Über den Kalender
Der Monatsbeginn war in früherer Zeit mit dem Sichtbarwerden des Neumonds (hebr. Rosch Chodesch) verbunden. Das Erscheinen dieses neuen Monds wurde von mindestens zwei Männern vor dem Jerusalemer Gericht bezeugt, das daraufhin den neuen Monat öffentlich ausrufen ließ. Die Schwierigkeiten dieser kalendarischen Bestimmung waren offensichtlich. Deshalb richtete Hillel der Patriarch um 330 n.d.Z. einen jüdischen Kalender ein, der seither gültig ist. Durch Berechnungen konnten der Neumond und damit der Monatsbeginn exakt bestimmt werden. Jeder jüdische Monat hat entweder 29 oder 30 Tage. Mit 354 Tagen ist das jüdische Jahr um elf Tage kürzer als das Sonnenjahr. Damit die jüdischen Feste im jahreszeitlichen Verlauf nicht „wandern“, wurde mit dem Adar II ein Schaltjahr eingeführt, das in einem Zyklus von 19 Jahren sieben Mal auftaucht, nämlich im 3., 6., 8., 11., 14., 17. und 19. Jahr.
Während im gregorianischen System das (fiktive) Geburtsjahr von Jesus der Ausgangspunkt aller Berechnung ist, zählt der jüdische Kalender die Jahre ab der Erschaffung der Welt. Als Grundlage dienen hier die Angaben der Hebräischen Bibel. Mit diesem Vorgehen ehrt das Judentum göttliches Handeln in der Welt. Die universelle Jahreszählung kann aus dieser Sicht nicht an eine irdische Persönlichkeit gebunden werden. Die jüdische Datierung – das jüdische Jahr 5767 entspricht dem bürgerlichen Jahr 2007 – erscheint auf allen religiös relevanten Dokumenten neben dem des gregorianischen Kalenders. Um den Ausdruck vor oder nach Christus in Schriften zu vermeiden, verwendet man vor bzw. nach der Zeit.
Rosch HaSchana
Rosch HaSchana, das jüdische Neujahrsfest, bildet im Herbst den Auftakt zu den „ehrfurchtvollen Tagen“, die im höchsten jüdischen Feiertag, dem Versöhnungstag Jom Kippur, gipfeln.
Die jüdische Tradition kennt zwei Daten für Neujahr. Der Tora zufolge liegt der Jahresbeginn im Monat des Auszugs aus Ägypten. Da die Weltenschöpfung nach der jüdischen Überlieferung jedoch im Monat Tischri begann, verlegten die jüdischen Gelehrten den Jahresbeginn auf diesen Monat.
Rosch HaSchana ist also die Schwelle zu einem neuen Jahr, an dem sowohl die Erschaffung der Welt gefeiert als auch der Gerichtsbarkeit G-ttes über die in ihr lebenden Menschen gedacht wird. Der Mensch lässt das zurückliegende Jahr Revue passieren und geht in sich. Die Herausforderung dieser Zeit liegt im Lernen aus den Verfehlungen des vergangenen Jahres, darin, das kommende Jahr positiver zu gestalten. Der jüdischen Vorstellung zufolge sitzt G-tt während der „ehrfurchtvollen Tage“ als Richter über die Menschen zu Gericht und entscheidet mit Blick auf das anstehende Jahr über Leben und Tod, Gesundheit und Krankheit. Herausragendes Symbol dieser Zeitperiode ist der Schofar, das Widderhorn, fordern seine Töne den Menschen doch zur Umkehr zu G-tt auf.
Jom Kippur
Der Versöhnungstag Jom Kippur schließt die mit Neujahr begonnen so genannten „ehrfurchtvollen Tage“ ab.
Als höchster jüdischer Feiertag verzichtet man an ihm 25 Stunden auf Essen und Trinken, und konzentriert sich völlig auf das Gebet in der Synagoge.
Sukkot
Sukkot ist das Laubhüttenfest. Die Hütten erinnern an die behelfsmäßigen Behausungen, in denen die Kinder Israel während ihrer Wanderung von Ägypten nach Kanaan wohnten. Nach Sukkot begeht man Schmini Azeret, den „Achten Tag der Versammlung“.
Simchat Tora
Simchat Tora ist das „Tora-Freudenfest“. An diesem Tag wird der jährliche Zyklus der Tora-Lesungen beendet und die Lesung eines neuen Zyklus begonnen.
