Schabbat Kapitel 18

Der Talmud, Traktat (Massechet) Schabbat in deutscher Übersetzung von Lazarus Goldschmidt:

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Blätter / Dapim

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iMAN DARF WEGEN DER GÄSTE ODER WEGEN DER STÖRUNG DES STUDIUMS SOGAR VIER ODER FÜNF HAUFEN STROH ODER GETREIDE FORTRÄUMEN, JEDOCH KEINE SCHEUNE. MAN DARF REINE HEBE, DEMAJ, ERSTEN ZEHNTEN, VON DEM DIE HEBE ENTRICHTET WORDEN IST, ZWEITEN ZEHNTEN UND GEHEILIGTES, DIE AUSGELÖST WORDEN SIND, GETROCKNETE LUPINEN, DA SIE DEN ARMEN ZUR SPEISE DIENEN, FORTRÄUMEN, NICHT ABER UNVERZEHNTETES, [ERSTEN] ZEHNTEN, VON DEM DIE HEBE NICHT ENTRICHTET WORDEN IST, ZWEITEN ZEHNTEN UND GEHEILIGTES, DIE NICHT AUSGELÖST WORDEN SIND, ODER LAUCH UND SENF. R. ŠIMO͑N B. GAMLUÉL ERLAUBT ES AUCH BEIM LAUCH, WEIL ER ALS FUTTER FÜR KRÄHEN DIENT ii,1. BÜNDEL STROH, GEHÖLZ UND JUNGE REISER DARF MAN FORTBEWEGEN, WENN MAN SIE ALS VIEHFUTTER BESTIMMT HAT, SONST ABER DARF MAN SIE NICHT FORTBEWEGEN.

GEMARA. Wenn man fünf forträumen darf, um so mehr vier!? R. Ḥisda erwiderte: Vier von fünf. Manche erklären: Vier von einer kleinen Scheune, fünf von einer großen Scheune.

Was heißt demnach: jedoch keine Scheune?

Daß man hei einer Scheune nicht den Anfang1 machen darf, und zwar nach R. Jehuda, nach dem das Gesetz vom Abgesonderten Geltung hat. Šemuél aber erklärt: Vier oder fünf, wie die Leute gewöhnlich sprechen ; wenn man aber will, darf man auch mehr

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forträumen.

Was heißt demnach: jedoch keine Scheune!?

Daß man sie nicht vollständig ausräumen darf, weil man Vertiefungen glätten könnte; fortzuräumen beginnen aber darf man, und zwar nach R. Šimo͑n, nach dem das Gesetz vom Abgesonderten keine Geltung hat.

Die Rabbanan lehrten: Man darf [mit der Forträumung] einer Scheune nicht beginnen, wohl aber darf man in dieser einen Gang machen zum Ein- und Ausgehen.

Wieso einen Gang machen, du sagst ja, man dürfe [mit der Forträumung] nicht beginnen!?

Er meint es wie folgt: man darf beim Ein- und Ausgehen mit den Füßen einen Gang machen.

Die Rabbanan lehrten: Vom zusammengehäuften Getreide darf man am Šabbath brauchen, wenn man mit dem Gebrauche schon am Vorabend des Šabbaths begonnen hat, wenn aber nicht, darf man davon am Šabbath nicht brauchen

so R. Šimo͑n ; R. Aḥa erlaubt es.

Wo denkst du hin!?

Sage vielmehr: so R. Aḥa; R. Šimo͑n erlaubt es. Es wird gelehrt: Wieviel beträgt das Quantum des zusammengehäuften Getreides? Ein Lethekh2. R. Niḥumi b. Zekharja fragte Abajje: Wieviel beträgt das Quantum des zusammengehäuften Getreides? Dieser erwiderte: Sie sagten, das Quantum des zusammengehäuften Getreides müsse ein Lethekh betragen.

Sie fragten : Sind die vier oder fünf Haufen, von denen er spricht, so zu verstehen, nur in vier oder fünf Haufen, nicht aber in mehr [kleineren], wonach lieber [die Wiederholungen] des Gehens einzuschränken sind, oder ist lieber [das Gewicht] der Last3 zu vermindern?

Komm und höre: Eines lehrt, man dürfe sogar vier oder fünf Haufen Öl- und Weinkrüge forträumen, und ein anderes lehrt, in zehn oder fünfzehn. Ihr Streit besteht wahrscheinlich in folgendem: nach der einen Ansicht sind lieber [die Wiederholungen] des Gehens einzuschränken, und nach der anderen Ansicht ist lieber [das Gewicht] der Last zu mindern.

Nein, alle sind der Ansicht, man schränke lieber [die Wiederholungen] des Gehens ein, und »zehn oder fünfzehn« bezieht sich nicht, wie du glaubst, auf die Haufen, sondern auf die Krüge. Hier besteht somit kein Widerspruch, denn das Eine spricht von dem Falle, wo nur je einer im Haufen fortgeschafft werden kann, und das Andere von dem Falle, wenn zwei oder drei fortgeschafft werden können, wie beispielsweise die Krüge4 von Harpanja.

Sie fragten: Vier oder fünf Haufen, von denen er spricht, auch wenn man viele Gäste hat, oder alles nach der Anzahl der Gäste? Und darf, wenn du entscheidest, alles nach der Anzahl der Gäste, einer für alle forträumen, oder jeder nur für sich selbst?

Komm und höre: Rabba erzählte im Namen R. Ḥijas: Einst kam Rabbi nach einem Orte und fand den Platz für die Schüler zu enge; da ging er aufs Feld hinaus, und als er es voll Garben fand, schaffte Rabbi die Garben vom ganzen Felde fort. Hieraus, daß man sich nach der Anzahl der Gäste richte. Ferner erzählte R. Joseph im Namen R. Hoša͑jas: Einst kam R. Ḥija nach einem Orte und fand den Platz für die Schüler zu enge; da ging er aufs Feld hinaus, und als er es voll Garben fand, schaffte R. Ḥija die Garben vom ganzen Felde fort. Hieraus, daß man sich nach der Anzahl der Gäste richte.

