Kaddisch

Die liturgischen Gebräuche/Zwecke des Kaddisch

Das Kaddisch ist nach Kol Nidrej das wohl bekannteste jüdische Gebet. Es diente als Titelvorlage für zahlreiche Filme und Bücher, unter google finden sich nach dem Suchwort Kaddisch 10 Seiten mit Verweisen nur auf deutschsprachige Seiten, bei denen das gesuchte Wort auftaucht.

Es ist zu beobachten, daß das Kaddisch in liberalen Gemeinden immer seltener gesprochen wird. Die Begründungen hierfür sind relativ monoton: zu oft, verlängert den G-ttesdienst unnötig. Bestimmte Formen des Kaddisch tauchen nicht mehr auf (Kaddisch tikabel) oder werden verpönt.

Mitunter kommt in Diskussionen das Gefühl auf, daß die Diskutanten gar nicht so recht wissen, worüber sie denn eigentlich so abfällig urteilen. Daher folgt hier eine Zusammenstellung der im aschkenasischen Sprachraum gesprochenen Formen des Kaddisch (transliteriert), wobei eine deutsche Übersetzung nur für das Kaddisch bei der Beerdigung erfolgte, damit sich der Leser ein Bild machen kann, ob es wirklich angebracht ist, dieses Gebet wegen eines Halbsatzes, der auch noch dazu verschieden interpretiert werden kann, aus der Gebetswirklichkeit des liberalen Judentums zu streichen.

Bei den Transliterationen musste auf Sefat emet und Sch’ma Kolenu zurückgegriffen werden, weil im Seder Hateffilot die Druckfehler noch immer nicht beseitigt sind.

Transliteration

Chazi Kaddisch

Jit’gadal wejitkadasch sch’me rabba,
(Gemeinde : Amen)

bealma diw’ra chir’ute, we’jamlich malchutej,
be’chajechon uw’jomechon uw’chaje d’chol bejt
Jisrael, ba’agala uwisman kariw, w’imru: Amen.

(Gemeinde):
Je’he sche’me rabba me’worach lealam ul‘ almej almaja.

Jitbarach we’jischtabach we’jitpaar we’jitromam,
we’jitnasse, we’jithadar we’jitale we’jithallal sch’mej
d’kudscha,
(Gemeinde): brich hu.

Le’ela min kol bir’chata we’schirata tusch’bechata
we’nechemata da’amiran be’alma, we’imru: Amen

Kaddisch jatom

Jit’gadal wejitkadasch sch’me rabba,
(Gemeinde : Amen)

bealma diw’ra chir’ute, we’jamlich malchutej,
be’chajechon uw’jomechon uw’chaje d’chol bejt
Jisrael, ba’agala uwisman kariw, w’imru: Amen.

(Gemeinde):
Je’he sche’me rabba me’worach lealam ul‘ almej almaja.

Jitbarach we’jischtabach we’jitpaar we’jitromam,
we’jitnasse, we’jithadar we’jitale we’jithallal sch’mej
d’kudscha,
(Gemeinde): brich hu.

Le’ela min kol bir’chata we’schirata tusch’bechata
we’nechemata da’amiran be’alma, we’imru: Amen

Je’hej sche’lama rabba min sche’maja w’chajim alenu
w’al kol Jisrael, we’imru: Amen.

Osse shalom bim’romaw, hu ja’asse shalom alejnu
we’al kol Jisrael we’imru: Amen.

Kaddisch derabbanan

Jit’gadal wejitkadasch sch’me rabba,
(Gemeinde : Amen)

bealma diw’ra chir’ute, we’jamlich malchutej,
be’chajechon uw’jomechon uw’chaje d’chol bejt
Jisrael, ba’agala uwisman kariw, w’imru: Amen.

(Gemeinde):
Je’he sche’me rabba me’worach lealam ul‘ almej almaja.

Jitbarach we’jischtabach we’jitpaar we’jitromam,
we’jitnasse, we’jithadar we’jitale we’jithallal sch’mej
d’kudscha,
(Gemeinde): brich hu.

Le’ela min kol bir’chata we’schirata tusch’bechata
we’nechemata da’amiran be’alma, we’imru: Amen

Al Jisrael weal rabbanan weal talmidehon weal kol tamidej
talmidehon weal kolman d’askin beoraijta di beatra haden
wedi b’chol atar we’atar. Jehe lehon alchon schlama raba
chino we’chisdo we’rachmamin wechajin arichin
umsona r’wicha ufarkana min kadam awuchon
diwischmaja weara we’imru: Amen.

