet mir beipflichten, daß solche, die um das Pesaḥfest ausgetrieben werden und weiden, und zur Zeit des ersten Regenfalls eingetrieben werden, Haustiere seien. Die Rabbanan aber erwiderten ihm: Nein, solche sind Steppentiere.


  1. Vom Dache wegen des Regens.↩︎

  2. All die folgenden Verba שחר, נשר, שחל, נשל haben die Bedeutung herabfallen.↩︎

  3. Dt.28,40.↩︎

  4. Hebr. שחור, die das Haar a bwirft.↩︎

  5. Wenn man den Raum braucht.↩︎

  6. Nur 4 od. 5.↩︎

  7. Sind nur 4 od. 5 Haufen vorhanden, so darf man nicht alle forträumen u. den Boden frei machen.↩︎

  8. Er nennt keine Ziegelsteine.↩︎

  9. Die gleich Ziegelsteinen nicht verwendbar sind.↩︎

  10. Der Regen fügt ja Früchten einen erheblicheren Schaden zu als Krügen mit Wein und Öl.↩︎

  11. Die Traufe ist ebenfalls nicht verwendbar.↩︎

  12. Die man als Nahrung für die Bienen zurückläßt.↩︎

  13. Auch nach RŠ. ist es verboten, wenn die verbotene Handlung unvermeidlich ist.↩︎

  14. Sodaß die Bienen beim Zudecken nicht eingefangen werden.↩︎

  15. Man darf die Fensterchen nicht schließen.↩︎

  16. Die Mühle war aus Ton u. wurde durch den Regen aufgewühlt u. schmutzig.↩︎

  17. Da das Gefäß selber als »Abgesondertes wegen Schmutzigkeit« gilt u. nicht fortbewegt werden darf.↩︎

  18. Nach rabbinischer Bestimmung.↩︎

  19. Wenn die Handlung nur aus diesem Grunde (cf. Bd. I S. 455 Anm. 89) verboten ist.↩︎

  20. Jed. am Šabbath verboten.↩︎

  21. Jed. am Šabbath verboten.↩︎

  22. Cf. Wajikra 27,28.↩︎

  23. Es ist dann nicht ersichthch, dciß man es im eigenen Interesse tut, vielmehr hat es den Anschein, man tue es im Interesse des Priesters.↩︎

  24. Am Festtage, an dem man das Vieh nur zum Schlachten heraufholen darf, dagegen ist es aber verboten, ein Vieh samt seinem Jungen am selben Tage zu schlachten; cf. Wajikra 22,28.↩︎

  25. Sie dürfen nui da gebracht werden, wohin der Eigentümer selbst gehen darf.↩︎

  26. Der Teig, bezw. die Speisen, für die das Gewürz verwendet worden ist, darf nur dahin gebrachi werden, wohin beide gehen dürfen.↩︎

  27. Sind in der Stadt mehrere Hirten vorhanden, so weiß man nicht, welcher das Vieh übernimmt, u. man richte sich nach dem Eigentümer.↩︎

  28. Dies heißt einem seiner Söhne.↩︎

  29. Dh. jeder an der äußersten Grenze seines Šabbathgebietes (2000 Ellen).↩︎

  30. Jeder darf es nach seinem E͑rubgebiete bringen.↩︎

  31. Schon vor der Teilung ist festgestellt, welchen Teil später der eine u. welchen der andere erhalten wird.↩︎

  32. Dh. die fiktiv getrennten Hälften des Viehs.↩︎

  33. Cf. Bamidbar 19,14ff.↩︎

  34. Nach dem Beschlüsse, die eine Tür zu benutzen.↩︎

  35. Den immobilen Nachlaß ihres Vaters.↩︎

  36. Cf. Wajikra 25,8 ff.↩︎

  37. Weil es keine fiktive Feststellung gibt, daß der Vater den einen Teil diesem und den anderen Teil jenem vermacht hat. Gekaufte Immobilien fallen im Jobeljahr an den früheren Eigentümer zurück.↩︎

