Talmud

Gefälschte Talmudzitate

Zur Einführung.

Nachstehende Ausführungen haben sich als erforderlich erwiesen, um wahrheitswidrigen und völlig unbegründeten Behauptungen über die talmudische Sittenlehre zu begegnen. Alle diese Behauptungen und sogenannten Zitate aus jüdischen Quellenschriften sind kritiklose Abdrucke aus Büchern tendenziöser Bestimmung, die wiederholt von christlichen Autoritäten und vor Gerichtshöfen als unwahrhaftig gebrandmarkt worden sind. Insoweit die fraglichen Behauptungen bezw. Zitate aus dem Talmud bereits früher eine erschöpfende Widerlegung erfahren haben, sind die bezüglichen Ausführungen der betreffenden Verfasser übernommen worden. Die ersten beiden Punkte bedurften allerdings einer neuen Bearbeitung.

Auf Wunsch des Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens soll die ursprünglich für einen engeren Zweck gedachte Darlegung nunmehr einem weiteren Kreise zugänglich gemacht werden.

Berlin, den 18 Juli 1924.

Dr. E. Munk,
Rabbiner.


Die nachfolgenden in eine lettische Zeitung übergegangenen, angeblichen sieben Zitate aus der talmudischen Literatur werden seit vielen Jahren in antisemitischen Schriften immer wieder vorgebracht, obwohl sie längst von sachverständiger nichtjüdischer und jüdischer Seite als falsch oder mindestens lückenhaft und durchaus sinnentstellend erwiesen worden sind. Ein großer Teil derselben hat bereits eine ausführliche Zurückweisung u. a. in folgenden Schriften erhalten:

  • Hoffmann, D., »Der Schulchan Aruch und die Rabbinen über das Verhältnis der Juden zu Andersgläubigen«, II. Auflage Berlin 1894.

  • Derselbe, »Gutachten, erstattet dem Landgericht zu Leipzig«, (handschriftlich).

  • Caro, Friedrich, »Vom Judengott«, Berlin 1920. Fiebig, Paul, »Juden und Nichtjuden«, Leipzig 1921. In den genannten Schriften sind die Punkte 3—7 eingehend widerlegt. Die bezüglichen Ausführungen sind im nachfolgenden z. T. wörtlich übernommen worden

Wenn in den einleitenden Worten des Aufsatzes in der lettischen Zeitung gesagt wird:

»Hier wollen wir nicht über Kleinigkeiten, wie über die Lüge, den Betrug, Meineid u. s. w. sprechen, sondern wir möchten den Juden nur einige Punkte, in welchen es sich um Meuchelmord handelt, ins Gedächtnis rufen«

so kann, da Belegstellen nicht angeführt sind, auf die hin geworfenen Anklagen nicht eingegangen werden. Es sei darum hier nur hervorgehoben, dass sämtliche, bisher in dieser Richtung als Belege angeführte Zitate aus dem Talmud bereits vor langer Zeit als irrige Auffassungen oder aber falsche Zitate in den oben genannten Zitaten erwiesen worden sind.

Zu den Zitaten Nr. I und 2 des Zeitungsaufsatzes:

Zitat 1: »Talmud Sanhedrin 59a und Chaggiga 13a lehrt, dass ein Nichtjude, der Talmud studiert, oder auch ein Jude, der einem Nichtjuden Talmud erklärt, zum Tode zu verurteilen sei.«

Zitat 2: »Schaare Teschuba sagt aus, dass ein Jude, der etwas aus dem Talmud oder einer anderen Rabbinerliteratur übersetzt und es dem Nichtjuden zugänglich macht, als Verräter zu betrachten und heimlich zu töten sei.« —

Diese sogen. Zitate scheinen dem Buch von Theodor Fritsch »Der falsche Gott« entnommen zu sein. Fritsch selbst ist in den oben genannten Schriften und sonst nachgewiesen worden, dass seine Zitate tendenziösen und völlig unzuverlässigen Sammlungen entstammen und dass ihm die jüdischen Quellschriften unbekannt sind. In der 8. Auflage (Leipzig 1921) schreibt er (S. 91):

»Wie sehr sich die Juden der Sittenwidrigkeit und Menschenfeindlichkeit der talmudischen Lehren bewußt sind, geht daraus hervor, dass sie diese Lehren sorgfältig vor anderen verbergen und, wenn sie darum befragt werden, ableugnen. Der Talmud setzt strenge Strafen auf den Verrat seiner Geheimnisse an Nichtjuden. In Sanhedrin 59a, sowie in Chaggiga 13a wird gelehrt, dass ein Nichtjude, der den Talmud studiert, oder ein Jude, der einen Nichtjuden im Talmud unterrichtet, den Tod verdient. In Schaare Theschuba heißt es, dass ein Jude, der etwas aus dem Talmud oder der sonstigen rabbinischen Literatur übersetzt und den Nichtjuden zugänglich macht, als Maser (Verräter) zu betrachten und heimlich aus der Welt zu schaffen sei«.

Zunächst eine kurze Kritik:

Zitat 1 ist eine Summe von Fälschungen. Zitat 2 ist glatte Erfindung, aber auch plumpe Erfindung: Es fehlt ihm bezeichnender Weise jegliche Ziffernangabe.

