Das Ende des Lebens und die damit verbundenen Riten Fürsorge für unsere Verstorbenen
Wenn die Regungen des Lebens erloschen sind, die einen menschlichen Körper zum Menschen machen, dann liegt der leblose Körper vor uns, jetzt ein Toter. Aber noch zeigt sein Leib uns G’ttes Ebenbild; G’tt wohnte in diesem Leib. Deshalb begegnen wir einem Verstorbenen mit Ehrerbietung, auch wenn uns der Tote nicht bekannt ist. Der Tote kann sich nicht mehr wehren. Wir sind verpflichtet ihm die Ebenbildlichkeit zu bewahren, – das ist nicht zuletzt seine Schönheit -, solange er auf der Erde unseren Augen preisgegeben ist, unangetastet, unverletzt, ungeschändet, und ihn der Erde zurückzugeben bevor er die Ebenbildlichkeit verliert.
Auch wenn wir wissen, daß alles Weiche am Körper sich in der Erde auflöst, und schließlich nur die Knochen übrig bleiben, so achten wir doch mit besonderer Sorgfalt darauf, daß der Leib des Verstorbenen unversehrt bleibt: Er ist die sichtbare Entsprechung der geistigen Gestalt des Verstorbenen. Nach unserer Überzeugung würde sie bei einer Verletzung des Leibes mit verletzt werden. Denn wir Juden glauben daran, daß wir beim Kommen des Maschiach (Messias) in dieser Gestalt wieder auferstehen werden. Und deshalb werden jüdische Gräber auch nicht nach einer bestimmten Zeit aufgehoben – die Toten dürfen darin unangetastet ruhen bis zu jener fernen Zeit.
Daß der tote Körper sich von selbst in der Erde auflöst und au Erde wird, widerspricht dieser Vorstellung nicht. Ja, er soll zu Erde wieder werden dürfen, wir wollen es nicht verhindern, weshalb im Judentum jegliche Konservierung des toten Körpers abgelehnt wird, und sei es auch nur durch einen zu stabilen Sarg. Dieser Prozeß soll allerdings auch nicht gewaltsam, z.B. durch Verbrennug herbeigeführt werden. Bewahrt werden soll die geistige Gestalt des Verstorbenen, derer wir gedenken. Ein Bewahren des toten Körpers aber ist unerwünscht, jeglicher Kult um den toten Körper wird verabscheut. Das Grab soll wurdig, aber einfach und schlicht sein. Ein Unterschied zwischen reich und arm soll nicht mehr bestehen. Grabschmuck ist deshalb nicht üblich.
Die Ehrfurcht gebietet uns, den Leib des Verstorbenen zu versorgen bevor er beerdigt wird, ihn also nicht in dem oft unschönen Zustand zu belassen, in dem er sich beim Erlöschen des Lebens befindet, ihm die menschliche Schönheit zurückzugeben. Diese Pflicht haben wir alle, unabhängig von unserem Verhältnis zu dem Verstorbenen
Wir lassen ihn nicht mit starren offenen Augen daliegen, schließen ihm die Lider. Den herabfallenden Unterkiefer binden wir hoch, so daß der Mund verschlossen ist. Wir strecken den Leichnam aus, daß er würdig daliegt, und legen ihn auf den kühlen Boden um Verwesungsvorgänge vor der Beerdigung zu verzögern. Wir bedecken den entkleideten Leichnam mit einem weißen Tuch, aufdaß er, der wehrlose., nicht entblößt daliege. Eine Kerze wird am Kopfende angezündet. Diese Kerze, ewiges Licht für den Toten, bleibt mindestens 50 Tage, bei Eltern 12 Monate, brennen und wird danach erneut bei jedem Jahrzeittag entzündet. Der Verstorbene wird nicht allein gelassen, man wacht bei ihm, wechselt sich dabei ab.
In jeder intakten jüdischen Gemeinde gibt es eine Einrichtung, die Chevra Kaddischa, heilige Gemeinschaft, genannt wird: Männer und Frauen, die sich ehrenamtlich bereit erklären, die Betreuung von Schwerkranken, Sterbenden und die Fürsorge für die Verstorbenen und die Hinterbliebenen durchzuführen. Die Chevra Kaddischa hilft den Angehörigen bei allen Formalitäten, bei den Vorbereitungen für die Beerdigung und in der Trauerwoche. Die Chevra Kaddischa übernimmt den Leichnam.
Der Tote soll nicht in unsauberem und unreinem Zustand der Erde zurückgegeben werden. Bei der alsbald vorgenommenen Totenwaschung wird der Leichnam mit Wasser zunächst gesäubert, und anschließend der Verstorbene rituell gereinigt (Taharah), wobei er immer bedeckt bleibt. Danach wird er in die Totenkleider (Tachrichim) gehüllt, die aus einfachem Leinen genäht sind: bei männlichen Verstorbenen: Mütze, Hemd (Kittel, den man schon zu Lebzeiten an Yom Kippur und auch beim Pessachmahl trägt), lose, Gürtel, Socken; bei weiblichen: Haube, Kleid, Gürtel, Strümpfe. Danach wird der Tote in den schmucklosen Sarg aus rohen Holzbrettern gelegt, in Israel auch nur in ein Tuch gehüllt. Der männliche Tote wird von dem Talith bedeckt, den er zu Lebzeiten trug und bei dem die Knoten der Tzitzith gelöst werden um ihn unbrauchbar zu machen. Wenn vorhanden legt man ein Säckchen mit Erde aus dem Lande Israel unter den Kopf des Verstorbenen um die Verbindung mit dem Verheißenen Land wenigstens symbolisch herzustellen.
