Schabbat Kapitel 20

Der Talmud, Traktat (Massechet) Schabbat in deutscher Übersetzung von Lazarus Goldschmidt:

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Blätter / Dapim

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i R. ELIE͑ZER SAGT, MAN DÜRFE AM FESTE EINEN SEIHER AUFSPANNEN UND AM ŠABBATH IN EINEN BEREITS AUFGESPANNTEN [WEIN] GIESSEN; DIE WEISEN SAGEN, MAN DÜRFE AM FESTE KEINEN SEIHER AUFSPANNEN1 UND AM ŠABBATH IN EINEN BEREITS AUFGESPANNTEN KEINEN [WEIN] GIESSEN, WOHL ABER AM FESTE IN EINEN BEREITS AUFGESPANNTEN [WEIN] GIESSEN.

GEMARA. Wenn nach R. Elie͑zer schon die Erweiterung eines provisorischen Zeltes verboten ist, wieso darf man ein solches von vornherein errichten!? — Welches Bewenden hat es damit? — Wir haben gelernt: Die Klappe einer Luke darf man schließen, wie R. Elie͑zer sagt, wenn sie beweglich angebracht ist, sonst aber nicht; die Weisen sagen, ob so oder so dürfe man sie schließen. Hierzu sagte Rabba b. Bar Ḥana im Namen R. Joḥanans: Alle stimmen überein, daß man am Feste kein provisorisches Zelt machen darf, und um so weniger am Šabbath, und sie streiten nur über die Erweiterung; R. Elie͑zer ist der Ansicht, man dürfe am Feste nicht erweitern, und um so weniger am Šabbath, und die Weisen sagen, man dürfe es am Šabbath erweitern, und um so mehr am Feste. — R. Elie͑zer ist der Ansicht R. Jehudas. Es wird nämlich gelehrt: Der Festtag unterscheidet sich vom Šabbath nur hinsichtlich der Bereitung von Speisen; R. Jehuda erlaubt [am Feste] auch das, was zur Bereitung von Speisen erforderlich ist. — Vielleicht sagt es R. Jehuda nur von Erfordernissen, die man nicht schon am Vorabend des Festes bereiten kann, sagt er es etwa auch von solchen, die man schon am Vorabend des Festes bereiten kann!? — R. Elie͑zer ist weitergehend als R. Jehuda.

DIE WEISEN SAGEN. Sie fragten: Was geschieht, wenn man aufgespannt hat? R. Joseph erwiderte: Hat man aufgespannt, so ist man ein Sündopfer schuldig. Abajje sprach zu ihm: Demnach ist man auch schuldig, wenn man ein Krüglein an einen Haken aufhängt!? Vielmehr,

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sagte Abajje, ist dies nur ein rabbanitisches [Verbot], daß man nicht ebenso verfahre, wie am Wochentage. Abajje faßte Bündel von Lehren zusammen2 und trug vor: Man darf einen Schlauch, einen Durchschlag, einen Baldachin oder einen zusammenlegbaren Stuhl nicht aufspannen; hat man sie aufgespannt, so ist man frei, aber es ist verboten. Bleibende Zelte darf man nicht aufspannen; hat man sie aufgespannt, so ist man ein Sündopfer schuldig. Ein gewöhnliches Bett, einen Dreifußstuhl oder einen Kissenstuhl darf man von vornherein umlegen3.

UND AM ŠABBATH IN EINEN BEREITS AUFGESPANNTEN KEINEN [WEIN] GIESSEN. Sie fragten: Was geschieht, wenn man gegossen hat? R. Kahana erwiderte: Hat man gegossen, so ist man ein Sündopfer schuldig. R. Šešeth wandte ein: Gibt es denn etwas, wegen dessen man nach den Rabbanan ein Sündopfer schuldig, das aber nach R. Elie͑zer von vornherein erlaubt ist!? R. Joseph entgegnete: Etwa nicht, wegen einer goldenen Stadt4 ist man ja nach R. Meír ein Sündopfer schuldig, während nach R. Elie͑zer dies von vornherein erlaubt ist!? — Welche Lehre meint er? — Es wird gelehrt: Eine Frau darf nicht mit einer goldenen Stadt ausgehen; ist sie ausgegangen, so ist sie ein Sündopfer schuldig — so R. Meír. Die Weisen sagen, sie dürfe damit nicht ausgehen, ist sie ausgegangen, sei sie frei. R. Elie͑zer sagt, eine Frau dürfe von vornherein mit einer goldenen Stadt ausgehen. Abajje sprach zu ihm: Du glaubst wohl, R. Elie͑zer beziehe sich auf R. Meír, welcher sagt, sie sei ein Sündopfer schuldig; er bezieht sich auf die Rabbanan, welche sagen, es sei straffrei, aber verboten, und hierzu sagt er, es sei von vornherein erlaubt. — egen welcher Arbeit ist er zu warnen5? — Raba sagte, wegen Klaubens, R. Zera sagte, wegen Beuteins. Raba sprach: Meine Ansicht ist einleuchtender; das Klauben geschieht in der Weise, daß man das Genießbare nimmt und den Abfall zurückläßt, ebenso nimmt man auch hierbei das Genießbare und läßt den Abfall zurück. R. Zera sprach: Meine Ansicht ist einleuchtender; das Beuteln geschieht in der Weise, daß der Abfall nach oben kommt und das Genießbare unten bleibt, ebenso bleibt auch hierbei der Abfall oben und das Genießbare fließt nach unten.

Rami b. Jeḥezqel lehrte: Man darf kein Gewand zeltartig6 aufspannen; hat man es aufgespannt, so ist man frei, von vornherein aber ist es verboten. War daran ein Faden oder eine Schnur befestigt, so darf man es von vornherein aufziehen. R. Kahana fragte Rabh: Darf man einen Baldachin [aufschlagen]? Dieser erwiderte: Auch kein Bett. — Darf man ein Bett [aufschlagen]? Dieser erwiderte: Auch einen Baldachin. — Darf man ein Bett und einen Baldachin [aufschlagen]? Dieser erwiderte: Einen Baldachin nicht, ein Bett wohl. Er widersprach sich aber nicht. — Das, was er ihm gesagt hat, auch kein Bett, gilt von einem karmanischen7; das, was er ihm gesagt hat, auch einen Baldachin, gilt von einem, von dem Rami b. Jeḥezqel spricht8; und das, was er ihm gesagt hat, einen Baldachin nicht, ein Bett wohl, gilt von den unserigen. R. Joseph erzählte: Ich sah, daß im Hause R. Honas die Baldachindecken am [Šabbath] abends aufgespannt und morgens wieder zusammengeschlagen9 waren.

