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Gesetze über das Gebet und den Priestersegen — תפילה וברכת כוהנים

לעילוי נשמת יבגניה בת סימה רדינסקי
Zur Beförderung des Seelenheils von Eugenia bat Sima Radinsky geb. Radawell 12.01.1956 — 17.12.2018.

Gesetze über das Gebet und den Priestersegen,
enthaltend zwei Gebote:
1) dass man Gott jeden Tag durch Gebet diene,
2) dass die Kohanim, täglich dem Volk Israel Segen erteilen,
deren Erläuterung in nachfolgenden Kapiteln gegeben wird.

ERSTES KAPITEL — Die Mizwa der Tora und die Anordnung der Weisen

1) Es ist ein Gebot der Schrift, täglich zu beten, indem es heißt: »Ihr sollt dem Ewigen, Eurem Gott, dienen« (Ex. 23:25), welchen Ausspruch die Tradition, dahin erklärte, dass damit das Gebet gemeint sei; denn es heißt wiederum: »Und Ihm von ganzen Herzen zu dienen«, woraus die Weisen den folgerechten Schluss ziehen: kein anderer Dienst wird mit dem Herzen vollzogen, als der Dienst des Gebets. Die Form desselben aber, wie auch die Zeit zum Beten, sind in der Lehre nicht bestimmt.

2) Daher sind auch Frauen und Sklaven zum Beten verpflichtet; denn dies ist ein Gebot, welches nicht von der Zeit abhängt und die Verpflichtungen, welche es auferlegt, bestehen vielmehr darin, dass der Mensch täglich flehen und beten solle; bloß hätte man zu beobachten — zuerst zum Ruhme des Heiligen, gelobt sei Er, Etwas zu sagen, dann seine Bedürfnisse inbrünstig zu erflehen und dann mit Lob und Dank den Ewigen zu preisen für alles Gute, das Er uns gespendet,—ein Jeder nach seinen Kräften.

3) Wem nun die Gabe der Beredsamkeit eigen war, der pflegte sein Herz häufiger zu ergießen; wem die Gewandtheit der Sprache abging, der sprach so gut er es vermochte und zu jeder ihm beliebigen Zeit. Ebenso verhielt es sich mit der Zahl der Gebete; Jeder betete so viel er konnte. Der Eine betete einmal täglich, der andere wiederum mehrere Male; Alle pflegten aber mit nach dem heiligen Tempel hingewandtem Antlitz zu beten, wo sie sich auch befinden mochten. Dergestalt verfuhr man von unserem Lehrer Moses, — bis Esra.

4) Als zur Zeit des Bösewichts Nebukadnezar die Israeliten in die Gefangenschaft geführt wurden, da vermischten sie sich mit Persern, Griechen und anderen Völkern; und die ihnen, in jenen heidnischen Ländern, geborenen Kinder — sprachen keine reine Sprache mehr; so dass die Mundart eines Jeden ein Gemisch von Wörtern verschiedener Idiome war und wenn sie sich vernehmen ließen, konnte sich keiner in einer Sprache fehlerfrei ausdrücken: wie es ausdrücklich heißt: »Und die Hälfte ihrer Kinder sprach Aschdodisch, (Aramäisch) und verstand nicht Hebräisch zu sprechen; und so ging es auch mit anderen Sprachen« (Nehemia 13:24).

Wenn daher ein Solcher betete, so war seine Sprachkenntnisse nicht ausreichend, um in der heiligen Sprache seine Wünsche auszudrücken oder den Ewigen zu preisen, ohne in das Gebet verschiedene andere Sprachen einzumischen. Als Esra und seine Gerichtsversammlung dieses sahen, da erhoben sie sich und verfassten achtzehn Segnungsformeln, nach folgender Ordnung:

Die ersten drei enthielten den Preis des Ewigen, die letzten drei hingegen Danksagungen, die mittleren aber — enthielten Bitten in Betreff aller derjenigen Gegenstände, welche unseren menschlichen Bedürfnissen, so bei jedem Einzelnen, wie auch bei ganzen Gemeinden, als Grundlage dienen konnten, — damit sie geordnet seien im Munde Aller und man sie sich einprägen könne; so dass das Gebet des Sprachunkundigen, ein ebenso vollkommenes sein sollte, wie das Gebet des gewandtesten Redners. Auf diese Weise wurden auch alle andere Segnungs- und Gebetsformeln eingeführt, die noch jetzt in ganz Israel angenommen sind; mit dem Zwecke nämlich, dass der Inhalt aller Gebete im Munde des Unkundigen geordnet sei.

5) Hiermit wurde vorgeschrieben, dass die Zahl der Gebete der Zahl der Opfer entspreche; nämlich zwei Gebete täglich, für die zwei täglichen Opfer; an den Tagen aber, wo außerdem noch ein Mussaf-(Zugabe) Opfer dargebracht wurde, führte man noch ein drittes Gebet ein, anstatt dieses Opfers. Das Gebet nun, welches das tägliche Morgenopfer ersetzt, wird das Morgengebet (Schacharit) dasjenige, welches das Nachmittagsopfer ersetzt, wird das Mincha-Gebet und dasjenige, welches das Mussaf-Opfer ersetzt — das Mussaf-Gebet genannt.

6) Ebenso bestimmte man noch, dass ein Jeder auch abends ein Gebet verrichte, indem auch die Glieder des täglichen Mincha-Opfers noch im Laufe des ganzen Abends, am Feuer dampften, wie es heißt: »Dies ist das Ganzopfer…« (Lev. 6:2). Ebenso heißt es in den Psalmen: »abends, morgens und nachmittags, siehe ich und stöhne: und Er wird meine Stimme hören«, (Ps. 55:18). Das Abendgebet ist aber keineswegs so eine Pflicht, wie das Morgen- und Mincha-Gebet; doch ist es in ganz Israel,
durchgängig in allen Wohnplätzen des Volkes, Sitte geworden, abends zu beten, was man späterhin auch allgemein als Pflicht anerkannte.

7) Man hat auch noch ein Gebet, nach dem Mincha-Gebete, nahe vor Sonnenuntergang, eingeführt; dasselbe findet aber bloß am Fasttage statt, auf dass am Fasten mehr Gebetsergießungen stattfinden möchten. Dieses Gebet heißt das Schlussgebet, was auf die Stelle sich bezieht: »Die Pforten des Himmels schließen sich hinter der Sonne, die sich nun verbirgt«; da dieses Gebet, (wie bereits erwähnt), nur nahe vor Sonnenuntergang stattfindet.

8) Demnach haben wir drei Alltags-Gebete, nämlich das Abend-, Morgen- und Nachmittagsgebet; am Schabbat aber, wie auch an Fest- und Neumondstagen, deren viere: die drei Alltags-Gebete und das Mussaf-Gebet. Am Versöhnungstage aber —fünfe, nämlich: diese vier, — und das Schluss-Gebet.

9) Man darf keines von diesen Gebeten hinwegnehmen, wohl aber hinzufügen. Will der Mensch den ganzen Tag beten, so steht es ihm frei; alle Gebete, die er außerdem noch hinzufügt, werden angesehen, als bringe er freiwillige Opfer dar. Es ist aber dann nötig, in jede der mittleren Segnungsformeln etwas ihr Entsprechendes einzuschalten. Hat man auch nur in eine der mittleren Segensformeln etwas Eigenes eingeschaltet, so ist damit hinreichend an den Tag gelegt, dass es bloß ein freiwilliges und kein Pflichtgebet war. Von den ersten drei Segensformeln, wie von den letzten dreien, darf man nie eine weglassen, noch hinzusetzen, noch auch an denselben irgendeine Änderung treffen.

10) Eine ganze Gemeinde darf kein freiwilliges Gebet beten, weil eine ganze Gemeinde auch kein freiwilliges Opfer darbringt. Ebenso darf eine einzelne Person nicht zwei Mussaf-Gebete beten, eines als Pflicht des Tages und eines als freiwilliges, da es nicht erlaubt war, freiwillige Mussaf-Opfer darzubringen. Es gab unter den Gaonim solche, die annehmen, dass es an Feier-und Schabbat-Tagen, nicht erlaubt sei, freiwillige Gebete zu beten: weil man an diesen Tagen keine freiwilligen Opfer darbringen durfte, sondern bloß die auf die Feier des Tages bezüglichen.

ZWEITES KAPITEL — Änderungen und Zusätze im Gebet

1) Zur Zeit des Rabbi Gamliel nahmen die Gottesleugner überhand, drängten die Israeliten sehr und verleiteten sie, von Gott abtrünnig zu werden. Da jener nun erkannte, dass dieser Umstand wichtiger sei, als alle Bedürfnisse des Menschen, so beschloss er, im Verein mit seiner Gerichtsversammlung, noch eine Segensformel hinzufügen, die das Gebet zum Ewigen, um Vernichtung der Gottesleugner enthielt und welche Formel er auch in das große Gebet einschaltete, damit auch sie im Munde Aller sei. Demzufolge beträgt die Anzahl aller Segensformeln im Gebete—neunzehn.

2) Beim täglichen Gebete spricht Jedermann diese neunzehn Segensformeln nach der Ordnung, aber nur dann, wenn seine Gedanken geordnet sind und sein Sprachorgan dies mit Leichtigkeit bewerkstelligen kann. Wer aber beschäftigt und zerstreut ist oder wessen Zunge nicht geläufig, der bete bloß die ersten drei Segensformeln, dann eine als kurzen Inbegriff aller mittleren und dann die drei letzten: womit denn seine Pflicht — als erfüllt zu betrachten ist.

3) Folgendes ist die Segensformel, welche unsere Weisen verfasst und als Inbegriff aller mittleren Gebetsformeln angeordnet haben. — O, Ewiger, unser Gott, Verleihe חביננו uns die Erkenntnis, Deine Wege zu begreifen, lenke unsere Herzen zur Gottesfurcht, stehe uns bei als Verzeiher und Erlöser, entferne von uns alle Schmerzen, segne unsere Felder, sammle die in den vier Erd-Enden Zerstreuten; die Irregeleiteten lasse wieder gelangen zu Deiner wahren Erkenntnis, über die Böswilligen aber erhebe Deine züchtigende Hand, erfreue die Frommen durch die Wiedererbauung Deiner Stadt, durch die Wiederherstellung Deines Tempels, durch das wiederaufblühende Glück Deines Knechts David und durch das neue Ausleuchten Deines Gesalbten, des Sohnes Jischais! Erhöre uns bevor wir flehen, wie es heißt: »Und bevor sie mich anrufen,— werde ich ihnen Gehör geben; kaum haben sie gesprochen, so werde ich sie auch schon vernommen haben« (Jesaia 65:24); denn Du bist es, Der zu jeder Zeit gewährt; Erlöser und Erretter von allen Drangsalen, gepriesen seiest Du, Ewiger, der Du Gebete erhörest בָּרוּךְ אַתָּה יי, שׁוֹמֵעַ תְּפִלָּה.

4) Dies gilt jedoch bloß im Sommer; im Winter aber bete man kein solches kurzes Gebet, (Hawinenu), weil man dann, beim Segen des Jahres, um Regen flehen muss (siehe Halacha 19). Derselbe Fall tritt auch ein am Schlusse des Schabbats und der Festtage, wo dieses kurze Gebet (Hawinenu) deshalb nicht genügt, weil man bei der Formel »Der Du in Gnaden Vernunft uns verleihest«, das Absonderungsgebet, (Hawdala), zu beten verpflichtet ist.

5) An Schabbatot und Festtagen finden, bei jedem der vier Gebete des Tages, sieben Segensformeln statt; nämlich die ersten drei alltäglichen, die letzten drei und eine mittlere, welche sich auf die Bedeutung des Tages bezieht.

Am Schabbat schließe man die mittlere Formel mit: »Der Du den Schabbat heiligest מְקַדֵּשׁ הַשַּׁבָּת«, — an den Feiertagen mit: »Der Du heiligest
das Volk Israel und die Feiertage מְקַדֵּשׁ יִשְׂרָאֵל וְהַזְּמַנִּים«. Fällt aber der Schabbat mit den Feiertagen zusammen, — so schließe man: »Der Du heiligest den Schabbat, Israel und die Feiertage מְקַדֵּשׁ הַשַּׁבָּת וְיִשְׂרָאֵל וְהַזְּמַנִּים«.

Am Neujahrsfest schließe man: »Du König der ganzen Erde, der du heiligest Israel und den Erinnerungstag מֶלֶךְ עַל כָּל הָאָרֶץ, מְקַדֵּשׁ יִשְׂרָאֵל וְיוֹם הַזִּכָּרוֹן«. Fällt der Neujahrstag mit dem Schabbat zusammen, so schließe man: »Du König der ganzen Erde, der Du heiligest den Schabbat, Israel und den Erinnerungstag מֶלֶךְ עַל כָּל הָאָרֶץ, מְקַדֵּשׁ הַשַּׁבָּת וְיִשְׂרָאֵל וְיוֹם הַזִּכָּרוֹן«.

6) Dieses bezieht sich nur auf die Abend-, Morgen-und Nachmittags-Gebete. Das Zugabegebet (Mussaf) am Neujahrstage aber, besteht aus neun Segnungen, nämlich: aus den drei ersten alltäglichen, drei letzten und außerdem noch drei mittleren. Die erste unter den drei mittleren Segensformeln betrifft die göttliche Weltbeherrschung מַלְכֻיוֹת, die zweite, — die Erinnerung oder die Vorsehung זִכְרוֹנוֹת und die dritte — die Bedeutung des Schofarblasens שׁוֹפָרוֹת. Der Schluss einer jeden dieser Gebetsformeln —muss ihrem Inhalte entsprechen.

7) Am Versöhnungstage bete man, bei jedem der fünf Gebete, sieben Formeln, nämlich: die gewöhnlichen ersten drei, die letzten drei und eine mittlere, über die Bedeutung des Tages. Alle diese mittleren Gebetsformeln schließe man mit den Worten: »König der ganzen Erde, der Du heiligest Israel und den Versöhnungstag מֶלֶךְ עַל כָּל הָאָרֶץ, מְקַדֵּשׁ יִשְׂרָאֵל וְיוֹם הַכִּפּוּרִים«. Fällt dieser mit dem Schabbat zusammen, so schließe man alle mittleren Formeln mit den Worten: »Du König der ganzen Erde, der Du heiligest den Schabbat, Israel und den Versöhnungstag«.

8) Dies gilt nun bloß von alljährlichen Fasttagen, am Fasttage des Jubeljahres הַיּוֹבֵל aber, bete man im Mussaf-Gebete neun Formeln, wie man am Neujahrstage das Mussaf verrichtet und zwar ganz dieselben Formeln, nicht mehr und nicht weniger. Man darf dieselben aber nur dann beten, wenn das Jubeljahr gefeiert wird.

9) Bei jedem dieser Gebete sage man vor der ersten Segensformel: »Gott, öffne meine Lippen, auf dass mein Mund Dein Lob verkünde יי שְׂפָתַי תִּפְתָּח, וּפִי יַגִּיד תְּהִלָּתֶךָ«; und am Schluss des Gebets sage man: »Mögen meine Worte Wohlgefallen finden יִהְיוּ לְרָצוֹן אִמְרֵי פִי וְהֶגְיוֹן לִבִּי לְפָנֶיךָ, יי צוּרִי וְגֹאֲלִי« u. s. w. Dann trete man rücklings zurück.

10) An Neumonden und an Zwischenfeiertagen חוֹל הַמוֹעֵד bete man Abends, Morgens und Nachmittags neunzehn Segensformeln, wie an allen übrigen Tagen; bloß in der Formel über Wiederherstellung des Gottesdienstes (Retzee) sage man: »Unser und unserer Väter Gott, es möge aufsteigen und gelangen usw. Im Mussaf der Zwischenfeiertage bete man — wie an den Feiertagen selbst; am Neumondstage bete man sieben Segensformeln, die ersteren drei, die letzten drei und eine mittlere, über die Bedeutung des Neumonds-Opfers und schließe mit: »Der Du heiligest Israel und den Neumond מְקַדֵּשׁ יִשְׂרָאֵל וְרָאשֵׁי חֳדָשִׁים«.

11) Fällt der Schabbat mit einem Zwischenfeiertags oder mit dem Neumond zusammen, so bete man Abends, Morgens und Nachmittags sieben Segnungen, wie an gewöhnlichen Schabbattagen, bloß in der Tempeldienstformel sage man: »Es möge aufsteigen und gelangen…«. Im Mussaf-Gebet fange man, bei der mittleren Segensformel, mit der Bedeutung des Schabbats an, schließe ebenfalls mit der Bedeutung des Schabbats und in Mitte dieser Segnung erwähne man die Heiligkeit des Tages; und schließe an Neumondstagen mit: »Der Du heiligest, den Schabbat, Israel und den Neumond מְקַדֵּשׁ הַשַּׁבָּת וְיִשְׂרָאֵל וְרָאשֵׁי חֳדָשִׁים«; an den Zwischenfeiertagen aber schließe man, wie an allen Feiertagen, die mit dem Schabbat zusammenfallen מְקַדֵּשׁ הַשַּׁבָּת וְיִשְׂרָאֵל וְהַזְּמַנִּים.

12) Fällt ein Feiertag auf den Sonntag, so bete man in der Nacht vom Schabbat, zum Sonntag, bei der vierten Segensformel:

»Du Haft uns kund getan Deine gerechten Gesetze und uns gelehrt — die Gebote Deines Willens auszuüben, hast uns die Heiligkeit des Schabbats, die Ehrbarkeit des Feiertags und die Opferfreude der Wallfahrtszeit gegeben, hast einen Unterschied zwischen der Heiligkeit des Schabbats und zwischen der des Feiertags gemacht, den siebenten Tag von den sechs Werkeltagen abgesondert, uns Zeiten zur Freude und Feste zur Wonne gegeben, Ewiger, unser Gott usw.« Am Schlusse des Schabbats und am Schlusse der Feiertage des ganzen Jahres, schalte man das Absonderungsgebet (Abschieds-, Abscheidungs-Gebet, Hawdala) in die Formel: »Der Du gnadenreich אַתָּה חוֹנֵן usw.« ein, obgleich man außerdem beim Kelche dies Gebet verrichtet.

13) Am Einweihungs- (Chanukka)- und Purimfeste— füge man zur Dankformel —noch Worte über die Wundertaten עַל הַנִּסִּים, hinzu. Fällt dieses Fest mit dem Schabbat zusammen, so wiederhole man die Worte über die Wundertaten im Mussaf-Gebete ebenso, wie in allen anderen.

14) An allen Fasttagen und wäre es auch nur ein Einzelner, der da fastet,—hat man zu der Formel: »Der Du das Gebet erhörest « noch die Worte »o antworte uns…עֲנֵנוּ יי אֱלֹהֵינוּ, עֲנֵנוּ«, einzuschalten. Der Vorbeter hat daraus eine besondere Segnungsformel, zwischen den Formeln, über die Erlösung גּוֹאֵל und über die Heiligung רוֹפֵא, zu machen. Er schließe dieselbe mit den Worten: »Der Du antwortest zur Zeit des Drangsals הָעוֹנֶה בְּעֵת צָרָה«. Demnach hat er also zwanzig Segnungsformeln zu beten. — Am neunten Tage des Monats Aw, (dem Zerstörungstage von Jerusalem), hat man bei der Formel: »Der Du Jerusalem erbauest« hinzuzufügen: »Er
barme Dich Ewiger, unser Gott über uns, wie über Dein ganzes Volk Israel und über Deine Stadt Jerusalem, die trauernde Burg רַחֵם יי אֱלֹהֵינוּ עָלֵינוּ, וְעַל יִשְׂרָאֵל עַמָּךְ, וְעַל יְרוּשָׁלַיִם עִירָךְ, הָעִיר הָאֲבֵלָה, הַחֲרֵבָה, הַשּׁוֹמֵמָה« u. s. w.

15) Den ganzen Winter hindurch — hat man bei der zweiten Segensformel, zu sagen: »Der Du den Regen heruntersendest מוֹרִיד הַגֶּשֶׁם«, im Sommer aber »der Du den Tau herabschickst מוֹרִיד הַטַּל«. Wann fängt man an »der Du den Regen Herunter sendest« zu sprechen? Antwort: Vom Mussaf-Gebet des letzten Tages des Laubhüttenfestes an, bis zum Morgengebet des ersten Tages des Pessachfestes. Aber mit dem Mussaf- Gebete des ersten Tages des Pessachfestes fängt man stattdessen an: »Der Du den Tau herunterschickest…«, zu sagen.

16) Vom siebenten Tage im Monate Cheschwan an, bete man noch um Regen bei der Segensformel über das Gedeihen der Felder בִרְכַּת הַשָּׁנִים und zwar, so lange man in der zweiten Gebetsformel des Regens Erwähnung tut. Dies gilt aber bloß im heiligen Lande, in Babylonien hingegen, so wie in Syrien und Aegypten, in den umliegenden Gegenden und drgl. Ländern, fange mail erst am sechzigsten Tage, nach dem Eintritt des herbstlichen Jahresviertels an, um Regen zu beten.