Der Inhalt von Zitat 2 ist unwahr und steht mit dem Gesetz und Geist des Judentums in vollem Widerspruch.

Die Fälschungen des Zitats 1 ergeben sich aus der Gegenüberstellung des Quellentextes und ihrer Wiedergabe durch Fritsch (bezw. seinen Gewährsmann). Es handelt sich um zwei Talmudstellen:

Sanhedrin 59a: Rabbi Jochanan sagte: »Ein Nichtjude, der sich mit der Lehre (Thora) beschäftigt, ist schuldig des Todes.« Als ihm gegenübergehalten wurde, dass Rabbi Meir aus Levitikus 18, Vers 5 (»… Gesetze, welche der Mensch ausführen soll, dass er durch sie lebe….«) erwiesen sei, dass ein Nichtjude, der sich mit der Thora beschäftige, dem Hohepriester Israels gleiche, weil von Menschen, nicht nur von Juden gesprochen werde, wird geantwortet, dass den Nichtjuden schon die Beschäftigung mit den für ihn geltenden 7 Vorschriften gleichstelle mit dem Hohepriester. Der Ausspruch des Rabbi Jochanan bleibe unangefochten.

Chagiga 13a: Rab Ami sagte: »Man soll die Worte der Thora nicht überliefern, denn es heißt Psalm 147, 20: »Er hat so nicht getan irgendeinem Volke und Rechtsbestimmungen — sie haben sie nicht erkannt.«

Die in Sanhedrin erwähnten 7 Vorschriften für die Nichtjuden sind:

  1. Verbot von Götzendienst,
  2. Gotteslästerung,
  3. Mord
  4. Raub,
  5. Inzest
  6. Genuß eines vom lebenden Tiere abgeschnittenen Gliedes,
  7. Gebot der Rechtspflege.

Fälschung 1:

Die beiden in verschiedenen Traktaten des Talmuds, — Sanhedrin und Chagiga, — befindlichen Stellen, von denen jede einen besonderen Gegenstand behandelt, werden von Fritsch durch das Wort »sowie« und später durch das Wort »oder« miteinander verquickt und sogar vereinheitlicht.

Mit guter Absicht. Denn ohne diese wahrheitswidrige Verquickung würde Fritsch jeder Beweis für die den Stellen vorausgeschickte Behauptung von der sorgfältigen Geheimhaltung und »den strengen Strafen auf den Verrat« fehlen Wie der Text in Chagiga 13a ergibt, ist die Ueberlieferung der Thora an Nichtjuden überhaupt nicht von Androhung irgendeiner Strafe begleitet, geschweige denn von der Todesstrafe. Mit den Rezepten »sowie« und »oder« unterschiebt Fritsch dem Talmud Festsetzung einer Todesstrafe für den Juden, der einen Nichtjuden im Talmud unterrichtet!

Fälschung 2

Entsprechend der von ihm vorangestellten Behauptung, möchte Fritsch ein Talmudzitat erbringen, in dem nicht von dem Studium der doch vielen wohlbekannten Bibel (Thora) die Rede ist, sondern ganz speziell von dem vielen unbekannten Talmud. Es stört ihn durchaus nicht, dass in beiden Texten unglücklicher Weise »Thora« steht und er »zitiert« zweimal kühn: »Der den Talmud studiert« und »der im Talmud unterrichtet«.

Ein dritter Fehler der Übersetzung, der aber nicht als bewußte Fälschung angesehen werden muß, ist die Wiedergabe des Wortes »aszak« im Zitat aus Sanhedrin 59a mit »studiert«. »Aszak« bedeutet die intensive Beschäftigung mit einer Sache im Denken und Tun. Der Irrtum der Wiedergabe des Begriffs durch »Studieren« sollte eigentlich dem verständigen Leser der Textstelle sich von selbst ergeben Denn wenn der Nichtjude nur durch Studieren sich mit den 7 Vorschriften »beschäftigt«, aber sie für sein Tun und Handeln nicht gelten läßt, sollte er dann etwa dem Hohepriester gleichen? Ferner: In dem von Rabbi Meir als biblischen Beleg angeführten Satz Levitikus 18, 5 ist ja von »Ausführung«, nicht etwa von bloßem Studium die Rede.

Ein vierter Fehler der Zitierung liegt in der Unterlassung der Angabe, dass der Ausdruck »schuldig des Todes« nicht etwa bedeutet, schuldig des Todes durch Menschenhand, sondern vor Gott und durch Gottes Hand. Das ist an einer auch Fritsch bezw. seinen Vorgängern sehr bekannten maßgeblichen Stelle deutlich ausgesprochen. Nämlich von Maimonides, den Fritsch selbst »als bedeutendsten Gelehrten in talmudischen Dingen« bezeichnet, der auch heute noch Autorität genieße. Dieser Maimonides (das ist Rabbi Moscheh ben Maimon im 12. Jahrh.) schreibt in dem von Fritsch wiederholt zitierten Werk Jad Hachasaka, Hilchot Melachim (10,9): »Man bringe dem Nichtjuden zur Kenntnis, dass er des Todes schuldig sei, aber getötet darf er nicht werden.« ln dem am Rand beigedruckten Kommentar Keszef M«schrieb wird noch ausdrücklich erklärt, der Nichtjude habe sich nur des »himmlischen Todes« schuldig gemacht. Hätte Fritsch aber seinem Zitat hinzugefügt, dass Verhängung der Todesstrafe durch ein menschliches Gericht für die Beschäftigung mit dem Talmud gar nicht in Betracht kommt, dann hätte das ganze Zitat an Wert für seine Zwecke zu viel verloren.