Rabh sagte im Namen R. Ḥijas: Einen Vorhang darf man aufspannen und zusammenfalten. Ferner sagte Šemuél im Namen R. Ḥijas:

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Einen Brautbaldachin10darf man aufspannen und abnehmen. R. Šešeth, Sohn des R. Idi, sagte: Dies nur, wenn das Dach keine Handbreite hat, wenn es aber eine Handbreite hat, ist es verboten. Und auch, wenn es keine Handbreite hat, nur dann, wenn es weniger als drei [Handbreiten] von der Dachspitze keine Handbreite hat, wenn es aber weniger als drei [Handbreiten] von der Dachspitze eine Handbreite hat, ist es verboten. Auch nur dann, wenn die Schräge keine Handbreite11beträgt, beträgt aber die Schräge eine Handbreite, so wird auch die Schräge des Zeltes als Zelt betrachtet. Auch nur dann, wenn es keine Handbreite über das Bett herabhängt, wenn es aber eine Handbreite über das Bett herabhängt, so ist es verboten.

Ferner sagte R. Šešeth, Sohn des R. Idi: [Breite] Filzhüte sind erlaubt12. — Es wird ja aber gelehrt, Filzhüte seien verboten!? — Das ist kein Widerspruch; dies, wenn [die Krampe] eine Handbreite hat, jenes, wenn sie keine Handbreite hat. — Demnach ist man schuldig, wenn man ein Gewand eine Handbreite [über dem Kopfe] hängen läßt!? — Vielmehr, das ist kein Widerspruch; das eine, wenn er fest sitzt, das andere, wenn er lose sitzt13.

Rami b. Jeḥezqel sandte an R. Hona: Sage uns doch jene schönen Dinge, die du uns einst im Namen Rabhs gesagt hast, zwei inbetreff des Šabbaths und eines inbetreff der Tora. Da ließ er ihm antworten: Es wird gelehrt, man dürfe am Šabbath einen Schlauch an den Riemen aufspannen. Hierzu sagte Rabh, dies sei nur von zwei Personen gelehrt worden, bei einer Person sei es verboten14. Abajje sagte: Einen Baldachin dürfen sogar zehn Personen nicht, weil es nicht möglich ist, daß nicht etwas herabhängt. — Was weiter? — Es wird gelehrt, wenn von einem Kochherde ein Fuß fehlt, dürfe man ihn fortbewegen, wenn zwei, dürfe man ihn nicht fortbewegen. Hierzu sagte Rabh, auch wenn einer fehlt, sei es verboten, weil zu berücksichtigen ist, man könnte ihn befestigen. — Was inbetreff der Tora? — Rabh sagte: Dereinst wird die Tora bei Jisraél in Vergessenheit geraten. Es heißt nämlich:15der Herr wird über dich wundersame Plagen verhängen, und ich würde nicht gewußt haben, was unter »wundersam« zu verstehen sei; wenn es aber heißt:16darum handle ich noch einmal mit diesem Volke wunderbar, wunderbar und wundersam, daß die Weisheit seiner Weisen verloren geht, so ist hieraus zu entnehmen, daß mit »wundersam« die Tora gemeint sei.

Die Rabbanan lehrten: Als unsere Lehrer in der Akademie zu Jahne zusammentraten, sprachen sie: Dereinst wird die Tora bei Jisraél in Vergessenheit geraten, denn es heißt:17Siehe, es sollen Tage kommen, spricht der Herr, da will ich Hunger in das Land senden, nicht Hunger nach Brot, nicht Durst nach Wasser, sondern die Worte des Herrn zu hören. Ferner heißt es:18sie werden von einem Meere zum anderen wanken, und von Ost und West umherschweifen, um das Wort des Herrn zu suchen; sie werden es aber nicht finden. Das Wort des Herrn, das ist die Halakha; das Wortdes Herrn, das ist das Ende19; das Wort des Herrn, das ist die Prophetie. — Was meint er mit [den Worten:] sie werden umherschweifen, um das Wort des Herrn zu suchen? — Sie sagten, dereinst werde eine Frau einen Laib Brot von Hebe nehmen und damit in die Bet- und Lehrhäuser umhergehen, um zu erfahren, ob er unrein oder rein sei, niemand aber wird es wissen. — Ob rein oder unrein steht ja ausdrücklich geschrieben:20von jeder Art Speise, die gegessen wird!? — Vielmehr, um zu wissen, ob er erstgradig oder zweitgradig21unrein sei, niemand aber wird es wissen. — Aber auch dies ist ja eine Mišna, denn wir haben gelernt, wenn ein Kriechtier sich in einem Ofen befindet, sei das darin befindliche Brot zweitgradig [unrein], weil der Ofen selbst erstgradig ist!? — Sie werden über das, was R. Ada b. Ahaba zu Raba gesagt hat, im Zweifel sein: Der Ofen sollte doch als mit Unreinheit ausgefüllt22betrachtet werden, und das Brot somit erstgradig [unrein] sein!? Dieser erwiderte: Der Ofen ist nicht als mit Unreinheit ausgefüllt zu betrachten, denn es wird gelehrt: Man könnte glauben, jedes Gefäß werde durch die Luft eines unreinen Tongefäßes unrein, so heißt es:23alles, was sich darin befindet, werde unrein; von jeder Art Speise, die gegessen wird; Speisen werden durch die Luft eines [unreinen] Tongefäßes unrein, Gefäße aber werden nicht durch die Luft eines [unreinen] Tongefäßes unrein.

Es wird gelehrt: R. Šimo͑n b. Joḥaj sagte: Behüte und bewahre, daß etwa die Tora bei Jisraél in Vergessenheit geraten könnte, denn es heißt: 24es wird unvergessen im Munde seiner Nachkommen bleiben. Wieso aber halte ich aufrecht [die Worte:] sie werden umherschweifen, um das Wort des Herrn zu suchen; sie werden es aber nicht finden? Sie werden

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keine klare Halakha und keine klare Lehre an einer Stelle finden25.