Aber immerhin besteht noch die Frage, ob einer für alle, oder jeder für sich forträume.

Komm und höre: Da schaffte Rabbi die Garben fort. Hat sie denn nach deiner Ansicht Rabbi selber fortgeschafft? Vielmehr befahl er, und man schaffte sie fort; jeder schaffte für sich selber fort.

WEGEN DER GÄSTE &C. R. Joḥanan sagte: Die Gastfreundschaft ist ebenso bedeutend wie der frühzeitige Besuch des Lehrhauses, denn er lehrt: wegen der Gäste und wegen der Störung des Studiums. R. Dimi aus Nehardea͑ sagte: Sie ist noch bedeutender als der frühzeitige Besuch des Lehrhauses, denn er lehrt zuerst: wegen der Gäste, und nachher: wegen der Störung des Studiums. R. Jehuda sagte im Namen Rabhs: Die Gastfreundschaft ist bedeutender als der Empfang der Göttlichkeit, denn es heißt: 5und er sprach: O Herr, wenn ich Gnade vor deinen Augen gefunden habe, so gehe doch nicht vorüber &c.

R. Elea͑zar sagte: Komm und siehe, wie anders die Art des Heiligen, gepriesen sei er, ist, als die Art eines [Menschen aus] Fleisch und Blut, Bei einem [Menschen aus] Fleisch und Blut vermag das Kleinere nicht zum Größeren zu sagen: »Warte, bis ich zu dir komme«, beim Heiligen, gepriesen sei er, heißt es aber: und er sprach: O Herr, wenn ich doch gefunden habe &c.

R. Jehuda b. Šila sagte im Namen R. Asis im Namen R. Joḥanans: Von sechs Dingen genießt der Mensch die Früchte auf dieser Welt, während ihm das Kapital für die zukünftige Welt erhalten bleibt, und zwar: Gastfreundschaft, Krankenbesuch, Andacht beim Gebete, frühzeitiger Besuch des Lehrhauses, Erziehung der Kinder zum Studium der Tora und die Beurteilung seines Nächsten zu seinen Gunsten.

Dem ist ja aber nicht so, wir haben ja gelernt: Von folgenden Dingen genießt der Mensch, wenn er sie übt, die Früchte auf dieser Welt, während das Kapital ihm für die zukünftige Welt erhalten bleibt, und zwar: Ehrerbietung gegen Vater und Mutter, Wohltätigkeit, Friedensstiftung zwischen einem Menschen und seinem Nächsten, das Studium der Tora aber wiegt sie alle auf. Nur diese und jene nicht!?

Auch jene gehören zur Wohltätigkeit.

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Eine andere Lesart: Diese gehören zu jenen.

Die Rabbanan lehrten : Wer über seinen Nächsten günstig urteilt, über den urteilt man ebenfalls günstig. Einst kam ein Mann aus Obergaliläa herab und vermietete sich bei einem Hausherrn im Süden6 auf drei Jahre. Am Vorabend des Versöhnungstages sprach er zu ihm: Gib mir meinen Lohn, ich will mein Weib und meine Kinder ernähren gehen. Dieser erwiderte: Ich habe kein Geld. Jener sprach: So gib mir Früchte. Dieser erwiderte: Ich habe keine.

So gib mir ein Stück Land.

Ich habe keines.

So gib mir ein Vieh.

Ich habe keines.

So gib mir Kissen und Polster.

Ich habe keine. Darauf nahm er seine Gerätschaften über den Rücken und ging mißmutig nach Hause. Nach dem Feste nahm der Hausherr den Lohn und eine Ladung für drei Esel, einer mit Speisen, einer mit Getränken und einer mit verschiedenen Kostbarkeiten, mit sich und zog zu jenem. Nachdem sie gegessen und getrunken hatten und er ihm seinen Lohn gezahlt hatte, sprach er zu ihm: Wessen verdächtigtest du mich, als du zu mir sagtest, »Gib mir meinen Lohn«, und ich dir erwiderte, »ich habe kein Geld«?

Ich dachte, du hättest eine Gelegenheit gehabt, billig Waren zu kaufen und das Geld dafür verwendet.

Wessen verdächtigtest du mich, als du mir sagtest, »Gib mir ein Vieh«, und ich dir erwiderte, »ich habe kein Vieh«?

Ich dachte, es wäre bei anderen vermietet.

Wessen verdächtigtest du mich, als du zu mir sagtest, »Gib mir ein Stück Land«, und ich dir erwiderte, »Ich habe kein Land«?

Ich dachte, es wäre an andere verpachtet.

Wessen verdächtigtest du mich, als ich dir erwiderte, »Ich habe keine Früchte«?

Ich dachte, sie wären nicht verzehntet.

Wessen verdächtigtest du mich, als ich dir erwiderte, »Ich habe keine Kissen und Polster«?

Ich dachte, du hättest dein ganzes Vermögen dem Himmel geweiht. Da sprach er: Beim Kult, so war es auch; ich hatte mein ganzes Vermögen geweiht, weil mein Sohn Hyrqanos sich nicht mit der Tora befaßt hatte. Als ich aber zu meinen Genossen im Süden kam, lösten sie mir mein Gelübde auf. Und wie du mich zu meinen Gunsten beurteilt hast, so möge Gott auch über dich zu deinen Gunsten urteilen.

Die Rabbanan lebrten: Einst kaufte ein Frommer ein jisraélitisches Mädchen los, und als sie in die Herberge kamen, legte er sie zu seinen Füßen. Am folgenden Tage stieg er hinab, nahm ein Tauchbad und lehrte seine Schüler. Alsdann sprach er zu ihnen: Wessen verdächtigtet ihr mich, als ich das Mädchen zu meinen Füßen gelegt hatte?