Obwohl der Ausspruch des Rabbi Jochanan also ohne jede aktuelle Bedeutung für den vorliegenden Gegenstand ist, sei zu seinem Verständnis auf einen aus der Geschichte festgehaltenen Vorgang verwiesen. Er gehört jener römischen Kaiserzeit an, in der die denkenden Geister Roms, unbefriedigt von der Weltanschauung des Heidentums, häufig mit Angehörigen des jüdischen Volkes, zu denen die politischen Verhältnisse sie in vielfache Beziehung gebracht hatten, religionsphilosophische Fragen erörterten. Im Midrasch Rabba Behemoth 30, 12 wird berichtet, Aquilas, der Neffe Kaiser Hadrians, habe diesem mitgeteilt, dass er ins Judentum eintreten wolle. Der Kaiser riet ihm nachdrücklichst, besonders im Hinblick auf die niedrige Stellung des jüdischen Volkes, davon ab. Als Aquilas auf seinem Vorhaben bestand, riet ihm der Kaiser, die Thora der Juden zu erforschen, nicht aber praktisch das Judentum zu betätigen, insbesondere sich nicht der Beschneidung zu unterziehen. Aquilas aber erwiderte, auch der Weiseste und Erfahrenste im ganzen Kaiserhaus sei nicht imstande, ohne tatsächlichen Eintritt ins Judentum die Thora zu erfassen. Soweit der Bericht.

Des Kaisers Neffe hatte mit sehr feinem Empfinden frühzeitig erkannt, dass die geistige Versenkung in die göttliche Offenbarung (die Thora) nicht durch Verstandes- arbeit allein gelingen könne, sondern nur im einheitlichen Zusammenwirken aller Seelenkräfte Nur wenn die ganze Psyche des Menschen sich mit dem Oottesgeist der Offenbarung gleichsam »vermähle«, könne sich dem Denker die himmlische Wahrheit der Thora erschließen. Halbheit aber verfehle nicht nur das Ziel, sondern bringe auch die Gefahr des Zweifels an der Göttlichkeit und Wahrhaftigkeit der Lehre mit sich.

Vermöge dieses Gedankengangs begreifen wir es auch, wenn in der Erörterung, die sich, wie in Sanhedrin 59a mitgeteilt wird, an den Ausspruch des Rabbi Jochanan geknüpft hat, darauf hingewiesen wird, dass die Thora für Israel einem »angetrauten« oder einem unveräußerlichen, von Geschlecht zu Geschlecht verbleibenden Erbgut gleiche. Da nun in dem Satz des Rabbi Jochanan nicht von solchem Nichtjuden die Rede ist, der, um in das Judentum einzutreten, den Lehrinhalt kennen will — diesem liegt sogar die Pflicht ob, vor dem Eintritt sich gut unterrichten zu lassen —. sondern von demjenigen, der grundsätzlich dem Judentum fernbleibeu will und höchstens mit Auswahl das eine oder andere aus Lehre oder Gesetz sich aneignen will, so setzt er sich und andere der Gefahr des Zweifels und Widerspruchs gegen die Offenbarung des Gottes aus, der ja auch für Nichtjuden, für die ganze Menschheit Gesetze gegeben hat. Darum ist er des Todes — freilich des »himmlischen Todes« — schuldig.

Was nun den 2. Teil des Zitats 1, das bereits als Fälschung nachgewiesene Zitat aus Chagiga 13a, anbetrifft, in dem also nichts anderes von Rab Ami ausgesprochen wird, als der Rat, Nichtjuden Worte der Thora nicht zu überliefern, so ist bereits hervorgehoben, dass von einer Strafe überhaupt nicht gesprochen wird. Dazu kommt aber noch, dass dieser Ausspruch des Rab Ami nicht in den Codizes rezipiert worden ist, d h. überhaupt nicht Gesetzeskraft erlangt hat. Obwohl also auch dieser Ausspruch für den vorliegenden Gegenstand de facto ganz belanglos ist, sei hier der Aufklärung halber auf den Gedankengang, der Rab Ami zu seinem Ausspruch geführt haben dürfte, im Anschluß an Schaaloth u- Theschuboth Beer Scheba — u- Beer Majim Chajim Kapitel. 14 kurz eingegangen.

Die Vorschrift Levitikus 19, 4 » … Vor einen Blinden sollst du keinen Anstoß legen .. .« gilt nach der ausdrücklichen Bestimmung des Talmuds jedem Menschen gegenüber. Daraus ergaben sich u. a. folgende Bestimmungen:

»Man darf niemanden, auch keinen Nichtjuden, veranlassen, etwas zu tun, was ihm verboten ist, und wer dies dennoch tut, Übertritt das Verbot: »Vor einen Blinden sollst Du keinen Anstoß legen« (Orach Chajim 347 im Magen Abraham 4). »Wenn man sieht, dass ein Nichtjude eine Sünde begehen will, so muß man, womöglich, ihm dies verwehren; hat doch Gott den Propheten Jonah nach Ninive geschickt, um die Heiden zur Umkehr zu bewegen!« (Sefer Chassidim 1124).

