Und im siebten Monat, am ersten des Monats, sollt ihr eine heilige Versammlung abhalten, keinerlei Werksarbeit dürft ihr verrichten, ein Tag des Schofarblasens soll er euch sein.
Thora, Buch Bamidbar/Numeri, Kap. 29, Vers 1
Diese Angabe aus dem Thora – Wochenabschnitt Pinchas legt den alten landwirtschaftlichen Kalender zugrunde, dessen Jahresbeginn im Frühling liegt und der die Lebensabschnitte der Natur und des Menschen wiedergibt. Der genannte Feiertag liegt am Ende des Sommers, am Übergang zum Herbst, wenn die Glut des Lebens nachzulassen beginnt und das Bedürfnis erwacht, sich Rechenschaft abzulegen über den bisherigen Weg. So wird dieser Tag auch Tag der Besinnung, des Gedenkens genannt. Es ist besser über sein Leben nachzudenken, solange man noch etwas ändern kann, als damit zu warten bis alles zu spät ist. Wiederholtes Blasen des Schofars, – das ist das zum Blasinstrument geformte Widderhorn mit seinem durchdringenden Ton -, ruft uns auf, aus unserem Alltagstrott zu erwachen und über unser Leben nachzudenken.
Denn dieser Tag ist zugleich auch der Tag des Gerichtes, an dem G’tt über die Taten des Menschen zu Gericht sitzt. Es ist der erste der ehrfurchtsgebietenden Tage, der Jamim Nora’im, an denen sich das weitere Schicksal des Menschen bestimmen wird. Noch ist nichts unwiderruflich entschieden, noch ist Rückkehr möglich, noch können wir auf G’ttes Erbarmen und Gnade hoffen. So begehen wir diesen Tag ernst, dem Tag des Gerichtes angemessen, aber nicht traurig, sondern voller Zuversicht auf G’ttes Gerechtigkeit und Barmherzigkeit. Die Festtagsfarbe dieser Tage ist weiß. Im weißen Sterbekittel treten wir vor G’tt, wie am Ende unserer Tage so auch an diesem Tag, und stellen uns Seinem Urteil.
Im Gebet dieses Tages anerkennen wir Seine Königsherrschaft über uns. Ihn, der all Seine Geschöpfe kennt, bitten wir, um der Opferbereitschaft Jitzchaks (Isaaks) willen, unser in Erbarmen zu gedenken und sich des Bundes zu erinnern, den Er mit unseren Vätern geschlossen hat. Und so, wie G’tt uns am Sinai mit der Stimme des Schofars erschien, so bitten wir Ihn mit dem großen Schofar unsere Befreiung einzuleiten und die Verstreuten wieder einzusammeln. Wir hoffen, dass G’tt unser an diesem Tag zum Guten gedenkt, und wünschen einander ein gesegnetes, ein gutes, ein süßes neues Jahr, weshalb wir zum Zeichen dessen Äpfel mit Honig essen, Doch erst in späterer Zeit erhielt dieser Festtag auch den Namen Rosch haSchanah, Kopf und Beginn des neuen Jahres, und erst von da an fing man an die Jahresanfänge ab diesem Tag zu zählen. Denn dieser Tag gilt auch als der Tag, an dem G’tt mit der Erschaffung des Menschen die Schöpfung vollendete. Mit diesem Tag beginnen die Schabbat-Jahre, – jedes 7. Jahr -, in denen die Erde in ihren ursprünglichen Zustand zurückkehren und ruhen darf, und die Jowel-Jahre, – jedes 50. Jahr die Jahre der Rückkehr verkauften Bodens an den ursprünglichen Eigentümer und der Rückkehr der versklavten Menschen in die Freiheit.