Es wird gelehrt: R. Jose b. Eliša͑ sagte: Wenn du ein Zeitalter siehst, über das viele Leiden verhängt werden, so gehe und untersuche die Richter Jisraéls, denn jedes Verhängnis, das über die Welt kommt, kommt nur wegen der Richter Jisraéls, denn es heißt:26höret doch dies, Häupter des Hauses Ja͑qob, Gebieter des Hauses Jisraél, die ihr Recht verabscheuet und alles Gerade krumm machet. Ferner heißt es:27man baut Çijon mit Blut [und Jerušalem mit Frevel]. Seine Häupter sprechen Recht für Bestechung, ihre Priester lehren für Lohn; ihre Propheten wahrsagen durch Zauberei und stützen sich auf den Herrn &c. Sie sind Frevler, jedoch berufen sie sich auf den, der durch sein Wort die Welt erschaffen hat. Entsprechend den drei Sünden, die in ihrer Hand, brachte der Heilige, gepriesen sei er, über sie drei Verhängnisse, wie es heißt: 28darum soll euretwegen Çijon zum Felde umgepflügt werden, Jerušalem ein Trümmerhaufen und der Tempelberg zur bewaldeten Höhe, Der Heilige, gepriesen sei er, läßt ferner seine Göttlichkeit nicht eher über Jisraél ruhen, als bis die schlechten Richter und Aufseher aus Jisraél entfernt sind, wie es heißt:29ich will meine Hand wieder gegen dich kehren, wie mit Lauge all dein unedles Metall läutern und all dein Zinn ausscheiden; deine Richter will ich dir wieder einsetzen wie dereinst, und wie zuvor deine Räte. U͑la sagte: Jerusalem wird nur durch Gerechtigkeit30erlöst werden, wie es heißt:31Çijon soll durch Recht erlöst werden, und seine Heimkehrenden durch Gerechtigkeit. R. Papa sagte: Wenn die Hochmütigen aufhören, hören auch die Magier32auf; wenn die [schlechten] Richter aufhören, hören auch die Befehlshaber auf. Wenn die Hochmütigen aufhören, hören auch die Magier auf, denn es heißt: ich will wie mit Lauge all dein unedles Metall33läutern; wenn die [schlechten] Richter aufhören, hören auch die Befehlshaber auf, denn es heißt: 34der Herr hat deine Richter entfernt, deinen Feind hinweggeräumt.

R. Malaj sagte im Namen des R. Elea͑zar b. R. Šimo͑n: Es heißt:35zerbrochen hat der Herr den Stab der Frevler, den Stock der Gewaltherrscher. Zerbrochen hat der Herr den Stab der Frevler, das sind die Richter, die ihren Exekutivbeamten als Stab dienen; den Stock der Gewaltherrscher, das sind die Schriftgelehrten aus den Familien der Richter. Mar Zuṭra erklärte: Das sind die Schriftgelehrten, die unwissenden Richtern das bürgerliche Gesetz lehren.

R. Elea͑zar b. Malaj sagte im Namen des Reš Laqiš: Es heißt: 36denn euere Hände sind mit Blut besudelt und euere Finger mit Sünde; Lüge redeten euere Lippen, euere Zunge spricht Frevel. Euere Hände sind mit Blut besudelt, das sind die Richter; und euere Finger mit Sünde, das sind die Gerichtsschreiber; Lüge redeten euere Lippen, das sind die Rechtsanwälte; euere Zunge spricht Frevel, das sind die Gerichtsparteien.

Ferner sagte R. Malaj im Namen des R. Jiçḥaq aus Magdela: Seit dem Tage, an dem Joseph sich von seinen Brüdern getrennt hatte, hatte er den Geschmack des Weines nicht gekostet, denn es heißt:37und auf den Scheitel des Geweihten unter seinen Brüdern. R. Jose b. Ḥanina sagte: Auch sie hatten den Geschmack des Weines nicht gekostet, denn es heißt:38dann tranken sie und berauschten sich mit ihm; demnach hatten sie sich bis dahin nicht berauscht. — Und jener!? — Berauscht hatten sie sich nicht, getrunken hatten sie aber wohl.

Ferner sagte R. Malaj: Als Belohnung für:39er wird sich in seinem Herzen freuen, wenn er dich erblickt, war es ihm beschieden, das Orakelschild auf seinem Herzen zu tragen.

Die Leute aus Baskar sandten an Levi folgende Fragen: Wie verhält es sich mit einem Baldachin? Wie verhält es sich mit Hopfen in einem Weinberge40? Wie verhält es sich mit einem Leichnam am Feste41? Während [der Bote] ging, kehrte die Seele Levis zur Ruhe ein. Da sprach Šemuél zu R. Menasja: Bist du weise, so sende du ihnen Antwort. Da ließ er ihnen folgendes antworten: Hinsichtlich des Baldachins haben wir es nach jeder Richtung untersucht und keine Möglichkeit gefunden, es zu erlauben. — Sollte er ihnen doch nach Rami b. Jeḥezqel42erwidert haben!? — Weil sie nicht gesetzeskundig43waren. — Hopfen im Weinberge ist eine Mischsaat. — Sollte er ihnen doch nach R. Tryphon erwidert haben!? Es wird nämlich gelehrt: Hopfen in einem Weinberge ist, wie R. Tryphon sagt, keine Mischsaat; die Weisen sagen, Hopfen in einem Weinberge sei Mischsaat. Und es ist uns bekannt, daß bei Gesetzen, die für das Land bestimmt sind, außerhalb des Landes die Halakha nach den erleichternden zu entscheiden ist. — Weil sie nicht gesetzeskundig waren. Rabh ließ bekanntmachen: Wer Hopfen in einem Weinberge säen will, säe. R. A͑mram der Fromme ließ dieserhalb geißeln. R. Mešaršija gab einem nichtjüdischen Knaben eine Peruṭa, und dieser säete für ihn44. — Sollte er doch einem jisraélitischen Knaben geben!? — Er könnte sich daran gewöhnen. — Sollte er einem erwachsenen Nichtjuden geben!? — Es könnte zu einer Verwechselung mit einem Jisraéliten kommen. — Bezüglich des Leichnams ließ er ihm folgendes antworten: Es dürfen sich mit ihm weder Judäer noch Aramäer befassen, weder am ersten Festtage, noch am zweiten Festtage. — Dem ist ja aber nicht so!? R. Jehuda b. Šilath erzählte ja im Namen R. Asis: Einst ereignete sich ein solcher Fall in einem Bethause zu Mao͑n an einem Festtage nächst einem Šabbath,

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ich weiß nicht, ob vor- oder nachher, und als man zu R. Joḥanan kam, sprach er: Mögen sich Nichtjuden mit ihm befassen. Auch sagte Raba, daß mit einem Leichnam am ersten Festtage Nichtjuden, und am zweiten Festtage auch Jisraéliten sich befassen dürfen, selbst am zweiten Tage des Neujahrsfestes, was bei einem Ei45nicht der Fall46ist. — Weil sie nicht gesetzeskundig waren.

R. Abin b. R. Hona sagte im Namen des R. Ḥama b. Gorja: Man darf sich am Šabbath in eine Baldachindecke nebst den daran befestigten Riemen hüllen und ohne Bedenken auf öffentliches Gebiet hinausgehen. — Womit ist es hierbei anders als bei der Lehre R. Honas!? R. Hona sagte nämlich im Namen Rabhs: Wer am Šabbath mit einem Gewande ausgeht, das unvorschriftsmäßige Çiçith hat, ist ein Sündopfer schuldig47. — Çiçith sind dem Gewande gegenüber wesentlich und verlieren ihre Bedeutung nicht, diese aber sind unwesentlich und ohne Bedeutung.