»Man darf keinem Nichtjuden ein Glied von einem lebenden Tiere zum Essen reichen, weil ihm dies verboten ist (Jore Dea 62 im Sifte Rohen 3).«

»Wer einen Richter besticht, Übertritt das Verbot: »Vor einen Blinden sollst Du keinen Anstoß legen« (Choschen Mischpat 9, 1), einerlei, ob es ein jüdischer oder ein nichtjüdischer Richter ist (Responsen des Chatam Sofer, Teil II, 14; zitiert im Pitche Teschuba zu Choschen Mischpat 9, 1).«

»Wer einen Blinden straucheln macht, d. h. einen Menschen, Juden oder Nichtjuden, zu einer Sünde bringt, der soll in den Bann getan werden (Jore Dea 334,43 Nr. 17).«

Rab Ami war nun der Meinung, dass die Pflicht der Be- schützung der Nichtjuden vor Ausführung eines Unrechts sich auch auf die Beihilfe erstrecke, die man ihm durch Ueberlieferung genauer Thorakenntnisse, deren Aneignung ihm doch gemäß dem 1. Zitat (aus Sanhedrin 59a) untersagt ist, angedeihen läßt. So gelangte er zu der in seinem Ausspruch niedergelegten Meinung. Er blieb aber mit dieser Meinung vereinsamt. Daher ist sie nicht zur Vorschrift erhoben worden.

Nach alledem wird man nur den Wagemut bewundern dürfen, mit dem das mehrfach gefälschte »Zitat« 1 und das erfundene »Zitat« 2 in die Welt gesetzt wurden und kaltblütig wiederholt werden.

Zum Zitat Nr. 3.

»R. Moche f. 20 I steht es: Wenn ein Jude eine Nichtjüdin verführt, so ist es nicht als Ehebruch zu bezeichnen, aber wenn ein Nichtjude eine Jüdin verführt, so ist er mit dem Tode zu bestrafen.«

Der Gegenstand dieser Bestimmung entstammt dem Talmudtraktat Sanhedrin 52b. Dort1 wird im Anschluß an die Mischna Sanhedrin VII 3, wo der Vollzug der Strafe des Erdrosselns beschrieben wird, eine Strafe, die nach Mischna Sanhedrin XI 6 den trifft, der den Beischlaf mit der Frau jemandes vollzieht, in der Gemara folgendes gesagt:

»Es überlieferten unsere Meister (über 3. Mose 20, 10, wo es heißt: »Und ein Mann, der Ehebruch treibt mit dem Weibe eines Mannes, der Ehebruch treibt mit dem Weibe seines Nächsten, so soll des Todes sterben der Ehebrecher und die Ehebrecherin«): »Ein Mann«, damit wird ausgeschieden der Minderjährige, »der Ehebruch treibt mit dem Weibe eines Mannes«, damit wird ausgeschieden das Weib eines Minderjährigen, (»der Ehebruch treibt mit), dem Weibe seines Nächsten«, damit wird ausgeschieden das Weib der anderen (d. h. der Nichtjuden), »soll des Todes sterben« (nämlich:) durch Erdrosselung.

Nach dem alttestamentliehen Gesetz und der rein juristischen Auslegung, die es hier findet, liegt also für den Juden dann Ehebruch vor, wenn ein volljähriger Mann mit dem Weibe eines volljährigen Mannes, und zwar handelt es sich hier immer um Juden und Jüdinnen, den Beischlaf vollzogen hat. Weder um die Ehe Minderjähriger noch um die Ehe von Nichtjuden handelt es sich hier im Gesetz. Damit ist aber nicht gesagt, dass der Jude sich nun ungestraft mit minderjährigen Kindern oder nichtjüdischen Frauen einlassen dürfe. Derartiges ist für den Juden streng untersagt, auch die fleischliche Vermischung mit Nichtjüdinnen.2 Davon redet das Gesetz hier aber nicht, um lediglich das zu bezeichnen was Juden und Jüdinnen angeht. Wenn Raschi zu 3. Mose 10,20 bemerkt:

»Wir lernen, dass es für den Minderjährigen keine Ehe (nach dem Gesetz) gibt«

und

»wir lernen, dass es für den Fremden keine Ehe (nach dem Gesetz) gibt«,

so sagt er damit noch lange nicht, dass der Jude nun jede heidnische resp. nichtjüdische Frau schänden dürfe, sondern lediglich dies, was ja selbstverständlich ist, dass der streng juristische jüdische Begriff des Ehebruchs nach jü dischem Recht nur da vorliegt, wo der genaue jüdische Begriff der Ehe vorliegt. Nichts anderes sagt auch Rabbi Bechai und Rabbi Levi ben Gereon, die Fritsch zitiert.3 Was Eisenmenger aus Maimonides »Jad Cha- saka« anführt, handelt vom Kriegsrecht und sagt ausdrücklich, dass das betr. Weib geehelicht werden soll. Das gründet sich auf 5. Mose 21, 10—14 (vergl. Delitzsch Fr., Rohlings Talmudjude 1881, S. 79 f.). Fritsch schreibt Rohling und Rehling Eisenmenger nach. Zum Vergleich ist wichtig, dass man sich hier daran erinnert, dass die katholische Kirche die Zivilehe nicht als vollgültig anerkennt. Ebenso erkennt das jüdische Recht nur die in den jüdischen Rechtsformen vollzogene Ehe als vollgültig an. Aus alledem folgt aber nicht, dass der Katholik an Zivilgetrauten oder an Protestanten, der Jude an Nichtjuden sich nun alles erlauben dürfe. Talmud und Schulchan Aruch stellt den Verkehr mit Nichtjüdinnen unter schwere rabbinische Strafen und unter Gottes Ausrottungsstrafe.

In Wahrheit findet sich das, was so gern als eine Folge der menschenfeindlichen Einstellung der entarteten Juden erwiesen werden soll, an einer ganz anderen Stelle mit aller Entschiedenheit ausgesprochen und auch praktisch durchgeführt; allerdings nicht im Judentum, sondern — Fritsch hat wirklich Pech — im Christentum:

»Die orientalische Kirche stellt die Ehe mit Häretikern, wohin die Nichtunierten auch die Katholiken zählen, den Ehen mit Ungläubigen gleich und erklärt sie für null und nichtig.«4

Zu den Ungläubigen gehören natürlich auch Mohammedaner und Juden.

»In den türkischen Gebieten des Patriarchats von Konstantinopel und in Rumänien werden noch immer Ehen von Orientalen mit Katholiken oder Protestanten für nichtig erklärt.« (Vering S. 916).

Auch in der katholischen Kirche, sogar im Corpus iuris canonici, finden sich Anklänge an eine derartige Auffassung (Kopp, Zur Judenfrage 1886, S. 115).

Selbst in der gegenwärtigen deutschen Rechtswissenschaft [1924] ist es streitig, ob durch die Vorschriften des deutschen Strafgesetzbuches über Bigamie und Ehebruch auch die Ehe eines nach seinem Heimatsrecht gültig ver heirateten, in Deutschland lebenden Türken geschützt ist. (Olshausen-Zweigert R.-Strgb. § 171, Anm. 5).

Hochangesehene Juristen wie z. B. v. Bar (Gesetz und Schuld I, S. 160) nehmen an, dass die türkische Ehe durch § 171 des deutschen Strafgesetzbuches nicht geschützt sei.

Zum Zitat Nr. 4.

»In Schulchan Aruch 158 ist es gesagt, dass ein Jude einem Nichtjuden, auch in der Todesgefahr, z. B. beim Ertrinken, keine Hilfe leisten darf. (Gleiches ist auch in Aboda Sara 13, 2 gesagt).«

Gemeint ist Jore Dea 158. Dort heißt es:

»Götzendienern, mit denen wir keinen Krieg führen, und jüdischen Kleinviehhirten (welche räuberischerweise fremde Äcker abweiden lassen) darf man zwar den Tod nicht verursachen, aber man darf sie nicht retten, wenn sie dem Tode nahe sind«.

Diese aus dem Talmud Aboda Sara übernommene Bestimmung ist nur scheinbar inhuman.5 Sie gilt den Götzendienern, welche, wie die räuberischen jüdischen Kleinviehhirten, eine wahre Landplage waren. Die Götzendiener sind nicht diejenigen Nichtjuden, für welche die sieben Vorschriften, die bereits bei der Behandlung des Zitat 1 (S. 5) genannt sind, gelten, sondern diejenigen, welche sich über diese sieben Vorschriften, also auch über das Verbot des Blutvergießens, des Raubes, des Incestes usw. hinwegsetzen, denen Gut und Blut des Mitmenschen nichts gilt. Daher auch die Zusammenstellung mit den jüdischen räuberischen Kleinviehhirten. Dieselbe Bestimmung findet sich in einem anderen Teil des Schulchan Aruch, nämlich im Choschen Mischpal 425, 5. Der daselbst am Rande befindliche Kommentar Beer Hagolah, den Fritsch sonst wiederholt zu zitieren Anlaß genommen hat, bemerkt ausdrücklich, dass gar nicht daran zu denken sei, dass diese Bestimmung etwa auf Christen und Mohammedaner anzuwenden sei. Das Gleiche wird ausdrücklich in dem Kommentar Keseph Mischneh zum Jad Hachasaka des Maimonides Hilchoth Akum 10, 2 bemerkt.

Der Verfasser des Beer Hagola ist Rabbi Mose Ribkes aus Wilna aus der 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts. Seine Glossen zum Schulchan Aruch sind bereits 1661 im Druck erschienen. Sie liefern eine Quellenangabe zu allen Gesetzen des Schulchan Aruch. Wiederholt hebt Verfasser hervor, dass unter dem Worte Akum des Schulchan Aruch nicht die heutigen Christen, sondern nur, wie im Talmud, der Quelle des Schulchan Aruch, die derzeitigen Heiden zu verstehen seien.

Zu den Zitaten Nr. 5 bis 7.