Je’hej sche’lama rabba min sche’maja w’chajim alenu
w’al kol Jisrael, we’imru: Amen.

Osse shalom bim’romaw, hu ja’asse shalom alejnu
we’al kol Jisrael we’imru: Amen.

Kaddisch Titkabel

Jit’gadal wejitkadasch sch’me rabba,
(Gemeinde : Amen)

bealma diw’ra chir’ute, we’jamlich malchutej,
be’chajechon uw’jomechon uw’chaje d’chol bejt
Jisrael, ba’agala uwisman kariw, w’imru: Amen.

(Gemeinde):
Je’he sche’me rabba me’worach lealam ul‘ almej almaja.

Jitbarach we’jischtabach we’jitpaar we’jitromam,
we’jitnasse, we’jithadar we’jitale we’jithallal sch’mej
d’kudscha,
(Gemeinde): brich hu.

Le’ela min kol bir’chata we’schirata tusch’bechata
we’nechemata da’amiran be’alma, we’imru: Amen

Titkabal z’lot’hon u’waot’hon d’kolisrael kadam awuhon
di bischmaja w’imru: Amen

Je’hej sche’lama rabba min sche’maja w’chajim alenu
w’al kol Jisrael, we’imru: Amen.

Osse shalom bim’romaw, hu ja’asse shalom alejnu
we’al kol Jisrael we’imru: Amen.

Kaddish bei der Beerdigung

Jitgadal w’jitkadasch, Sch’meh rabah, b’Alma di hu Atid l’it’chadata..
Uleachaja Metaja, uleasaka jatehon leChajej Alma,
ulemiwnej Karta diJeruschelejm
uleschachelaja Hejcheleh beGawah,
ulemäakar Pachalna nucheratah minAreaa,
welaatawa Palchana di Schmaja leAtra,
wejamlich Kudesch berich hu beMalchuteh Wikraeh
beChajejchon uweJomejchon
ubeChajej dechalBejt Jisrael
baAgala uwoSeman kariw,
weimeru Amejnl
Jehe Schemeh raba rnewarach, leAlam uleAlmej Almaja!
Jitbarach wejischtabach
Wejitromam wejitnasej
Wijithadar wejitealeh
wejitehalal Schemeh deKudescha berich hu,
leajla minkal Birchata weSchlrata,
Tuschbechata weNechämata
daamiran beAlma,
weimeru Amejn.
Jehe Schem Adonaj Meworach meAtah wead Olam!
Jehe Schelama raba min Schemaja,
weChajim,
alejnu wealkolJiserael
weimeru Amejn,
Aeseri me’im Adonaj, Oseh Schamajim waArez.
Oseh Schalom biMeromaw,
hu jaaeseh Schalom alejnu wealkalJiserael,
weimeru Amejn!

Erhoben und geheiligt, sein großer Name, in der Welt die er erneuern wird.
Er belebt die Toten, und führt sie empor zu ewigem Leben,
Er erbaut die Stadt Jiruschalajim
und errichtet seinen Tempel auf ihren Höhen,
Er tilgt die Götzendienerei von der Erde
und bringt den Dienst des Himmels wieder an seine Stelle,
und regieren wird der Heilige, gelobt sei er, in seinem Reiche und in seiner Herrlichkeit,
in eurem Leben und in euren Tagen
und im Leben des ganzen Hauses Israel
schnell und in naher Zeit,
und sprechet: Amejn
Sein großer Name sei gelobt, in Ewigkeit und Ewigkeit der Ewigkeiten!
Es sei gelobt und verherrlicht
und erhoben und gefeiert
und hocherhoben und erhöht
und gepriesen der Name des Heiligen, gelobt sei er,
hoch hinaus über jede Lobpreisung und jedes Lied,
jede Verherrlichung und jedes Trostwort,
welche jemals in der Welt gesprochen,
Und sprechet: Amejn
Es sei der Name des EWIGEN gelobt, von nun an bis in Ewigkeit!
Es sei Fülle des Friedens vom Himmel herab,
und Leben,
über uns und über ganz Israel,
Und sprechet. Amejn!
Meine Hilfe kommt vom EWIGEN, dem Schöpfer des Himmels und der Erde.
Der Frieden schafft in seinen Höhen, er schaffe Frieden unter uns und über ganz Israel,
Und sprechet. Amejn

Das HalbKaddisch wird vom Vorbeter zwischen den Hauptabschnitten des G-ttesdienstes gelesen. Der Ausdruck ,,HaIbKaddisch“ ist irreführend, denn es ist das ,,OriginalKaddisch“. Alle anderen Formen bestehen aus dem HaIbKaddisch mit Zusätzen. Die Gemeinde steht bei dem HaIbKaddisch.