Nun wird der Tote zum jüdischen Friedhof gebracht, zunächst zum Andachtsraum, wohin ihn zu begleiten als Liebestat gilt. Als Zeichen der Trauer reißen die Angehörigen ihre Kleidung an einer Stelle etwas ein. Einer der den Verstorbenen besonders gut kannte, hält nun die Abschiedsansprache (Hesped) , in der des Versorbenen zum Guten gedacht wird. Danach wird der Sarg zum Grab getragen. Der Weg dorthin wird 3-mal unterbrochen indem Psalm 91 (,,Wer im Schutz des Höchsten wohnt …,,) gesprochen wird. Das Grab ist erst am Tag des Begräbnisses geschaufelt worden. Der Tote wird ins Grab hinabgelassen und von jedem der Anwesenden mit 3 Schaufeln Erde bedeckt, – der wesentlichste Liebesdienst, der ihm noch erwiesen werden kann. Der Grabhügel wird nicht mit Blumen oder Kränzen bedeckt. Der nächste Verwandte des Verstorbenen, in der Regel der Sohn, spricht nun in der Gemeinschaft der Anwesenden das Kaddisch-Gebet, die große Lobpreisung G’ttes, mit dem der Mensch den Willen G’ttes annimmt und seinen teuren Verstorbenen G’ttes Obhut anvertraut. Das erste Kaddisch-Gebet, das am Grab gesagt wird, hat einen etwas anderen Text als das normale Kaddisch-Gebet, das von nun an in der Gemeinschaft täglich in Form des ,,Kaddisch der Trauernden“ (Kaddisch Yathom; ohne Abschnitt Thithkabbal) 11 Monate lang und danach erneut bei jedem Jahrzeittag gesagt wird.
Nach Abschluß der Beerdigung wendet man sich an die Hinterbliebener mit Trostworten. Es ist wichtig ihnen in ihrem Schmerz und ihrer durch den Verlust entstandenen Ratlosigkeit beizustehen und sie nicht allein zu lassen. Sie müssen wieder aufgerichtet und für das Leben zurückgewonnen werden.
Die Trennungslinie zwischen dem Tod und dem Leben wird markiert durch das Waschen der Hände beim Verlassen des Friedhofs.Gegen Ende des Trauerjahres wird der Gedenkstein am Kopf des Grabes aufgestellt oder als Grabplatte daraufgelegt und in einer Feier enthüllt. Für den Text auf dem Grabstein gibt es traditionelle Formen. Das Grab wird nicht bepflanzt.
Der Jahrzeittag des Todes oder der Beerdigung wird feierlich begangen, das Kaddisch-Gebet erneut gesprochen und der Hymnus ,,El male rachamim“ (‘G’tt, voll des Erbarmens’) gesungen. Seit alters her ist es im Judentum Brauch das Andenken eines verehrten Verstorbenen zu mehren indem man seinen Gedenkstein erhöht durch das Auflegen eines Steinchens.
Nach der Rückkehr ins Trauerhaus bereitet man für die Hinterbliebenen ein einfaches Mahl um sie zu stärken. Nicht die Trauergäste werden bewirtet, es wird kein „Leichenschmaus” abgehalten.
Am Tag der Beerdigung beginnt die siebentägige Trauerwoche, in der die Trauernden zu Hause bleiben um sich ihren Gefühlen ungestört hingeben zu können. Sie werden von hilfreichen und teilnahmsvollen Mitgliedern der Gemeinschaft besucht und werden von der Chevra Kaddischa betreut. Eine 30-tägige (für Vater und Mutter 12-monatige) Trauerzeit schließt sich an (gerechnet ab der Beerdigung). Erst nach diesen 30 Tagen wird erstmals das Grab besucht, – dies um jeglichem Totenkult vorzubeugen. Totenwoche und Trauerzeit werden durch den Schabbath unterbrochen, durch einen Yom Tov (Feiertag) werden sie beendet.
Gegen Ende des Trauerjahres wird der Gedenkstein am Kopf des Grabes aufgestellt oder als Grabplatte daraufgelegt und in einer Feier enthüllt. Für den Text auf dem Grabstein gibt es traditionelle Formen. Das Grab wird nicht bepflanzt.
Der Jahrzeittag des Todes oder der Beerdigung wird feierlich begangen, das Kaddisch-Gebet erneut gesprochen und der Hymnus ,,El male rachamim“ (‘G’tt, voll des Erbarmens’) gesungen. Seit alters her ist es im Judentum Brauch das Andenken eines verehrten Verstorbenen zu mehren indem man seinen Gedenkstein erhöht durch das Auflegen eines Steinchens.