»5. Haga 388, 15 erlaubt, den Verräter überall zu töten und zwar bevor er denunzieren konnte, wenn er nur sagt, gegen diesen möchte ich Beweise anführen, wodurch er physisch oder materiell leiden könnte, wenn auch die Geldsumme gering wäre, so hat er doch die Todesstrafe verdient. Warne ihn und sage: Denunziere nicht. Aber wenn er das nicht beachtet und antwortet: Ich will dennoch Beweise liefern, so besteht der Befehl, ihn zu töten, und der es ausführt, hat ein gutes Werk getan. 6. Dortselbst heißt es: Wer dreimal die Interessen der Juden verraten hat, den muß man versuchen aus der Welt zu schaffen. 7. In Haga 388, 16 ist es gesagt, dass die Ausgaben, die entstanden sind, um einen Nichtjuden umzubringen, von allen ansässigen Juden zu bestreiten sind.«

Die »Zitate«6 bilden eine Entstellung des ganzen Sachverhalts, was nur durch Verschweigung, dass es sich um jüdische Denunzianten handelt, durch Weglassung des auf Nr. 5 folgenden Paragraphen, sowie durch eine Unrichtigkeit in der Uebersetzung, endlich durch Außerachtlassung der Quellen und Kommentare zustande gebracht werden konnte. Die Angabe von Fritsch, dass der Denunziant, von dem das Zitat spricht, ein solcher ist, »der die Sache des Judentums verrät«, ist eine boshafte Un Wahrheit, die sowohl vom Wortlaute des Gesetzes als auch von den Quellen und Kommentaren als solche ge kennzeichnet wird. Ebenso ist in dem Zitat nicht von einem heimlichen oder Meuchelmord die Rede. Wir geben das Gesetz genauer:

Choschen Mischpat 388, 10-11: Man darf den Denunzianten töten an allen Orten7 auch in jetziger Zeit.8 Man darf ihn töten, bevor er denunziert; wenn er nämlich sagt: »ich werde jenen Mann bezüglich seines Körpers oder seines Oeldes, wenn es auch nur geringes Geld ist, denunzieren«, so hat er damit die Erlaubnis erwirkt, dass man ihn töte. Zuvor aber warnt man ihn und sagt zu ihm: »Du darfst nicht denunzieren!« Erwidert er darauf in frecher Weise: »Nein, ich will dennoch denunzieren!«, so ist es geboten, ihn zu töten, und wer dies zuerst tut, hat ein Verdienst.

Anmerkung (Isserles). Ist keine Zeit, ihn zu verwarnen, so bedarf es keiner Verwarnung. Einige sagen: Man darf den Denunzianten nur dann töten, wenn man sich nicht durch Verletzung eines seiner Glieder vor ihm schützen kann; kann man sich aber durch Verletzung eines seiner Glieder, etwa durch Abschneiden der Zunge, oder durch Blendung seiner Augen, vor ihm schützen, so darf man ihn nicht töten, denn er ist nicht ärger als jeder andere, der Menschenleben bedroht. Hat der Denunziant sein Vorhaben bereits ausgeführt, so ist es verboten, ihn zu töten, es sei denn- dass er bereits, (durch dreimaliges Denunzieren) als Denunziant allgemein bekannt ist; ein solcher darf getötet werden, er könnte sonst noch andere denunzieren.«

Man sieht zunächst, dass es sich um nichtswürdige Individuen handelt, die durch falsche Denunziationen Menschenleben gefährden. Wenn dabei auch von einem Denunzianten »bezüglich des Geldes« gesprochen wird, so wird bereits in der Quelle (Baba kamma 117a) sowie in den Kommentaren die Erklärung gegeben, dass es sich um einen Fall handelt, wobei durch diese Angeberei auch das Leben gefährdet ist (z. B. wenn man Räuber oder grausamen Feinden anzeigt, jener Mann sei im Besitze von Geld, so dass er in Gefahr schwebt, seines Geldes wegen ermordet zu werden). Es ist also bloß einfache Notwehr hier erlaubt. Es wird dabei der Satz ausgesprochen: Wenn jemand kommt, dich zu töten, so darfst du ihm zuvorkommen und ihn töten. Und auch jeder andere darf diesen auf Mord ausgehenden Bösewicht töten, um den Bedrohten zu retten. Dies beweist deutlich

  1. die Anmerkung Isserles, dass es nicht gestattet ist, den Denunzianten zu töten, wenn man den Bedrohten in anderer Weise vor dem Verfolger schützen kann, und

  2. die Bestimmung des § 11, dass man den Denunzianten nach vollführter Denunziation nicht mehr töten darf. Dies gilt selbst in dem Falle, wenn er durch die Angeberei viele Menschen getötet hat Dies sagt deutlich R. Isaak b. Scheschet, dessen Responsum wir hier anführen müssen, um die Bestimmungen des Schulchan Aruch über die Denunzianten klar zu stellen.