Chanukka
Das achttägige Chanukkafest erinnert an den historischen Sieg der jüdischen Makkabäer über das syrisch-griechische Regime mit seinem Hellenismus im zweiten Jahrhundert vor der Zeitrechnung. Die Hellenisten hatten sich zum Ziel gesetzt, die jüdische Religion, ihre Bräuche und Werte einzuschränken. Dazu nahmen sie den Jerusalemer Tempel ein und entweihten ihn. Dieser heilige Ort wurde 165 vor der Zeit durch die Makkabäer zurückerobert und mit dem Anzünden des sechsarmigen Leuchters, der „Menora“, für den traditionellen Tempelritus geweiht. „Chanukka“ bezeichnet diese Wiedereinweihung des Tempels. Sinnbild dessen wurde die „Chanukkija“, der achtarmige Leuchter: Das für das Entzünden der Menora benötigte koschere Öl reichte auf wundersame Weise anstelle von einem einzigen ganze acht Tage und gab damit ausreichend Zeit, um neues koscheres Öl herzustellen. In Erinnerung daran entzünden Juden zu Chanukka an jedem Abend ein weiteres Licht der Chanukkija, bis am achten Festtag alle acht Kerzen des Leuchters entzündet sind.
Tu BiSchwat
In der Antike galten für den Verzehr von Baumfrüchten besondere Regeln, die vom Tag ihrer Pflanzung abhängig waren. So blieben die Früchte eines Baumes in den ersten drei Jahren unangetastet, im vierten Jahr wurden sie zum Jerusalemer Tempel gebracht und erst ab dem darauf folgenden Jahr durften sie verzehrt werden. Da man nicht das „Geburtsdatum“ aller Bäume kannte, wurde der 15. Schwat, auf Hebräisch Tu BiSchwat, zum „Neujahrstag der Bäume“.
Heute ist es Brauch, von den so genannten „sieben Arten“, mit denen das Land Israel gesegnet war, zu essen. Sie umfassen Weizen, Gerste, Weintrauben, Feigen, Granatäpfel, Oliven und Datteln. In Israel selbst ist es an Tu BiSchat Tradition, Setzlinge zu pflanzen. Tu BiSchwat steht auch für das Erwachen der Natur im Frühling und ein Engagement für die Umwelt.
Purim
Das Purimfest lässt sich auf eine Geschichte zurückführen, die im biblischen Buch Ester überliefert ist. Nach der Verbannung der Königin nimmt die jüdische Waise Ester als deren Nachfolgerin neben König Achaschwerosch Platz auf dem persischen Thron. Die Lage der persischen Juden wird bedrohlich, als der königliche Minister Haman eine gegen sie gewandte Verschwörung initiiert: An einem durch Loswerfen (akkadisch Pur, daher der Name „Purim“) festgesetzten Tag sollen alle Juden des persischen Reiches ausgerottet werden. Durch ihren Ziehvater Mordechai von diesem Plan in Kenntnis gesetzt, kann Königin Ester das Böse verhindern und die Juden retten.
In Anlehnung an die Ester-Erzählung ist heute geboten, am Tag vor Purim zu fasten. Während des Verlesens der Esterrolle in der Synagoge schlagen Alt und vor allem Jung Krach beim Erklingen des Namens Hamans. Zu den Festbräuchen gehört neben einem Festmahl das Versenden von Geschenken an Bekannte und Mittellose.
Pessach
Pessach, wörtlich das „Überschreitungsfest“, erinnert an die Knechtschaft der Juden in Ägypten, das „Überschreiten“ jüdischer Häuser durch den Todesengel während der zehnten Plage und den Auszug unter Mosche. Für Juden ist dieses Fest bedeutsam, weil mit ihm nicht nur ihre physische Freiheit verbunden ist, sondern darüber hinaus ihre geistige Selbst-ständigkeit: Die freiwillige Orientierung an den Geboten G-ttes und der Wandel zu einem Volk mit eigenem Land. Erst dadurch erhielten die Juden Unabhängigkeit und konnten somit ihrer Bestimmung folgen.
Die Bräuche und Traditionen des Pessachfestes sind heute mannigfaltig. Eingeleitet wird das Fest durch zwei an den beiden ersten Feiertagen abgehaltenen Sederabenden. Der Ablauf dieser Abende orientiert sich an einer vorgegebenen Ordnung (hebräisch Seder), ihr Herzstück ist ein rituelles Mahl, das von der Haggada, der Erzählung vom Auszug aus Ägypten, und vielen Liedern umrahmt wird. Während der achttägigen Festzeit vermeidet man den Verzehr von jeglichem Gesäuerten. Besonderen Bekanntheitsgrad erlangte dadurch die Mazza, das ungesäuerte Brot.
Jom HaAzma`ut
An Jom HaAzma`ut gedenkt man des Tages, an dem im Jahr 1948 durch David Ben Gurion die Unabhängigkeit des modernen Staates Israel verkündet wurde. Mit der Staatsgründung schließt sich für Juden ein historischer Kreis, dem eigentlich nur der Begriff der Rückkehr gerecht wird, kehren sie doch auf dem für ihre Ursprungsgeschichte wesentlichen Territorium zur Eigenstaatlichkeit zurück, einer Staatsform, die ihnen in 2000jähriger Diaspora verwehrt blieb.