Auf die Amida muß sofort ein HalbKaddisch folgen, außer im MorgenG-ttesdienst, wenn auf das untrennbare Paar Shema/Amidah sofort das Kaddisch folgen muß. Diese Regel kann nicht durchbrochen werden, sie ist gut für jeden G-ttesdienst zu jeder Gelegenheit.
Das ganze Kaddisch (Kaddisch Schalem) wird durch den Vorbeter am Ende des G-ttesdienstes gesprochen. Es enthält drei Bitten, für die Erhörung des Gebets, für Frieden (in Aramäisch) und für Frieden (in Hebräisch). Die letzte Bitte ist nur eine Paraphrase der vorhergehenden aramäischen Bitte. Die Bitte für die Erhörung des Gebetes kommt nur in dieser Form des Kaddisch vor. Es beginnt mit den Worten ,,Titkabeil“. Als Ergebnis davon, wird es auch KaddischTitkabel genannt. Wenigstens das KaddischSchalem muß bei Ende des G-ttesdienstes gesprochen werden. Die Gemeinde steht dabei.

Kaddisch derabbanan fügt eine Bitte für die Gelehrten anstelle der Bitte um die Erhörung des Gebets ein. Es wird gesagt nach dem Studium von TalmudStellen. Es erscheint daher innerhalb und außerhalb des SynagogenG-ttesdienstes. In SynagogenG-ttesdiensten, beten Trauernde, anders als der Vorbeter, das Kaddisch derabbanan. Lokale Bräuche variieren aber. In einigen Gemeinden stehen alle mit den Beter. In einigen wenigen beten alle mit den Trauernden.

Das Kaddisch der Trauernden (Kaddisch jatom) wird nach der Rezitation bestimmter Psalmen und Hymnen gesagt. Es fügt zu dem HaIbKaddisch nur die zwei Bitten um Frieden hinzu. Bei dem Tod eines Elternteils beten Einzelne das Kaddisch 11 (jüdische Kalender) Monate minus einen Tag (d. h. dreissig Tage weniger als ein Jahr). Das Kaddisch der Trauernden wird auch dreissig Tage nach dem Tode eines Kindes, Verwandten oder Ehegatten gesagt, und von denen, die die Jahrzeit beachten. Die Tradition hält es für verpflichtend, unter diesen Umständen Kaddisch zu beten.

Es ist möglich, daß Kaddisch jatom zu beten für enge Freunde, Lehrer, gerechte Nichtjuden und für Jene, die für die Heiligung des göttlichen Namens starben (so wie die Ermordeten des Holocaust) aber nur, wenn man ein Elternteil verloren hat. Wenn beide Eltern noch leben, spricht man das Kaddisch jatom nicht.

Die Trauernden erheben sich und sprechen das Kaddisch jatom, während alle anderen entweder sitzen bleiben, wenn sie sitzen, oder eben stehenbleiben, wenn sie (ohnehin schon) stehen. Der Vorbeter rezitiert das Kaddisch nur dann, wenn er selbst ein Trauernder ist.

Die letzte Form des Kaddisch ist die erweiterte Form des Kaddisch jatom. Es wird nur auf dem Friedhof nach der Beerdigung gesprochen, erscheint also nicht im G-ttesdienst.

In Reformsynagogen wird nur das HaIbKaddisch und das Kaddisch der Trauernden gebetet, es gibt kein Kaddisch derabbanan oder KaddischTitkabel.

Wie in der Amida und in dem Abschnitt der Toralesung, ist der Höhepunkt aller Bitten im Kaddisch die Bitte um Frieden. (Frieden ist auch der letzte Gedanke des gemeinsamen Tischgebets.)

Formen des Kaddisch

 

Bitte um Erhörung des Gebetes

Einschub für Lehrer

2 Bitten um Frieden

Wer betet?

Wer steht?