Responsum des R. Isaak bar Scheschet Nr. 238:

»Nun will ich euch erklären, warum der Angeber oder Verleumder nach dem Gesetz unserer Thora getötet werden darf, und in welchem Falle (dies geschehen darf). Wisset, dass der Angeber und Verleumder nicht nach dem Gesetz getötet werden darf, wegen dessen, was er getan hat. Denn wenn er auch durch seine Angeberei Menschen in Lebensgefahr gebracht hat und sie wirklich dadurch ums Leben gekommen sind, so kann der Angeber dennoch von Rechts wegen nicht getötet werden, weil ein Mörder vor Gericht nur getötet werden darf, wenn er selbst gemordet hat, nicht aber wenn er befohlen oder veranlaßt hat zu morden. Z. B. wenn er gegen jemand einen Hund gehetzt oder eine Schlange losgelassen hat, da hat er nur den Tod durch Gottes Hand (aber nicht durch das Gericht) zu erleiden . Um wie viel weniger ist das der Fall bei einem Angeber, dessen Verleumdung keine Folge gegeben wurde, der darf doch gewiß nicht nach dem Rechte getötet werden. Und noch weniger ist dies der Fall, wenn die Verleumdung bloß Geldangelegenheiten zum Gegenstand hat, wo er doch gewiß nach dem Rechte des Geldes wegen nicht getötet werden darf. Vielmehr gestattet das Recht, nur deswegen den Angeber zu töten, um das Zukünftige zu verhüten. Das ist nämlich der Fall, wenn er noch nicht denunziert hat, sondern spricht und droht, dass er denunzieren will. Da darf man ihn töten, wie einen Verfolger (der mit mörderischer Absicht einen Menschen verfolgt), um den zu Denunzierenden zu retten. Und nicht bloß das Gericht darf ihn töten, sondern wer immer ihn zuerst tötet, hat ein Verdienst. Denn er ist ja gleich einem Verfolger, der seinen Nächsten verfolgt, um ihn entweder selbst oder durch andere ums Leben zu bringen. Da muß man den Verfolgten auch durch das Leben des Verfolgers retten. Und selbst wenn er nur wegen Geld denunzieren will, sobald er sagt, er wolle ihn der Hand von Gojim9) preisgeben, darf ihn jeder töten, weil jeder Israelit, der der Hand von Gojim preisgegeben wird, sei es auch nur wegen einer Strohlieferung, in Lebensgefahr gerät, da ein Israelit, der einmal in ihre Hände gefallen war, kein Erbarmen gefunden hat. Dies war der Fall bei der Begebenheit von Rab. Kahana (Baba kamma 117a).«

Bar Scheschet kommt dann zu dem Resultat, dass der dort in Frage stehende Denunziant (der bereits denunziert hatte) nicht getötet werden darf, sondern in anderer Weise nach den Umständen zu bestrafen ist

In derselben Weise wird das Denunzianten-Oesetz im Kommentar Beer ha-Gola (388, Buchstabe Kaph) erklärt. Derselbe weist auch (daselbst Buchstabe »U«) auf die bez. Responsen des Bar Scheschet hin, so dass jeder Sachverständige leicht die Quellen finden kann, die ihn über die Frage aufklären

Aus denselben Quellen ist aber auch ersichtlich, dass in solchen Fällen keineswegs von einer heimlichen Tötung die Rede sein kann, dass vielmehr alles mit staatlicher Genehmigung geschah. Es sei zur Klarstellung dieses Punktes noch eine andere über denselben Denunziantenfall handelnde Stelle der Responsen des Bar Scheschet (Nr. 234) angeführt:

»Ihr seid in Zweifel, ob nach dem Gesetze zuerst das Geständnis des Denunzianten zu vernehmen ist, bevor man die Zeugen seines Anklägers vernimmt«.

Bar Scheschet weist dann in ausführlicher Breite nach, dass nach dem Thoragesetz das Hauptgewicht auf die Aussage der Zeugen gelegt wird und das Geständnis des An geklagten »nichts nutzt und nichts schadet«. Er fährt dann fort:

»Aber jetzt ist uns die peinliche Gerichtsbarkeit nur mit Erlaubnis des Königs gestattet. Es muß daher unser Urteilsspruch auch den Richtern des Landes, die nicht unsere Glaubensgenossen sind, richtig erscheinen, damit man uns nicht beschuldige, dass wir nicht nach Recht und Gerechtigkeit richten. Deshalb gehört es sich, zuerst die Aussage des Verbrechers zu vernehmen, bevor man die Zeugen vernimmt, damit man die Zeugen genau ausforschen kann bezüglich der Einzelheiten der Aussagen des Verbrechers. Ist es jedoch nicht so geschehen, sondern man hat die Zeugen zuerst vernommen, so macht dies nichts aus; man kann den Verbrecher auch nachträglich vefnehmen. — Was ihr ferner fraget, ob durch die Vernehmung; des Denunzianten der Verdacht einer Ausforschung (Inquisitiotij entstehen könnte, so scheint Ihr meines Erachtens zu zweifeih, ob Ihr nicht gegen das Ocsetz verstoßt, wonach man in Aragonien keine Inquisition machen darf. Meiner Ansicht nach ist abef, nachdem in dieser Sache ein Kläger vorhanden ist, gegen das Gesetz nicht verstoßen Denn das Gesetz bestimmt nur, dass ohne Kläger keine Inquisition gegen einen Menschen veranstaltet werden soll, sobald aber ein Kläger aufgetreten, ist in der Vernehmung des Angeklagten nicht der geringste Verdacht einer Inquisition. Ich habe oft hier gesehen, dass die Auserwählten der Gemeinde einen Verbrecher vernommen haben, so oft ein Kläger gegen ihn auftrat. — Indessen aber dürft Ihr Euch in diesem Punkte nicht auf mich verlassen, denn ich bin keih Fachmann in dieser Sache, da dies nicht zum Recht unserer Thora gehört. Befraget lieber die christlichen Rechtsgelehrten. Denn wenn Ihr darüber ängstlich seid, so kommt die Entscheidung darüber ihnen zu, und es muß vor sie gebracht werden. — Was Ihr ferner fragt, ob das Siegel unseres Herrn und Königs, — hocherhaben sei seine Majestät! — genügt, eine Untersuchung veranstalten zu dürfen ohne Gefahr für das Gericht und die Gemeinde, oder ob dies nicht genügt, so mag auch dies ihrer (der christlichen Rechtsgelehrten) Entscheidung unterbreitet werden.« (Soweit B. Scheschet.)