Wir dachten, unter uns wäre ein Schüler, von dem der Meister nicht überzeugt ist.

Wessen verdächtigtet ihr mich, als ich hinabstieg und ein Tauchbad nahm?

Wir dachten, der Meister hätte durch die Beschwerlichkeit der Reise Samenerguß gehabt. Da sprach er zu ihnen: Beim Kult, so war es auch. Und wie ihr mich zu meinen Gunsten beurteilt habt, so möge Gott auch über euch zu eueren Gunsten urteilen.

Die Rabbanan lehrten : Einst hatten die Schriftgelehrten ein Anliegen an eine Matrone, bei der alle Vornehmen Roms zu verkehren pflegten, und sie sprachen: Wer geht hin? Da sprach R. Jehošua͑: Ich gehe hin. Hierauf ging R. Jehošua͑ in Begleitung seiner Schüler zu ihr hin. Als sie den Eingang ihres Hauses erreichten, nahm er in einer Entfernung von vier Ellen die Tephillin ab, trat ein und schloß vor ihnen die Tür ab. Als er herauskam, stieg er hinab, nahm ein Tauchbad und unterrichtete seine Schüler. Alsdann sprach er zu ihnen: Wessen verdächtigtet ihr mich, als ich meine Tephillin abnahm?

Wir sagten, der Meister hätte gedacht, Dinge der Heiligkeit dürfen nicht an einen Ort der Unreinheit kommen.

Wessen verdächtigtet ihr mich, als ich die Tür abschloß?

Wir dachten, er hätte eine Staatsangelegenheit mit ihr [zu besprechen].

Wessen verdächtigtet ihr mich, als ich hinabstieg und ein Tauchbad nahm?

Wir dachten, sie könnte mit dem Speichel ihres Mundes die Kleider des Meisters bespritzt haben. Da sprach er zu ihnen: Beim Kult, so war es auch, und wie ihr mich zu meinen Gunsten beurteilt habt, so möge Gott auch über euch zu eueren Gunsten urteilen.

MAN DARF REINE HEBE &C. FORTRÄUMEN. Selbstverständlich!?

Dies ist für den Fall nötig, wenn sie sich in der Hand eines Jisraéliten befindet; man könnte glauben, es sei verboten, da diese für ihn nicht verwendbar ist, so lehrt er uns, daß es, da sie für einen Priester verwendbar ist, zulässig sei.

DEMAJ &C. Demaj ist ja für ihn nicht verwendbar !?

Da es, wenn er sein Vermögen preisgeben und ein Armer sein wollte, für ihn verwendbar sein würde, so ist es auch jetzt für ihn verwendbar. Wir haben nämlich gelernt: Man darf den Armen und den einquartierten Truppen Demaj zu essen geben. Auch sagte R. Hona: Es wird gelehrt: Die Schule Šammajs sagt, man dürfe den Armen und den einquartierten Truppen kein Demaj zu essen geben; die Schule Hilleis sagt, man dürfe den Armen und den einquartierten Truppen Demaj zu essen geben.

ERSTEN ZEHNTEN, VON DEM DIE HEBE ENTRICHTET WORDEN IST. Selbstverständlich!?

Dies ist wegen des Falles nötig, wenn er bereits von den Halmen abgehoben, und davon nur die Zehnthebe7 und nicht die große Hebe8 abgesondert worden ist. R. Abahu sagte nämlich im Namen des Reš Laqiš: Der erste Zehnt, den man vorher von den Halmen abgesondert hat, ist von der großen Hebe frei, denn es heißt: 9ihr sollt davon eine Hebe für den Herrn abheben, einen Zehnten vom Zehnten, einen Zehnten vom Zehnten habe ich dir geboten, nicht aber die große Hebe und die Zehnthebe vom Zehnten. R. Papa sprach zu Abajje: Demnach sollte er davon frei sein, auch wenn er ihm10 beim Getreidehaufen zuvorgekommen ist!? Dieser erwiderte: Deinetwegen sagt die Schrift: 11Von all eueren Gaben sollt ihr abheben &c.

Woraus ersiehst du dies12?

Dieses ist bereits Getreide, jenes aber nicht.

ZWEITEN ZEHNTEN &C. Selbstverständlich!?

Dies ist wegen des Falles nötig, wenn man den Grundwert, aber nicht das Fünftel entrichtet hat; er lehrt uns, daß es vom Fünftel nicht abhängig sei.

GETROCKNETE LUPINEN &C. Nur getrocknete und keine feuchten, denn solche sind bitter und man ißt sie nicht.

NICHT ABER UNVERZEHNTETES &C. Selbstverständlich!?

Dies ist wegen

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des rabbanitisch Unverzehnteten nötig, zum Beispiel in einem undurchlochten Pflanzentopfe gezogen13.

[NICHT] ERSTEN ZEHNTEN &C. Selbstverständlich!?

Dies ist wegen des Falles nötig, wenn er ihm14 beim Getreidehaufen zuvorgekommen ist; wenn davon der Zehnt, nicht aber die große Hebe entrichtet worden ist. Man könnte glauben, es verhalte sich so, wie R. Papa zu Abajje gesagt15 hat, so lehrt er uns, daß es sich so verhalte, wie Abajje ihm erwidert hat.

[NICHT] ZWEITEN ZEHNTEN &C. Selbstverständlich!?

Dies ist wegen des Falles nötig, wenn sie zwar ausgelöst worden sind, jedoch nicht nach Vorschrift: Wenn man den Zehnten durch ein ungemünztes Silberstück ausgelöst hat, während der Allbarmherzige sagt:16du sollst das Geld in deiner Hand binden, eine Sache, worauf eine Figur17sich befindet. Oder wenn man Geheiligtes durch ein Grundstück ausweiht, während der Allbarmherzige sagt:18er gebe das Geld und erstehe es.