17) In Gegenden, die des Regens im Sommer bedürftig sind, z. B. auf den Inseln in fernen Meeren, bete man um Regen, so oft man dessen benötigt ist und zwar in der Segensformel »der Du Gebete erhörest«. An Orten, wo man jeden Festtag zwei Tage lang feiert, fange man erst beim Mussaf – Gebet des achten Tages des Laubhüttenfestes an: »Der Du den Regen heruntersendest מוֹרִיד הַגֶּשֶׁם« zu sagen, was man dann den ganzen Winter hindurch fortsetzt.

18) Das ganze Jahr hindurch wird die dritte Segnungsformel mit: »Du heiliger Gott« beschlossen und die elfte— mit »König, der Du Recht und Gerechtigkeit liebest.« An den 10 Tagen aber, vom Neujahrstage bis zum Schlusse des Versöhnungstages, beschließe man die 3-te Segnungsformel mit »o Du heiliger König« und die 11-te »Du König der Gerechtigkeit.«

19) Es gibt Orte, wo es Sitte ist, an den genannten 10 Tagen in die erste Segensformel die Worte »gedenke unserer zum Leben זָכְרֵנוּ לְחַיִּים«, — in die zweite: »wer ist wie Du, o Vater der Barmherzigkeit מִי כָמוֹךָ אָב הָרַחֲמָן…« und in die Dankesformel »erinnere Dich Deines זְכֹר רַחֲמֶיךָ…« einzuschalten. Auch fügt man gewöhnlich zur letzten Segensformel die Worte hinzu »in das Buch des Lebens, וּבְסֵפֶר חַיִּים…« Ebenso gibt es Orte, wo man an den genannten 10 Tagen noch in die dritte Segensformel einschaltet »und also tue Deine Furcht auf alle Deine Geschöpfe usw.« Aber am Neujahrs- und Versöhnungstage, ist es schon zur allgemeinen Sitte geworden, zur dritten Segensformel die Worte »tue Deine Furcht וּבְכֵן…«, hinzuzufügen.

DRITTES KAPITEL — Die Zeiten der Gebete

1) Das Morgengebet beginne man mit Sonnenaufgang; die ganze Zeit aber, während welcher allein man es verrichten darf, dauert bis zu Ende der vierten Tagesstunde, also ein Drittel des ganzen Tages. Wenn man diese Zeit absichtlich oder in Folge eines Irrtums versäumte und jenes Gebet erst in dem Zeitraume von der vierten Stunde, bis zu Mittag, verrichtete, so hat man zwar der Pflicht des Betens im Allgemeinen Genüge geleistet, aber nicht des zeitmäßigen. So wie nämlich das Gebet überhaupt ein Gebot der Schrift ist, ebenso ist es auch eine durch die Überlieferung uns zu Teil gewordene Vorschrift, dasselbe zu der Zeit zu verrichten, welche unsere Weisen und Propheten dafür bestimmten.

2) Wir haben bereits oben erwähnt, dass das Mincha-Gebet dem täglichen Nachhmittags-Opfer, der Zeit nach, entspreche; da aber dieses Opfer jeden Tag— dreißig Minuten nach der neunten Tagesstunde dargebracht wurde (2,5 Stunden vor Sonnenuntergang), — so bestimmte man auch, dass das Mincha-Gebet — dreißig Minuten nach der neunten Tagesstunde zu beginnen habe. Das Mincha Gebet um diese Zeit wird das kleine Mincha-Gebet מִנְחָה קְטַנָּה genannt. Weil jedoch am Tage vor dem Pessachfeste, wenn derselbe auf einen Freitag fällt, das tägliche Mincha-Opfer dreißig Minuten nach der sechsten Tagesstunde dargebracht wird (30 Minuten nach Beginn der 2. Tageshälfte), so bestimmte man auch, dass, wenn Jemand das Mincha-Gebet dreißig Minuten nach der sechsten Tagesstunde beginnt, er seiner Pflicht genügt habe und dass um diese Zeit die Verpflichtung zum Mincha-Gebet eintrete. Das um diese Stunde verrichtete Gebet, heißt nun das große Mincha-Gebet מִנְחָה גְּדוֹלָה.

3) Mehrere Männer pflegten zugleich, das große und das kleine Mincha-Gebet, zu verrichten, so dass das eine von beiden, als freiwillige Darbringung galt. Einige von den Gaonim aber lehrten, dass man nur das große Mincha-Gebet als freiwillige Darbringung betrachten dürfe. Dies geht auch, schon daraus hervor, dass das große Mincha-Gebet nur eines außerordentlichen Falles willen angeordnet wurde. Hat man jedoch das große Mincha-Gebet der Pflichterfüllung wegen verrichtet, so darf man das kleine nur als eine freiwillige Darbringung betrachten.

4) Aus Obigem geht nun hervor, dass die Zeit des großen Mincha-Gebets von dreißig Minuten nach der sechsten, bis dreißig Minuten nach der neunten Tagesstunde sich ausdehne. Die Zeit des kleinen Mincha-Gebets hingegen — erstreckt sich von dreißig Minuten nach der neunten Tagesstunde bis einer Stunde und fünfzehn Minuten bis zum Tagesende; jedoch kann man das Gebet auch bis zu Sonnenuntergang verrichten.

5) Die Zeit des Mussaf-Gebets ist — vom Schluss des Morgengebets an, bis zur siebenten Tagesstunde. Wer dasselbe jedoch nach der siebenten Tagesstunde verrichtet, sogar wenn er die Zeit mutwilliger Weise versäumt haben sollte, kommt desungeachtet seinen Verpflichtungen in Bezug auf dieses Gebet, hinreichend nach, weil dasselbe im Notfalle den ganzen Tag über verrichtet werden kann.

6) Die Zeit des Abend-Gebets erstreckt sich vom Beginne der Nacht, bis zur Morgenröte עַמּוּד הַשַּׁחַר. Die Zeit des Schlussgebets (נְעִילָה am Jom Kippur) wird durch den Umstand bedingt, dass dasselbe kurz vor Sonnenuntergang beendigt werden muss.

7) Wer ein Gebet, vor der für dasselbe—festgesetzten Zeit, verrichtet, erfüllt seine Pflicht dadurch nicht, sondern muss dasselbe noch einmal und zwar zur gehörigen Zeit, beten. Wenn man jedoch in dringenden Fällen das Morgengebet gleich nach der Morgendämmerung עַמּוּד הַשַּׁחַר betet, so ist das wohl als eine Erfüllung der Pflicht zu betrachten. Das Gebet der Schabbat-Nacht hingegen, kann man sogar am Freitag, vor Sonnenuntergang verrichten. Ebenfalls kann man das Gebet des Schabbat-Ausgangs noch am Schabbat verrichten, denn, da das Abendgebet überhaupt eine freiwillige Darbringung ist, so braucht man es mit der dafür bestimmten Zeit nicht so genau zu nehmen; bloß hat man den Satz: »Höre Israel« zur gehörigen Zeit, nämlich sobald die Sterne am Himmel erscheinen צֵאת הַכּוֹכָבִים, zu lesen.

8) Wer die zu einem Gebet bestimmte Zeit vorsätzlich verstreichen ließ, der kann sein Vergehen durch kein Ersatzgebet תַּשְׁלוּמִין wiedergutmachen. Geschah es aber in Folge eines Versehens oder war man gezwungen und durch den Drang der Umstände genötigt, es zu unterlassen: so hole man es beim nächstfolgenden Gebete nach und zwar so, dass man zuerst das für diese Zeit verordnete und dann erst das Ersatzgebet verrichtet.

9) Wenn z.B. Jemand irrtümlicher Weise das Morgengebet nicht bis zur Mittagszeit verrichtet,— so halte er ein zwiefaches Mincha-Gebet, zuerst nämlich das für die Nachmittagszeit und dann — das zum Ersatz für das Morgengebet bestimmte. Hat man aus Versehen das Mittagsgebet nicht vor Sonnenuntergang verrichtet, so bete man ein doppeltes Abendgebet und zwar das erste als Abendgebet und das andere—als Ersatz für das Mincha-Gebet. Hat man endlich das Abendgebet bis zur Morgenröte versäumt, so verrichte man ein zwiefaches Morgengebet, das erste nämlich für den Morgen und das andere als — Ersatz für das Abendgebet.

10) Hat man aber zwei auf einander folgende Gebete versäumt, so ist nur das zweite zu ersetzen, z. B. wenn Jemand irrtümlicher Weise, weder das Morgen-, noch das Mincha-Gebet verrichtete: so liegt ihm ob, ein zwiefaches Abendgebet zu halten, wovon das erstere, für den Abend und das zweite als Ersatz für das Mincha-Gebet gilt. Das versäumte Morgengebet aber, kann nicht mehr nachgeholt werden, weil die für dasselbe bestimmte Zeit schon abgelaufen ist; und so verhält es sich auch mit den anderen Gebeten.

11) Kommen auf diese Weise das Mincha und das Mussaf-Gebet zusammen, so verrichte man zuerst das Mincha-Gebet und dann erst das Mussaf-Gebet. Jedoch gibt es Gelehrte, welche es nicht für angemessen halten, dass dieses von Seiten einer ganzen Gemeinde geschehe, damit man dadurch nicht zum Irrtum komme.

VIERTES KAPITEL — Hindernisse für das Gebet

1) Das Gebet, obgleich durch die Zeit geboten, bedingt außerdem noch fünf unumgängliche Erfordernisse. Die Reinigung der Hände, die Bedeckung der Blöße עֶרְוָה, die Reinigung des Ortes, wo das Gebet stattfindet, die Entfernung der zerstreuenden Gegenstände und die Inbrunst des Herzens.

2) In Betreff der Reinigung der Hände finden folgende Bestimmungen statt. Man benetzt die Hände mit Wasser bis zum Gelenk und verrichtet alsbald das Gebet. Befindet sich aber Jemand, wenn die Zeit zum Beten eintritt, unterwegs und es ist kein Wasser vorhanden, so kommt es darauf an, ob zwischen ihm und dem Wasser bloß eine Strecke von vier Mil , das sind achttausend Ellen (4 km), sich befindet, in welchem Falle er verpflichtet ist, bis zum Wasser zu gehen, dort die Hände zu waschen und dann zu beten. Ist aber die Entfernung größer, so findet bloß die Verpflichtung statt, die Hände mit Spänen, Sand oder an einem Balken abzuwischen, dann kann das Gebet stattfinden.

3) Obige Verpflichtung tritt jedoch nur dann in Kraft, wenn das Wasser sich vor dem Gehenden befindet; ist es hinter ihm, so ist es nur dann verpflichtet umzukehren, wenn es bis zu einer Mil entfernt ist. Beträgt die Entfernung mehr als eine Mil, so wischt man bloß die Hände rein, um beten zu können.

Hingegen besteht die Verpflichtung zum bloßen Waschen der Hände, nur bei den nicht am Morgen stattfindenden Gebeten. Beim Morgengebete hingegen, hat man Gesicht, Hände und Füße zu waschen, um beten zu können. Ist aber Jemand (beim Morgengebet) vom Wasser entfernt, so wischt es bloß seine Hände ab und betet danach.

4) Alle als unrein Erklärten haben auch bloß ihre Hände zu waschen (und müssen nicht zur Mikwe), ebenso wie die Reinen und können alsdann ihr Gebet verrichten; denn das völlige Untertauchen (in der Mikwe) obgleich es möglicherweise ausgeführt werden könnte, um die gesetzlich erklärte Unreinheit aufzuheben, ist beim Gebete nicht notwendig. Wir haben bereits erklärt (Schma 7:8), wer Samenerguss hatte בַּעַל קֶרִי darf keine Toraverse lesen darf bis er in der Mikwe untergetaucht ist, nach einer Verordnung von Ezra. Die Gerichtsversammlung nach Ezra hat die gleiche Bestimmung auf das Gebet erweitert. Nicht wegen Reinheit und Unreinheit, sondern damit die Gelehrten nicht wie Hähne bei ihren Frauen verweilen. Deshalb verordneten sie das Untertauchen nur für den, der Samenerguss hatte und nicht für andere Unreinheiten.

5) Deshalb sagten die Weisen zur Zeit dieser Verordnung, sogar der Samenflüssige זָב, der einen Samenerguss sah und die Menstruierende נִדָּה, die Samen absondert (sie ist Während des Verkehrs Nidda geworden und sondert den männlichen Samen ab) — all diese benötigen die Reinigung durch Untertauchen für das Sagen des Schma und das Gebet, obwohl sie unrein sind (das Untertauchen reinigt sie nicht von ihrer Unreinheit). Ebenfalls ist dieses Untertauchen nicht wegen Reinheit, sondern der Verordnung גְּזֵרָה, damit man nicht ständig bei den Frauen sei. Doch ist diese Verordnung ist aufgehoben worden, sie hat in Israel keine Verbreitung gefunden, weil das Volk keine Kraft hatte sie einzuhalten.

6) Der verbreitete Brauch in Spanien und Babylon ist, wer einen Samenerguss hatte, bete solange nicht bis er seinen Körper mit Wasser gewaschen hat, wegen: »mache dich bereit für die Begegnung mit deinem Gott, Israel! (Amos 4:12)«. Dies betrifft einen Gesunden oder Kranken, der Geschlechtsverkehr hatte, hingegen ist ein Kranker, der wegen seiner Krankheit Samenerguss hat, von der Waschung befreit. Ebenso der Zaw, der einen Samenerguss sah und die Nidda, die Samen absonderte, waschen sich und ihre Hände und beten.

7) In Betreff der Bedeckung der Blöße עֶרְוָה finden folgende Bestimmungen statt: Eigentlich muss außer der beim Lesen des Satzes: »Höre Israel« festgesetzten Bedeckung der Blöße, beim Gebet — auch noch die Brust bedeckt werden. Hat man jedoch die Brust nicht bedeckt oder war man gezwungen es zu unterlassen oder hat man Nichts, womit man sie bedecken könnte, so ist schon jene ursprüngliche Blößebedeckung hinreichend. Von vorn herein aber,—darf man dies nicht tun.

8) In Betreff der Reinlichkeit des Ortes, wo das Gebet stattfindet, ist folgendes festgesetzt. Man darf das Gebet nicht an einem unsauberen Orte, nicht in einem Badezimmer, nicht auf einer Toilette, nicht an einem Misthaufen usw. verrichten. In zweifelhaften Fällen muss man vor dem Gebet den Ort untersuchen. Im Allgemeinen aber, — muss man sich in dieser Hinsicht an die Bestimmungen, welche beim Lesen des Satzes: »Höre Israel« getroffen wurden, auch beim Beten halten. Ebenso ist das Maß der Entfernung von unreinen Gegenständen, wie auch von Leichen und Körperblößen ganz dasselbe, wie auch beim Lesen des Abschnitts: »Höre Israel« (Schma 3:2).

9) Wenn Jemand sein Gebet verrichtet und nachher an dem Platze, wo dasselbe stattfand etwas Unreines wahrnimmt, so muss er, weil er den Ort nicht vor dem Gebet untersuchte, dasselbe Gebet noch einmal an einem reinen Orte verrichten. Ist man aber im Gebete begriffen, während man das Unreine bemerkt, so verändere man — wo möglich — seine Stellung so, dass der unreine Gegenstand vier Ellen hinter dem Betenden bleibe; ist es aber nicht möglich, so trete man in diese Entfernung seitwärts und erst wenn auch dies nicht geht, breche man das Gebet ab. Die Größten unter unseren Weisen pflegten sogar nicht in einem solchen Hause zu beten, wo man Bier braute oder Fische einsalzte, so lange der chemische Prozess dauert, weil an solchen Orten ein übler Geruch zu herrschen pflegt, obgleich der Ort rein bleibt.

10) In Betreff der zerstreuenden Gegenstände ist Folgendes bestimmt. Wenn Jemand eine Notdurft verspürt, darf er nicht beten und wenn er es dennoch tut, so ist sein Gebet verabscheut und er hat nachher von Neuem das Gebet zu verrichten. Wenn der Drang nun nicht heftig war (er kann 96 Minuten aushalten), hat er zwar nicht nötig, ein zweites Gebet zu verrichten, jedoch darf Niemand sich von vorn herein anders zum Gebet anschicken, als bis er sich in aller Hinsicht gereinigt und alle zerstreuenden Gegenstände beseitigt hat.

11) Es gilt als sehr unanständig, während des Gebetes wissentlich zu gähnen, sich zu dehnen, zu niesen usw. Kommt aber Einem dies unwillkürlich an, so bleibt es ohne Folgen. Wem sich, während der Gebers, der Speichel im Munde ansammelt, der entferne ihn mittelst eines Tuches oder eines Gewandes. Wem aber dies beunruhigend oder störend wird, der speie hinter sich, damit er sich während des Gebets nicht ärgere. Entließ er unwillkürlich eine Blähung, so schweige er bis der Geruch verfliegt und kehre darauf zum Gebet zurück.

12) Wer während des Gebets Blähungen hat und sich nicht halten, gehen vier Ellen nach hinten, entlasse die Blähung, verharre bis der Geruch verflogen und sage darauf: Herr der Welt, du hast uns mit Öffnungen und Höhlungen erschaffen. Bekannt und offenbart vor dir ist unsere Scham, die Schande, wenn wir leben und das Gewürm, wenn wir sterben.

13) Wem beim Gebete Urin seine Beine entlang tropft, warte bis das Wasser anhält und kehre zum Ort, wo er unterbrochen. Wartet er so lange es Dauert das Gebet zu vollenden, muss er von Anfang beginnen.

14) Wer vor dem Gebet Wasser lässt, warte so lange es dauert vier Ellen zu gehen und bete dann. Und wer betet (und sein Gebet beendet), warte so lange es dauert vier Ellen zu gehen und lasse dann Wasser, damit die Worte des Gebetes aus seinem Mund weichen.

15) In Betreff der Inbrunst des Herzens ist Folgendes bestimmt. Jedes Gebet, welches ohne Andacht stattfindet, ist nicht als Gebet zu betrachten. Hat Jemand sein Gebet ohne Andacht verrichtet, so muss er dasselbe nochmals andächtig wiederholen. Findet Jemand, dass seine Gedanken verwirrt und sein Herz abgewendet ist, so ist es ihm verboten zu beten, bis sein Geist sich beruhigt. Daher darf Jemand, der von der Reise kommt und müde oder leidend ist, nicht früher beten, als bis er sich beruhigt hat. Die Weisen sagten, man möge drei Tage anhalten, bis man völlig gerastet und seinen Geist beruhigt habe und dann erst beten.

16) Unter Andacht versteht man, dass der Betende alle fremden Gedanken aus seinem Herzen verbanne und sich als vor der Gottheit stehend, betrachte. Daher ist es nötig, vor dem Anfang des Gebetes kurze Zeit niederzusitzen und das Herz für die Andacht zu stimmen, dann aber sanft und mit stehendem Tone, das Gebet zu sprechen. Keineswegs aber soll man das Gebet als eine Last betrachten, die man je eher desto lieber abschüttelt, — weshalb es auch nötig ist, auch nach dem Gebete etwas niederzusitzen und dann erst sich zu entfernen. Die Frommen früherer Zeiten pflegten eine Stunde vor dem Gebete und eine Stunde nach dem Gebete zu verweilen, auch eine Stunde mit dem Gebete selbst zuzubringen.

17) Ein Betrunkener darf nicht beten, weil bei ihm keine Andacht stattfinden kann. Tut er es dennoch, so ist sein Gebet verabscheuungswürdig und er hat es deshalb zu wiederholen, sobald er wieder nüchtern geworden. Wer bloß einen kleinen Rausch hat, darf zwar eigentlich auch nicht beten, tat er es indes, so wird sein Gebet als solches betrachtet. Wen bezeichnet man als einen Betrunkenen? Antwort: Denjenigen, welcher nicht im Stande sein würde, vor einem König zu sprechen, während Derjenige, welcher nur einen kleinen Rausch hat, dies wohl noch ohne Fehler bewirken könnte. Im Allgemeinen jedoch darf Niemand beten, der ein Viertel-Maaß Wein getrunken, bevor nicht sein Rausch vorüber ist.

18) Eben so wenig ist es gestattet, das Gebet beginnen: mitten im Gelächter, bei leichtsinnigen Handlungen, unter frivolen Gesprächen, unter Zanken oder bei Verdruss, sondern bloß bei Worten der Tora. Selbst bei gerichtlichen Verhandlungen, wiewohl dieselben als zur Tora gehörig angesehen werden, ist es verboten, das Gebet zu beginnen, da die Gedanken des Betenden, in solchem Falle, zu sehr mit der Streitfrage beschäftigt sind. Es ist deshalb nur bei solchen Worten der Tora gestattet, das Gebet zu begingen, welche kein besonderes Nachdenken erfordern.

19) Die bloß für gewisse Tage im bestimmten Gebete, z. B. das Mussaf am Neumondstage und die Feiertagsgebete muss man zuvor durchgehen und dann erst verrichten, damit man während derselben sich nicht zu unterbrechen brauche.