Man sieht deutlich, wie man mit Genauigkeit das Staatsgesetz beobachtete und man nicht daran dachte, dass das jüdische Gericht die ihm vom Staate erteilten Befugnisse überschreiten dürfe. Dass das jüdische Gericht damals in Aragonien mit staatlicher Genehmigung die peinliche Gerichtsbarkeit übte, ist ja daraus ersichtlich, dass erst im Jahre 1380 vom König Don Juan I. den Rabbinen die peinliche Gerichtsbarkeit entzogen wurde. (Graetz, Geschichte der Juden, VIII S. 41 f). In Portugal behielten die Rabbinen die peinliche Gerichtsbarkeit viel länger als in Spanien (Graetz das. 44).

Von einer »heimlichen Rötung« ist nirgends die Rede und kann auch keine Rede sein Die »Mittel und Wege«, die man (nach dem 9. Zitat des Flugblatts Nr. 4 von Fritsch) suchte, um den gemeingefährlichen Denunzianten aus der Welt zu schaffen, waren gesetzlich erlaubte Mittel, wie dies ein Exempel, das im Bet Joseph (von Karo) und im Kommentar Beer Hagola angeführt wird, klar dartut. Es heißt daselbst: R. Salomo ben Aderet schrieb an die Weisen von Frankreich, dass betr. eines Denunzianten er selbst (R Salomo) und R Jona dem Könige bewiesen haben, dass er den Tod verdient, und daraufhin habe der König befohlen, ihn hinzunchten

Mit vollem Recht haben daher die neueren Schulchan-Aruch Ausgaben von Warschau und Wilna (soweit uns bekannt seit 1861) derartige Gesetze, die unter anderen Verhältnissen geschrieben waren, heute aber ihre Geltung verloren haben, teils gänzlich weggelassen, teils durch hin zugefügte Anmerkungen angezeigt, dass die betr. Bestimmung heutzutage nicht gültig ist. So z. R ist in dem mir vorliegenden Schulchan-Aruch von Warschau 1874 zu der Stelle: »Wer zuerst ihn (den Denunzianten) tötet, hat ein Verdienst1, folgende Anmerkung zu finden: »weil er ein »Verfolger« ist, wobei man (den Bedrohten) mit seinem (des Verfolgers) Leben retten darf, an einem Orte, wo der König die Erlaubnis dazu gegeben; ist letzteres nicht der Fall, so ist es verboten, weil das Staatsgesetz auch religionsgesetzliche Pflicht hat«.


  1. Die Ausführungen zu diesem Punkte entstammen Fiebig, Juden und Nichtjuden, 1921 S. 8. fg. und Caro, Vom Judengott, 1920 S. 41.↩︎

  2. Vgl. Aboda Sara 36b, Sanhedrin IX, 6, Sanhedrin 82a, 106a.↩︎

  3. Diese wie Maimonides sind mittelalterliche Rabbinen.↩︎

  4. Vering, Lehrbuch des kathol., oriental, und Protestant. Kirchenrechts 1893, S. 915.↩︎

  5. Zu folgendem siehe Hoffman», Der Schulchan Aruch usw. 1891, S. 136.↩︎

  6. Diese Ausführungen entstammen einem handschriftlichen Gutachten, erstattet an das Landgericht in Leipzig von Prof. Dr. D. Hoffmann.↩︎

  7. auch außerhalb Palästinas↩︎

  8. d. h. auch in der Zeit nach der Zerstörung des Tempels, wo das Synedrium nicht mehr beim Tempel saß und infolgedessen kein reguläres Todesurteil fällen durfte. Und ferner in jetziger Zeit, in der es keine ordinierten Richter gibt, die allein das Strafrecht zu üben befugt sind.↩︎

  9. Die später angeführte Talmudstelle spricht von den Persern am Anfang der Sassanidenherrschaft, 226 n. Chr. Unter den »Gojim« sind also solche wie die Perser, welche damals die Juden verfolgten, gemeint.↩︎

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Rabbiner Dr. Esra Munk, geboren 1867 (in Altona) war, unter anderem, Lehrer an der Schule von Adass Jisroel Berlin und von 1899 bis 1938 Dozent am Rabbinerseminar Berlin. Als er 1938 das Land Israel besuchte, wurde ihm die Rückkehr nach Deutschland verweigert. Er starb am 2. November 1940 in Jerusalem.