Rabba b. R. Hona sagte: Man darf am Feste bei einem Durchschlage eine List anwenden, indem man ihn ausspannt, um Granatäpfel hineinzulegen, nachher aber Weinhefe hineinschüttet. R. Aši sagte: Jedoch nur dann, wenn man tatsächlich Granatäpfel hineingelegt hat. — Womit ist es hierbei anders, als bei folgender Lehre!? Man darf am Halbfeste Met zum Gebrauche am Halbfeste brauen, nicht zum Gebrauche am Halbfeste ist es verboten; einerlei ob Met aus Datteln oder Met aus Gerste. Obgleich man alten hat, darf man eine List anwenden48und vom neuen trinken. — Da ist es49nicht offensichtlich, hierbei aber ist es offensichtlich.

Die Schüler sprachen zu R. Aši: Hat der Meister jenen Gelehrtenjünger gesehen, Namens R. Hona b. R. Ḥivan, manche sagen, Namens R. Hona b. R. Ḥalvan, der einen Knoblauchkopf in den Spund eines Weinfasses stopfte, indem er sagte, er habe ihn nur verwahren wollen; der sich ferner auf eine Fähre schlafen legte, sich auf die andere Seite hinüberfahren ließ und da seine Früchte bewachte, indem er sagte, er habe nur schlafen wollen? Da erwiderte er ihnen: Ihr sprechet von einer List; dies ist eine List bei einem rabbanitischen [Verbote]50, das ein Gelehrtenjünger nicht von vornherein übertritt.

ii MAN DARF WASSER AUF WEINHEFE GIESSEN, DAMIT SIE KLAR WERDE, MAN DARF WEIN DURCH EIN TUCH ODER EINEN WEIDENKORB SEIHEN. MAN DARF EIN EI IN EINEN SENFSEIHER TUN. MAN DARF AM ŠABBATH HONIGWEIN BEREITEN; R. JEHUDA SAGT, AM ŠABBATH IN EINEM BECHER, AM FESTE AUCH IN EINER FLASCHE UND AM HALBFESTE SOGAR IN EINEM FASSE; R. ÇADOQ SAGT, GANZ NACH [DER ZAHL] DER GÄSTE.

GEMARA. Zee͑ri sagte: Man darf am Šabbath ohne Bedenken klaren Wein und klares Wasser in einen Durchschlag tun, trübes aber nicht. Man wandte ein: R. Šimo͑n b. Gamliél sagt, man dürfe ohne Bedenken am Šabbath ein Faß Wein mit der Hefe durchschütteln und in einen Durchschlag tun!? Zee͑ri erklärte: In der Kelter selbst51.

MAN DARF WEIN DURCH EIN TUCH SEIHEN. R. Šimi b. Ḥija sagte: Nur darf man keine Vertiefung eindrücken.

ODER DURCH EINEN WEIDENKORB. R. Ḥija b. Aši sagte im Namen Rabhs: Nur darf er keine Handbreite vom Boden des Gefäßes abstehen. Rabh sagte: Man darf einen Lappen über die Hälfte des Kübels ausbreiten, nicht aber über den ganzen Kübel. R. Papa sagte: Man darf kein Gezweige auf die Mündung eines Krügleins [unter dem] Fasse tun, weil dies wie ein Seiher aussieht. Im Hause R. Papas gössen sie langsam52Met aus einem Gefäße in das andere um. Da sprach R. Aḥa aus Diphte zu Rabina: Es bleiben ja einzelne Tropfen zurück!? — Im Hause R. Papas waren solche Tropfen ohne Bedeutung.

MAN DARF EIN EI IN EINEN SENFSEIHER TUN. Ja͑qob Qorḥa lehrte: Weil

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dies nur wegen der Färbung53geschieht. Es wurde gelehrt: Wenn man am Vorabend des Šabbaths Senf vermengt hat, so darf man ihn, wie Rabh sagte, am nächsten Tage mit einem Geräte durchrühren, nicht aber mit der Hand. Šemuél sprach zu ihm: Rührt man ihn denn an jedem anderen Tage mit der Hand durch, das wäre ja eine Speise für Esel!? Vielmehr, sagte Šemuél, rühre man ihn mit der Hand durch, nicht aber mit einem Geräte. Es wurde gelehrt: R. Elea͑zar sagt, ob so oder so sei es verboten; R. Joḥanan sagt, ob so oder so sei es erlaubt. Abajje und Raba sagten beide, die Halakha sei nicht wie R. Joḥanan. Später bekannte sich R. Joḥanan zur Ansicht R. Elea͑zars, und R. Elea͑zar bekannte sich zur Ansicht Šemuéls. Abajje und Raba sagten dann beide, die Halakha sei wie R. Joḥanan. Die Mutter Abajjes bereitete es für ihn, und er aß nicht. Die Frau Zee͑ris bereitete es für R. Ḥija b. Aši, und er aß nicht. Da sprach sie zu ihm: Ich habe es für deinen Meister bereitet, und er aß, du aber issest nicht! Raba b. Šaba erzählte: Einst stand ich vor Rabina, als man ihm [den Senf] mit einem Knoblauchstengel umrührte, und er aß.

Mar Zuṭra sagte: Die Halakha ist nicht wie all diese Lehren, sondern wie folgende Lehre: Wenn man am Vorabend des Šabbaths Senf vermengt hat, so darf man ihn am nächsten Tage sowohl mit der Hand, als auch mit einem Geräte durchrühren; ferner darf man Honig hineintun, jedoch nicht umrühren, sondern nur mischen. Wenn man am Vorabend des Šabbaths Kresse zerrieben hat, so darf man am folgenden Tage Öl, Essig und Minze hineintun, jedoch nicht umrühren, sondern nur mischen. Wenn man am Vorabend des Šabbaths Knoblauch zerrieben hat, so darf man am folgenden Tage Bohnen und Graupen hineintun, jedoch nicht umrühren, sondern nur mischen. — «Und Minze hineintun.» Was ist Minze? — Nanja54. Abajje sagte: Hieraus ist zu entnehmen, daß Nanja gut für die Kresse ist.