Befindet sich Jemand an einem Orte, wo seine Sicherheit gefährdet ist, z. B. wo wilde Tiere oder Räuber sich aufhalten und die Zeit des Gebetes nahet heran, so spreche er bloß eine Segensformel, nämlich: »Der Bedürfnisse Deines Volkes Israel sind viele, sein Verstand aber ist zu ohnmächtig: daher möge es Dein Wille sein, o Ewiger, unser Gott, einem Jeden unter uns zu seiner Nahrung zu verhelfen und jedem Körper das ihm Fehlende zu geben. Es geschehe, was Dir wohlgefällig ist. Gelobt seist Du, Ewiger, der Du das Gebet erhörest!« Diese Segensformel kann man auch unterwegs gehend sprechen. Gestatten es die Umstände nur irgend, dabei stehen zu bleiben, so tue man es. Sobald man aber einen bewohnten (sicheren) Ort erreicht und sich wieder beruhigt hat, verrichte man das gehörige, aus neunzehn Segensformeln bestehende Gebet.

FÜNFTES KAPITEL — Die Art und Weise des Gebets

1) Wiederum acht Dinge hat der Betende besonders zu berücksichtigen und zu beobachten, deren Unterlassung jedoch, im Falle einer Entfernung, eines Zwanges oder eines Vergehens, nicht hinderlich sein würde; nämlich: die aufrechte Stellung, die Richtung des Gesichts gegen den Tempel, die Haltung des Körpers, die Anordnung der Kleider, die des Ortes, wo man betet, der Ton der Stimme, die Verbeugung und das Niederknien.

2) In Betreff der aufrechten Stellung ist Folgendes festgesetzt. Man darf eigentlich das Gebet nicht anders als stehend verrichten. Befindet man sich auf einem Schiffe oder in einem Wagen, so stehe man beim Gebet auf, sobald dies irgend möglich ist, wo nicht, so verrichte man das Gebet sitzend. Ein Kranker kann das Gebet sogar, auf einer Seite liegend, verrichten, darf aber überhaupt nur dann beten, wenn er seine Gedanken zur Andacht zu stimmen im Stande ist. Ebenso ist ein Durstiger oder Hungriger zur Kategorie der Kranken zu rechnen, so dass beide nur dann zu beten verpflichtet sind, wenn sie ihre Gedanken zur Andacht stimmen können, wo nicht, so mögen sie erst dann beten, wenn sie gegessen und getrunken haben. Ist Jemand im Reiten begriffen, so steige er beim Gebete nicht ab, wenn auch eine Person zur Hand sein sollte, welche das Tier unterdessen halten könnte; vielmehr verrichte man dann das Gebet sitzend, damit die Gedanken nicht gestört werden.

3) Das Gesetz über die Richtung gegen den Tempel befiehlt jedem, außerhalb Israels Befindlichen, sein Antlitz dorthin zu wenden, jedem Dortigen aber nach Jerusalem und wiederum jedem hier Wohnenden, nach dem Tempel, denen aber, die sich im Tempel selbst befinden, ihr Angesicht nach dem Allerheiligsten zu richten. Ein Blinder, ein der Weltgegenden Unkundiger oder ein zu Schiffe sich Befindender, erhebe sein Herz zu dem Herrn und bete.

4) Die Haltung des Körpers beim Gebete verlangt, dass man die Füße neben einander halte, die Augen Niederschlage, als blicke man zur Erde, das Herz nach oben richte, als stände man im Himmel, die rechte Hand auf die linke und auf sein Herz lege und wie ein Knecht vor seinem Herrn, voll Furcht, Achtung und Angst dastehe, nicht aber mit in die Seite eingestemmten Händen.

5) Unter Ordnung der Kleider versteht man ihre Reinlichkeit und Gefälligkeit, denn es heißt: »Beuget euch vor Gott in der Schönheit des Heiligtums«. Während des Gebetes halte man keine Last, bete nicht mit entblößtem Haupte oder barfuß und zwar aller Orten, wo es Sitte ist, vor vornehmen Leuten nicht anders als in Schuhen zu stehen. Niemals aber halte man beim Beten weder Tefillin noch Gesetzrollen in der Hand, weil die dabei erforderliche Behutsamkeit die Andacht stört, noch Gefäße oder Gold; wohl aber ist es erlaubt, beim Laubhüttenfeste den Palmenzweig in der
Hand zu halten, da diese Tagespflicht ist. Die Last auf dem Haupte, welche weniger als 4 Maaß enthält, lasse man nach hinten herabfallen, die mehr, lege man zur Erde und bete dann. Sitte der Gelehrten und ihrer Schüler ist es, im Tallit gehüllt zu beten.

6) Der Ort beim Beten sei eine Vertiefung und so, dass das Gesicht zur Wand gekehrt sei wie auch bei geöffnetem Fenster oder geöffneter Tür, die im Hause gen Jerusalem liegen; denn es heißt (Daniel 6,1): »Und die Fenster waren gen Jerusalem hin geöffnet«. Man bestimme ferner immer einen Ort zum Gebete und halte dies weder in einer Ruine, noch hinter einer Synagoge, es sei denn, dass man in letzterem Falle das Gesicht nach derselben wende. Neben einem im Gebete Stehenden zu sitzen, ist ebenso wenig erlaubt, als bei ihm vorbeizugehen, es sei denn in einer Entfernung von vier Ellen.

7) Beim Gebete stehe man weder auf einer drei noch mehre Fuß hohen Erhöhung, Balken, Brett oder Stuhl. Ein hohes Gebäude von 4 Quadratellen im Umfang, — das bestimmendes Maaß eines Hauses ist — darf als ein oberer Stock angesehen und zum Gebete benutzt werden; ebenso wenn es mit einer Umzäunung versehen ist, auch ohne 4 Quadratellen Umfang zu haben: weil dann die Abschüssigkeit nicht zu merken ist und die Erhöhung einen eigenen Bereich bildet.

8) Arbeiter, die sich auf der Spitze eines gewöhnlichen Baumes oder hoch an einer Wand zur Zeit des Gebetes befinden, sollen hinabsteigen, um zu beten und zur Arbeit zurückkehren; ausgenommen ist der Oliven- und Feigenbaum, auf welchen, wegen des mühsamen Herab- und Hinaufsteigens, das Gebet erlaubt ist. Arbeiten sie bloß für Kost, so beten sie dreimal täglich, jedes Mal das volle Gebet von neunzehn Segenssprüchen; arbeiten sie aber um Lohn, so sprechen sie bloß das kurze Gebet »Hawinenu«. In beiden Fällen aber kommt es ihnen nicht zu, als Vorbeter aufzutreten oder den priesterlichen Segen mit der Hand zu erteilen.

9) Die Tonhaltung in der Stimme verlangt, dass man weder schreie im Gebete, noch, dass man bloß im Herzen bete; man spreche vielmehr die Worte zwar aus, aber leise, damit der Betende sie selbst höre, keineswegs aber so laut, dass auch Andere seine Stimme hören. Dem Kranken oder dem, der nicht anders andächtig sein kann, ist zwar lautes Beten erlaubt, jedoch nicht in der Gemeindeversammlung, damit er die Anderen nicht störe.

10) Das Verbeugen כְּרִיעָה und betreffend muss der Betende in jedem Gebet fünf sich verbeugen; nämlich: bei Anfang und Ende des ersten Segenspruches und des Huldigungssegensspruches הוֹדָיָה, wie auch beim Schlusse des Gebets, indem man drei Schritte rückwärtsgeht, den Friedensgruß zuerst links und dann rechts gibt, zuletzt aber das Haupt mit einer Verbeugung erhebt. Die ersten vier Verbeugungen geschehen immer bei dem Worte »gelobt בָרוּךְ«, das Erheben des Hauptes beim Worte »Gott«.

Dies gilt für gewöhnliche Personen. Der Hohepriester verbeugt sich am Anfang und Ende jedes Segenspruches. Der König bleibt vom ersten Segensspruche an gebeugt, bis zum Ende seines Gebetes.

11) Weshalb gibt man den Friedensgruß zuerst zur linken? Weil diese des gegenüberstehenden Rechte ist. Stände man nun vor dem König, so müsste man die Abschiedsverbeugung zuerst zur Rechten und dann zur Linken des Königs machen; die Verordnung der Weisen aber lautet dahin, sich beim Gebete, wie beim Könige zu benehmen.

12) Bei jeder Verbeugung sollen alle Wirbel des Rückgrats hervorragen und dabei muss der Körper einen Bogen darstellen. Beugt man sich wenig, wenn dieses mit Anstrengung verbunden ist, so dass der Betende dem sich ganz Bückenden gleich zu achten wäre, so ist auch dies hinreichend.

13) Das Knien הִשְׁתַּחֲוָיָה wird wie folgt vollzogen: Nach dem Aufheben des Kopfes, bei der fünften Verbeugung, setzt man sich hin und fällt mit dem Gesichte zur Erde, worauf die beliebigen Bitten verrichtet werden.

Überall wo von Verbeugung כְּרִיעָה die Rede ist, versteht man darunter ein Beugen auf die Unterschenkel (man sitzt auf den Unterschenkeln und die Knie berühren den Boden), wo von Bücken קִדָּה — Hinneigen des Gesichts zur Erde (man kniet nieder und berührt mit dem Gesicht die Erde), unter Niederknien הִשְׁתַּחֲוָיָה aber—das Ausbreiten der Hände und Füße in der Art, dass man mit dem ganzen Gesichte die Erde berührt.

14) Hinsichtlich des Niederkniens נְפִילַת פָּנִים, nach dem Gebete, begnügen sich einige mit einem bloßen Bücken קִדָּה, andere hingegen knien völlig nieder הִשְׁתַּחֲוָיָה. Dies auf Steinen, außerhalb des Tempels, zu tun—ist verboten, wie wir in der Abhandlung über den Götzendienst bereits erklärt (6:6-7). Ein angesehener Mann darf nur dann aufs Gesicht fallen, wenn er sich bewusst ist, so fromm wie Joschua zu sein; sonst beuge er nur ein wenig sein Gesicht und berühre nicht damit die Erde. Es steht frei, an einem Orte zu beten und am andern aufs Gesicht zu fallen.

15) Allgemeine Sitte ist es unter den Israeliten, dass man weder am Schabbat, noch an Feiertagen, noch an dem Neujahrs- oder, Neumondstagen, noch an Chanukka, Purimfeste, wie auch nicht am Minchagebet zum Vorabend des Schabbats und der Feiertage, noch in den Abendgebeten überhaupt— auch nicht an gewöhnlichen Tagen—auf das Gesicht falle. Doch gibt es manche, die beim Abendgebete wohl aufs Gesicht fallen. Bloß am Versöhnungstage allein tue es ein jeder und zwar bei jedem einzelnen Gebete, weil dieser ein Tag des Flehens, Betens und Fastens ist.

SECHSTES KAPITEL — Versäumnis des Gebets

1) Es ist dem Israeliten verboten, hinter der Synagoge, während die Gemeinde ihr Gebet verrichtet, wegzugehen, den Fall etwa ausgenommen, da er eine Last trägt oder wenn die Synagoge von zwei Seiten Türen hat: weil man dann glauben könnte, dass der Vorübergehende nicht weggeht, sondern von einer anderen Seite in die Synagoge zu treten wünscht. Ebenso verhält es sich, wenn in der Stadt zwei Synagogen vorhanden sind: weil man dann glauben könnte, dass der an der einen Vorübergehende—sich nach der anderen Synagoge begeben wolle, die er gewöhnlich zu besuchen pflege. Ebenso darf derjenige, welcher die Tefillin angelegt hat, an einer Synagoge vorübergehen, wenn auch jene Ausnahm-Bedingungen da nicht stattfinden: weil die Tefillin selbst gleichsam Zeugnis ablegt, dass man eher einer guten Tat nachgehe, als sich des Gebets entschlagen wolle.

2) Wer das Gebet mit der Gemeinde verrichtet, dehne dasselbe nicht zu weit aus: was ihm aber freisteht, wenn er allein betet. Nach dem Gebet aber bleibt es einem Jeden überlassen, sogar ein Sündenbekenntnis וִדּוּי , wie am Versöhnungstage, im Stillen abzuhalten. Ebenso darf man zu jedem der mittleren Segenssprüche Worte von entsprechendem Inhalte hinzufügen.

3) Dies kann man in folgender Weise bewirken. Wem Jemand erkrankte, der kann bei Gelegenheit des Segenspruchs für Kranken-Herstellung בִרְכַּת חוֹלִים, je nach seiner Fähigkeit, um Erbarmen für jenen Kranken flehen. Wem es an Nahrungsmitteln fehlt, der kann seine Bitten und Wünsche der Segens-Formel über die jährliche Ernte בִרְכַּת הַשָּׁנִים hinzufügen und so fort bei jedem von den mittleren Segenssprüchen. Überdies kann man bei dem Segensspruche: »Der Du das Gebet erhörest שׁוֹמֵעַ תְּפִלָּה« um Gewährung sämtlicher Bedürfnisse bitten. Keineswegs aber ist es gestattet, dies bei den drei ersten oder bei den drei letzten Segensformeln zu tun.

4) Es ist dem Israeliten verboten nach Sonnenaufgang irgend Etwas zu genießen oder eine Arbeit zu unternehmen, bevor er das Morgengebet verrichtet. Ebenso wenig ist es ihm alsdann gestattet zu seinem Genossen sich zu begeben, um denselben zu begrüßen, bevor er sein Morgengebet verrichtet. Auch soll man keine Reise antreten ohne vorher gebetet zu haben. Wohl aber steht es jedem frei, vor dem Mussaf wie auch vor dem Mincha-Gebet Etwas zu genießen oder eine Arbeit zu unternehmen; jedoch ist es untersagt, sich kurz vor dem Mincha-Gebet zu einer vollen Mahlzeit niederzusetzen.
5) Sobald die Zeit des großen Mincha-Gebetes eintritt, begebe man sich nicht ins Bad, selbst wenn es nur geschehe, um sich in Schweiß zu bringen, ohne vorher gebetet zu haben: denn man könnte in Ohnmacht fallen und auf diese Weise das Gebet vernachlässigen. Ferner darf man sich nicht zum Essen niedersetzen, wäre es auch nur ein bloßer Zubiss, weil man dadurch zu sehr abgelenkt werden könnte; ebenso ist es untersagt, um diese Zeit gerichtliche Verhandlungen vorzunehmen, selbst wenn der Urteilsspruch schon nahe bevorstehen sollte בִּגְמַר דִּין: weil das Urtheil möglicher Weise noch umgestoßen, die Angelegenheit sonach verzögert und das Gebet auf diese Weise vernachlässigt werden könnte. Ebenso setze man sich um diese Zeit bei einem Frisör nicht nieder, ohne vorher gebetet zu haben, selbst dann nicht, wenn man sich nur einfach das Haar abscheren lassen wollte: weil zu besorgen steht, dass die Schere zerbrechen könnte (und es lange dauern würde sie zu reparieren). Ferner gehe man kurz vor dem Minchagebet nicht in seine Gerberei, ohne vorher gebetet zu haben, weil zu besorgen steht, dass man einen Fehler an der Arbeit bemerken, sich damit beschäftigen und so vom Gebet abgehalten werden könnte. Hatte man aber bereits eins von diesen Geschäften angefangen, so unterbreche man sich nicht, sondern beschließe dasselbe und verrichte dann das Gebet.

6) Was wird nun als Anfang der Beschäftigung betrachtet? Antwort: Beim Frisör, das Umlegen des Frisörumhangs; beim Baden, das Ablegen des zunächst auf dem Körper befindlichen Kleides; beim Gerben, das Umbinden des Schurzes, wie es bei den Handwerkern üblich ist; als Anfang des Essens aber — gilt bei den Bewohnern des Landes Israel das Waschen der Hände und, bei den Babyloniern — Ablegen des Gürtels; endlich aber als Anfang einer Gerichtsverhandlung — die Umhüllung der Richter mit dem Tallit und ihr Niedersitzen. Hatten die Richter sich lange vorher niedergesetzt, so gilt als Anfang das Vorbringen der Klage von Seiten einer der streitenden Parteien.

7) Obgleich das Abendgebet ein freiwilliges ist, spreche doch Niemand, der von seinem Geschäfte nach Hause zurückkehrt: ich werde zuerst Etwas essen, ein wenig schlafen und dann beten; denn der Schlaf könnte ihn überwältigen, so dass ihm die ganze Nacht darüber verginge. Daher hat man vorher vielmehr das Abendgebet zu verrichten und soll dann erst essen, trinken oder schlafen. Vor dem Morgengebet aber es ist erlaubt sich scheren zu lassen und in das Bad zu gehen: denn die Weisen haben dieses Verbot nur mit Bezugnahme auf die Zeit vor dem Mincha Gebet ergehen lassen, weil zu dieser Zeit die meisten Menschen dorthin sich zu begeben pflegen. Am Morgen aber ist dies etwas ganz Ungewöhnliches, weshalb auch in dieser Beziehung keine Bestimmung getroffen wurde.

8) Wer mit dem Studium des Gesetzes beschäftigt ist, während die Zeit des Gebets herannaht, unterbreche sein Studium und bete. War aber das Studium seine einzige Beschäftigung, so dass er mehr keine andere Arbeit, als das Studium der Tora kennt und hatte er sich zur Zeit des Gebetes gerade ins Studium der Tora vertieft: so unterbreche er sie nicht, — indem das Studium der Tora viel wichtiger ist, als das Gebot zu beten. Derjenige, welcher sich mit Gemeindeangelegenheiten beschäftigt, wird demjenigen gleichgeachtet, welcher sich mit dem Studium der Tora beschäftigt.

9) Der Betende unterbreche sein Gebot nur im Falle einer Lebensgefahr. Sogar wenn der König von Israel ihn begrüßt, antworte er nicht. Aber er antworte einem nichtjüdischen König, denn vielleicht könnte ihn dieser töten. Wer während des Gebets einen nichtjüdischen König oder einen gewalttätigen Menschen auf sich zukommen sieht, verkürze sein Gebet. Wenn man sein Gebet nicht verkürzen kann, dann breche man das Gebet ab. Sah Jemand Schlangen oder Skorpionen auf ihn zukommen, so kommt es darauf an, ob ihr Biss im Lande tödlich zu wirken pflegt, in welchem Falle er das Gebet abbreche und hinwegeile. Sind sie aber dort nicht bösartig, so unterbreche man das Gebet nicht.

10) Frauen, Knechte und Minderjährige sind zum Gebet verpflichtet, wer aber den Abschnitt »Höre Israel« nicht zu lesen nötig hat, ist auch vom Gebet überhaupt befreit. Auch sind Diejenigen, welche einen Toten begleiten, selbst wenn man ihrer zur Bestattung nicht bedarf, frei vom Gebet.

SIEBENTES KAPITEL — Die Ordnung des Segensprüche und Gebete für den Einzelnen

1) Als die Weisen diese Gebete anordneten, führten sie zugleich auch noch andere Segenssprüche ein, welche jeden Tag gesprochen werden müssen. Wenn man sich nämlich abends zu Bett begibt, sage man: »Gelobt seist Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der Du Fesseln des Schlafes meinen Augen anlegst und sanften Schlummer auf meine Blicke niedersendest, zugleich aber auch das innere Auge erleuchtest. Es sei einst Wille vor Deinem Angesichte, o Ewiger, mein Gott, dass Du mich vor bösen Gedanken, wie auch vor bösen Zufällen errettest. Möchten mich weder böse Träume noch böse Gedanken erschrecken, möchte mein Ruhebett vor Dir unversehrt bleiben, erhebe mich wieder zum Leben und zum Frieden und erleuchte meine Augen, damit ich nicht den Todesschlaf schlafe. Gelobt seist Du, Ewiger, der Du das ganze Weltall mit Deiner Ehre erleuchtest.«

2) Darauf lese man den ersten Teil des Abschnitts »Höre Israel« und überlasse sich dann dem Schlafe. Überwältigt Jemand der Schlaf zu sehr, so lese er wenigstens den ersten Vers hiervon oder ein paar andere Verse des göttlichen Erbarmens und schlafe alsdann ein.