ODER LAUCH. Die Rabbanan lehrten: Man darf Efeu fortbewegen, weil es als Rehfutter verwendbar ist, Senf, weil es als Taubenfutter verwendbar ist. R. Šimo͑n b. Gamliél sagt, man dürfe aucb Glassplitter fortbewegen, weil sie als Straußenfutter verwendbar sind. R. Nathan sprach zu ihm : Demnach darf man auch Bündel Reisig fortbewegen, weil sie als Elefantenfutter verwendbar sind !?

Und R. Šimo͑n b. Gamliél?

Strauße sind nicht selten, Elefanten sind selten. Amemar sagte: Dies nur, wenn man Strauße hat. R. Aši sprach zu Amemar: R. Nathan wandte ja gegen R. Šimo͑n b. Gamliél ein, man sollte demnach auch Bündel Reisig fortbewegen dürfen, weil sie als Elefantenfutter verwendbar sind; wieso sollte man es nicht, wenn man Elefanten hat!?

Vielmehr meint er die Verwendbarkeit, ebenso hierbei die Verwendbarkeit.

Abajje sagte: R. Šimo͑n b. Gamliél, R. Šimo͑n, R. Jišma͑él und R. A͑qiba sind sämtlich der Ansicht, alle Jisraéliten seien Fürstenkinder. R. Šimo͑n b. Gamliél, wie eben gesagt19worden ist. R. Šimo͑n, denn wir haben gelernt: Fürstenkinder dürfen sich eine Wunde mit Rosenöl bestreichen, denn Fürstenkinder pflegen sich damit auch am Wochentage zu schmieren. R. Šimo͑n sagt, alle Jisraéliten seien Fürstenkinder. R. Jišma͑él und R. A͑qiba, denn es wird gelehrt: Wenn man von einem tausend Minen zu fordern hat und er ein Gewand im Werte von hundert Minen trägt, so ziehe man ihm dieses aus und lasse ihn ein ihm gebührendes Gewand tragen. Hierzu wird im Namen R. Jišma͑éls und im Namen R. A͑qibas gelehrt, ein solches Gewand gebühre jedem Jisraéliten.

BÜNDEL STROH &C. Die Rabbanan lehrten: Bündel Stroh, Gehölz und Reiser darf man fortbewegen, wenn man sie als Viehfutter reserviert hat, sonst aber darf man sie nicht fortbewegen. R. Šimo͑n b. Gamliél sagt, Bündel, die man mit einer Hand trägt, dürfe man fortbewegen, die man mit beiden Händen trägt, dürfe man nicht fortbewegen. Von Bündeln Polei, Ysop und Thymian darf man, wenn man sie als Holz20gesammelt hat, am Šabbath nicht brauchen, wenn aber als Viehfutter, so darf man davon am Šabbath brauchen. Man darf mit der Hand abkneifen und essen, nicht aber mit einem Geräte; man darf etwas zerreiben und essen, nicht aber viel mit einem Geräte

so R. Jehuda; die Weisen sagen, man dürfe etwas mit den Fingerspitzen zerreiben und essen, nicht aber viel mit der Hand, wie man es am Wochentage macht. Dasselbe gilt auch von Minze, Raute und anderen Gewürzkräutern.

Was heißt Minze?

Nanja21

Polei? R. Jehuda erwiderte: Saturei.

Ysop?

Abrota22.

Thymian?

Dies wird Qornitha genannt.

Aber einst bot ja jemand Qornitha feil, und es war Lattich!?

Vielmehr, Polei ist Saturei, Ysop ist Abrota, und Qornitha ist Lattich.

Es wurde gelehrt: Gesalzenes Fleisch darf man am Šabbath fortbewegen, ungesalzenes darf man, wie R. Hona sagt, fortbewegen, und wie R. Ḥisda sagt, nicht fortbewegen.

Wieso sagt R. Hona, man dürfe es fortbewegen, R. Hona war ja ein Schüler Rabhs, und Rabh ist ja der Ansicht R. Jehudas, nach dem das Gesetz vom Abgesonderten Geltung hat!?

Beim hinsichtlich des Essens Abgesonderten ist er der Ansicht R. Jehudas, beim hinsichtlich der Fortbewegung Abgesonderten ist er der Ansicht R. Šimo͑ns.

Wieso sagt R. Ḥisda, man dürfe es nicht fortbewegen, einst war ja R. Jiçḥaq b. Ami bei R. Ḥisda, und er sah da eine [geschlachtete] Ente aus der Sonne in den Schatten tragen, weil R. Ḥisda gesagt hatte, er sehe hierin einen Geldschaden !?

Anders ist es bei einer Ente, die als Rohfleischschnitte verwendbar ist.

Die Rabbanan lehrten: Einen gesalzenen Fisch darf man fortbewegen, einen ungesalzenen Fisch darf man nicht fortbewegen; Fleisch darf man, ob gesalzen oder ungesalzen, fortbewegen. Eine geschlossene Lehre nach R. Šimo͑n.

Die Rabbanan lehrten: Man darf Knochen fortbewegen, weil sie als Hundefutter verwendbar sind; verdorbenes Fleisch, weil es für Tiere als

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Futter verwendbar ist; offenstehendes23Wasser, weil es für eine Katze verwendbar ist. R. Šimo͑n b. Gamliél sagt, solches dürfe man überhaupt nicht aufbewahren, wegen der Gefahr24.

ii,2 MAN DARF FÜR DIE KÜCHLEIN EINEN KORB STÜLPEN, DAMIT SIE AUF- UND ABSTEIGEN. WENN EIN HUHN FORTLAUFT, DARF MAN ES ZURÜCKJAGEN, BIS ES WIEDER HINEINGEHT. MAN DARF KÄLBER UND FÜLLEN AUF ÖFFENTLICHEM GEBIETE HÜPFEN LASSEN. EINE FRAU DARF IHR KIND GÄNGELN. R. JEHUDA SAGTE: DIES NUR, WENN ES EINEN [FUSS] ANSETZT UND DEN ANDEREN HEBT, WENN ES SIE ABER NACHSCHLEPPT, IST ES VERBOTEN.