MAN DARF AM ŠABBATH HONIGWEIN BEREITEN. Die Rabbanan lehrten: Man darf am Šabbath Honigwein bereiten, nicht aber Ölwein55. — Was heißt Honigwein und was heißt Ölwein? — Honigwein wird aus Wein, Honig und Pfeffer bereitet; Öl wein wird aus altem Weine, klarem Wasser und Balsam bereitet, und zwar als Abkühlungsmittel im Badehause. R. Joseph erzählte: Einst folgte ich Mar U͑qaba ins Bad; als ich herauskam, reichte er mir einen Becher solchen Weines, und ich fühlte [die Kälte] von meinem Kopfhaare bis zu den Zehennägeln. Hätte er mir noch einen zweiten Becher zu trinken gegeben, so würde ich gefürchtet haben, man werde mir dies56 in der zukünftigen Welt von meinem Verdienste abziehen. — Aber Mar U͑qaba trank ihn ja täglich!? — Anders war es bei Mar U͑qaba, der daran gewöhnt war.

iii MAN DARF NICHT ASANT IN LAUWARMES WASSER WEICHEN, WOHL ABER DARF MAN IHN IN ESSIG TUN. MAN DARF NICHT WICKEN EINWEICHEN57 NOCH SPÜLEN, WOHL ABER DARF MAN SIE IN EIN SIEB ODER IN EINEN KORB TUN58. MAN DARF NICHT HÄCKSEL IM SIEBE SIEBEN ODER AUF EINEN HOHEN PLATZ TUN, DAMIT DIE SPREU ABFALLE, WOHL ABER DARF MAN ES MIT DEM SIEBE AUFNEHMEN UND IN DIE KRIPPE TUN.

GEMARA. Sie fragten: Was geschieht, wenn man eingeweicht hat? R. Ada aus Nereš antwortete vor R. Joseph: Hat man eingeweicht, so ist man ein Sündopfer schuldig. Abajje sprach zu ihm: Demnach ist man schuldig, wenn man ein Stückchen rohes Fleisch in Wasser einweicht!? Vielmehr, erklärte Abajje, dies ist nur rabbanitisch [verboten], weil man nicht so verfahren darf, wie man am Wochentage verfährt. R. Joḥanan fragte R. Jannaj: Darf man Asant in kaltes Wasser weichen? Dieser erwiderte: Es ist verboten. — Wir haben ja aber gelernt, man dürfe nicht Asant in lauwarmes Wasser weichen, wonach es in kaltes erlaubt ist!? Dieser erwiderte: Welchen Unterschied gibt es demnach59zwischen mir und dir!? Unsere Mišna lehrt die Ansicht eines einzelnen. Es wird nämlich gelehrt: Man darf Asant weder in warmes noch in kaltes Wasser weichen; R. Jose sagt, in warmes sei es verboten, in kaltes sei es erlaubt. — Wofür wird dies verwendet!? — Gegen Herzbeschwerden.

R. Aḥa b. Joseph litt an Herzbeschwerden, und als er vor Mar U͑qaba kam, sprach dieser zu ihm: Geh und trinke drei Šeqel Asant in drei Tagen. Da ging er und trank ihn am Donnerstag und am Freitag. Am folgenden Tage kam er ins Lehrhaus und fragte diesbezüglich, und man erwiderte ihm: In der Schule R. Adas, wie manche sagen, in der Schule des Mar b. Ada, wurde gelehrt: Man darf ohne Bedenken auch einen Kab oder zwei Kab trinken. Da sprach er: Ich frage nicht, ob man ihn trinken darf, ich frage nur, ob man ihn einweichen darf. Da sprach R. Ḥija b. Abin: Ich hatte einen solchen Fall, und als ich zu (deinem Lehrer) R. Ada b. Ahaba kam und ihn fragte, wußte er es nicht. Hierauf ging ich zu R. Hona und er erwiderte: So sagte Rabh, man weiche ihn in kaltes Wasser und stelle es warm60. — Nach dem, der es erlaubt? — Auch nach dem, der es verbietet, gilt dies nur von dem Falle, wenn man ihn [an den Tagen vorher] nicht getrunken hat, in diesem Falle aber, wo er ihn am Donnerstag und am Freitag getrunken hat, könnte er, wenn er ihn am Šabbath nicht trinkt, in Lebensgefahr geraten.

R. Aḥa b. Joseph ging gestützt an der Schulter seines Schwestersohnes R. Naḥman b. Jiçḥaq. Da sprach er zu ihm: Wenn wir an das Haus R. Saphras kommen, führe mich zu ihm. Als sie an dasselbe herankamen, führte er ihn hinein. Da fragte er ihn: Darf man am Šabbath ein Hemd reiben? Bezweckt man damit, es geschmeidig zu machen, somit ist es erlaubt, oder bezweckt man damit, einen Glanz zu erzielen, somit ist es verboten? Jener erwiderte: Man bezweckt damit, es geschmeidig zu machen, somit ist es erlaubt. Als er herauskam, sprach [R. Naḥman] zu ihm: Was fragte ihn der Meister? Dieser erwiderte: Ich fragte ihn, ob man am Šabbath ein Hemd reiben dürfe, und er erwiderte mir, es sei erlaubt. — Dem Meister sollte es ja auch hinsichtlich eines Sudariums fraglich sein!? — Bezüglich eines Sudariums war es mir nicht fraglich; diesbezüglich fragte ich bereits R. Hona, und er entschied mir, es sei verboten. — Sollte es doch der Meister vom Sudarium entscheiden!? Dieser erwiderte: Bei diesem hat es den Anschein, als wolle man einen Glanz erzielen, bei jenem aber nicht.

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R. Ḥisda sagte: Man darf das Hemd vom Stocke61herunterziehen, nicht aber den Stock aus dem Hemde herausziehen. Raba sagte: Ist es ein Weberrohr, so ist es erlaubt.

R. Ḥisda sagte: Ein Bündel Kräuter darf man fortbewegen, wenn es als Viehfutter verwendbar ist, sonst aber nicht. R. Ḥija b. Aši sagte im Namen Rabhs: Eine Räucherstange für Fleisch darf man fortbewegen, eine für Fische darf man nicht62fortbewegen.

R. Qaṭṭina sagte: Wenn jemand in der Mitte eines [Ehe]bettes steht, so ist es ebenso, als würde er auf dem Bauche einer Frau stehen. Dies ist aber nichts.

Ferner sagte R. Ḥisda: Wenn ein Jünger Kräuter kauft, so kaufe er längliche, denn Bündel wie Bündel, und die Länge nebenbei.

Ferner sagte R. Ḥisda: Wenn ein Jünger Rohr kauft, so kaufe er längliches, denn Bündel wie Bündel, und die Länge nebenbei.

Ferner sagte R. Ḥisda: Ein [armer] Jünger esse keine Kräuter, weil sie Appetit machen.

Ferner sagte R. Ḥisda: Ich aß keine Kräuter, als ich arm war, und ich esse keine Kräuter, wo ich reich bin. Als ich arm war, weil sie Appetit machen; wo ich reich bin, denn ich sage, wo Kräuter hineinkommen, mögen lieber Fleisch und Fische kommen.

Ferner sagte R. Ḥisda: Ein Jünger, der nicht genügend Brot hat, breche nicht [bei der Tafel] das Brot an. — Aus welchem Grunde? — Weil er es nicht mit wohl wollendem Auge tut.

Ferner sagte R. Ḥisda: Ich pflegte damals nicht eher anzubrechen, als bis ich das Gefäß durchsucht und [das Nötige] gefunden hatte.