3) Beim Erwachen vom Schlafe spreche man, noch im Bette liegend, folgenden Segen: »mein Gott, die Seele, welche Du mir eingepflanzt, ist rein; Du hast sie erschaffen, gebildet und mir eingehaucht; Du erhältst sie in mir, Du wirst sie einst von mir nehmen, aber auch in späterer Zukunft mir wiedergeben. So lange jedoch die Seele in mir ist, bringe ich Dir meinen Dank dar, Ewiger, mein Gott, Herr alles Erschaffenen. Gelobt seist Du, Ewiger, der Du die Seelen den toten Körpern wiedergibst.«

4) Sobald man den Hahn krähen hört, spricht man folgenden Segensspruch:
»Gelobt seist Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der Du dem Hahn das Vermögen gegeben, zu unterscheiden zwischen Tag und Nacht.«
Beim Ankleiden bete man folgenden Segensspruch:
»Gelobt seist Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der Du die Nackten kleidest!«
Beim Anlegen der Kopfbedeckung spricht man:
»Gelobt seist Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der Israel mit Herrlichkeit krönt.«
Wenn man mit der Hand über die Augen fährt — sage man:
»Der Du die Blinden sehend machst.«
Setzt man sich aufs Bett, so spricht man:
»Der Du die Gefangenen befreiest.«
Wenn man sich mit den Füßen, aus dem Bett aussteigend, auf die Erde stellt:
»Der Du die Erde über dem Wasser ausgedehnt hast.«
Wenn man steht:
»Der die Gebückten aufrichtet.«
Beim Händewaschen:
»Der uns geheiligt durch seine Gebote und uns befohlen die Hände zu waschen.«
Beim Waschen des Gesichts:
»Gelobt seist Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der Du die Binde des Schlafes mir von den Augen genommen und die des Schlummers von meinen Blicken; es sei Dein Wille, Ewiger, mein Gott und meiner Väter Gott, mich an Mizwot und nicht an Sünden zu gewöhnen; und lasse über mir den guten aber keinen bösen Trieb walten; stärke mich vielmehr in Deinen Geboten und lasse mich Anteil nehmen an Deiner Tora; lasse mich Gunst, Gnade und Barmherzigkeit finden vor Deinen Augen, wie auch vor den Augen Aller, die mich sehen und schenke mir stets Deine Gnade. Gelobt seist Du, Ewiger, der Du Gnade übest!«
5) Bevor man die Toilette betritt sage man jedes Mal:
»Ihr geehrten, Heilige Diener des Allerhöchsten. Bewachet mich, bewachet mich bis ich hineingegangen und herausgekommen bin, denn dies ist die Art der Menschen.«
Nach der körperlichen Reinigung spricht man:
»Gelobt seist Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der Du den Menschen in Weisheit erschaffen und in ihm Öffnungen und Höhlungen geschaffen hast, offene und geschlossene. Wenn eine von diesen sich öffnen oder eine von jenen sich schließen würde, der Mensch sich sodann unmöglich erhalten könnte, sogar keine Stunde. Gepriesen seist Du, Ewiger, Heiler alles Fleisches und Wundertäter«

6) Beim Umlegen des Gurtes spricht man den Segensspruch:
»Der Du Israel mit Stärke umgürtest.«
Beim Anziehen der Schuhe:
»Der Du mich mit allen Bedürfnissen versorgest.«
Macht man sich auf dem Weg, so spricht man:
»Der Du die Schritte des Menschen lenkst.«
Und täglich spricht man die Segenssprüche:
»Gelobt seist Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, dafür dass Du mich nicht als Nichtjuden geschaffen!« »Gelobt seist Du, Ewiger, unser Gott, dass Du mich nicht als Frau geschaffen! »Gelobt seist Du Ewiger unser Gott, König der Welt, dass Du mich nicht als Sklaven geschaffen!«

7) Diese 18 Segenssprüche haben keine bestimmte Ordnung, sondern sie werden je nach den Umständen und zwar nur auf bestimmte Veranlassung gesprochen, wenn man, z. B. nach dem Aufstehen den Gurt umlegt, spreche man den Segen: »Der Du Israel mit Stärke umgürtest«; hört man den Hahn krähen, so spreche man den Segen: »Der Du dem Hahn das Vermögen gegeben« usw. Ist die Veranlassung zu einem solchen Segensspruche nicht vorhanden, so wird derselbe auch nicht gesprochen.

8) Schlief man z. B. angekleidet, so spreche man nicht beim Aufstehen:
»Der Du die Nackten kleidest.«
Geht man barfuß, so spreche man nicht:
»Der Du mich mit allen Bedürfnissen versorgest.«
Am Versöhnungstage, am neunten des Monats Aw, wo das Waschen nicht stattfindet, spreche man ebenso wenig den Segensspruch vom Waschen der Hände, wie auch nicht:
»Der Du die Binde des Schlafes von meinen Augen genommen.«
Hat man seine Notdurft noch nicht verrichtet, so spreche man nicht den Segen:
»Der Da den Menschen in Weisheit erschufst« usw. Und ebenso verhält sich’s mit allen diesen Segenssprüchen.

9) Es ist zwar in den meisten israelitischen Städten Sitte, diese Segenssprüche hinter einander in der Synagoge herzusagen, ohne alle Rücksicht darauf, ob eine Verpflichtung dazu vorhanden sei oder nicht; aber dies geschieht nur in Folge eines Irrtums und man tut nicht wohl daran, es nachzuahmen, vielmehr spreche man nur dann einen Segen, wenn die Verpflichtung dazu eintritt.

10) Steht Jemand früh auf, um die Tora zu lesen, bevor er das: »Höre Israel« gesprochen, so soll er, gleichviel ob es die geschriebene oder mündliche war, zuerst die Hände waschen, drei Segenssprüche sprechen und dann erst lesen, nämlich, erstens: »Der uns geheiligt durch seine Gebote und uns befohlen, die Tora zu studieren, mache, o Ewiger, unser Gott, die Worte Deiner Lehre angenehm in unserem Munde, wie auch im Munde Deines ganzen Volkes Israel. Mögen wir, unsere Kinder und die Nachkommen Deines ganzen Volkes, stets Deinen Namen kennen und Deine Tora studieren, um ihrer selbst willen. Gelobt seist Du, Ewiger, der Du die Tora gibst«; »Gelobt seist Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der uns aus allen Völkern erkoren und uns seine Lehre gegeben. Gelobt seist Du, Ewiger, der Du die Tora gibst«.

11) Jeder ist verpflichtet täglich diese drei Segenssprüche zu beten und dann etwas aus der Tora zu lesen; bereits ist es allgemein angenommen, die Segenssprüche der Priester zu lesen; an manchen Orten liest man den Abschnitt:
»Gebiete den Kindern Israel«, usw. (Paraschat Tamid)
Noch an andern Orten liest man Beides zusammen, aber auch Abschnitte und Abhandlungen aus der Mischna und aus den Beraitot.

12) Denen spenden die Weisen besonders Lob, die jeden Tag die Psalmen, vom: »Das Lob Davids« an, bis zum Schluss der Psalmen lesen. Es ist aber schon längst allgemeine Sitte, vor und nach diesen Psalmen noch andere Verse zu lesen, voran aber eine Segensformel zu schicken, welche mit den Worten: »Gesegnet sei, Der da sprach בָּרוּךְ שֶׁאָמַר« anfängt und ebenso auch am Schluss eine andere Segensformel folgen zu lassen, welche mit den Worten: »Es werde gelobt יִשְׁתַּבַּח« anfängt. Erst alsdann spricht man den Segen über die Lesung des »Höre Israel«.

13) Es gibt Städte, wo es gebräuchlich ist, jeden Tag nach der Segensformel: »Es werde gelobt«, das Lied vom roten Meere שִׁירַת הַיָּם zu rezitieren und erst alsdann den Segen über das »Höre Israel« zu sprechen. An andern Orten wiederum ist es Sitte, das Lied: »Vernehmet ihr Himmel שִׁירַת הַאֲזִינוּ« zu lesen. Wiederum gibt es einzelne Personen, welche beide obengenannte Lieder zugleich rezitieren. Alles kommt hierbei nur auf den Gebrauch an.

14) Jeder Israelit ist verpflichtet, je hundert Segenssprüche innerhalb vierundzwanzig Stunden zu sprechen, nämlich: die 23 in diesem Kapitel aufgeführten (18 beim Aufwachen, 3 auf die Tora, 2 auf Psalmen), dann die der Lesung des »Höre Israel« vorangehenden und nachfolgenden, welche, die vom Abend und die vom Morgen zusammengenommen, 7 ausmachen.
Beim Umhüllen mit dem Tallit spricht man den Segen: »Gelobt seist Du, Ewiger, unser Gott, König, der Welt, Der uns geheiligt durch Seine Gebote und uns befohlen Zizit umzulegen«.
Beim Anlegen der Tefillin spricht man: »Gelobt seist Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, Der uns geheiligt durch Seine Gebote und uns befohlen Tefillin anzulegen«.
Dann folgen die drei täglichen Gebete, von welchen jedes 18 Segensformeln enthält; also, die seither genannten zusammengenommen, 86 an der Zahl. Zu diesen kommen nun noch diejenigen, welche bei zwei täglichen Mahlzeiten gesprochen werden hinzu und zwar 7 Sprüche bei jeder Mahlzeit, zusammen also 14, nämlich: ein Segensspruch beim Waschen der Hände, einer vor dem Essen, drei nach dem Essen und zwei über das Wasser, vor und nach dem Trinken, folglich sind es 7 Segensprüche.

15) Zu unserer Zeit, wo auch die Segensformel wegen der Häretiker בִּרְכַּת הַמִּינִים ins Gebet aufgenommen worden und auch noch im Segen über die Mahlzeit die vierte Formel »der Gute und Wohltuende« vorkommt, haben wir fünf Segensprüche mehr. An Schabbaten und Feiertagen, an welchen nur Gebete von 7 Segensprüchen verrichtet werden oder auch an Wochentagen, die aber keine Gelegenheit darbieten, um Jemand zu den oben aufgezählten dreiundzwanzig Segenssprüchen zu verpflichten, z. B. wenn man eine Nacht nicht schläft oder den Gurt nicht losbindet u. dgl., muss man die Zahl der Hundert bei dem Genuss der Früchte ergänzen.

16) Dies kann geschehen, indem man Gemüse genießt, wo man das ganze Quantum in mehrere Teile teilt, um sie in kleinen Zwischenräumen zu genießen und auf diese Weise die Segenssprüche vor und nach dem Genuss wiederholen zu können, bis die Zahl von hundert voll ist.

17) Die Ordnung der Gebete ist folgende: Des Morgens erhebe sich der Mensch frühzeitig (vor Sonnenaufgang) und spreche die oben angeführten Segensformeln, reitre dann die oben bezeichneten Psalmen, nebst den sie begleitenden zwei Segenssprüchen, halte hierauf die Lesung des »Höre Israel« nebst den dazu gehörigen Segnungen, überspringe aber dabei die Heiligung קְּדֻשָּׁה der ersten Segnung vor dem »Höre Israel«, indem ein einzelner die Heiligung nicht sprechen darf. Indem man nun auf diese Weise mit: »Der Israel erlöst גָּאַל יִשְׂרָאֵל« diese Lesung beschließt, erhebe man sich alsbald, um das Gebet unmittelbar auf die Erlösung folgen zu lassen, weil dasselbe doch nur stehend verrichtet werden darf, wie oben erklärt worden. Nach Beendigung des Gebetes setze man sich, falle aufs Angesicht, bitte zu Gott, was Alles noch immer sitzend geschieht, erhebe dann das Haupt wieder bei fortgesetzten Bitten und lese den Psalm: »Lob Davids תְּהִלָּה לְדָוִד«, spreche dann je nach Vermögen flehende Worte und gehe seinen Geschäften nach.

18) Beim Minchagebet beginne man sitzend mit dem Psalm; »Lob Davids«, dann stehe man auf, um das eigentliche Minchagebet zu verrichten, nach dessen Beendigung man wieder aufs Angesicht fällt, Bitten an Gott richtet, das Haupt erhebt, unter fortgesetztem Flehen, je nach Kräften. Darauf kehre man zu seinen Geschäften zurück.

Beim Abendgebete fange man mit der Lesung des »Höre Israel« an und zwar mit Hinzufügung der vorangehenden und nachfolgenden Segenssprüche, lasse das Gebet wieder unmittelbar auf die Erlösung folgen, verrichte dasselbe stehend, setze sich aber nach dessen Beendigung ein wenig nieder und gehe erst alsdann hinweg. Wer nach dem Abendgebete flehende Worte spricht, ist besonders zu loben. Obgleich man nach den Worten: »Der Israel erlöset« noch die Segensformel: »Lasse uns ruhen« spricht, so ist dies nicht als eine Unterbrechung zwischen der Erlösung und dem Gebete zu betrachten, da beide bloß als eine einzige lange Segnung gelten.

ACHTES KAPITEL — Das Gemeinde-Gebet

1) Das Gebet einer ganzen Gemeinde wird immer vom Schöpfer erhört; der Heilige, gelobt sei Er, verachtet das Gebet der Menge nicht, wenn auch in derselben viele Sünder sind; daher ist es gut, wenn ein Jeder sich der Gemeinde anschlösse, auf dass er nicht allein das Gebet verrichte, sondern, wenn es ihm nur möglich ist, mit der Gemeinde. Stets aber gehe jeder Jude morgens und abends in die Synagoge, denn das Gebet wird bloß in der Synagoge zu jeder Zeit erhört. Derjenige, welcher an seinem Orte eine Synagoge hat, aber dennoch nicht mit der Gemeinde sein Gebet verrichtet, heißt ein schlechter Nachbar.

2) Es ist die Pflicht eines jeden Juden in die Synagoge eilend zu gehen, denn es heißt: (Hos. 6:3) «Wir wollen uns beeilen, den Ewigen zu erkennen«. Beim Weggehen hingegen aus der Synagoge mache man keine beflügelten Schritte, sondern man gehe langsam aus derselben. Wenn man in die Synagoge gekommen, schreite man in derselben so weit vor, als das Interwall zweier gegenüberstehenden Türen einnimmt und bete alsdann, da man die Vorschrift zu erfüllen hat: »Zu hüten die Pfosten meiner Türen.« (Mischlei 8:34)

3) Das Beth-Hamidrasch steht in geheiligter Beziehung der Synagoge voran; die großen Gelehrten pflegten nur an dem Orte, wo sie sich mit der Tora beschäftigen, zu beten, obgleich an ihrem Wohnorte mehrere Synagogen waren. Jedoch hat jenes nur dann den Vorzug, wenn man in demselben das Gebet mit der Gemeinde zusammen verrichten kann.

4) Das Gebet der Gemeinde wird auf folgende Weise abgehalten: Eine Person betet laut und die andern müssen stillschweigend zuhören; dies geschieht aber nicht anders, als vor einer Versammlung von nicht weniger als zehn erwachsenen freien Männern, unter welchen der Vorbeter als Mitglied zu betrachten ist. Wenn einige von den Zehnen ihr Gebet schon vorhin verrichtet, sich also ihrer Pflicht entledigt haben, können sie doch als Ergänzung zu der gesetzlichen Zahl der zehn mitgerechnet werden; jedoch nur in dem Falle, wenn die Meisten der zehn noch nicht gebetet haben (also 6 von 10) Man darf auch weder die Heiligungקְּדֻשָּׁה sprechen, noch zur Tora-Lesung, bei Segenssprüchen vor und nach derselben, schreiten, wenn die Versammlung nicht aus zehn Individuen besteht; die Zahl muss ebenfalls bei der Lesung der Haftara aus den Propheten beobachtet werden.

5) Ebenso darf man nur vor einer Gemeinde von wenigstens zehn Personen den Segensspruch: »Höre Israel« öffentlich hersagen, so dass ihn Alle hören und dann mit Amen einfallen können; diese Vortragart eben heißt: die Anstimmung des »Höre Israel פּוֹרֵס עַל שְׁמַע«. Auch darf nicht die Weihung קַדִּישׁ vor weniger als zehn Personen gesprochen werden; ganz so haben die Kohanim, bei der Erteilung ihres Segens mit der Hand, auf die gesetzliche Anzahl der Gebetgemeinde zu sehen; sie selbst können auch mit in dieser Zahl begriffen sein, denn jede Versammlung von zehn Israeliten wird schon Gemeinde genannt, wie es heißt (Num. 14:27): »Wie lange wird noch die so böse Gemeinde« usw.; wo doch nur von zehn die Rede war, indem Josua und Kaleb von diesen ausgenommen waren.

6) Auch jede andere öffentliche Heiligung darf nur vor einer solchen vollzähligen Israeliten-Gemeinde vollzogen werden, denn es heißt (Lev. 22:32). »Und ich werde geheiligt werden inmitten der Kinder Israel«. Sämtliche oben angeführte, heilige Handlungen dürfen, wenn einmal bei einer Versammlung von zehn männlichen Individuen vorgenommen, von dem Rest vollendet werden, im Fall während der Verrichtung sich einige entfernt haben. — Diese Entfernung ist jedoch gegen das Gesetz.

7) Sämtliche Mitglieder der Betgemeinde müssen sich an einem und demselben Orte befinden, wie auch der Gemeinde-Vorbeter bei ihnen sein muss. Ist ein kleiner Hof von einer Seite nach einem größeren ganz geöffnet und befinden sich im größeren neun Mitglieder, im kleineren aber bloß einer, so können sie beiderseits zu einander gezogen werden; waren aber neun Männer im kleinen Hofe und Einer im größeren, so dürfen sie nicht zur Vollzahl zusammengerechnet werden. Befand sich die Gemeinde im größeren und der Vorbeter im kleinem Hofe, so ist die Handlung gesetzlich; war die Gemeinde im kleineren und der Vorbeter im größeren, so haben sie sich ihrer Pflicht nicht entledigt; denn der Vorbeter wird als durch den Raum von ihnen abgeschieden und folglich nicht als zu ihnen gehörig betrachtet, da der große Hof an den kleineren gränzend, nach beiden Seiten hin Verlängerungen bildet, während im erstem Falle der Kleine nicht als getrennt vom größeren, sondern nur als eine Vertiefung desselben angesehen wird.

8) Wenn der große Hof schmutzig ist, so ist es verboten auch im kleineren zu beten oder das »Höre Israel« zu lesen; ist aber bloß der kleine schmutzig, so darf man im größeren beten oder das »Höre Israel« sagen,—da dieser als getrennt vom kleineren zu betrachten ist; außer etwa — es dränge ein übler Geruch vom kleineren Hof in den größeren.

9) Der Gemeinde-Vorbeter hilft gleichsam der Menge ihrer Pflicht nachkommen, nämlich, wenn er betet und jene zuhörend mit Amen nach jedem Segensspruch einfällt, wird sie ebenfalls als mitbetend betrachtet; jedoch gilt dies nur für denjenigen, der nicht selbst zu beten versteht: wer es aber kann kommt seiner Pflicht nicht anders nach, als wenn er selbst betet.

10) Mit dem Gebete wird es jedoch nur an gewöhnlichen Tagen so strenge genommen, nicht aber am Neujahrs- und Versöhnungstage im Jubeljahre, an welchen beiden Tagen der Gemeinde-Vorbeter sowohl für die Kundigen, als der Schrift Unkundigen betet; diese Ausnahmen finden statt, weil die Segenssprüche an diesen Tagen sehr lang sind und die meisten Schriftkundigen nicht im Stande wären, ihre Gedanken, so lange als der Vorbeter, zur Andacht zu stimmen. Es steht daher an diesen beiden Tagen sogar dem Schriftkundigen völlig frei, sich auf den Vorbeter zu verlassen, da er, nach dem vorhergegangenen Satz, der Pflicht des Selbstbetens enthoben ist.

11) Man darf als Gemeinde-Vorbeter nur den, sowohl an Gelehrsamkeit, als durch Handlungen Vorzüglichsten, einsetzen. Besonders noch ist ein bejahrter Mann vorzuziehen; man muss.
sich aber bemühen als Gemeinde-Vorbeter einen Mann zu bestimmen, der eine angenehme Stimme hat und gut zu rezitieren versteht. Ein bartloser Jüngling hingegen und mag er noch so gelehrt sein trete nie als Gemeinde-Vorbeter auf, weil dieses die Ehre der Gemeinde beeinträchtigen könnte; aber man darf wohl das »Höre Israel« anstimmen, sobald man das dreizehnte Lebensjahr erreicht.

12) Ebenso wenig darf ein mit einem mangelhaften Sprachorgan Behafteter als Vorbeter fungieren, ein solcher, der etwa den Aleph wie Ain oder Ain wie Aleph ausspräche oder überhaupt die Buchstaben nicht deutlich und verständlich hervorbringen könnte. Der Lehrer darf einen seiner Schüler zum Vorbeter bestimmen; und dieser auch in seiner Gegenwart das Gebet verrichten.

Ein Blinder darf sowohl das »Höre Israel« vortragen, als auch als Gemeinde-Vorbeter eingesetzt werden. Derjenige aber, dem die Schultern entblößt sind, darf zwar das »Höre Israel« anstimmen, jedoch nicht eher als Vorbeter auftreten, als bis er dieselben bedeckt hat.

NEUNTES KAPITEL — Die Ordnung es Gemeinde-Gebets

1) Die Ordnung des Gemeinde-Gebetes ist: des Morgens sitze die ganze Gemeinde, der Vorbeter trete an die Bundeslade, so dass er sich in der Mitte der Versammlung befinde, beginne alsdann die Heiligung קַדִּישׁ zu sprechen, worauf die ganze Versammlung aus allen Kräften spricht: »Amen, der Name des Herrn sei gelobt ewig und immerdar« und am Schlusse der Heiligung spreche die ganze Versammlung abermals »Amen«. Der Vorbeter fahre fort: »Preiset Gott den Gepriesenen«, .worauf die Versammelten antworten: »Gelobt sei Gott, der ewig und immerdar gelobt wird.« Dann bete er mit lauter Stimme das »Höre Israel«, wobei nach jedem Segensspruche die Versammlung mit Amen einfällt. Wer aus der Gemeinde zu loben und mit dem Vorleser zu beten versteht, der lese bis jener den Segensspruch: »Der Israel erlöset hat« spricht.

2) Darauf erheben sich alle Anwesenden und beten leise. Der des Gebetes Unkundige bleibe schweigend stehen, bis der Vorbeter mit den Übrigen leise das Gebet geendigt. Jeder dieser Betenden gehe dann drei Schritt rückwärts und bleibe an dem Orte, wo er hingelangt, stehen.

3) Nachdem auch der Vorbeter drei Schritte rückwärtsgegangen und stehen geblieben, beginnt er von Neuem mit lauter Stimme die 18 Segenssprüche für diejenigen zu beten, die noch nicht gebetet, wobei alle Andern stehen, hören und nach jedem Segensspruche mit »Amen« antworten und zwar alle ohne Ausnahme, ganz gleich ob sie schon ihrer Pflicht nachgekommen oder nicht.