  38. Wenn man am Šabbath einen von außerhalb kommenden Gelehrten besuchen will; cf. Er. Blatt 36b.↩︎

  39. Den obigen Streit zwischen RH. u. RJ.↩︎

  40. Da er zum Verkaufe an jedermann bestimmt ist; cf. Anm. 24 mut. mut.↩︎

  41. Es ist tatsächlich sein Gewinn.↩︎

  42. Cf. Men. Blatt 22a.↩︎

  43. Nach Raschi in Frageform; besser jed. die Lesart mancher Texte: er hat recht.↩︎

  44. Da dieses beim Verkaufe mitgemessen wird.↩︎

  45. Dh. mut. mut.; durch das Wasser ist das Quantum des Teiges vergrößert worden.↩︎

  46. Bei der Beimischung von Getreide od. der Entfernung von Geröll entsteht für den einen ein Geldschaden, was beim Wasser nicht der Fall ist.↩︎

  47. Wenn von 3 Stücken Fleisch 2 von einem geschlachteten Vieh herrühren u. eines von einem Aase, so ist das, was von einem von diesen berührt wird, nicht unrein, denn man nehme an, die Berührung sei mit dem geschlachteten erfolgt.↩︎

  48. Das bezügl. dessen geltende Gesetz; es sind somit 2 verschiedene Arten, u. die eine verliert sich in der Mehrheit.↩︎

  49. Wenn es in Verwesung übergeht, verliert es die Eigenschaft des Aases.↩︎

  50. Wer sie findet, darf sie 2000 Ellen nach jeder Richtung bringen, nicht aber nach der Stelle, da er seinen E͑rub niedergelegt hat.↩︎

  51. Daß nach unserer Mišna Wasser, Gewürz und Salz ihre Wesentlichkeit nicht verlieren.↩︎

  52. Und jede ihn nach ihrem Gebiete bringen.↩︎

  53. Nach dem Feste, u. an Ort und Stelle auch am Feste.↩︎

  54. So sinngemäß nach dem Talmud an anderen Stellen u. Raschi. Im Texte: Sedomisches Salz u. Astrokanisches Salz, nach den Lexikographen Ortsnamen; während aher Sedom schon aus der Bibel als Salzgegend bekannt ist. variieren die Versuche zur Identifizierung des zweiten Namens.↩︎

  55. Cf. Anm. 24 mut. mut.↩︎

  56. Wenn man beispielsweise eine Kerze an einer fremden Flamme ansteckt.↩︎

  57. Ein Hühnerei; cf. Sab. Blatt 80b.↩︎

  58. Damit sie trocknen; in dieser Größe ist man wegen des Hinausbringens am Šabbath schuldig.↩︎

  59. Wörtl, wirft; die Sache aber, woran sie haftet, in der Hand behält.↩︎

  60. Cf. Anm. 24 mut. mut.↩︎

  61. Das Wasser wird somit Eigentum des Schöpfenden. 61. Es gehört dem ganzen Volke, auch dem, für den das Wasser geschöpft wurde, u. der Schöpfende handelt nur in seinem Auftrage.↩︎

  62. Von jenem zu genießen.↩︎

  63. Von jenem zu genießen.↩︎

  64. Diese sind Privatbesitz der Bürger, zu denen auch sie beide gehören, die von einander nichts genießen dürfen.↩︎

  65. Gesellschafter sind vom Viehzehnten frei, Brüder dagegen verpflichtet. Wenn Brüder die Erbschaft ihres Vaters gemeinsam antreten, werden sie in beiden Beziehungen als Brüder (Nachfolger eines einem einzelnen gehörenden Vermögens) betrachtet; wenn sie die Erbschaft teilen u. sich nachher assoziieren, werden sie in beiden Beziehungen als Gesellschafter betrachtet.↩︎

  66. Sie sind noch immer Erben.↩︎

  67. Weil es keine fiktive Feststellung gibt, vielmehr erfolgt sie erst bei der Teilung.↩︎

  68. Nach der einen Ansicht gehört das Wasser dem, für den es geschöpft wurde, u. nach der anderen Ansicht gehört es dem Schöpfenden.↩︎

  69. Er darf sie heimbringen.↩︎

  70. Seinen Ochsen bezw. andere Gegenstände, durch die Schaden angerichtet worden ist, in einen fremden Hof.↩︎

  71. Die Schlächter der Städte, in denen er sich besuchsweise aufhielt.↩︎

  72. Daß das Vieh sich hinsichtl. des Šabbathgesetzes im Besitze des Hirten befinde; cf. supra Blatt 37b.↩︎

  73. Damit sie sich leichter ablösen lasse.↩︎

  74. Die man zum Ablagern fortlegt.↩︎

  75. Weil sie vorher genießbar waren u. zum Dörren zurückgelegt worden sind.↩︎

  76. Tiere, die überhaupt nicht in die Siedlung kommen.↩︎