Ferner sagte R. Ḥisda: Wer Gerstenbrot vertragen kann und Weizenbrot ißt, übertritt das Verbot, nichts zu zerstören.

Auch sagte R. Papa: Wer Met vertragen kann und Wein trinkt, übertritt das Verbot, nichts zu zerstören. Dies ist aber nichts; das Nichtzerstören des Körpers ist wichtiger.

Ferner sagte R. Ḥisda: Ein Jünger, der kein Öl [zum Händereinigen] hat, wasche [die Hände] mit Sumpfschäum.

Ferner sagte R. Ḥisda: Wenn ein Jünger Fleisch kauft, so kaufe er vom Halse, denn dieses besteht aus drei Fleischarten63.

Ferner sagte R. Ḥisda: Wenn ein Jünger ein Unterkleid kauft, so kaufe er ein in Nehar Abba gefertigtes, und wasche es alle dreißig Tage. Ich bürge dafür, daß es dann ein Jahr von zwölf Monaten hält. — Was bedeutet das Wort Kitona [Unterkleid]? — Kita naéh [schöne Klasse].

Ferner sagte R. Ḥisda: Ein Jünger setze sich nicht auf eine neue Matte, da diese die Kleider verdirbt.

Ferner sagte R. Ḥisda: Ein Jünger gebe seine Kleider nicht seiner Wirtin zum Waschen. Dies ist deshalb unschicklich, weil sie darauf etwas bemerken könnte, was ihn verächtlich machen würde.

R. Ḥisda sprach zu seinen Töchtern: Seid keusch in Gegenwart eurer Männer. Esset kein Brot64in Gegenwart euerer Männer. Esset nachts keine Kräuter, esset nachts keine Datteln und trinket nachts keinen Met65. Verrichtet nicht eure Notdurft an derselben Stelle, wo eure Männer es tun. Klopft jemand an die Tür, so fraget nicht, »wer da?«, sondern »wer66da?«. Fassen sie euch mit der einen Hand an die Perle und mit der anderen an die Muschel, so lasset sie die Perle anfassen, die Muschel aber nicht; erst wenn sie ganz aufgeregt sind, lasset sie.

MAN DARF NICHT WICKEN EINWEICHEN. Unsere Mišna vertritt nicht die Ansicht des folgenden Tanna, denn es wird gelehrt: R. Elie͑zer b. Ja͑qob sagt, man sehe das Sieb überhaupt nicht an.

iv MAN DARF AM ŠABBATH VOR DEM MASTVIEH [DIE KRIPPE] AUSRAFFEN UND VOR DEM WEIDEVIEH [DAS FUTTER]67NACH DER SEITE SCHIEBEN — SO R. DOSA; DIE WEISEN VERBIETEN ES. MAN DARF DAS VOR DEM EINEN VIEH LIEGENDE [FUTTER] FORTNEHMEN UND VOR EIN ANDERES LEGEN.

GEMARA. Sie fragten: Streiten die Rabbanan gegen den Anfangssatz, gegen den Schlußsatz oder gegen beide? — Komm und höre: Es wird gelehrt: Die Weisen sagen, man dürfe weder dieses noch jenes nach der Seite schieben. R. Ḥisda sagte: Der Streit besteht nur hinsichtlich einer Bodenkrippe68, bei einer aus einem Gefäße bestehenden Krippe aber stimmen alle überein, daß es erlaubt sei. — Gibt es denn aber jemand, der es bei einer Bodenkrippe erlaubt, man ebnet ja Vertiefungen!? — Vielmehr, ist dies gelehrt worden, so wird es wie folgt lauten: R. Ḥisda sagte: Der Streit besteht nur hinsichtlich einer aus einem Gefäße bestehenden Krippe, bei einer Bodenkrippe aber stimmen alle überein, daß es verboten sei.

MAN DARF &C. FORTNEHMEN. Eines lehrt, man dürfe das vor einem Vieh, dessen Maul sauber ist, liegende [Futter] fortnehmen und vor ein Vieh legen, dessen Maul schmutzig ist, und ein Anderes lehrt, man dürfe das vor einem Vieh, dessen Maul schmutzig ist, liegende [Futter] fortnehmen und vor ein Vieh legen, dessen Maul sauber ist!? Abajje erklärte: Beide [stimmen überein], daß man das vor einem Esel liegende [Futter] vor einen Ochsen legen darf, und daß man das vor einem Ochsen liegende nicht vor einen Esel legen darf. Das Eine aber, das lehrt, man dürfe das vor einem Vieh, dessen Maul sauber ist, liegende [Futter] fortnehmen, spricht von einem Esel, der nicht geifert, und vor ein Vieh legen, dessen

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Maul schmutzig ist, nämlich vor eine Kuh, die wohl geifert. Und das Andere, das lehrt, man dürfe das vor einem Vieh, dessen Maul schmutzig ist, liegende [Futter] fortnehmen, spricht ebenfalls von einem Esel, der beim Fressen nicht wählerisch ist, und vor ein Vieh legen, dessen Maul sauber ist, ebenfalls vor eine Kuh, die beim Fressen wählerisch ist.

v MAN DARF DAS STROH AUF DEM BETTE NICHT MIT DER HAND AUFSCHÜTTELN, WOHL ABER MIT DEM KÖRPER; IST ES ABER ALS VIEHFUTTER BESTIMMT, ODER LIEGT DARAUF EIN KISSEN ODER EIN LAKEN, SO DARF MAN ES AUCH MIT DER HAND AUFSCHÜTTELN. ELNE WALKERPRESSE IM HAUSHALTE DARF MAN ÖFFNEN, JEDOCH NICHT DAMIT PRESSEN, DIE DER WALKER ABER DARF MAN ÜBERHAUPT NICHT BERÜHREN. R. JEHUDA SAGT, WAR SIE BEREITS AM VORABEND DES ŠABBATHS GEÖFFNET, SO DARF MAN SIE VÖLLIG ÖFFNEN UND [DAS GEWAND] HERAUSZIEHEN.

GEMARA. R. Naḥman sagte: Man darf einen Rettich herausziehen, wenn er [in der Erde] mit dem Oberteile nach oben sitzt, nicht aber, wenn mit dem Oberteile nach unten69. R. Ada b. Abba sagte: In der Schule Rabhs sagten sie, es gebe eine Lehre gegen die Ansicht R. Naḥmans: Man darf das Stroh auf dem Bette nicht mit der Hand aufschütteln, wohl aber mit dem Körper; ist es aber als Viehfutter bestimmt, oder liegt darauf ein Kissen oder ein Laken, so darf man es auch mit der Hand aufschütteln. Demnach70ist die indirekte Fortbewegung keine Fortbewegung. Schließe hieraus.