4) Im dritten Segensspruche spricht der Vorbeter die Heiligkeit קְדֻשָּׁה, bei welchen Worten jeder seine frühere Stelle einnehmen darf. Kommt der Vorbeter zu den Worten: »Wir huldigen מוֹדִים« und beugt sich, so verbeuge sich die ganze Versammlung ein wenig, wie sich ziemt und spreche: »Wir huldigen Dir, Ewiger, unser Gott und Gott jedes Geschöpfes, unser Schöpfer und Schöpfer alles Anfanges. Lob und Preis Deinem großen und heiligen Namen, dass Du uns geschaffen und erhalten. Also erhalte uns gnädig fernerhin und bringe die Verbannten nach Deinem Heiligtum, um Deine Gesetze zu ehren und Dir mit Aufrichtigkeit zu dienen und Deinen Willen mit lauterem Herzen zu erfüllen, weshalb wir Dir huldigen«. Der da wiederholt: »Wir huldigen, wir huldigen«, den bringe man zum Schweigen.

5) Hat der Vorbeter das ganze Gebet geendigt, so setze er sich, falle auf das Gesicht, neige sich ein wenig mit der ganzen Versammlung und bete auf dem Gesicht liegend mit derselben, erhebe dann das Haupt und bete sitzend ein wenig, mit lauter Stimme.

Dann stehe der Vorbeter allein auf und spreche zum zweiten Male die Heiligung, worauf die Versammlung wie früher antwortet. Darauf spricht jener stehend, während die übrigen sitzend mit ihm lesen: »Und der Barmherzige«…, dann: »Lob des David«, ferner: »Und der Erlöser wird kommen nach Zion«, »Und ich dieses«, usw. »Du bist heilig«, ferner: »Einer rief dem Andern zu: Heilig, heilig, heilig«; dann endigt der Vorbeter: »Die Heiligkeit« und die Gemeinde antwortet: »Heilig, Heilig« drei Mal. Der Vorbeter liest dann wiederum die »Heiligkeit« in aramäischer Übersetzung und spricht: »Und der Geist hat mich erhoben«, was er gleichfalls in solcher Übersetzung liest, dann endlich: »Gott wird bis in alle Ewigkeit thronen« was ebenfalls aramäisch gelesen wird, damit die Versammlung es verstehe.

6) Diese vor und nach der Heiligkeit gesprochenen Verse mit ihrer Übersetzung werden ,,Ordnung der Heiligkeit סֵדֶר הַיּוֹם« genannt. Endlich bete der Vorleser mit flehenden Worten die Verse der Erbarmung, spreche die Heiligung, worauf die ganze Versammlung wie oben antworte und auseinandergehe.

7) Wer beim Flehen spricht: »Der sich des Nestes der Vögel erbarmt, dass man nicht die Mütter nebst den Jungen nehme oder dass man nicht ein Tier mit seinem Jungen an demselben Tage schlachte, Der erbarme sich unser« und dergleichen mehr, — den bringe man zum Schweigen. Denn diese Gebote sind nur Befehle, aber keineswegs Zeichen der Barmherzigkeit, denn wären diese Gebote aus Barmherzigkeit erlassen, so würde uns das Schlachten überhaupt nicht erlaubt sein. Desgleichen gebe man Gott nicht zu viele Beiwörter, wie z. B.: Gott der Große, der Starke, der Furchtbare, der Mächtige, der Unerschütterliche, der Gewaltige, sondern nenne ihn wie Moses, — Friede sei mit ihm; denn Niemand vermag Gottes Lob zu erschöpfen.

8) Beim Minchagebet lese der Vorbeter sitzend mit der Versammlung: »Wohl denen, die in Deinem Hause wohnen«, »Lob des David« usw., stehe dann auf und spreche die Heiligung קַדִּישׁ, worauf die Übrigen sich ebenfalls erheben, wie gewöhnlich antworten und Alle zusammen leise beten. Alsdann bete der Vorbeter von Neuem mit lauter Stimme wie des Morgens, bis das Gebet beendigt, worauf alle aufs Gesicht fallen und stehen. Darauf erhebe er mit den Andern sein Haupt, stehe sitzend wie des Morgens, erhebe sich, spreche die Heiligung, worauf die Versammlung in gewohnter Weise antwortet und dann an ihre Geschäfte geht.

9) Des Abends sitze die Gemeinde, nur der Vorbeter stehe und spreche: »Er der Barmherzige« u. s. w. »Lobet Gott den Gelobten«, woraus Alle antworten: »Gelobt sei Gott, der bis in alle Ewigkeit gelobt wird.« Dann spricht er das »Höre Israel« und die Heiligung; worauf Alle aufstehen und leise beten. Wenn sie geendigt, spricht er die Heiligung und sie gehen auseinander. Des Abends wiederholt der Vorbeter das Gebet nicht mit lauter Stimme, da zu demselben Niemand verpflichtet ist und er die Segenssprüche nicht unnütz sprechen soll.

10) Am Schabbatabende lese der Vorbeter, nachdem er mit der Versammlung leise gebetet, das Gebet mit lauter Stimme, bete jedoch nicht sieben einzelne Segenssprüche, sondern einen aus denselben zusammengesetzten, wie folgt:
»Gelobt seist Du, Ewiger, unser Gott, Gott unsrer Ahnen, Gott Abrahams, Gott Isaaks und Gott Jakobs, großer, allmächtiger und furchtbarer Gott, erhabener Gott, der durch seine Barmherzigkeit Himmel und Erde gegründet, durch sein Wort die Vorfahren gesegnet, durch seinen Spruch Tote erweckt, heiliger Gott, der seines Gleichen nicht hat, seinem Volke an seinem heiligen Schabbat Ruhe schenkt, an seinen Kindern Wohlgefallen findet in der ihnen gegebenen Ruhe, lasset uns Ihm mit Furcht und Angst dienen und seinen Namen preisen, jeden Tag und künftig aus der Fülle des Segens, den Gott der Ehren, den Herrn des Friedens, den Heiliger des Schabbats und Segner des Siebenten, der die Ruhe bringt dem mit Glückseligkeit erfüllten Volke, zum Andenken der Schöpfung. Unser Gott und Gott unserer Ahnen, habe Wohlgefallen an unserer Ruhe u. s. w. Gelobt seist Du, Ewiger, Heiliger des Schabbats«. Alsdann folgt die Heiligung und die Gemeinde gehe auseinander.

11) Die Weisen haben jene Ordnung für den Schabbat-Abend deshalb getroffen, weil am Abende des Schabbats die Meisten der Gemeinde nach der Synagoge, Einzelne aber spät kommen und im Falle des unbeendigten Gebetes allein in der Synagoge zurückbleiben müssen, dadurch aber in Gefahr geraten könnten; deswegen muss der Vorbeter sein Gebet wiederholen, damit das ganze Volk in der Synagoge bleibe, bis auch der Verspätete sein Gebet verrichtet und mit den Andern zugleich fortgeht.

12) Fällt daher ein Feiertag, der Versöhnungstag oder der Erste eines Monats, auf einen Schabbat, so soll der Vorbeter, zur Nacht im Segensspruche, dieser Feier nicht erwähnen, sondern schließe bloß mit dem Worten: »Der den Schabbat heiligt«, weil dieser Segensspruch keine Feiertagspflicht ist.

13) Am Schabbat und Feiertage spreche der Vorbeter, nach geendigtem Morgengebet, mit lauter Stimme die »Heiligung«, dann: »Lob des Davids«, dann wieder die »Heiligung«, bete das Mussaf-Gebet erst leise, dann laut, wie des Morgens und spreche die Heiligung, worauf die Versammlung auseinandergeht. Er spreche also nicht die »Heiligkeit קְדֻשָּׁה« und das »Flehen תַּחֲנוּנִים« nach dem Morgengebete wie an den Wochentagen, wohl aber vor dem Minchagebet, so dass er liest: »Lob des Davids«, »Die Ordnung des Tages סֵדֶר הַיּוֹם«, »Worte des Flehens«, »die Heiligung« das Minchagebet, leise und laut, dann wieder die Heiligung.

14) Am Ersten jeden Monats und an den Zwischenfeiertagen חוֹל הַמוֹעֵד sage man die Ordnung der Heiligkeit vor dem Mussaf; am Ende des Schabbats sage man die Ordnung des Tages auch nach dem Abendgebete und spreche dann die Heiligung, worauf man das Scheidegebet הַבדָלָה verrichtet.

ZEHNTES KAPITEL — Irrtum beim Gebet

1) Wer ohne Inbrunst gebetet, muss das Gebet mit Andacht wiederholen; war er aber beim ersten Segensspruch andächtig, so wird er von der Wiederholung befreit. Wer sich in einem der ersten drei Segenssprüche irrt, muss wieder von vorn anfangen; wer sich in einem der letzten drei Segenssprüche irrt, muss wieder vom Segen über den Tempeldienst עֲבוֹדָה beginnen; beging man den Irrtum in einer der mittleren Segensformeln, so hat man bloß dieselbe Segensformel zu wiederholen und dann das Gebet nach der Ordnung fortzusetzen; ebenso verhält es sich, wenn der Gemeinde – Vorbeter bei der lauten Wiederholung des Gebetes sich irren sollte.

2) Irrt sich aber der Gemeinde-Vorbeter beim stillen Gebet, so braucht er, nach meiner Ansicht, nicht das Gebet zu wiederholen, da dies die Gemeinde zu lange aufhalten dürfte und er ohnehin das Gebet nachher laut beten muss; ereignet sich hier der Irrtum, so muss er ganz wie der Privatmann, das Gebet von vorn anfangen.

3) Hat sich der Gemeinde-Vorbeter geirrt und kommt er dadurch in eine solche Verwirrung, dass er nicht weiß, von wo anzufangen (weil man früher Auswendig betete); und hat er in Folge dessen einige Zeit ganz stille gestanden, so muss ein Anderer seine Stelle einnehmen; ereignete sich der Irrtum in der die Häretiker betreffenden Segensformel בִרְכַּת הַמִּינִים, so warte man gar nicht, sondern stelle sogleich einen andern hin, aus Besorgnis, er könnte sich der Häresie angeschlossen haben; dies findet jedoch nur dann statt, wenn er die Segensformel noch nicht angefangen; hat er sie aber bereits begonnen, so ist man verpflichtet, eine Pause auf die Fortsetzung der Formel zu warten. Der Ersatz-Vorbeter darf im vorkommenden Falle sich nicht lange nötigen lassen, seinen Vorgänger zu ersetzen.

4) Dieser Zweite hat sich nach Folgendem zu richten: Hat der Vorgänger sich in einer der Mittleren Segensformeln geirrt, so fängt er von derselben Segensformel an; geschah der Irrtum in einer der drei ersten Segensformeln, so fängt der zweite das Gebet ganz von vorn an; irrte sich der erste Vorbeter in einer der letzten Segensformeln, so muss der Nachfolger von der Segensformel über den Tempeldienst עֲבוֹדָה anfangen.

5) Der da sagt: Ich will nicht vor die Bundeslade treten, weil ich bunte Kleider anhabe, darf dieses Gebet, selbst in weißen Kleidern mehr vortragen; — sagt Jemand: Ich will nicht vortreten, weil ich Sandalen anhabe, so darf er es auch nicht ohne Schuhbedeckung tun.

6) War Jemand in Zweifel, ob er schon gebetet oder nicht, so darf er das Gebet nur in dem Falle halten, wenn er es als freiwillige Gabe נְדָבָה darbringt; denn wenn ein Privatmann auch den ganzen Tag freiwillige Gebete verrichten wollte, so ist es nicht gegen das Gesetz; wer aber während des Betens sich erinnert, dass er sein Gebet schon abgehalten, so muss er sogar in mitten der Segensformel abbrechen; geschah es aber beim Abendgebet, so breche er nicht ab, da dieses Gebet von vornherein bloß als freiwillige Darbringung gehalten wird.

7) Wer irrtümlicher Weise am Schabbat ein Wochengebet verrichtet, hat seine Pflicht nicht erfüllt; bemerkt er seinen Irrtum während des Gebets, so endige er die angefangene Segensformel und fange darauf das Schabbat-Gebet an. Dies hat seine Anwendung bloß auf das Abend-, Morgen- und Minchagebet, im Mussaf hingegen muss er sogar inmitten der Segensformel abbrechen. Ebenso ist es, wenn Jemand das Wochengebet in der Meinung vollendet, es wäre ein Mussaf Gebet; er hat alsdann das Mussaf von Neuem zu halten, ganz gleich es sei am Schabbat, am Feiertage oder am Neumondstage.

8) Wer im Winter irrtümlicher Weise weder den Spruch «Der den Regen heruntersendet«, noch »der den Tau herunterschickt« spricht, muss das Gebet von vorn anfangen; tat er aber bloß des Taues Erwähnung, so bedarf es keiner Wiederholung. Wer hingegen im Sommer irrtümlicher Weise spricht: »Der den Regen herunterschickt«, muss das Gebet wiederholen; vergaß man bloß des Taues Erwähnung zu tun, so nötige man den Betenden nicht, das ganze Gebet zu wiederholen; da der Tau vom Himmel nicht vorenthalten wird und es deshalb keiner Anflehung bedarf.

9) Wer in der Segensformel für die Jahresernte בִרְכַּת הַשָּׁנִים vergessen um Regen zu flehen, tue das, wenn er sich dessen vor der Formel »Erhörer des Gebets שׁוֹמֵעַ תְּפִלָּה« erinnert, in dieser Formel selbst; erinnert er sich aber dessen erst nach dieser Formel, so fange er wieder vom Segensspruche für die Jahresernten an. Erinnert er sich dessen aber nicht eher, als nach Beendigung des ganzen Gebetes, so fange er dieses von vorn an und verrichte also noch einmal das Gebet.

10) Hat Jemand irrtümlicher Weise die Formel: »Es möge aufsteigen und gelangen« usw. zu sagen vergessen, so ist in Betracht zu ziehen, ob er sich dessen vor Beendigung des Gebetes erinnert; in diesem Falle fange er von der Formel über den Tempeldienst an und schalte jenes Gebet ein; wenn er aber sich dessen nach Beendigung des Gebetes erinnert, so muss er das ganze Gebet wiederholen. Hat aber Jemand die Gewohnheit nach dem Gebete Worte des Flehens zu sprechen und bemerkt er den Irrtum zwar schon nach dem Gebet, aber noch bevor er von der Gebetstelle gegangen, so hat er bloß von der Formel über den Tempeldienst wieder anzufangen.

11) Dieses Alles findet nur an den Zwischenfeiertagen oder am Morgen- oder Minchagebet des Neumondtages, seine Anwendung; hat man aber jene Formel am Abendgebet des Neumondstages zu sprechen unterlassen, so ist man nicht gehalten das Gebet zu wiederholen (Weil das Bet Din den Neumond nur am Tage heiligt).

12) Jede Verpflichtung der Wiederholung des Gebetes für den Privatmann, trifft auch den Vorbeter der Gemeinde, sobald er sich während des lauten Gebetes geirrt. Er ist aber von der Wiederholung befreit, wenn er den Irrtum im Morgengebet am Neumondstage beging. Der Gemeinde-Vorbeter braucht alsdann nicht das Gebet von Neuem anzufangen, wenn er die Formel »es möge aufsteigen und gelangen« zu sagen vergessen und dessen sich erst nach Beendigung des Gebetes erinnert, da er dadurch die Gemeinde zu lange aufhalten würde und er doch noch des Neumonds im Mussaf Erwähnung tun muss.

13) Beschloss Jemand in den zehn Tagen, von Neujahr bis zum Versöhnungsfest, irrtümlicherweise die dritte Segensformel mit den Worten »Heiliger Gott«, so muss er das Gebet von vorn anfangen. Endigte er irrtümlicherweise die elfte Segensformel mit den Worten: »Du, Recht und Gerechtigkeit liebender König«, so hat er nur dieselbe Segensformel zu wiederholen und sie mit den Worten, »Du König der Gerechtigkeit« zu schließen, alsdann setzt er das Gebet nach der Ordnung fort; erinnert man sich aber des Fehlers erst nach dem Schlusse des ganzen Gebetes, sei es ein Privatmann oder der Gemeinde-Vorbeter, so fange man das Gebet von vorn an.

14) Hat Jemand irrtümlicher Weise die Abschiedsworte (Hawdala) in der Formel: »Der Du uns Erkenntnis verleihest חוֹנֵן הַדָּעַת« nicht gesprochen, so kann er das Gebet fortsetzen, ohne es zu wiederholen. Ebenso verhält es sich, wenn man die Worte: »Über die Wunder עַל הַנִּסִּים« am Chanukka und Purimfest oder die Worte: »Antworte uns usw. עֲנֵנוּ«, an einem Fasttage ausgelassen hat; man ist alsdann ebenfalls nicht gehalten, das Gebet zu wiederholen, gleichviel, es sei ein Privatmann oder der Gemeinde-Vorbeter. Hat man sich des Fehlers erinnert, bevor man von der Gebetsstelle gegangen, so spreche man die Worte: »Antworte uns, denn Du erhörest das Gebet, erlösest und errettest zu jeder Zeit des Drangsals und des Leidens; es mögen Dir angenehm sein die Worte meines Mundes usw.«

15) Hat Jemand am Freitage das Minchagebet zu halten vergessen, so verrichte er ein doppeltes Abendgebet zum Schabbat, ebenso tue er dies in demselben Falle am Feiertage; hat Jemand das Minchagebet am Schabbat und Feiertage vergessen, so bete er zum Ersatz ein doppeltes Abendgebet am Ausgange dieser heiligen Tage; und zwar spreche er nur im ersten Abendgebete die Abschiedsformel (Hawdala), nicht aber im zweiten; hat er diese Abschiedsformel in beiden oder in keinem von beiden gesprochen, so hat er dennoch seiner Pflicht genügt. Wenn jedoch Jemand im ersten die Abschiedswörter nicht gesprochen, es aber im zweiten getan, so muss er noch ein drittes Abendgebet halten: weil das erste als Ersatz nicht gilt, da er es vor dem pflichtmäßigen Abendgebet gehalten. Diejenigen, welche zwei Gebete verrichten, selbst wenn es das Morgen-und das Mussafgebet sind, mögen solche nicht ununterbrochen auf einander folgen lassen, sondern eine Pause zwischen beiden beobachten, auf dass sie ihre Gedanken sammeln könnten.

16) Es ist jedem Einzelnen aus einer, zum Gebete versammelten Gemeinde, verboten, sein Gebet allein vor allen Übrigen zu verrichten; wenn Jemand in die Synagoge tretend, die
Gemeinde schon im stillen Gebete antrifft, so kann er allein zu beten anfangen, wenn er noch mit seinem Gebet fertig werden kann bis der Gemeinde-Vorbeter die Heiligung (Keduscha) beginnt. Wird er sein Gebet nicht vor der Keduscha beenden können, so soll er warten, bis der Gemeinde-Vorbeter das laute Gebet anstimmt und spreche still mit ihm die Worte, bis jener zur Heiligung gelangt, antworte mit der Gemeinde und setze das Gebet allein fort. Hat Jemand sein Gebet früher als der Gemeinde-Vorbeter begonnen und letzterer die Heiligung angestimmt, so unterbreche er das Gebet nicht, um mit der Gemeinde die Heiligung zu sagen. Ebenso darf er nicht bei den Worten: »Amen, es sei der Name des Herrn gelobt usw.« sein Gebet unterbrechen, auch nicht denn in anderen Segenssprüchen.

ELFTES KAPITEL — Die Synagoge

1) An jedem Orte, wo sich zehn Israeliten befinden, muss ein Haus bestimmt werden, in dem man zur Zeit das Gebet verrichten könne; eine solche Stätte heißt: Beth-Haknesset (Synagoge, Versammlungshaus). Die Gemeindeglieder können einander zwingen, Beiträge zum Aufbau einer Synagoge zu liefern und eine Gesetzesrolle samt den Propheten und Schriften zu kaufen.

2) Eine Synagoge muss nur auf der höchst gelegenen Stelle einer Stadt erbaut werden, denn es heißt (Mischlei 1:21 ): »An den erhabensten Stellen der geräuschvollen Straßen ruft sie.«
Auch muss das Gebäude an Höhe alle andern Häuser der Stadt übertreffen, denn es heißt, (Esra 9:9): »Das Haus unseres Gottes hoch zu erheben.« Die Türen der Synagoge müssen nach Osten gewandt sein, denn es heißt: (Num. 3:38) »Und die da ruhen vor dem Stiftszelt nach Osten«. In der Synagoge muss auch ein Heiligtumהֵיכָל errichtet werden, in welche die Gesetzrollen gestellt werden können.
Dieses Heiligtum muss sich auf der Seite der Synagoge befinden, wohin man in jeder Stadt das Gesicht zum Gebete richtet, so dass das Angesicht des Volkes während des Betens nach Erez Israel gewandt sei.