GEMARA. R. Jehuda sagte im Namen Rabhs: Wenn ein Vieh in einen Wassergraben fällt, so hole man Kissen und Polster und lege sie ihm unter, und wenn es dann heraufkommt, so ist nichts dabei. Man wandte ein : Wenn ein Vieh in einen Wassergraben fällt, so reiche man ihm Futter an Ort und Stelle, damit es nicht verende. Nur Futter darf man ihm reichen, Kissen und Polster aber nicht!?

Das ist kein Einwand; das eine, wenn es mit der Fütterung möglich25ist, das andere, wenn es mit der Fütterung nicht möglich ist. Ist es mit der Fütterung möglich, so bleibe es bei der Fütterung, wenn aber nicht, so hole man Kissen und Polster und lege sie ihm unter.

Man entzieht ja eine Sache ihrer Benutzbarkeit26!?

Er ist der Ansicht, die Entziehung der Benutzbarkeit ist nur rabbanitisch [verboten], die Tierquälerei aber biblisch, und das biblische Verbot verdrängt das rabbanitische.

WENN EIN HUHN FORTLÄUFT &C. Nur zurückjagen, nicht aber zerren, somit lernen wir hier dasselbe, was die Rabbanan gelehrt haben: Man darf ein Vieh, ein Wild oder ein Geflügel im Hofe herumzerren, jedoch kein Huhn.

Weshalb kein Huhn? Abajje erwiderte: Weil es nach oben strebt27.

Eines lehrt, man dürfe ein Vieh, ein Wild oder ein Geflügel im Hofe herumzerren, jedoch nicht auf öffentlichem Gebiete, eine Frau aber dürfe ihr Kind auf öffentlichem Gebiete gängeln, und um so eher im Hofe, während ein Anderes lehrt, man dürfe ein Vieh, ein Wild oder ein Geflügel im Hofe nicht schleifen, wohl aber treiben, daß es eintrete!?

Dies widerspricht sich ja selbst: zuerst heißt es, man dürfe es nicht schleifen, wonach das Zerren erlaubt ist, und nachher heißt es, nur treiben, wonach das Zerren verboten ist!? Abajje erwiderte: Der Schlußsatz gilt von einem Huhn. Abajje sagte: Wer ein Huhn schlachtet, presse es auf die Erde mit untergeschlagenen Füßen, oder hebe es hoch, denn wenn man es mit den Füßen auf die Erde setzt, kann es [durch das Zappeln] die Halsorgane28durchreißen.

iii MAN DARF AM FESTE KEIN TLER ENTBINDEN, WOHL ABER DARF MAN IHM HILFE LEISTEN. MAN DARF AM ŠABBATH EINE FRAU ENTBINDEN; AUCH DARF MAN FÜR SIE EINE HEBAMME VON EINEM ORTE NACH EINEM ANDEREN HOLEN, IHRETWEGEN DEN ŠABBATH ENTWEIHEN, UND IHR DIE NABELSCHNUR UNTERBINDEN, UND WIE R. JOSE SAGT, AUCH DURCHSCHNEIDEN. ALLES, WAS ZUR BESCHNEIDUNG NOTWENDIG IST, DARF MAN AM ŠABBATH VERRICHTEN.

GEM ARA. Wie geschehe die Hilfeleistung? R. Jehuda erwiderte: Man halte die Geburt, damit sie nicht auf die Erde falle. R. Naḥman erwiderte : Man drücke ihm den Leib, damit die Geburt herauskomme. Übereinstimmend mit R. Jehuda wird gelehrt: Wie leistet man [dem Muttertiere] Hilfe? Man halte die Geburt, damit sie nicht auf die Erde falle; man blase ihr in die Nase und lege ihr die Zitze ins Maul, damit sie sauge. R. Šimo͑n b. Gamliél sagte: Wir pflegten am Feste einem reinen Tiere Liebestat zu erweisen. Was macht man da? Abajje erwiderte: Man legt [dem Muttertiere] ein Stück Salz in die Gebärmutter, damit es an die Geburtswehen denke und sich [der Geburt] zuwende. Ferner bespritzt man die Geburt mit dem Fruchtwasser, damit [das Muttertier] es rieche und sich diesem zuwende. Jedoch nur bei einem reinen29Tiere, nicht aber bei einem unreinen.

Aus welchem Grunde?

Das unreine wendet sich von der Geburt nicht ab, und wenn es sich abwendet, wendet es sich ihr nicht mehr zu.

MAN DARF EINE FRAU &C. ENTBINDEN. Merke, er lehrt, daß man eine Frau entbinden darf, und daß man für sie eine Hebamme aus einem Orte nach einem anderen holen darf, was schließt die Erlaubnis, ihretwegen den Šabbath zu entweihen, noch weiter ein?

Dies schließt folgende Lehre der Rabbanan ein: Braucht sie Licht, so stecke ihr eine Freundin ein Licht an, braucht sie Öl, so hole ihr eine Freundin Öl in der Hand, und wenn es in der Hand nicht reicht, so hole sie es ihr im Haare, und wenn es im Haare nicht reicht, so hole sie es ihr in einem Gefäße.

Der Meister sagte: Braucht sie Licht, so stecke ihr eine Freundin ein Licht an. Selbstverständlich!?

Dies ist wegen einer Blinden nötig; man könnte glauben, es sei verboten, weil sie es ja überhaupt nicht sieht, so lehrt er uns, [daß dies erlaubt sei,] weil sie dadurch beruhigt wird; sie denkt nämlich, ist etwas nötig, so sieht es meine Freundin und besorgt es mir. «Braucht sie Öl &c.» Dies30sollte ja schon wegen des Ausdrückens [verboten] sein!?