R. Jehuda sagte: Pfefferkörner darf man einzeln mit einem Messerstiele zerdrücken, zwei zusammen nicht. Raba sagte: Da es auf ungewöhnliche Weise erfolgt, darf man auch viele.

R. Jehuda sagte: Wer im Wasser badet, trockne sich zuerst ab und steige erst nachher herauf, denn er könnte [das Wasser71] vier Ellen in einem Neutralgebiete tragen. — Demnach sollte auch das Hinabsteigen verboten sein, da man durch seine Kraft72das Wasser vier Ellen fortdrängt!? — Beim Neutralgebiete haben sie [die Tätigkeit durch] seine Kraft nicht berücksichtigt.

Abajje, manche sagen, R. Jehuda, sagte: Den Schmutz an den Füßen darf man am Boden abwischen, nicht aber an der Wand. Raba erklärte: An der Wand deshalb nicht, weil es den Anschein des Bauens73hat. — Dies ist ja aber ein dörfisches Bauen!? Vielmehr, sagte Raba, darf man ihn an der Wand abwischen, nicht aber am Boden, weil man Vertiefungen ebnen könnte. Es wurde gelehrt: Mar, der Sohn Rabinas, sagte, ob so oder so, sei es verboten; R. Ḥisda sagte, ob so oder so, sei es erlaubt. — Woran darf man ihn nach Mar, dem Sohne Rabinas, abwischen? — Man wische ihn an einem Balken ab.

Raba sagte: Man darf sich nicht in die Mündung des Pfostens [einer Durchgangshalle] setzen, denn es könnte ihm ein Gegenstand fortrollen und er zum Heranholen verleitet werden.

Ferner sagte Raba: Man darf nicht einen Eimer [auf der Erde] rollen, weil man Vertiefungen ebnen könnte.

Ferner sagte Raba: Man darf nicht die Mündung einer Flasche mit Werg verstopfen, weil man zum Ausdrücken kommen könnte.

R. Kahana sagte: Den Schmutz am Gewande darf man von der Innenseite abreiben, nicht aber von der Außenseite. Man wandte ein: Schmutz, der sich auf einem Schuh befindet, darf man mit der Rückenseite eines Messers, und der sich auf einem Gewande befindet, nur mit dem Fingernagel abkratzen, jedoch darf man nicht abreiben. Wahrscheinlich darf man überhaupt nicht abreiben!? — Nein, man darf ihn nicht von der Außenseite abreiben, wohl aber von der Innenseite.

R. Abahu sagte im Namen R. Elea͑zars im Namen R. Jannajs: Man darf [den Schmutz von] einem neuen Schuh abkratzen, nicht aber von

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einem alten. — Womit darf man ihn abkratzen? R. Abahu erwiderte: Mit der Rückenseite eines Messers. Da sprach ein Greis zu ihm: Streiche deine Lehre wegen der folgenden, die R. Ḥija lehrte: Man darf [den Schmutz] weder von einem neuen noch von einem alten Schuh abkratzen. Ferner darf man den im Schuh oder in der Sandale steckenden Fuß nicht mit Öl bestreichen, wohl aber darf man den Fuß mit Öl bestreichen und ihn in den Schuh oder in die Sandale stecken. Man darf auch den ganzen Körper mit Öl schmieren und sich dann ohne Bedenken auf einer gegerbten Haut wälzen74. R. Ḥisda sagte: Dies wurde von dem Falle gelehrt, wenn man sie blank machen will, wenn man sie aber bearbeiten will, ist es verboten. — Selbstverständlich!? Und gibt es denn jemand, der sie blank zu machen erlaubt!? — Vielmehr, ist dies gelehrt worden, so wird es wie folgt lauten: R. Ḥisda sagte: Dies wurde nur von dem Falle gelehrt, wenn man [soviel Öl verwendet], daß sie blank wird75, soviel aber, daß man sie bearbeiten kann, ist verboten.

Die Rabbanan lehrten: Ein Kleiner darf nicht mit dem Schuh eines Großen76ausgehen, wohl aber darf er mit dem Gewande eines Großen ausgehen; eine Frau darf nicht mit einem geplatzten Schuh ausgehen, auch darf sie mit einem solchem die Ḥaliça nicht vollziehen; hat sie sie vollzogen, so ist sie gültig. Man darf ferner nicht mit einem neuen Schuh ausgehen. Von welchem Schuh sagten sie dies? Von einem Frauenschuh. Bar Qappara lehrte: Dies wurde nur von dem Falle gelehrt, wenn sie mit diesem nicht eine Stunde vor Tages[ende] ausgegangen ist, ist sie aber mit diesem am Vorabend des Šabbaths ausgegangen, so ist es erlaubt. Fines lehrt, man dürfe einen Schuh vom Leisten herunterziehen, und ein anderes lehrt, man dürfe ihn nicht herunterziehen!? — Das ist kein Widerspruch; dies nach R. Elie͑zer77und jenes nach den Rabbanan. Es wird nämlich gelehrt: Der Schuh auf dem Leisten ist nach R. Elie͑zer rein und nach den Weisen verunreinigungsfähig. — Einleuchtend ist dies nach Raba, welcher sagt, man dürfe eine Sache, die für eine [am Šabbath] verbotene Arbeit bestimmt78ist, sowohl um ihrer selbst willen, als auch ihres Platzes wegen [fortbewegen], wie ist es aber nach Abajje zu erklären, welcher sagt, man dürfe sie nur um ihrer selbst willen [fortbewegen], nicht aber ihres Platzes wegen79!? — Dies gilt von dem Falle, wenn [der Schuh] lose80sitzt. Es wird nämlich gelehrt: R. Jehuda sagt, sitzt er lose, sei es erlaubt. — Nur wenn er lose sitzt, nicht aber, wenn er straff sitzt; einleuchtend ist es nach Abajje, welcher sagt, man dürfe eine Sache, die für eine [am Šabbath] verbotene Arbeit bestimmt ist, um ihrer selbst willen [fortbewegen], nicht aber ihres Platzes wegen, wieso aber ist es nach Raba, welcher sagt, man dürfe sie sowohl um ihrer selbst willen, als auch ihres Platzes wegen [fortbewegen], nur bei einem lose sitzenden erlaubt, es sollte ja auch bei einem straff sitzenden erlaubt sein!? — Die Lehre R. Jehudas bezieht sich auf die Ansicht R. Elie͑zers, denn es wird gelehrt: R. Jehuda sagte im Namen R. Elie͑zers: Wenn er lose sitzt, ist es erlaubt.