Chazi Kaddisch

Nein

Nein

Nein

Vorbeter

Gemeinde (nicht bei Sephardim)

Kadisch jatom

Nein

Nein

Ja

Trauernde

Trauernde & die Gemeinde

Voll-Kaddisch

Ja

Nein

Ja

Vorbeter

Gemeinde (nicht bei Sephardim)

K-de-rabbanan

Nein

Ja

Ja

Trauernde (übl.)

Alle oder nur Trauernde

Gelehrte spekulieren, daß in der Periode des ersten Tempels dann, wenn die Priester den göttlichen Namen erwähnten, die Gemeinde respondierte, angelehnt an Daniel 2,20. Zum Ende des zweiten Tempels war die ,,Antwort“ wahrscheinlich diese: Jehe schme raba m’vorach l’alam, L’almei ul’almaia jitbarach.
Aramäisch war die von den Juden über einen Zeitraum vom 1000 Jahren ab der babylonischen Gefangenschaft (586 v. Z.) gesprochene Sprache. Diese ,,Antwort“ ist in aramäischer Sprache, Zu Zeiten der Mischna (200 v. Z. 200 n. Z.) wurde dieser Satz von der Versammlung am Schluß von Predigten und zum Abschluß des Torastudiums gesprochen. (Predigten und Torastudium warten nicht Teil des G-ttesdienstes!). Predigten wurden in Aramäisch gesprochen, und religiöse Gespräche wurden in dieser Sprache geführt. Selbst das Kaddisch ist in Aramäisch.
Die Worte ,,m’vorach“ und ,,jitbarach“ sind verschiedene grammatikalische Formen für ,,baruch“. Das Kaddisch entwickelte sich um diese Antwort der Gemeinde, welche (mit einer geringfügigen Veränderung) heute noch der wesentliche Teil des Kaddisch ist.

Als biblische und talmudische Passagen in den G-ttesdienst eingeführt wurden, wurde das Kaddisch eingeführt, um den Abschluß dieser Lesungen zu markieren. Der Beweis durch den Talmud (über Auslassung!), belegt, daß das Kaddisch, obwohl sehr alt, erst spät in die tägliche Liturgie eingefügt wurde.

Kaddisch als Gebet der Trauernden

Torastudium wurde traditionell ausgeführt, wenn man für einen verstorbenen Gelehrten shiva saß. Um zu verhindern, daß andere dadurch beschämt wurden, wurde es zur Regel in den Häusern aller Trauernden. Als Ergebnis wurde Kaddisch in den Häusern aller Trauernden gesprochen.

Es gibt Beweise dafür, daß das Kaddisch um 1208 n. Z. als Gebet der Trauernden gebräuchlich war. Kaddisch enthält keinen Hinweis auf den Tod, aber poetische Passagen, die Trauernden helfen (können). Das Kaddisch preist die Größe und Heiligkeit des NAMENS. Inmitten von Gefühlen der Trauer, Trennung, Desorientierung und Schuld, erhält der Trauernde die Zusicherung von Leben, Heiligkeit und der Unvermeidlichkeit von shalom (Erfüllung, Friede).

Das Kaddisch zu beten ist eine wichtige Art, das Gedenken an die verstorbenen Eltern zu erhalten und verkörpert das Beste ihrer Werte im eigenen Leben. Das Kaddisch zu beten zeugt von den Verdiensten der Eltern, dieses Verhalten ehrt sie. Der Trauernde verkörpert nun den Namen und Einfluß der Eltern in der Welt. Kaddisch zu beten ist eine wichtige Aufgabe und Pflicht des Sohnes, und ein Mechanismus, Leid auszudrücken und zu heilen. Hinzu kommt, daß die Erfordernis eines minjan die Trauernden und die Gemeinde zusammenführt und sicherstellt, daß die Trauernden nicht alleine sind.

Jeder Tod eines Menschen verringert unsere Wahrnehmung von Heiligkeit. Kaddisch preist nicht nur die Größe des göttlichen Namens, die Rezitierung des Kaddisch macht den NAMEN größer. Der Gedanke, daß der göttliche Name durch den Tod eines Menschen verkleinert wird und die göttliche Heiligkeit verringert wird, und daß die Trauernden G-tt stärken können, indem sie durch das Beten des Kaddisch den Verlust kompensieren, ist ein Trost für die Trauernden.