Rabba und R. Joseph sagten beide, beim Haare gebe es kein Ausdrücken. R. Aši erwiderte: Du kannst auch sagen, beim Haare gebe es wohl ein Ausdrücken, denn [dies ist zu verstehen,] sie hole es in einem Gefäße im Haare; soweit möglich muß dies auf ungewöhnliche Weise geschehen.

R. Jehuda sagte im Namen Šemuéls : Wegen einer Wöchnerin darf man, solange die Gebärmutter offen ist, den Šabbath entweihen, ob sie es verlangt oder nicht verlangt; ist die Gebärmutter geschlossen, so darf

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man ihretwegen den Šabbath nicht mehr entweihen, ob sie es verlangt oder nicht verlangt. So lehrte es R. Aši, Mar Zuṭra lehrte es wie folgt; R. Jehuda sagte im Namen Šemuéls: Wegen einer Wöchnerin darf man, solange die Gebärmutter offen ist, den Šabbath entweihen, ob sie es verlangt oder nicht verlangt; ist die Gebärmutter geschlossen, so darf man ihretwegen den Šabbath entweihen, wenn sie es verlangt, verlangt sie es nicht, so darf man ihretwegen den Šabbath nicht entweihen. Rabina sprach zu Meremar: Mar Zuṭra lehrte es erleichternd, und R. Aši lehrte es erschwerend; nach wem ist die Halakha zu entscheiden? Dieser erwiderte: Die Halakha ist wie Mar Zuṭra; bei Lebensgefahr ist in einem Zweifel erleichternd zu entscheiden.

Wann beginnt die Gebärmutter sich zu öffnen? Abajje sagte: Sobald sie sich auf den Gebärstuhl setzt. R. Hona, Sohn des R. Jehošua͑, sagte: Sobald das Blut zu fließen beginnt. Manche sagen: Sobald ihre Freundinnen sie an den Armen tragen müssen.

Wie lange ist die Gebärmutter offen? Abajje sagte: Drei Tage. Raba sagte im Namen R. Jehudas: Sieben Tage. Manche sagen: Dreißig Tage.

In Nehardea͑ sagten sie: Bei einer Wöchnerin sind drei, sieben, und dreißig [Tage zu unterscheiden] : in den drei Tagen entweihe man ihretwegen den Šabbath, ob sie es verlangt oder nicht verlangt; in den sieben Tagen entweihe man ihretwegen den Šabbath, wenn sie es verlangt, und entweihe ihn nicht, wenn sie es nicht verlangt; in den dreißig Tagen darf man ihretwegen den Šabbath nicht entweihen, auch wenn sie es verlangt, wohl aber darf man es von einem Aramäer tun lassen. Dies nach R. U͑la, dem Sohne R. E͑leajs, welcher sagt, man dürfe alles, was ein Kranker braucht, von einem Aramäer verrichten lassen. Auch nach R. Hamnuna, denn R. Hamnuna sagte, auch wenn keine Gefahr vorliegt, dürfe man einem Nichtjuden sagen, und er verrichte es.

R. Jehuda sagte im Namen Šemuéls : Für eine Wöchnerin sind dreißig Tage festgesetzt.

In welcher Hinsicht?

In Nehardea͑ erklärten sie, hinsichtlich des Reinigungsbades31. Raba sagte: Dies nur, wenn ihr Mann abwesend ist, ist aber ihr Mann bei ihr, so erwärmt er sie. So geschah es mit der Tochter R. Ḥisdas, daß sie während der Abwesenheit ihres Mannes innerhalb der dreißig Tage badete und sich erkältete; da brachte man ihr Bett zu [ihrem Manne] Raba nach Pumbeditha.

R. Jehuda sagte im Namen Šemuéls: In der Regenzeit darf man für eine Wöchnerin am Šabbath eine Herdflamme machen. Hieraus wäre zu entnehmen, nur für eine Wöchnerin und nicht für einen Kranken, nur in der Regenzeit und nicht im Sommer. Dem ist aber nicht so; es gibt keinen Unterschied zwischen einer Wöchnerin und einem anderen Kranken, zwischen der Regenzeit und dem Sommer.

Es wurde gelehrt: R. Ḥija b. Abin sagte im Namen Šemuéls: Wenn jemand sich zur Ader gelassen und sich erkältet hat, so darf man für ihn, selbst in der Jahreszeit des Tamuz eine Herdflamme machen. Für Šemuél zerspaltete man einst einen Wacholderstuhl [zum Heizen]. Für R. Jehuda zerspaltete man einst einen Zederntisch. Als man einst für Rabba eine Bank zerspaltete, sprach Abajje zu Rabba: Der Meister übertritt ja das Verbot:32du sollst nicht zerstören!? Dieser erwiderte: Die Zerstörung meines Körpers geht vor.

R. Jehuda sagte im Namen Rabhs: Der Mensch verkaufe sogar die Balken seines Hauses und kaufe Schuhe für seine Füße. Wer sich aber zur Ader gelassen und nichts zum Essen hat, verkaufe sogar die Schuhe von seinen Füßen und besorge sich dafür das Nötige zu einer Mahlzeit.

Was ist das Nötige zu einer Mahlzeit?

Rabh sagt, Fleisch; Šemuél sagt, Wein. Rabh sagt, Fleisch: Leben ersetzt Leben. Šemuél sagt, Wein: Rotes ersetzt Rotes.