3) In der Synagoge muss eine Erhöhung בִּימָה errichtet werden, auf die sich der die Tora Vorlesende oder eine Predigt Haltende stellen kann, um sich auf diese Weise Allen vernehmbar zu machen. Bei der Errichtung des Kastens תֵּבָה, wo sich die Tora befindet, stellt man ihn in die Mitte (der Wand)
auf. Die Hinterseite des Kastens zeigt in Richtung Heiligtum und die Vorderseite ist zum Volk gewandt.

4) Das Volk sitzt in der Synagoge in folgender Ordnung: die Ältesten sitzen mit dem Angesichte zur Gemeinde und mit dem Rücken zur Wand des Heiligtums gewandt, die ganze Gemeinde aber sitzt reihenweise hinter einander, mit dem Angesichte zum Heiligtum, zu den Ältesten und zugleich zum Kasten. Der Gemeinde-Vorbeter steht beim Gebete vor dem Kasten (und nicht Bimah), mit dem Gesichte zum Heiligtum, so wie es die Übrigen tun.

5) Man muss die Synagoge und das Beth-Hamidrasch ehrsam halten, sie immer fegen und reinigen lassen. In Spanien und den übrigen Abendländern, sowie auch in Babylon und im gelobten Lande, ist es für ganz Israel Sitte, in den Synagogen Glasleuchter anzubringen und auch auf dem Boden Teppiche zum Sitzen zu haben; in den Synagogen der christlichen Staaten aber sitzt man auf Stühlen.

6) Man darf sich in den Synagogen oder dem Beth-Hamidrasch nicht leichtsinnig benehmen, wie z. B. Scherz, Spott und leeres Geschwätz treiben, auch darf man daselbst weder essen, noch trinken, noch sich mit seinem Putz beschäftigen, auch nicht schlendern oder gar im Sommer vor der Sonne und im Winter vor dem Regen Schutz suchen. Den Gelehrten nebst Schülern ist es jedoch erlaubt, im Notfall im diesen heiligen Stätten zu essen und zu trinken.

7) Man darf in ihnen auch keine Rechnungen machen, außer etwa, wenn sie gottgefällige Handlungen betreffen, wie z. B. bei der Almosenkasse, bei der Einlösung Gefangener und dergl. Ebenso wenig darf man in ihnen Leichenreden halten, außer etwa, wenn ein allgemeiner Trauerfall vorkommt, wie z. B. wenn die größten Gelehrten der Stadt betrauert werden, bei welcher Gelegenheit die ganze Gemeinde sich zur Leichenrede versammelt.

8) Hat die Synagoge oder das Beth-Hamidrasch, zwei entgegengesetzte Türen, so bediene man sich deren nicht als Passage, um dadurch seinen Weg abzukürzen; es ist überhaupt verboten, in diese geheiligten Häuser zu treten, wenn es nicht einer gottgefälligen Handlung wegen geschieht.

9) Wer in die Synagoge treten muss, um sein Kind oder seine Kameraden herauszurufen, lese vorerst Etwas beim Eintritt oder teile Jemand irgend Etwas aus der Lehre mit und rufe alsdann den Benötigten heraus, damit er nicht bloß seiner eignen Bedürfnisse wegen in die Synagoge gekommen sei. Versteht er aber nichts von der Lehre, so sage er vorher einem der lernenden Kinder: Lies mir den Vers vor, bei welchem du stehen geblieben oder er bleibe daselbst eine Weile untätig und gehe dann seinen Weg; denn schon das bloße Verweilen in der Synagoge gehört zu den gottesgefälligen Handlungen, indem es heißt, (PS. 84:5): «Heil denen, die in Deinen Häusern sitzen usw.«

10) Wer aber des Gebetes oder des Lernens wegen ins Haus getreten ist, kann wohl durch die entgegengesetzte Tür hinausgehen, um sich den Weg kürzer zu machen. Ist es schon Jemand erlaubt in die Synagoge zu treten, so kann er es auch mit dem Stocke, in Schuhen, im Mantel, ja selbst mit Staub auf den Füßen tun, es ist ihm sogar erlaubt in derselben auszuspeien, wenn es nötig ist.

11) Synagogen und Beth- Hamidrasch, die verfallen sind, behalten noch ihre Heiligkeit, denn es heißt, (Lev. 26:31). »Und ich werde verwüsten eure Heiligtümer«; also selbst nach der Verwüstung sind sie als Heiligtümer zu betrachten. Und wie man ihnen Ehrfurcht zollen muss bei ihrem guten Zustande, ganz so muss man es auch nach ihrem Einsturz tun, ausgenommen etwa das Fegen und das Reinigen derselben mit Wasser. Wächst auf ihren Ruinen Gras, so reiße man es aus, lasse es aber daselbst liegen, damit das Volk bei dessen Anblick ergriffen und dadurch zu ihrer Wiederherstellung angeregt werde.

12) Man darf keine Synagoge abreißen, um eine andere auf derselben Stelle oder auf einer andern zu bauen, sondern früher muss man die neue bauen und dann das alte Gebäude niederreißen; denn es könnte der Gemeinde das Unglück ereignen, den Wiederaufbau der Synagoge nicht ausführen zu können; sogar die einzelnen Wände müssen früher neben den alten neu aufgeführt werden und dann dürfen erst die alten abgerissen werden.

13) Dies findet jedoch nur dann Statt, wenn das Fundament nicht schadhaft geworden und die Wände nicht einzustürzen drohen; ist aber das Fundament oder sind die Wände so schadhaft, dass sie zusammenzufallen drohen, so darf man sie ohne Weiteres niederreißen, in welchem Falle aber der neue Bau sogleich angefangen und Tag und Nacht fortgesetzt werden muss, denn es könnten missliche Zeitumstände kommen und den Synagogenbau verhindern.

14) Es ist erlaubt aus einer Synagoge ein Beth-Hamidrasch, aber nicht aus einem Beth-Hamidrasch eine Synagoge zu machen: indem die Heiligkeit des Beth-Hamidrasch größer ist, als die der Synagoge und man Heiligtümer nur verherrlichen, nicht aber erniedrigen darf. Auf diese Weise dürfen Gemeinde-Mitglieder, die eine Synagoge verkaufen, für den Erlös derselben einen Kasten תֵּבָה anschaffen; haben sie aber einen Kasten verkauft, so dürfen sie für dieses Geld Hüllen oder Futterale für die Gesetzesrolle machen lassen; veräußern sie die Hüllen oder Futterale der Gesetzesrollen, so dürfen sie dafür einzelne Bücher aus dem Pentateuch kaufen; wollen sie diese verkaufen, so müssen sie für deren Erlös eine Gesetzesrolle anschaffen; wenn aber eine Gesetzesrolle veräußert wird, so darf statt deren nur eine andere neue angeschafft werden, denn es gibt keine höhere Heiligkeit, als die der Gesetzesrolle; ebenso verhält es sich mit ihrem Zubehör.

15) Ganz so ist es, wenn die Gemeinde Geld gesammelt, um ein Beth-Hamidrasch oder eine Synagoge zu bauen oder dafür ein Kasten, eine Hülle, ein Futteral oder eine Gesetzesrolle zu kaufen und sich dann eines andern besinnt, so darf sie dann ihren Entschluss nur in steigender Beziehung zur Heiligkeit, nicht aber in herabsteigender verändern. Hat man dasjenige, wozu das Geld bestimmt war, zu Stande gebracht, so kann man mit dem nachgebliebenen Gelde machen, was man will. Das Zubehör der Synagoge wird gleich, wie die Synagoge selbst betrachtet; der Vorhang der Bundeslade אָרוֹן, worin sich die Gesetzesrollen befinden, sind so heilig, als die Hüllen selbst. Hat man jedoch bei ihrer Weihung Bedingungen gemacht, so ist diesen nachzukommen.

16) Wenn, wie früher angeführt wurde, es erlaubt ist, eine Synagoge zu verkaufen, so hat dies bloß auf Synagogen in Dörfern Bezug; solche Bethäuser sind auch bloß für die Dorfbewohner selbst erbaut, also gleichsam zum eigenen Bedarf bestimmt; sie dürfen daher mit bloßer Zustimmung aller Gemeinde-Mitglieder verkauft werden; eine Stadt-Synagoge aber, bei deren Erbauung man das ganze jüdische Volk vor Augen hatte und in der jeder Fremde betet, ist gleichsam als das Eigentum des ganzen Israels zu betrachten und darf nie verkauft werden.

17) Wenn Dorfbewohner ihre Synagoge verkaufen wollen, um für deren Erlös entweder eine andere zu erbauen oder eine Bundeslade oder Gesetzesrolle anzuschaffen, so müssen sie mit dem Käufer die Abmachung treffen, dass er aus ihr weder ein Bad, noch eine Gerberei, noch ein Tauchbadehaus, noch eine Wäscherei mache; haben jedoch die sieben Vorsteher der Stadt, mit Autorisation der ganzen Gemeinde, die Synagoge mit der ausdrücklichen Bedingung verkauft, dass der Käufer aus ihr eine der oben genannten Anstalten machen darf, so steht es ihm frei, das zu tun.

18) Ebenso ist es, wenn die sieben Vorsteher der Stadt, mit Autorisation der Gemeinde die Bestimmung treffen, den Rest des Gemeindegeldes zu nicht geheiligten Zwecken zu gebrauchen, wo das Geld auch, als eine solche Bestimmung habend, betrachtet wird; nachdem also, so viel nötig war, von diesen Geldern zum Bau einer neuen Synagoge oder zum Ankauf einer Bundeslade, einer Hülle, eines Futterals oder einzelner Bücher aus dem Pentateuch oder einer Gesetzesrolle genommen
wird, darf man mit dem nach dem Ankauf gebliebenen Rest, gemäß getroffener Übereinkunft, machen was man will.

19) Hat die ganze Gemeinde oder der größte Teil derselben, einen Mann zum Bevollmächtigten gewählt, so hat Alles, was er getan, volle Gültigkeit; er darf allein die Synagoge verkaufen, verschenken oder nach seinem Gutdünken und seiner Einsicht in Bedingungen eingehen.

20) Ganz wie es der Gemeinde erlaubt ist, eine Synagoge zu verkaufen, so können sie dieselbe auch verschenken; denn hätte die Gemeinde dadurch keinen Nutzen, so täte sie es wohl nicht. Man darf aber eine Synagoge weder vermieten, noch verpfänden. Werden Synagogen niedergerissen, um sie neu aufzubauen, so darf man zwar die Ziegelsteine, das Holz und die Erde, verkaufen, vertauschen oder verschenken, aber nicht verleihen; denn deren Heiligkeit wird nur durch den gleichen Wert an Geld oder durch einen andern, dem Verkauf gleichkommenden Vorteil aufgehoben.

21) Der Marktplatz einer Stadt hat, obgleich das Volk an Festtagen und allgemeinen Versammlungen, wenn die Synagoge die große Menge nicht fassen kann, daselbst ihr Gebet verrichtet, doch keine Heiligkei, denn dieses ist nur etwas Zufälliges und der Ort nicht zum Gebet geweiht. Ebenso haben einfache Häuser oder Höfe, wo das Volk sich manchmal zum Gebet versammelt, keine Weihe, da sie nicht zum Gebete bestimmt sind; in ihnen wurde gebetet, gleich wie Jedermann sein Gebet zu Hause verrichtet.

ZWÖLFTES KAPITEL — Toralesung und Haftara

1) Unser Lehrer Moses verordnete dem Volke Israel, jeden Schabbat, Montag und Donnerstag, morgens die Tora zu lesen, auf dass sie nicht drei Tage verlebten, ohne das Gesetz gehört zu haben. Esra setzte noch die Verordnung hinzu, der Faullenzer wegen auch zum Minchagebet am Schabbat die Tora zu lesen; es ist auch seine Vorschrift, dass am Montag und Donnerstag drei verschiedene Menschen aus der Tora und zwar nicht weniger als zehn Verse, vorlesen sollen.

2) Folgende sind die Tage, wann vor der Gemeinde die Vorlesung aus der Tora abgehalten wird: am Feier-, Neumonds- und Festtage, am Chanukka und Purim und am Montage und Donnerstage jeder Woche; Parallelstücke aus den Propheten liest man bloß an den Schabbaten, Feiertagen und am neunten Aw.

3) Man darf aus der Tora öffentlich nicht anders vorlesen, als in Gegenwart von wenigstens zehn erwachsenen freien Männern und zwar nicht weniger als zehn Verse. Ein Vers, welcher anfängt: »Und er sprach« wird auch mitgerechnet. Der Lesenden dürfen nicht weniger als drei sein. Man darf in einem Abschnitt (סתומה או פתוחה) nicht weniger als drei Verse vor dem Schlusse (einer Parascha) anfangen; ebenfalls darf man nicht weniger als drei Verse vor dem Schlusse des Abschnitts aufhören; jeder Lesende wiederum darf nicht weniger als drei Verse lesen.

4) Ereignet sich’s, dass drei Personen nur zehn Verse lesen, so lesen zwei von ihnen zu drei und einer vier; sei nun der, welcher die vier liest, der erste, letzte oder mittlere. Diese Aufteilung ist lobenswert.

5) Ein jeder der Lesenden rollt die Tora auseinander, blickt auf die Stelle, die er lesen soll und spricht dann: »Lobet den Ewigen, den Gepriesenen;« worauf, das Volk antwortet: »Gelobt sei der Ewige, der Gepriesene in Ewigkeit immerdar.« Dann spricht der Lesende wieder: »Gepriesen seist Du Ewiger, unser Gott, König der Welt, Der Du uns vor allen Völkern erkoren, und uns die Tora gegeben, gelobt seist Du, Ewiger, Der Du uns die Tora verliehen;« worauf das ganze Volk mit Amen antwortet. Nach diesem Segensspruche liest er, wieviel es ihm zukommt, rollt die Gesetzesrolle zusammen und spricht wieder: »Gelobt seist Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, Der uns seine Tora, die Lehre der Wahrheit gegeben und ewiges Leben in uns gepflanzt; gelobt seist Du, Ewiger, Geber der Tora.«

6) Der Vortragende darf nicht vorher zu lesen anfangen, als bis der Amens-Ruf der Gemeinde verhallt ist. Macht er im Lesen einen Fehler, sei es auch in der Aussprache eines Buchstaben, so wird er so lange unterbrochen, bis er ihn richtig macht. Zwei dürfen nicht auf einmal vorlesen, sondern bloß der dazu Bestimmte. Blieb dieser in der Mitte stecken, so ersetze ihn ein Anderer, der von der Stelle zu lesen anfängt, wo der frühere angefangen und spreche dann den letzten Segensspruch (aber nicht den ersten).

7) Der Vortragende darf nicht vorher lesen, bis ihn der Achtbarste der Gemeinde zu lesen aufgefordert; sogar der Vorbeter der Gemeinde חַזַּן oder der Vorsteher der Synagoge, darf nicht früher lesen, als bis es ihm die Gemeinde oder der Vornehmste zu tun erlaubt hat. Während des Lesens muss noch Jemand neben dem Vortragenden stehen, ganz wie es der Schulaufseher חַזַּן neben den Lesenden tut.

8) Der Vortragende kann auch von einer Stelle zur andern überspringen, wie z. B. von dem Abschnitt »Nach dem Tode« bis zum »Nur am zehnten«, welches sich in dem Abschnitt »sprich zu den Kohanim« befindet (d.i. die Lesung des Hohepriesters am Jom Kippur). Keineswegs darf er aber etwas auswendig vortragen, ja es ist sogar verboten, ein einziges Wort auszusprechen, wenn es nicht aus der Schrift abgelesen wird. Bei dem Überspringen verweile er nicht länger, als der Übersetzer תֻּרְגְּמָן Zeit braucht, um die Erklärung des Verses zu beendigen.

9) Sobald der Vortragende die Tora zu lesen angefangen, ist es verboten zu sprechen, selbst über Halachot zu verhandeln. Es ist vielmehr Pflicht, dass Alle anhören, schweigen und ihr Herz dem Vortrage zuwenden; denn es heißt: (Nechemia 8:3) »Und die Ohren des ganzen Volkes waren zum Buche der Tora.« Es ist ebenfalls verboten, während des Vortrages die Synagoge zu verlassen, was jedoch zur Zeit des Abwechselns der Vortragenden erlaubt ist. Wer sich aber immerwährend mit der Tora beschäftigt und das Studium der Lehre gleichsam zu seinem Beruf gemacht, der darf auch während des Vortrages sein Studium der Gesetze fortsetzen.

10) Seit Esras Zeiten ist es Sitte, dass ein Übersetzer תֻּרְגְּמָן dem Volke das aus der Tora Vorgetragene erkläre, damit es den Inhalt der Vorlesung verstehe. Der Vortragende liest also Vers, hält ein, bis der Übersetzer den Vers erklärt und setzt dann zu lesen fort usw. Der Vortragende darf dem Übersetzer nicht mehr als einen Vers auf einmal lesen.

11) Der Vorlesende darf seine Stimme nicht höher erheben als der Übersetzer, ebenfalls darf der Übersetzer nicht lauter sprechen als der Vortragende. Der Übersetzer darf seine Erklärung nicht eher anfangen, als bis der Vortragende seinen Vers beendigt; eben so wenig darf der Vortragende einen neuen Vers beginnen, bevor nicht die Erklärung des Übersetzers geendigt ist. Der Übersetzer darf sich weder an eine Säule, noch an einen Pfosten lehnen, sondern muss in Ehrfurcht und Andacht dastehen; auch darf seine Übersetzung nicht aus einem Buche, sondern auswendig gemacht werden. Der Vortragende darf dem Übersetzer auch nicht helfen, damit man nicht etwa glaube, dass sich in der Tora eine Übersetzung befände. Der minder Geachtete kann den Vortrag eines größeren Mannes übersetzen; es wäre aber keine Ehre für den Großen, wenn er der Übersetzer des kleineren wäre. Auch dürfen nicht zwei Übersetzer auf einmal fungieren, sondern der Eine trage vor und der Andere übersetze.

12) Aber nicht alle Verse werden öffentlich übersetzt; so darf der Vorfall des Reuben (Gen. 35:22), der Segen der Kohanim (Num. 6:24-26) und beim Vortrag des Vorfalls mit dem goldenen Kalbe,— vom Vers: »Und Moses sprach zu Ahron«, bis zum Verse: »Moses sah das Volk« (Ex. 32:21-25), endlich noch der Vers: »Und Gott plagte das Volk« (Ex. 32:35) bloß gelesen, aber nicht übersetzt werden. Ebenso wird beim Vorfall des Amnon die Stelle »Amnon, der Sohn David’s« (2. Sam. 13:1) laut gelesen, aber nicht übersetzt.

13) Derjenige, der die Haftara aus den Propheten liest, muss zuerst aus der Tora, wenn auch bloß drei Verse, aus dem schon von seinem Vorgänger Gelesenen, vortragen. Auch darf er nicht früher die Haftara aus den Propheten anfangen, als bis die Gesetzesrolle zusammengerollt wurde; die Haftara muss wenigstens ein und zwanzig Verse enthalten; sollte der Abschnitt weniger Verse haben, so ist es doch nicht nötig die Zahl durch Verse aus dem folgenden zu ersetzen. Ebenso verhält es sich, wenn der eine zehn Verse gelesen und der Übersetzer sie erklärt; es ist dies schon hinreichend, selbst wenn der Abschnitt nicht geendigt ist. Aus den Propheten kann auch einer vor zwei Übersetzern lesen. Es ist ebenfalls erlaubt einen Abschnitt zu überspringen aber nicht
von einem Propheten zum andern überzugehen, was jedoch bei den kleinen zwölf Propheten der Fall sein kann; aber keineswegs darf man von dem Schlusse des Buches zum Anfange überspringe. Wer solche Sprünge macht, darf auch nicht längere Pausen machen, als der Übersetzer Zeit hat seine Erklärung zu machen.

14) Der aus einem Propheten Vorlesende kann auch drei Verse auf einmal dem Übersetzer vortragen, dieser kann sie auch alle drei nach einander übersetzen. Sind jedoch die drei Verse aus drei verschiedenen Abschnitten, so lese er sie dem Übersetzer nur einzeln vor.

15) Derjenige, welcher Haftara zu lesen hat, spricht zuerst den Segensspruch: »Gelobt seist Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der da erwählt die Propheten«. Nach der Lesung spricht er vier Segensformeln: »Der Gott, der bewährt ist in allen Seinen Worten הָאֵל הַנֶּאֱמָן בְּכָל דְּבָרָיו«; die zweite mit den Worten: »Der da Jerusalem erbaut בּוֹנֵה יְרוּשָׁלַיִם«; die dritte mit: »Schild Davids מָגֵן דָּוִד «; die vierte mit dem Inhalt der Tagesheiligung, ganz wie im Gebete. Fällt der Neumond auf den Schabbat, so erwähnt der aus den Propheten Vorlesende in diesem Segensspruche auch der Neumondsfeier, ganz wie er es im Gebete tut.

16) Die Zahl der Vorlesenden ist für den Schabbatmorgen sieben, für den Versöhnungstag sechs, für die Feiertage fünf; man darf diese nicht vermindern, wohl aber vergrößern. Für Neumonds- und Zwischenfeiertage חוֹל הַמוֹעֵד vier, am Schabbat und Versöhnungstage zum Minchagebet, am Montag und Donnerstag des ganzen Jahres, am Chanuka und Purim Morgens, wie
auch an den Fasttagen Morgens und zum Minchagebet, — ist die Zahl drei, nicht weniger und nicht mehr.