Ursprünglich sprach nur ein Trauernder Kaddisch für alle Trauernden. Die vielfache Erscheinung des kaddisch der Trauernden im G-ttesdienst ermöglichte die Beteiligung vieler Trauernder. Es gibt eine wohlerwogene ,,Prioritätenliste“, um Konflikte zu vermeiden. In vielen Gemeinden wurden zusätzliche Möglichkeiten geschaffen, indem das Kaddisch derabbanan durch Trauernde gesprochen wurde. Viele Gemeinden folgen dieser Praxis noch, aber in den meisten Gemeinden sagen alle Trauernden gemeinsam und gleichzeitig Kaddisch. Wenn keine Trauernden anwesend sind, werden alle ,,Fälle“ des Kaddisch jatom ausgelassen, außer dem Kaddisch nach dem Alenu.

Während das Kaddisch jatom gebeten wird, steht der Trauernde. Der Rest der Gemeinde bleibt sitzen. Wer bereits aus anderem Grund steht, wenn z. B. das vorherige Gebet das Stehen erforderte, bleibt stehen, um seinen Respekt zu bezeugen. Das Kaddisch jatom soll nicht rezitiert werden, wenn man nicht selbst ein Trauernder ist (also ein Elternteil bereits verloren hat).

In einigen weniger traditionellen Synagogen steht jeder mit den Trauernden, und in manchen ReformSynagogen beten alle das Kaddisch jatom. Als Begründung wird manchmal darauf verwiesen, daß das so gemacht wird wegen der Opfer der Shoa, die möglicherweise niemanden mehr haben, der diese Erinnerung durchführt.

Die Inhalte des Kaddisch

Das Kaddisch beginnt mit einer beschwörenden Einführung, die im 2. Jhdt. v. Z eingeführt wurde und auf Ez. 8,23 basiert. Die Eröffnung ist eine Ermahnung: ,,Erhebt und heilig seinen großen Namen in der Welt, die er nach seinem Willen erschaffen hat.”;

Die Schlüsselzeile ist die Antwort der Gemeinde: ,,Sein großer Name sei gepriesen in Ewigkeit und Ewigkeit der Ewigkeiten. jehe sch’me raba meworach l’olam ul’almej almaja)”; Im Original sind das sieben Worte, bestehend aus 28 Buchstaben. Das entspricht dem 1. Vers der Tora..,, Bereschit bara elohim et ha shamajim we et ha’aretz”;

Diese zahlenmäßige Beziehung weist darauf hin, daß ein Beter des Kaddisch Partner in der andauernden Schöpfung wird.

Die Ermahnung am Anfang des Kaddisch wird fortgeführt mit ,,Sein Reich entstehe in eurem Leben und zu euren Tagen.” Wenn die Gemeinde die Gelegenheit nutzt, ,,sich zu erheben und G-ttes Namen zu heiligen” (in öffentlicher ,,Deklaration”;, es das ein anderer Weg, das Göttliche in der Welt manifest zu machen.

Das hebräische Wert für ,,Kraft“ ist ,,koach“. Koach hat einen numerischen Wert von 28. Die einleitende Sequenz des Kaddisch mit der Antwort der Gemeinde hat 28 Wörter. Auf die Antwort der Gemeinde folgt eine mystische Abschlußsequenz, und diese beiden Texte zusammen haben gleichfalls 28 Wörter. So besteht das Kaddisch aus zwei Passagen von jeweils 28 Wörtern, deren ,,Höhepunkt”; achtundzwanzig Buchstaben hat. Die Struktur der Form des Kaddisch ist also ein ,,Mantra”; über ,, koach” Das drückt die Idee aus, daß wir jetzt dem göttlichen Namen Kraft geben, wenn wir das Kaddisch beten, wir stärken das Göttliche.

Die Abschlußsequenz‘ die auf die Antwort der Gemeinde folgt, beginnt mit dem Wort ,,jitbarach”(‚,gepriesen sei” oder ,,verherrlicht sei”). Die Gemeinde wiederholt dieses Wort in ihrer Antwort und führt so die Praxis der Vorzeit fort.

Die Abschlußsequenz fährt dann mit einem weiteren mystischen Mantra fort, das aus sieben Synonymen des Wortes ,,jitbarach” besteht, bevor es dann zu ,,Sh’me dekudscha, brich hu (,,der Name des Heiligen, gelobt sei er”) gelangt. Das ist wie eine siebenfache Verstärkung des NAMENS. Der Gesang von sieben Synonymen ist eine MerkavahTechnik. Merkavah war ein alter Zweig der jüdischen Geisteswelt, der mehrere Schlüsselgebete formte. In dieser mystischen Strömung wurde die aus der hellenistischen Geisteswelt stammende Idee der ,,Sieben Himmel” aufgegriffen. Sie versuchten, einen himmlischen Thron durch einen Prozeß des stufenweisen Aufstiegs zu erfahren, durch LobMantras, die begleitet wurden von einer passenden Körpersprache.