  1. Weil er über dem Gefäße eine Art Zelt bildet, was wegen Bauens verboten ist.↩︎

  2. Über die genannten Gegenstände bestanden einzelne Lehren, u. er faßte sie zusammen.↩︎

  3. Diese Gegenstände werden nach dem Gebrauche nicht auseinandergenommen, sondern nur stehend an die Wand gelehnt.↩︎

  4. Eine Art Brosche mit einer Ansicht von Jerusalem (cf. Blatt 59a), die man am Šabbath nicht tragen darf.↩︎

  5. Der Übertreter ist nur dann schuldig, wenn Zeugen ihn gewarnt haben, die betreffende Arbeit sei verboten; hierbei muß die Hauptarbeit (cf. Blatt 73a) genannt werden.↩︎

  6. Auf 2 od. 4 Pfähle, an den Seiten überhängend.↩︎

  7. Das auseinandergenommen und wieder zusammengestellt wird.↩︎

  8. Wenn eine Schnur daran gebunden ist.↩︎

  9. Wenn man die Baldachindecke abnehmen darf, so darf man sie auch aufspannen.↩︎

  10. Der nur an 2 Stangen aufgespannt wird; das Dach hat keine Handbreite, und er gilt daher nicht als Zelt.↩︎

  11. Vom Mittelpunkte.↩︎

  12. Am Š. zu tragen, obgleich die Krampe ein Zeltdach bildet.↩︎

  13. Das Tragen eines solchen Hutes ist nicht wegen Zeltmachens verboten, sondern, weil der Wind ihn herabwehen und man zum Tragen über 4 Ellen auf öffentl. Gebiete veranlaßt werden kann.↩︎

  14. Der Schlauch wurde an Pfählen gespannt, damit er offen bleibe; bei einer Person war es wohl schwieriger.↩︎

  15. Dewarim 28,5.↩︎

  16. Jeschajahu 29,14.↩︎

  17. Amos 8,11.↩︎

  18. Ib. V. 12.↩︎

  19. Die messianische Zeit.↩︎

  20. Wajikra 11,34.↩︎

  21. Cf. Ms. Abschn. III, Anm. 7.↩︎

  22. Die ganze Luft, die das Brot mit dem Kriechtiere verbindet, ist unrein, somit sollte die Übertragung direkt vom Kriechtiere ausgehen.↩︎

  23. Wajikra 11,33.↩︎

  24. Dewarim 31,21.↩︎

  25. Wegen der vielen Meinungsverschiedenheiten.↩︎

  26. Michah 3,9.↩︎

  27. Ib. V. 10.↩︎

  28. Ib. V. 12.↩︎

  29. Jeschajahu 1,25.↩︎

  30. Im Späthebräischen hat das im Texte gebrauchte Wort צדקה die Bedeutung Almosen, das wohl hier gemeint ist.↩︎

  31. Jeschajahu 1,27.↩︎

  32. Dh. die Perser.↩︎

  33. Im angezogenen Schriftverse werden die Worte םג (Metall) u. בדיל (Zinn) gebraucht, worin der T. die Worte גם groß (Hochmütige) u. בדל trennen (die Jisraél von Gott trennen) findet.↩︎

  34. Zeph. 3,15.↩︎

  35. Jeschajahu 14,5.↩︎

  36. Ib. 59,3.↩︎

  37. Bereschit 49,26.↩︎

  38. Ib. 43,34.↩︎

  39. Schemot 4,14.↩︎

  40. Ob es Mischsaat ist.↩︎

  41. Ob man ihn bestatten darf.↩︎

  42. Ob. Blatt 138a, nach dem es erlaubt ist, wenn eine Schnur daran ist.↩︎

  43. Erlaubt man es ihnen in dem einen Falle, so nehmen sie es in einem anderen Falle noch leichter.↩︎

  44. Es ist nach ihm erlaubt, jedoch tue man es nicht direkt, um andere nicht zu verleiten.↩︎

  45. Das am Feste gelegt verboten ist.↩︎

  46. Am 2. Tage des Neujahrsfestes ist es diesbezüglich strenger.↩︎

  47. Wegen der Çiçith, die dann nichts weiter als eine »Last« sind.↩︎

  48. Als brauche man ihn für das Fest.↩︎

  49. Daß man ihn nicht für das Fest braucht; andere wissen nicht, daß er noch alten hat.↩︎

  50. Das nur von vornherein offensichtlich verboten ist.↩︎

  51. Wo der ganze Vorrat sich in diesem Zustande befindet u. so getrunken wird.↩︎

  52. Sodaß der Satz am Boden zurückblieb.↩︎

  53. Wofür nur der Dotter geeignet ist; genießbar ist auch das Weiße, sodaß hierbei keine Absonderung des Abfalles erfolgt.↩︎

  54. Cf. Abschn. XVIII, Anm. 19.↩︎

  55. Weil dieser mehr als Gesundheitsmittel getrunken wird.↩︎

  56. Daß es mir nicht geschadet hat; so Raschi. Vielleicht aber entgegengesetzt: man würde ihm die Wonne des Genusses von seinem Verdienste abgezogen haben.↩︎

  57. Damit der Schmutz nach oben steige.↩︎

  58. Obgleich Schmutz durchfällt.↩︎

  59. Wenn du meinst, daß ich den Sinn der Mišna nicht kenne.↩︎

  60. Dh. vor die Sonne.↩︎

  61. Den man zum Trocknen durch die Ärmel zieht.↩︎

  62. Letztere ist unappetitlich u. gilt daher als Abgesondertes. So nach den Tosaphoth. Nach Raschi gilt dies von Rauchfleisch bezw. den Rauchfischen selber, weil ersteres auch roh gegessen wird, letzteres aber nicht.↩︎

  63. Fett, mager u. Knorpel.↩︎

  64. Wohl übermäßig viel.↩︎

  65. Diese Dinge verursachen Blähungen.↩︎

  66. In der Textsprache mit weibl. Suffix, um anzudeuten, man erwarte nicht den Besuch eines Mannes.↩︎

  67. So richtig gegen die traditionelle Erklärung der Kommentare, auch im jerusal. Talmud belegt.↩︎

  68. Eines am Boden umgitterten Raumes für das Futter.↩︎

  69. Cf. Abschn. XVII, Anm. 6.↩︎

  70. Da man das Stroh mit dem Körper aufschütteln darf.↩︎

  71. An seinem Körper.↩︎

  72. Cf. Abschn. XI, Anm. 91.↩︎

  73. Als bestreiche man die Wände mit Lehm.↩︎

  74. Obgleich dadurch die Haut mit Öl bestrichen wird.↩︎

  75. Ohne jedoch dies zu beabsichtigen.↩︎

  76. Wenn er ihm abfällt, könnte er zum Tragen verleitet werden.↩︎

  77. Nach dem er nicht als brauchbare Sache gilt, somit darf man ihn auch am Š. nicht gebrauchen.↩︎

  78. Was hierbei vom Schuhleisten gilt.↩︎

  79. Wegen des Leistens sollte es auch nach den Weisen verboten sein.↩︎

  80. Sodaß man den Leisten nicht zu berühren braucht.↩︎