17) Eine Frau darf der Gemeinde nicht vorlesen, weil dies die Ehre der Gemeinde schmälern würde; ein Unmündiger, der vorzulesen versteht und auch weiß, wem der Segensspruch gilt, kann zur Zahl der Vorlesenden gezogen werden. Ebenso kann der Vorleser der Haftara zur Zahl gerechnet werden, da er doch auch aus der Tora lesen muss; hat aber der Vorbeter zwischen dem die Tora Beschließenden und dem aus den Propheten Vorlesenden, durch Kaddisch den Vortrag unterbrochen, so wird letzterer nicht zur Zahl gezogen. Ist in der Gemeinde nur Einer, der vorzulesen versteht, so tritt er vor, liest, geht zurück herunter, kommt dann wieder herauf usw., bis er die Zahl der Vorlesenden der Tagespflicht gemäß ausfüllt.

18) Bei jeder der genannten Vorlesungen muss vorher ein Kohen, dann ein Levit, dann erst ein Israelit zur Lesung vorgerufen werden. Es ist jetzt allgemein Sitte, dass sogar ein unwissender Kohen beim Vortrag den Vorzug vor einem großen Gelehrten habe, der bloß Israelit ist. In anderen Fällen wird dieser Vorzug dem Gelehrtesten erteilt; andererseits wieder wird der Letzte, der die Gesetzesrolle zusammenrollt, gleichsam wie alle zusammengenommen belohnt; daher ist es Sitte, dass die Lesung des Schlusses im Abschnitte, von einem Großen der Gemeinde bewerkstelligt wird.

19) Ist kein Kohen gegenwärtig, so ersetzt ihn ein Israelit, nach ihm aber darf kein Levit lesen. Ist kein Levit gegenwärtig, liest der erste Kohen auch die zweite Stelle anstatt des Leviten. Aber noch ein Kohen darf nach dem ersten Kohen nicht auf mehr lesen, weil man denken könnte, der erste sei unzulässig gewesen und man habe daher einen andern aufgerufen. Ebenso wenig dürfen zwei Leviten nacheinander die Tora vorlesen, weil man glauben könnte, einer von ihnen sei unzulässig gewesen.

20) Die Vorlesung aus der Tora beim Gebet geschieht in folgender Ordnung: Findet an dem Tage ein Mussafgebet statt, so spricht der Vorbeter nach dem Schlusse des Morgengebetes das Kaddisch nimmt eine Gesetzesrolle heraus, ruft die gesetzliche Anzahl Gemeindemitglieder nach einander auf, welche aus der Tora vorlesen. Nach Beendigung der Lesung wird die Gesetzesrolle an ihre Stelle gebracht, das Kaddisch gesprochen und darauf das Mussaf abgehalten. An den Tagen aber, wo Haftara gelesen wird und zugleich auch das Mussaf stattfindet (also nicht an Chol Hamoed und Rosch Chodesch, ist es Sitte Kaddisch zu sprechen, bevor der aus den Propheten Vorlesende vortritt; an vielen Orten aber ist es gebräuchlich, Kaddisch nach der Beendigung der Haftara zu sprechen.

21) Zum Minchagebet am Schabbate und Versöhnungstage beschließt der Gemeindevorbeter zuerst den Psalm: »Lob David’s« und das zur Ordnung des Tages gehörige Kapitel סֵדֶר הַיּוֹם, spricht dann Kaddisch und nimmt die Torarolle hervor; darauf treten die Vorlesenden auf und lesen; alsdann wird die Torarolle zurück an ihre Stelle gebracht, Kaddisch gesprochen und das Minchagebet abgehalten. Ebenso liest man an Fasttagen zum Minchagebet aus der Tora, spricht dann Kaddisch und Verrichtet das Minchagebet. An Feiertagen aber ist es nicht Sitte zum Minchagebet die Tora zu lesen.

22) An einem Tage, an dem kein Mussafgebet stattfindet, spricht man Kaddisch nach Beendigung des Morgengebetes, nimmt die Gesetzesrolle heraus, liest daraus vor und bringt sie an ihre Stelle zurück, spricht Kaddisch. Darauf trägt man den Psalm »Lob Davids« und das Kapitel zur Ordnung des Tages vor, ganz so wie es an gewöhnlichen Tagen geschieht und spricht zum Schluß nochmals Kaddisch, worauf auch das Volk auseinandergeht.

23) Man darf in Synagogen nicht aus einzelnen Bänden des Pentateuchs vorlesen (ob gedruckt oder geschrieben), weil dies nicht zur Ehre der Gemeinde gereiche. Auch darf man die Torarolle nicht Angesichts der Gemeinde rollen, weil dies der Gemeinde zu lästig fiele, indem sie stehend warten müsste bis man die gehörige Stelle aufgefunden. Deshalb muss man, wenn zwei verschiedene Stellen aus der Tora gelesen werden sollen, auch zwei verschiedene Gesetzesrollen hervorholen. Hingegen darf ein Vorlesender nicht einen und denselben Abschnitt, aus zwei verschiedenen Rollen ablesen, weil man dann denken könnte, die erste Gesetzesrolle sei unbrauchbar geworden und man habe in der zweiten vorgelesen.

24) Man muss die Gesetzesrolle von außen nach Innen zusammenrollen, bei der Befestigung aber geschieht es in der Richtung von innen nach außen zu; auch muss die Tora gegen die Naht zusammengerollt werden, damit, im Falle sie reißt, das Pergament nicht platze. Wenn man die Gesetzesrolle nach der Vorlesung herausnimmt, um sie in ein anderes Haus zur Verwahrung zu bringen, so darf die Gemeinde nicht vor der Gesetzesrolle die Synagoge verlassen, sondern sie muss dieselbe in ehrerbietigem Nachfolgen bis zur Stelle, wo sie in Verwahrung gebracht werden soll, begleiten.

DREIZEHNTES KAPITEL — Die Toralesung im Verlauf des Jahres

1) Es ist überall bei den Israeliten Gebrauch, in jedem Jahre die Tora durchzugehen. Man beginnt am Schabbat nach dem Laubhüttenfest und liest den Wochenabschnitt: »Am Anfange«; am zweiten Schabbat: »Dies sind die Begebenheiten des Noach«, am dritten: »Und Gott sprach zu Abraham: Gehe von dannen« und so fort, bis man am Laubhüttenfest die ganze Tora geendigt. An einigen Orten liest man auch drei Jahre an der Tora, was jedoch nicht allgemein angenommen ist.

2) Esra verordnete vor dem Wochenfeste die im Leviticus, vor Neujahr aber die im Deuteronomium enthaltenen Flüche zu lesen. Allgemein jedoch ist es angenommen, vor dem Wochenfeste: »In der Wüste Sinai«, nach den neunten Aw: »Und ich flehte«, vor Neujahr: »Ihr steht« und vor Pessach: »Gebiete dem Ahron« in einem gewöhnlichen Jahre zu lesen; um nun während eines Jahres die ganze Tora zu beendigen und die Abschnitte zur festgesetzten Zeit zu lesen, gibt es Schabbate, an deren Morgen man zwei Abschnitte liest, z. B. »Die Frau, welche empfängt«, mit: »Und dies sei das Gesetz des Aussätzigen« oder »Wenn in meinen Gesetzen«, mit: »Am Berge Sinai« u. dgl.

3) Wo man am Morgen des Schabbats aufgehört, liest man zur Mincha, am Montage, Donnerstage und nächsten Schabbat weiter. Man liest, z. B. den ersten Schabbatmorgen: »Und am Anfänge« und zur Mincha: »Dieses sind die Begebenheiten des Noach«, zehn oder mehre Verse, welche auch am nächsten Montage und Donerstage wiederholt werden; am nächsten Schabbat aber wird Dasselbe ebenfalls wiederholt und der Abschnitt zugleich zu Ende gelesen. So liest man das ganze Jahr und beschließt an jedem einzelnen Schabbat mit einem, dem Gelesenen entsprechenden, Propheten.

4) An den Monatsfesten liest der Erste drei Verse des Abschnitts: »Gebiete« (Num. 28:1), der Zweite wiederholt den gelesenen dritten Vers und liest die beiden ihm folgenden, damit noch drei Verse für den dritten Leser übrig bleiben, welche dieser liest, so wie auch: »Und am Schabbat«; der vierte liest: »Und an den Ersten eurer Monate«; fällt der erste Tag eines Monates auf einen Schabbat, so nehme man zwei Gesetzesrollen hervor und lese aus der ersten die Ordnung dieses Schabbats und aus der andern die Ergänzung: »Und an den Ersten eurer Monate.« Der Beschließende trägt darauf den Inhalt des Monats vor und als Haftara aus dem Propheten: »Und es sei an jeglichem Monate, dem Monate nach.« (Jes. 66:23). Am ersten des Monats Aw, der ein Schabbat ist, lese man als Haftara aus den Propheten: »Eure Monatsfeste und Feiertage hasset mein Gemüth« (Jes. 1:14). Ist der erste eines Monats ein Sonntag, so lese man am vorhergehenden Schabbat, als Haftara aus den Propheten: »Und Jonathan sagte zu ihm: Morgen ist der Monat« (1 Sam. 20:18).

5) Der in der Tora Lesende beginne und ende mit etwas Angenehmem, aber im Abschnitte: »Vernehmet« lese der Erste bis: »Denket der Tage der Urzeit«, der Zweite von hier bis: »Und er erhebet ihn«, der Dritte fahre fort bis: »Und Gott sah und ergrimmte«, der Vierte bis: »Wenn sie weise wären«, der Fünfte bis: »Denn ich erhebe zum Himmel meine Hand«, der Sechste endlich bis zu Ende des Gesanges. Hier breche man ab, damit die Moral dieser Verse das Volk zur Buße anrege.

6) Die letzten acht Verse der Tora dürfen in der Synagoge, vor weniger als zehn Personen, von dem gelesen werden, obgleich sie der übrigen Tora, welche Moses nach dem Munde des Herrn verkündete, ihrem Inhalte nach nicht nachstehen; denn, weil sie von der Zeit nach dem Tode des Moses handeln, so haben sie dadurch eine andere Bedeutung erhalten.

7) Die im Leviticus enthaltenen Flüche dürfen nicht unterbrochen werden; darum lese sie Einer, beginnend mit dem vorangehenden und schließend mit den nachfolgenden Versen. Die Flüche des Deuteronomiums dürfen unterbrochen werden, doch ist es üblich, es nicht zu tun, sondern sie von Einem lesen zu lassen.

8) An Feiertagen und am Jom Kippur unterbreche man die gewöhnliche Ordnung des Lesens, indem man von der Bedeutung dieser Tage, nicht aber nach der Schabbatsordnung liest; denn es ist eine Verordnung Moses, am Feiertage über seine Bedeutung zu lesen, zu predigen und nachzudenken. Am Pessachfest lese man den im Leviticus enthaltenen Abschnitt über die Feiertage und zwar ist es Gebrauch am ersten Pessachtage zu lesen: »Ziehet und nehmet euch« und aus den Propheten mit der Pessachfeier zu »Gilgal« zu schließen, am zweiten lese man: »Ochs und Schaaf« und schließe mit der Pessachfeier »des Königs Joschiahu«, am dritten: »Heilig sei mir jeder Erstgeborene«, am vierten: »Wenn du Geld leihst«, am fünften: »Haue dir usw.«, am sechsten: »Und die Israeliten sollen das Pessachopfer zu seiner Zeit bereiten«, am letzten: »Und als Pharao schickte«, bis zu Ende des Liedes, nämlich bis: »Denn ich bin der Ewige, der dich heilet« und schließe aus den Propheten mit: »Und David sprach« (2 Sam. 22:1) und am achten Tage endlich: »Jeder Erstgeborene« und schließe aus den Propheten mit: »Nah ist der Tag« (Jes. 10:32).

9) Zu Schawuot lese man den Abschnitt: »Der sieben Wochen« und zwar nach dem Gebrauche am ersten Schawuottage: »Am dritten Monate« und schließe aus den Propheten mit der Vision vom »Throne« (Jechesekiel), am zweiten aber, aus dem Abschnitte über dir Feiertage: »Jeder Erstgeborene« und schließe aus den Propheten mit einer Stelle aus Habakuk.

10) Zu Rosch haSchana lese man: »Im siebenten Monate, am ersten Tage des Monats«. Üblich ist’s am ersten Tage zu lesen: »Und Gott dachte der Sarah« und aus den Propheten zu schließen mit: »Und es war ein Mann aus den Höhen«, am zweiten aber: »Und Gott prüfte den Abraham« und aus den Propheten zu schließen mit: »Ist Ephraim mir ein teurer Sohn.«

11) Am Jom Kippur morgens liest man den Abschnitt »Nach dem Tode« (Lev. 16) und die Parallelstelle: »So spricht der Hohe und Erhabene.« (Jes. 57:15) Zum Minchagebet liest man über die Blutschande, aus dem Abschnitte »Nach dem Tode«, damit ein Jeder, der sich in irgendeinem der angeführten Fälle getroffen fühlt, sich seiner Tat erinnere, sich schäme und sie auch büßend bereue; der dritte Aufgerufene liest ebenfalls daraus und trägt dann als Parallelstelle den Propheten Jona vor.

12) An den beiden ersten Tagen des Laubhüttenfestes liest man aus dem Abschnitte über die Feiertage, welches wie folgt anfängt: »Ein Ochs oder ein Schaaf oder eine Ziege«; als Haftara wird am ersten Tage gelesen: »Da kommt ein Tag des Ewigen« (Sacharia 14), am zweiten Tage: »Und sie versammelten sich zum Könige Salomo« (2 Kön. 8:2). Am letzten Tage liest man aus der Tora die Stelle: »Jeder Erstgeborene« (Deut. 15:19) und als Haftara: »Und es war als Salomo beendigte« (1 Kön. 8:54); den Morgen darauf lieft man aus der Tora den Abschnitt: »Und dieses ist der Segen« und als Haftara: »Und Salomo stand auf« (1. Kön. 8:22). Viele nehmen als Haftara: »Und es war nach dem Tode Moses« (Josua 1). An den übrigen Tagen des Laubhüttenfestes lieft man über die Opfer dieses Festes.

13) Und zwar wie folgt: An jedem der Zwischenfeiertage liest man zwei Abschnitte, nämlich am dritten Tage, als dem ersten der Zwischenfeiertage liest der Kohen: »Und am zweiten Tage« (Num. 29:17-19), worauf der Levi von den Versen: »Und am dritten Tage« anfängt. Alsdann liest der Israelit: »Und an dem dritten Tage« Der Vierte wiederholt dann die Verse: »Und am zweiten Tage«, »Und am dritten Tage«. Am vierten Tage wie am zweiten der Zwischenfeiertage, liest man die Verse: »Und am dritten Tage«, »Und am vierten Tage« und so weiter jeden Tag.

14) An jedem der Feiertage, wie auch am Jom Kippur und an allen sieben Tagen des Pessachfestes, nimmt man morgens zwei Gesetzesrollen hervor, sonach in der ersten die oben angeführten Abschnitte gelesen werden und in der zweiten — über die Opferdarbringung desselben Tages, aus dem 4. Buche. Derselbe, welcher, über die Opfer liest, hat auch die Parallelstelle aus den Propheten zu lesen.

15) An allen Tagen, so oft zwei oder drei Gesetzesrollen hervorgeholt werden, muss man, wenn sie nicht einzeln hervorgenommen werden, nach jedesmaliger Zurückbringung einer Gesetzesrolle Kaddisch sprechen und dann erst die folgende hervorholen; ebenso muss man Kaddisch bei
der Zurückstellung sprechen; übrigens haben wie schon angeführt, wie die allgemeine, angenommene Sitte vorschreibt, dass Kaddisch immer, nachdem der Letzte gelesen, gesprochen werden muss, wonach die Haftara aus den Propheten vorgetragen wird.

16) Fällt ein Schabbat auf die Zwischenfeiertage, sei es am Pessach oder Laubhüttenfeste, so lese man an diesem Schabbat den Abschnitt: »Sieh, Du sprichst zu mir« (Ex. 34:12) und als Haftara am Pessach über die vertrockneten Gebeine (Hes. 37): und wenn der Schabbat auf den Feiertag selbst fällt »An dem Tage der Ankunft Gog’s« (Hes. 38:18).

17) Am ersten Tage von Chanukka liest man vom Anfange des Segens der Kohanim, bis zum Schlusse des am ersten Tage Opfernden (Num. 6:22-7:17), am zweiten Tage über das Opfer des zweiten Stammesfürsten (ebenda.) und so fort bis zum achten Tage. Am achten liest man bis zum Schlusse der Opferbeschreibung, wie auch der ganzen Sidra. Am Schabbat von Chanukka wird als Haftara, über die Lichter, im Propheten Zacharias, gelesen. Fielen zwei Schabbate auf das Channukafest, so liest man diese Stelle am ersten Schabbat, am zweiten aber, über die Lichter des König Salomo. Derjenige, welcher aus der Tora über die Einweihung des Stiftszeltes liest, liest auch die Haftara aus dem Propheten; am Purimfeste zum Morgengebete liest man: »Und es kam Amalek« (Ex. 17:8).

18) Am neunten Aw liest man zum Morgengebete: »Wenn Du Kinder erzeugst« (Deut. 4:25) und als Haftara: »Versammeln, versammeln werde Ich sie, spricht der Ewige« (Jer.8:13 ); zum Minchagebet trägt man: »Und Moses flehte« vor (Ex. 32:11), ganz wie an den übrigen Fasttagen. An den Fasttagen hingegen, die wir sonst noch wegen der traurigen historischen Ereignisse unserer Vorfahren abhalten, liest man zum Morgen- und Minchagebet dasselbe und zwar der erste vom Verse: »Und Moses flehte«, vier Verse; der zweite und der dritte von: »Haue dir aus« bis: »Was ich mit dir mache.« An den Fasttagen aber, welche die Gemeinde sich selbst anordnet, etwa wegen Gottesplagen, z. B. im Falle einer Hungersnot oder Pest und dergleichen, liest man die Segenssprüche und Flüche, damit das Volk Buße tue und mit zerknirschtem Herzen dastehend, anhöre.

19) Es ist allgemeine Volksitte, dass man an den drei Schabbaten vor dem neunten Aw, als Parallelstellen aus den Propheten Strafpredigten liest, nämlich am ersten. »Die Worte Jeremias (Jer. 1:1); am zweiten: »Die Vision Jesaias (Jes. 1:1) am dritten: »Wie wurde unkeusch die treu bewährte Stadt« (Jes. 1:21). Am Schabbat nach dem neunten Aw: »Tröstet, tröstet mein Volk« (Jes. 40:1). In unserer Gegend ist es angenommene Sitte, an den Schabbaten vom neunten Aw an, bis zum Neujahr immer die Trostworte Jesaias als Haftara und am Schabbat zwischen dem Neujahrs- und Versöhnungstage den Abschnitt: »Kehre wieder Israel« (Hos. 14:2) zu lesen.

20) Fällt der Neumondstag des Adar auf einen Schabbat, so lese man den Abschnitt über die halbe Scheckel-Gabe und als Parallelstelle über Jehojada den Kohen (2. Kön. 12:3). Fällt dieser Neumondstag auf einen Wochentag, wenn auch am Freitage, so liest man jenen Abschnitt am Schabbat vorher. Am darauffolgenden Schabbat liest man: »Gedenke« (Deut. 25:17) und als Parallelstelle: »Ich habe dessen gedacht, was dir Amalek getan«, (1. Sam. 15:2).
Als darauffolgender Schabbat wird derjenige verstanden, in dessen Woche das Purimfest fällt und sollte dieses selbst am Freitage sein. An dem dritten Schabbat liest man über die rote Kuh und als Parallelstelle: »Und Ich werde euch besprengen« (Hes. 36:25). Als dritten Schabbat versteht man den, dem vierten unmittelbar vorangehenden; am vierten aber liest man: »Dieser Monat« (Ex. 12:2) und als Parallelstelle: »Am ersten Tage des Monats« (Hes. 45:18); als vierter Schabbat ist nur derjenige anzunehmen, auf dessen Woche der Neumondstag des Nissan fällt und sollte es auch der Freitag sein.

21) Folglich ist zu schließen, dass manches Mal ein Zwischen-Schabbat zwischen dem ersten und zweiten oder dem zweiten und dritten stattfinden müsse, oft aber auch zwei solcher Zwischen-Schabbate, zwischen diesen dreien; zwischen dem dritten und vierten hingegen kommt nie ein Zwischen-Schabbat vor.