Für Šemuél pflegte man an einem Tage, an dem er sich zur Ader ließ, eine Milzspeise zu bereiten. R. Joḥanan pflegte zu trinken, bis ihm der Dunst aus den Ohren kam. R. Naḥman pflegte zu trinken, bis ihm die Milz schwamm. R. Joseph pflegte zu trinken, bis es aus den Wunden des Schröpfapparates hervorquoll. Raba pflegte nach dreijährigem33Weine zu suchen. R. Naḥman b. Jiçḥaq sprach zu den Schülern: Ich bitte euch, wenn ihr euch zur Ader lasset, so sagt zu euren Frauen: »Naḥman besucht uns«. Jede List ist verboten, folgende List ist aber erlaubt. Wer sich zur Ader gelassen hat und [Wein zu kaufen] nicht imstande ist, nehme einen abgeriebenen Zuz und gehe in sieben Läden34, bis er ein Viertellog zusammengekostet hat. Wenn nicht dies, so esse er sieben schwarze Datteln, bestreiche seine Schläfen mit Öl und schlafe in der Sonne. Ablet traf einst Šemuél in der Sonne schlafen; da sprach er zu ihm: Weiser der Juden, kann Schlechtes gut sein!? Dieser erwiderte : Ich habe mich heute zur Ader gelassen. Das war es aber nicht; es gibt einen Tag im Jahre, an dem die Sonne wohltuend ist, das ist der Tag, auf den die Jahreswende des Tamuz fällt. Er wollte es ihm aber nicht verraten.

Rabh und Šemuél sagten beide: Wer die Mahlzeit nach dem Aderlasse leicht nimmt, mit dem nimmt man es im Himmel inbetreff seines Unterhaltes leicht, indem man sagt: Er selber schonte sein Leben nicht, wie sollte ich ihn schonen !?

Rabh und Šemuél sagten beide: Wer sich zur Ader läßt, setze sich nicht an einen Ort, an dem eine Zugluft weht, vielleicht zapft ihm der Bader [das Blut] bis auf ein Viertellog ab, und wenn die Zugluft ihm noch mehr abzieht, könnte er in Gefahr geraten. Šemuél pflegte sich zur Ader zu lassen in einem Hause, das sieben Ziegel und einen Blendziegel stark war; eines Tages ließ er sich zur Ader und fühlte sich schwach, da untersuchte er [das Haus], und es fehlte ein Blendziegel.

Rabh und Šemuél sagten beide: Wer sich zur Ader gelassen hat, genieße etwas und gehe erst dann aus. Wenn er nichts gegessen hat und auf eine Leiche stößt, könnte sein Gesicht gelb werden, wenn er auf einen Mörder stößt, könnte er sterben, und wenn er auf jene Sache35stößt, könnte er jene Sache36bekommen.

Blatt 129b

Rabh und Šemuél sagten beide: Wer sich zur Ader gelassen hat, ruhe ein wenig aus und stehe dann auf. Der Meister sagte nämlich: Wegen fünf Dinge ist man dem Tode näher als dem Leben, und zwar: wenn man gegessen hat und sofort aufsteht; wenn man getrunken hat und sofort aufsteht; wenn man geschlafen hat und sofort aufsteht; wenn man sich zur Ader gelassen hat und sofort aufsteht; wenn man den Beischlaf ausgeübt hat und sofort aufsteht.

Šemuél sagte: Die Blutentnahme soll alle dreißig Tage erfolgen; an eine Lebensperiodc37angelangt, schränke man sie ein, an eine weitere38Lebensperiode angelangt, schränke man sie noch mehr ein. Ferner sagte Šemuél: Die Blutentziehung soll am Sonntag, Mittwoch und Freitag erfolgen, nicht aber am Montag und Donnerstag. Der Meister sagte nämlich: Nur wer Verdienste der Vorfahren hat, lasse sich am Montag und Donnerstag zur Ader, weil an diesen Tagen der Gerichtshof droben und der Gerichtshof hienieden39gleichzeitig tagen.

Weshalb nicht am Dienstag?

Weil dann der Mars paarig40[an die Reihe kommt].

Aber auch am Freitag kommt er ja paarig an die Reihe!?

Da die Menge sich schon daran gewöhnt hat, [so heißt es hierüber:]41der Herr behütet die Einfältigen.

Šemuél sagte: An einem Mittwoch, der der vierte, der vierzehnte oder der vierundzwanzigste [des Monats] ist, und an einem, dem keine vier Tage [im Monat] folgen, ist [der Aderlaß] gefährlich. An einem Neumondstage und dem folgenden ist er schwächend, am dritten ist er gefährlich; am Vorabend des Festes ist er schwächend; am Vorabend des Wochenfestes ist er gefährlich. Wegen des Wochenfestes haben es die Rabbanan auch bei allen anderen verboten, denn an diesem Tage weht ein Wind Namens Tibbuah42, der, hätten die Jisraéliten die Tora nicht in Empfang genommen, ihr Fleisch und Blut verzehrt haben würde.

Šemuél sagte: Wenn jemand nur ein Weizenkorn ißt und sich sofort zur Ader läßt, so hat er es nur für dieses Weizenkorn getan. Dies nur dann, wenn zur Heilung, wenn aber zur Erleichterung, so erleichtert es auch. Wer sich zur Ader gelassen hat, trinke gleich darauf, esse aber erst nach einem halben Mil43. Sie fragten : Ist das Trinken gleich darauf dienlich, später aber schädlich, oder weder schädlich noch dienlich?

Dies bleibt unentschieden. Sie fragten: Ist das Essen nach einem halben Mil dienlich, später oder früher aber schädlich, oder weder schädlich noch dienlich?

Dies bleibt unentschieden.

Rabh rief aus: Hundert Schröpfköpfe um einen Zuz, hundert Köpfe [schneiden] um einen Zuz, hundert Schnurrbärte [stutzen], um nichts44. R. Joseph sagte : Als wir noch bei R. Hona waren, pflegte man da an einem Tage, an dem die Schüler frei hatten, zu sagen: »Heute ist der Schnurrbarttag«, und ich wußte nicht, was dies zu bedeuten hatte.

DIE NABELSCHNUR UNTERBINDEN. Die Rabbanan lehrten: Man darf die Nabelschnur unterbinden; R. Jose sagt, auch durchschneiden und die Nachgeburt aufbewahren, um das Kind zu erwärmen. R. Šimo͑n b. Gamliél sagte : Fürstinnen verwahren sie in Becken Öl, reiche Frauen in Wollflocken, arme Frauen in Watte.