In solchen Gebeten ist die Bedeutung der Worte und ihre Reihenfolge möglicherweise nicht von Belang. Die mystische Idee war, den Geist von der normalen kognitiven Funktion auf einen höheren Stand der Wahrnehmung zu heben, und zwar durch die mantraähnliche Sprache und die Körpersprache. Diese langen Passagen von Synonymen wirken in der Übersetzung nicht, wohl aber in hebräischer oder aramäischer Sprache. Die Wörter des Kaddisch dienen nicht dazu, den Denkprozeß zu stimulieren. Sie haben die Kraft, uns Heiligkeit erfahren zu lassen. Den MerkavahEinfluß finden wir übrigen auch in der K’duschah und sporadisch in den auf das Sh’ma folgenden Gebeten, z. B. im Beginn des Morgengebets (Gaal israel).

Rufen wir in unser Gedächtnis zurück, daß die Eröffnung des Kaddisch zur Verherrlichung des Namens aufruft, und daß die Gemeinde erwidert ,,Möge der NAME gesegnet sein”, was auch ,,vergrößert/vermehrt” heißen kann. Rufen wir uns weiter ins Gedächtnis zurück, daß der Name, manchmal auch das Tetragram genannt, aus vier Buchstaben besteht. Eine siebenfache ,,Vergrößerung/Vermehrung” von 4 Buchstaben ergibt achtundzwanzig Buchstaben. Die achtundzwanzig Buchstaben der Antwort der Gemeinde können daher verstanden werden als Vorbildung der siebenfachen Verherrlichung/Vergrößerung, nach der in der Einleitung ,,gerufen” wird. So verbindet auf vielfachem Level das Kaddisch den NAMEN mit ,,koach” durch unsere eigene Erklärung der Teilhabe in einem Prozeß des Aufstiegs.

Die Regeln über den Kadisch

Kadisch wird nur in Anwesenheit eines Minjan gesagt. Kadisch wird nur nach einem Psalm oder Gebet, welche mit Minjan gesagt wurden, vorgetragen.
Kadisch wird stehend vorgetragen. Die Anwesenden können sitzen oder stehen, wie es in der jeweiligen Synagoge üblich ist.

Früher wurde der Kadisch nur von einer Person vorgetragen. Waren mehrere Trauernde anwesend. So wurde bei jedem Kadisch einer bestimmt. Heute ist es üblich, daß alle Trauernden den Kadisch gemeinsam sagen

Kadisch wird auch von Kindern unter 13 Jahren gesagt, die Eltern verloren haben.

Eine Tochter ist nicht verpflichtet, den Kadisch zu sagen, doch ist es ihr auch nicht verboten, Manche Rabbiner sind der Meinung, daß Töchter durch die Ausübung anderer guter Taten ihren Eltern Ehre erweisen. Insbesondere wenn Eltern ihnen gewisse Pflichten ans Herz gelegt haben, wird damit mehr erreicht als durch den Kadisch. Auch wen nur Töchter da sind und niemand anderer lebt, der verpflichtet wäre, Kadisch zu sagen, so kann diese Tochter durch andere Taten zu geistigem Verdienst kommen.

Der Kadisch für die Verstorbenen wird 11 Monate vorgetragen, nach dem jüdischen Kalender gerechnet, angefangen am Todestag. So auch in einem Schaltjahr, in dem es statt der 12 Monate 13 gibt. Auch wird der Kadisch jedes Jahr an der „Jahrzeit“ gesagt.

Kadisch darf auch für andere Verwandte gesagt werden. Vater für Sohn, Bruder für Geschwister und Schwiegersohn für Schwiegereltern. Auch ein Adoptivkind soll den Kadisch sagen für die Eltern, die es erzogen haben.

Der Kadisch für die Rabbiner, der „Halbe“ und der „Ganze Kadisch“ dürfen auch von einem Vorbeter vorgetragen werden, der kein Trauernder ist und dessen beide Eltern noch am Leben sind.