22) Ein jeder von diesen vier Abschnitten wird in einer zweiten Gesetzesrolle, nachdem der ordnungsmäßige Abschnitt (die Sidra) in der ersten Gesetzesrolle gelesen wurde — rezitiert; fiel auch der Neumondstag des Adar auf diesen Schabbat und war gerade die bestimmte Sidra: »Und Du sollst gebieten« (Ex. 27:20), so lesen Sechs vom Verse: »Und du sollst gebieten« an, bis: »Und du sollst ein kupfernes Becken machen;« dann liest der Siebente wiederum vom Verse: »Wenn du zählst« bis: »Und Du sollst ein Becken machen«; war aber als Sidra für diesen Schabbat der Abschnitt: »Wenn du zählst« selbst, so lesen Sechs diesen Abschnitt zu Ende und dann fängt der Siebente in einer zweiten Rolle wieder vom ersten Verse an und liest bis zum: »Und du sollst ein kupfernes Becken machen.«

23) Fällt der Neumondstag des Adar auf einen Schabbat, so hole man drei Gesetzesrollen hervor, lese in der ersten die bestimmte Sidra, in der zweiten den Abschnitt über den Neumond, in der dritten: »Wenn du zählst«. Ebenso werden, wenn der Neumondstag des Nissan auf den Schabbat fällt, drei Rollen hervorgeholt, wo dann in der ersten die bestimmte Sidra, in der zweiten über den Neumond und in der dritten der Abschnitt : »Dieser Monat« (Ex. 12:2) gelesen werden.
24) Fällt der Neumondstag des Teweth auf einen Schabbat, so hole man ebenfalls drei Rollen hervor, lese in der ersten die bestimmte Sidra, in der zweiten über den Neumond und in der dritten über die Einweihung des Stiftzeltes; fiel er aber auf einen Wochentag, so lesen drei den Inhalt des Neumonds und ein vierter den Inhalt der Einweihnug.

25) Wenn auch Jemand in der Gemeinde öffentlich die ganze Tora lesen hört, so ist es doch Pflicht, dass er auch für sich jede Woche, die für dessen Schabbat bestimmte Sidra lese und zwar zwei Mal den Hebräisch und einmal den aramäischen Text (Targum Onkelos); die Verse aber, auf welche keine aramäische Übersetzung vorhanden ist (siehe oben 12:12), wiederhole man drei Mal, bevor er diesen Abschnitt zusammen mit der Gemeinde liest.

VIERZEHNTES KAPITEL — Der Priestersegen

1) Am Morgen-, Mussaf und Neilah erheben die Kohanim ihre Hände zum Segen נְשִׂיאַת כַּפַּיִם. Zu dem Minchagebet aber findet kein Händeerheben statt, weil zu dieser Stunde alle schon gegessen haben, weshalb zu befürchten ist, der Kohen hätte Wein getrunken, da doch ein Berauschter den Segen nicht sprechen darf. Sogar an einem Fasttage ist das Händeerheben zur Mincha untersagt, aus Besorgnis der Verwechslung eines solchen Tages mit einem gewöhnlichen.

2) Dies jedoch hat nur auf einen solchen Fasttag Bezug, an welchem zugleich Mincha und Neilah stattfinden, wie z. B. am Jom Kippur und am Gemeinden-Fasttage. An einem gewöhnlichen Fasttage aber, an dem kein Neilah stattfindet, darf auch das Händeerheben stattfinden wie z. B. am neunten Aw, am siebenzehnten Tamus, an welchen das Minchagebet nahe vor Sonnenuntergang abgehalten wird und dies demnach mehr dem Neilah gleicht, keinesweges also mit einem alltäglichen Minchagebet verwechselt werden kann. Hat jedoch ein Kohen, ungeachtet der Sitte, Podium דּוּכָן, zum Händeerheben am Minchagebet des Versöhnungstages, bestiegen, so vollziehe er den Segen. Soweit doch bekannt ist, dass er nicht berauscht ist; ihn aber unverrichteter Dinge wieder herabsteigen zu lassen, ist nicht erlaubt, weil man dies dahin auslegen könnte, dass er unzulässig פָּסוּל sei.

3) Das Händeerheben geschieht in folgender Ordnung: Sobald der Vorbeter zur Segensformel über den Tempeldienst עֲבוֹדָה gelangt und das Wort »Habe Wohlgefallen רְצֵה« ausspricht, verlassen alle in der Synagoge sich befindenden Kohanim ihre Plätze und besteigen das Podium, bleiben da mit dem Angesichte gegen das Heiligtum gerichtet, mit dem Rücken zum Volke und mit in die Handfläche gebogenen Fingern stehen, bis der Gemeinde-Vorbeter die Dankformel הוֹדָיָה beendigt, alsdann wenden sie ihr Gesicht gegen das Volk, dehnen ihre Finger, erheben die Hände bis an die Schultern und fangen mit dem: »Es mag dich segnen יְבָרֶכְךָ « an. Sonach der Vorbeter ihnen den Segen Wort für Wort vorsagt und sie es wiederholen; denn es heißt: »Sage ihnen«, — also — bis man ihnen vorsagt. Haben sie den ersten Vers beendigt, so fällt das Volk mit Amen ein;
dann fängt der Gemeinde-Vorbeter an, ihnen den zweiten Vers, Wort für Wort, vorzusagen, welches sie auch so wiederholen, bis der zweite Vers beendigt ist und das Volk wieder mit einem Amen antwortet; ebenso ist’s beim dritten Verse.

4) Wenn die Kohanim die drei Verse beendigt haben, setzt der Gemeinde-Vorbeter den letzten Segensspruch des Gebetes fort, nämlich: »Tue Frieden שִׂים שָׁלוֹם«, wobei die Kohanim ihr Gesicht wieder zum Heiligtum wenden, ihre Finger wieder zusammenziehen, auch so bis zum Schluss dieser Segensformel verweilen und dann erst zu ihrer Stelle zurückgehen.

5) Der Vorbeter darf nicht früher den Kohanim vorsagen, als bis das Amen der Gemeinde verhallt; ebenso dürfen die Kohanim nicht früher den Segen beginnen, als bis das Wort des Vorsagenden verhallt; ebenso darf die Gemeinde nicht früher mit dem Amen einfallen, als bis der Segen vom Munde der Kohanim ausgesprochen ist. Wiederum dürfen die Kohanim nicht den zweiten Segen anfangen, bis das Amen der Gemeinde verhallt. Der Gemeinde-Vorbeter darf nicht mit den Übrigen das Amen nach dem Segen der Kohanim sprechen, damit dies ihn nicht zerstreue und ihn vergessen machen könnte, welchen Vers er den Kohanim vorzusagen habe.

6) Die Kohanim dürfen ihr Gesicht nicht früher von der Gemeinde abwenden, als bis der Vorbeter die Formel: «Tue Frieden« begonnen; so dürfen sie auch das Podium nicht eher verlassen, als bis jener diese Formel beendigt, auch ihre Finger nicht einziehen, bevor sie das Gesicht von der Gemeinde abgewendet. Es ist ebenfalls eine Verordnung von Rabban Jochanan ben Sakai, dass die Priester zum Segen mit Händeerhebung nicht in Schuhen kommen, sondern barfuß.

7) Während die Kohanim den Segen erteilen, dürfen sie nicht auf das Volk sehen, noch irgend ihre Gedanken zerstreuen, sondern müssen mit zur Erde gesenkten Augen, als wenn sie mit dem Gebete beschäftigt waren, dastehen. Auch darf Niemand aus dem Volke die Kohanim während des Segens ansehen, damit diese dadurch nicht zerstreut werden, sondern hat die Gemeinde mit Andacht den Segen anzuhören. Das Volk richte also zwar das Gesicht zu den Kohanim, sehe sie aber nicht an.

8) Ist es nur ein einziger Kohen, der den Segen erteilt, so spricht er zuerst die vorangehende Lobpreisung Gottes, worauf der Gemeindevorbeter ihm Wort für Wort vorsagt, wie wir’s bereits erklärt haben. Wenn ihrer zwei oder mehrere sind, so sagen sie die Lobpreisung nicht früher, als bis ihnen der Vorbeter das Wort: »Kohanim«! zuruft; darauf antworten sie und fangen an den Segen zu erteilen, indem sie Wort für Wort dem Vorbeter nachsagen.

9) Wie geschieht die Segenserteilung im Tempel? Die Kohanim kommen, nachdem der Diensthaltende das bestimmte Morgenopfer gebracht, zum Segen hervor, wozu sie die Hände mit ausgedehnten Fingern in die Höhe über das Haupt erheben. Hiervon ist der Hohepriester ausgenommen, der seine Hände nicht über die Stirnbinde צִּיץ erheben darf. Der Vorsagende rezitiert ihnen den Segen, Wort für Wort, wie es überall geschieht, bis sie alle drei Verse beendigt, — das Volk aber antwortet nicht mit Amen bei jedem Vers, da dieser Segen im Tempel nur einen Segensspruch bildet; —nach dem Schlusse dieses Segens jedoch ruft das Volk aus: »Gepriesen seist Du, Ewiger Gott, Gott Israels, von Ewigkeit in Ewigkeit בָּרוּךְ יי אֱלֹהֵי יִשְׂרָאֵל מִן הָעוֹלָם וְעַד הָעוֹלָם«.

10) Daselbst spricht man auch den Namen Gottes ganz so aus, wie er geschrieben wird; er besteht nämlich aus den Buchstaben J, H, W. u. H; dies ist eben der ausführliche Name שֵּׁם הַמְּפֹרָשׁ, von dem überall die Rede ist. Außerhalb des Tempels wird Gott nach einem Attribut benannt, nämlich durch Adonai. Dies geschieht, weil man den Gottesnamen, wie er geschrieben ist, nur im Tempel allein aussprechen darf. Seit dem Tode Simons, des Frommen, haben die Kohanim, sogar auch im Tempel aufgehört, mit dem ausführlichen Namen den Segen zu sprechen. Dies geschieht, damit nicht etwa ein unwürdiger und unachtbarer Mensch ihn auszusprechen lerne. Die ersten Weisen pflegten diesen Namen nur in ihrer Schule den würdigen Schülern und Kindern zu lehren und zwar nur einmal in sieben Jahren, um dadurch die Größe des geehrten und gefürchteten Namens zu vergrößern.

11) Der Segen der Kohanim wird überall nur in der heiligen Sprache erteilt, denn es heißt: »So sollt Ihr die Kinder Israels segnen«; was nun durch die Tradition unsers Lehrers Moses, Friede sei mit ihm, so erklärt wurde: »so sollt ihr segnen« — stehend; »so sollt ihr segnen« — mit Händeerhebung; »so sollt ihr segnen«—in heiliger Sprache; »so sollt ihr segnen«—Antlitz gegen Antlitz; »so sollt ihr segnen«—mit hoher Stimme; »so sollt ihr segnen«—mit dem ausführlichen Namen Gottes, letzteres aber nur im Tempel, wie bereits erwähnt.

12) Die Kohanim dürfen nirgends eine Zugabe des Segens zu den drei Versen machen, wie z. B. »Der Ewige, der Gott eurer Väter, möge euch noch tausendmal so groß machen usw.« und zwar weder mit lauter, noch mit leiser Stimme; denn es heißt: »Ihr sollt nicht zulegen zur Sache usw.«. Während der Priester zum Segenerteilen sich aufmacht, spricht er, indem er zu gehen anfängt: »Es möge ein Wille von Dir sein, Ewiger, unser Gott, dass dieser Segen, den Du uns geboten dem Volke Israel zu erteilen, ein vollkommener sei und es sei darin weder Trug, noch Sünde, von jetzt, bis in Ewigkeit«; — bevor er das Gesicht zum Volke umwendet, um den Segen zu sprechen, sage er: »Gelobt seist Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der uns geheiligt durch die Weihung Ahrons und uns geboten, sein Volk Israel in Liebe zu segnen.« Darauf wendet er sich zur Gemeinde und fängt den Segen an. Nachdem er sich, nach dem Schlusse des Segens, wieder von der Gemeinde abgewendet, spricht er: »Wir haben getan, was Du uns befohlen, tue Du uns jetzt, was Du uns versprochen, blicke hernieder von der Wohnstätte Deines Heiligtums im Himmel und segne Dein Volk Israel.«

13) Das Umwenden der Kohanim zur Gemeinde, um sie zu segnen und auch das Abwenden von der Gemeinde nach dem Segen, geschehe nur rechts um; auch seien alle Wendungen, die ein Mensch je macht, nur rechts um.

14) Im Tempel erteilen die Kohanim einmal des Tages den Segen und zwar besteigen sie nach dem beständigen Morgenopfer die Stufen der Halle und verrichten den Segen, wie wir oben erklärt. An andern Orten aber kann man ihn nach jedem Gebet erteilen, ausgenommen hiervon ist das Minchagebet. Man gebe sich überall Mühe, dass der Vorsagende ein gewöhnlicher Israelit sei, denn es heißt: »Sage ihnen«, folglich muss der Vorsagende nicht ihr Mitglied sein.

FÜNZEHNTES KAPITEL — Bedingungen und was dem Segen hinderlich ist

1) Sechs Dinge sind auf das Händeerheben נְשִׂיאוּת כַּפַּיִם hinderlich: 1) die Sprache, 2) körperliche Gebrechen מוּמִין, 5) Sündenhaftigkeit עֲבֵרָה, 4) das Alter, 5) der Wein, 6) Unreinheit der Hände.

Was die Sprache betrifft, so dürfen Kohanim, die ein mangelhaftes Sprachorgan haben, wie z. B., wenn sie Buchstaben nicht gehörig aussprechen können und etwa ein Aleph wie Ayin oder Ayin wie Aleph oder Sziboleth statt Schiboleth sprechen, zum Segen und Händeerheben nicht zugelassen werden. Ebenfalls werden von der Segnung Kohanim ausgeschlossen, die eine schwere Mundart und Zungenbewegung haben, deren Aussprache also unverständlich ist.

2) Körperliche Gebrechen sind hinderlich; wenn ein Kohen im Gesichte oder an Händen und Füßen Fehler hat z. B. wenn er krumme oder steife Finger oder Flechten auf den Händen hat; — dies Alles zieht die Augen des Volkes auf sich. Ebenso sind zur Händeerhebung solche nicht zulässig, die während des Sprechens Speichel aus dem Munde lassen oder die auf ein Auge blind sind. Waren aber die Personen mit den hier aufgezählten Gebrechen in der Stadt bekannt, so dass man an ihr Äußeres gewohnt ist, so dürfen sie den Segen erteilen, da man sie nicht auffallend finden wird. Zu den Unzulässigen sind noch solche zu zählen, deren Hände buntscheckig oder von Farben durchfressen sind אִסָטִס; waren aber die meisten Stadtbewohner mit Farben-Arbeiten beschäftigt, so sind solche Fehler nicht in Betracht zu ziehen, da sie dann nicht die Aufmerksamkeit der Gemeinde auf sich ziehen.

3) Unter Sündhaftigkeit in diesem Falle ist zu verstehen, wenn je ein Kohen einen Mord begangen; obgleich er Buße getan, darf er Niemals die Hände zum Segen erheben, denn es heißt: »Eure Hände sind voll Blut und wenn ihr eure Hände ausbreitet usw.« (Jes. 1:15). Ein Kohen, der irgendeinmal Götzen gedient, sei es aus Zwang oder Versehen, darf Niemals die Hände zum Segen erheben, denn es heißt: »Die Priester der Götzenaltäre mögen nicht aussteigen«; die Segenserteilung aber ist ganz gleich, wie der Opferdienst im Tempel, denn es heißt: »Ihm zu dienen und in seinem Namen zu segnen«. Ebenso darf ein Priester, der wegen Götzendienst ein Gesetz übertreten hat, nie die Hände zum Segen erheben, auch wenn er nachher dafür Buße getan. — Alle übrigen Sünden sind nicht hinderlich.

4) Das Alter ist insofern ein Hindernisse, dass der noch bartlose junge Kohen nicht segne. — Wein entfernt einen Kohen vom Segensspruch: Wenn er ein Quart רְבִיעִית Wein auf einmal getrunken, so muss man warten, bis er verflüchtet ist. Dies Gesetz gilt, weil die Segenserteilung dem Opferdienste ganz gleich ist. Trank er aber ein Quart Wein in zwei Malen oder tat Wasser darein, so ist es zulässig; hat er aber mehr als ein Quart getrunken, der Wein mag auch gemischt gewesen oder auch in mehreren Prisen genommen sein, so darf er doch nicht früher den Segen erteilen, als bis sein Rausch weg ist. Unter Quart verstehen wir zwei Quadratfinger אֶצְבָּעַיִם auf zwei und 1/2 und 1/5 Finger Höhe, mit dem Daumen gemessen (75 cm3). In der ganzen Tora, wo von dem Fingermaß die Rede ist, versteht man nur den Daumen darunter, was man בֹּהֶן הַיָּד nennt.

5) Unreinheit der Hände heißt hier so viel, dass der Kohen, ohne die Hände gewaschen zu haben, sie nicht zum Segen erheben darf, sondern er reinige sie bis zum Gelenke, ganz wie man sich zum Opferdienst heiligen muss und spreche erst dann den Segen. Denn es heißt: »Erhebt die Hände in Heiligkeit und segnet den Ewigen«. Ein Entweihter חָלָל darf die Hände nicht zum Segen erheben, weil er in der Priesterschaft nicht fungiert.

6) Hat ein Kohen keins von diesen Hindernissen, so erhebe er die Hände zum Segen, er mag auch weder gelehrt noch fromm sein, möge sein Nächster ihm sogar Übles Nachreden oder er möge sonst in Geschäften nicht redlich sein, so ist dies ihm nicht hinderlich. Denn jedem Kohen ist es von der Schrift her geboten, den Segen zu erteilen. Nun ist es doch jedenfalls verboten, einen Sünder zu bereden, noch eine Sünde zu begehen, indem er die Erfüllung der Gebote, (z.B. in Hinsicht des Segens), unterließe.

7) Du musst aber nicht glauben, dass der Segen eines ordinären Menschen nichts helfen kann! — Die Erfüllung des Segens hängt ja nicht vom Kohen ab, sondern vom Heiligen, gelobt sei Er; denn es heißt: »Sie mögen meinen Namen auf die Kinder Israel tun,— und Ich werde sie segnen«, also der Kohen erfüllt bloß die ihm auferlegte Pflicht. Der Heilige aber, gelobt sei Dessen Name, segnet in Seiner Gnade das Volk Israel nach Seinem Willen.

8) Das Volk, welches sich im Rücken der Kohanim befindet, ist nicht im Segen eingeschlossen, wohl aber diejenigen, welche sich an den Seiten befinden. Ist eine Scheidewand zwischen den Kohanim und dem Gesegneten und wäre sie auch eine eiserne, so sind diese mit inbegriffen, wenn ihr Gesicht nur zu den Kohanim gekehrt ist.

9) Das Händeerheben findet in Gegenwart von Zehn statt, die Kohanim selbst werden auch mitgerechnet. Wenn in einer Synagoge sich nur Kohanim befinden, so erheben Alle die Hände zum Segen, indem sie sowohl ihre Brüder im Norden, als im Süden in Gedanken haben; die Frauen und Kinder antworten mit Amen. Bleiben da aber, außer den Segnenden, noch zehn weitere Kohanim übrig, so sprechen die zehn Amen und die andern den Segen (und besteigen nicht das Podium).

10) War in einer Gemeinde kein anderer Kohen, außer dem Vorbeter selbst, so darf er zum Segen die Hände nicht erheben. Ist er aber überzeugt, dass er den Segen erteilen und darauf zum Gebete ohne Irrtum wiederkehren kann, so ist solches ihm gestattet. Ist aber in der Gemeinde gar kein Kohen, so spreche der Vorbeter vor der Segensformel »Tue Friede«, die Worte: unser Gott und Gott unsrer Väter, segne uns mit dem dreifachen Segen, der geschrieben steht in der Tora, durch Deinen Knecht Moses und ausgesprochen ist vom Munde Ahrons und seiner Kinder, der Priester Deines heiligen Volkes, wie es auch heißt: »Es segne dich der Ewige und behüte dich, es erleuchte der Ewige dir Sein Angesicht und habe für dich Gnade, es erhebe der Ewige Sein Angesicht über dich und tue dir Frieden; und sie sollen Meinen Namen auf die Kinder Israel tun und Ich werde sie segnen«. Das Volk aber antwortet nicht mit Amen, sondern er setzt die Formel: »Tue Friede« ohne Weiteres fort.

11) Wenn ein Kohen der in einer Synagoge die Hände zum Segen schon erhoben hat, nach einer anderen Synagoge kommt und die Gemeinde im Gebete noch nicht zum Segen der Kohanim gelangt ist, so erhebe er auch da die Hände und segne sie, wenn dies sogar mehrere Mal im Tage geschehen sollte. Ein Kohen, der seinen Platz, als der Vorbeter schon den Segen »Es sei dir zum Wohlgefallen « רְצֵה angefangen, nicht verlassen hat, um zum Segenerteilen zu gehen, darf in diesem Gebete nicht auf das Podium steigen. Hat er sich aber zu gehen angeschickt und ist er zum Podium erst nach jener dem Segen für den Tempeldienst עֲבוֹדָה gelangt, so besteige er es immerhin und spreche den Segen.
12) Ein Kohen, der nicht den Segen erteilt, ist, obgleich er gegen ein Gebot der Schrift gefehlt, doch als ein solcher zu betrachten, der drei Gebote übertreten hat, denn es heißt: »So sollt ihr segnen die Kinder Israels« (Num. 6:23), »Sie mögen zu ihnen sprechen« (ebenda), »Und sie sollen einen Namen tun.« (6:27). Ein Kohen, der nicht segnet, wird auch nicht gesegnet; ein Kohen, der da segnet, wird auch selbst gesegnet, denn es heißt: »Ich werde segnen deine Segner« (Gen. 12:3).