R. Naḥman sagte im Namen des Rabba b. Abuha im Namen Rabhs: Die Weisen pflichten R. Jose bei, daß man die Nabelschnur eines Zwillings durchschneiden darf.

Aus welchem Grunde?

Weil sie sich von einander losreißen45.

Ferner sagte R. Naḥman im Namen des Rabba b. Abuha im Namen Rabhs: Alles, was im Abschnitte der Zurechtweisung46auf gezählt wird, darf man für eine Wöchnerin tun. Da heißt es:47Und was deine Geburt betrifft: am Tage, an dem da geboren wurdest, wurde weder deine Nabelschnur durchschnitten, noch wurdest du zur Reinigung mit Wasser gewaschen, noch mit Salz gerieben, noch in Windeln gewickelt. Und was deine Geburt betrifft: am Tage, an dem du geboren wurdest; hieraus, daß man am Šabbath Geburtshilfe leisten darf. Wurde weder deine Nabelschnur durchschnitten; hieraus, daß man am Šabbath die Nabelschnur durchschneiden darf. Noch wurdest du zur Reinigung mit Wasser gewaschen; hieraus, daß man am Šabbath das Kind baden darf. Noch mit Salz gerieben; hieraus, daß man am Šabbath das Kind mit Salz einreiben darf. Noch in Windeln gewickelt; hieraus, daß man am Šabbath das Kind wickeln darf.


  1. Wenn von dieser vor dem Šabbath noch nicht entnommen worden ist, so gilt sie als Abgesondertes.↩︎

  2. Ein kleineres Quantum gilt nicht als Scheune.↩︎

  3. Man kann das Quantum von vier bis fünf Haufen auch in kleinen Gefäßen fortschaffen.↩︎

  4. Eigentlich Körbe, vieil. Korbflaschen oder Krüge.↩︎

  5. Bereschit 18,3.↩︎

  6. דרוט (דרוםא) vieil. Ortsname, od. Benennung des südl. Judäa, wird stets im Gegensatze zu Galiläa genannt.↩︎

  7. Cf. Dem. Absch. V, Anm. 5.↩︎

  8. Cf. Dem. Absch. V, Anm. 5.↩︎

  9. Bamidbar 18,26.↩︎

  10. Der Levite dem Priester, der die »große Hebe« zu bekommen hat.↩︎

  11. Bamidbar 18,29.↩︎

  12. Daß im letzten Falle die große Hebe nicht zu entrichten ist, im ersten aber wohl.↩︎

  13. Der Ertrag aus einem solchen ist nach der Tora nicht zu yerzehnten, jedoch rabbanitisch.↩︎

  14. Der Levite dem Priester, der die »große Hebe« zu bekommen hat.↩︎

  15. Oben Blatt 127b.↩︎

  16. Dewarim 14,25.↩︎

  17. Cf. Ber. Abschn. VII, Anm. 55.↩︎

  18. Wajikra 27,19.↩︎

  19. Nur Fürsten halten sich Strauße.↩︎

  20. Dh. zum Trocknen, als Brennmaterial.↩︎

  21. Arab.-syr. Benennung der Minze.↩︎

  22. Gf. Abschn. XIV, Anm. 57.↩︎

  23. Das man nicht trinken darf; cf. Ter. VIII, 4.↩︎

  24. Weil ein Mensch davon trinken könnte.↩︎

  25. Das Vieh zu retten.↩︎

  26. Die Kissen können am Š. nicht mehr benutzt werden; dies gilt als Abzweigung des »Niederreißens » und ist daher verboten.↩︎

  27. Wenn es sich sträubt, zieht es die Füße ein, sodaß es getragen wird.↩︎

  28. Luft- u. Speiseröhre; wörtl. die Zeichen, da das Vieh nur durch das Durchschneiden dieser beiden Organe zum Essen erlaubt wird.↩︎

  29. Das zum Essen erlaubt ist.↩︎

  30. Das Holen des Öles im Haare.↩︎

  31. Das sie nicht zu nehmen braucht, damit sie sich nicht erkälte.↩︎

  32. Dewarim 20,19.↩︎

  33. Wörtl. dreiblätterigem, soll wohl heißen, nachdem der Weinstock dreimal die Blätter gewechselt hat.↩︎

  34. In jedem Laden lasse er sich eine Weinprobe geben; zu einem Verkaufe wird es jedoch nicht kommen, da man ein ungültiges Geldstück nicht in Zahlung nehmen wird.↩︎

  35. Ein Schwein.↩︎

  36. Aussatz.↩︎

  37. Nach dem 40. Lebensjahre.↩︎

  38. Nach dem 60. Lebensjahre.↩︎

  39. Cf. Bq. Blatt 82a.↩︎

  40. Dh. in den paarigen Stunden u. zweimal. Von den 7 Planeten beginnt jeder an einem bestimmten Wochentage und wird stündlich vom nächsten abgelöst; am Dienstag beginnt der Mars, sodaß er in der 8., 15. u. 22. Stunde abermals an die Reihe kommt. Sowohl der Mars als auch die Paare (cf. Pes. Blatt 110a) gelten als unheilbringend.↩︎

  41. Tehillim 116,6.↩︎

  42. Eigentlich Schlachtung; ein hinschlachtender, verheerender Wind.↩︎

  43. Nach einer Zeit, während der man diesen Weg zurücklegen kann.↩︎

  44. Als unentgeltliche Zugabe zum Aderlaß. So nach manchen Handschriften; die Erklärung Raschis nach unserem Texte ist unwahrscheinlich.↩︎

  45. Wodurch sie in Gefahr geraten können.↩︎

  46. Jechezkel Kap. 16.↩︎

  47. Jechezkel 16,4.↩︎