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Das Argument Saadias Gaons gegen die Karäer über das Omer-Opfer in Joschua 5,11

Einleitung

Pessach (15. Nissan) ist ein Erntefest, bevor man auf sein Feld geht, um Gerste zu ernten, feiert wir Pessach. Bevor man die neu geerntete Gerste essen darf, muss das Omer Opfer dargebracht werden. Hat man die Gerste vor Pessach geerntet, gilt das gleiche Verbot des Verzehrens. Nach der Darbringung des Omer Opfers, bestehend aus einem Lamm und Mehl Opfer (Lev. 23:10-13), zählt man 49 Tage und am 50. Tag ist Schawuot. Für Schawuot ist kein festes Datum vorgeschrieben. Die Zählung bis Schawuot ist abhängig vom Omer Opfer. Die Zählung beginnt am Tag des Omer Opfers (Lev. 23:15).

FRAGE: Wann muss das Omer Opfer gebracht werden? Lev. 23:15

„Und ihr sollt von dem Tag an zählen, am Tag nach dem Schabbat, dem Tag, an dem ihr das Omer-Opfer gebracht habt. Sieben volle Wochen sollen es sein.“
וּסְפַרְתֶּם לָכֶם מִמָּחֳרַת הַשַּׁבָּת מִיּוֹם הֲבִיאֲכֶם אֶת־עֹמֶר הַתְּנוּפָה שֶׁבַע שַׁבָּתוֹת תְּמִימֹת תִּהְיֶינָה׃

Traditionelle Sicht

Der Vers Lev. 23:15 sagt, „am Tag nach dem Schabbat“ ‎ מִמָּחֳרַת הַשַּׁבָּת . Nach der traditionellen Ansicht wird das Omer Opfer am 16. Nissan dargebracht, das ist ein Tag nach Pessach. Der Vers will mit den Worten „am Tag nach dem Schabbat,“ sagen, am Tag nach dem Pessach Fest, am 15. Nissan, unabhängig vom Wochentag. „Schabbat“ ist das Pessach-Fest selbst. Vom 16. Nissan zählt man 49 Tage und feiert Schawuot am Tag 50. Das Datum von Schawuot ist wird von der Zählung der Tage nach Omer bestimmt. Nissan kurz

Karäer

Die Karäer sind eine jüdische Sondergemeinschaft, die im 8. Jh. n. entstand. Sie lehnen die mündliche Tradition ab und folgen nur dem wörtlichen Text der Torah. Die Karäer legen den Vers Lev. 23:15 anders aus. Sie verstehen die Worte מִמָּחֳרַת הַשַּׁבָּת „am Tag nach dem Schabbat“ als Sonntag nach dem Schabbat, nach dem 7. Tag der Woche. Fällt Pessach (15. Nissan) auf Montag, warten die Karäer bis Sonntag (21. Nissan) und bringen das Omer. Fällt Pessach (15. Nissan) auf Sonntag, bringen die Karäer das Omer-Opfer an diesem Tag. Also immer am Sonntag der Woche, in der das Pessach Fest stattfindet. Das führt dazu, dass Karäer manchmal sieben Tage später Schawuot feiern als andere Juden.

Kurze Zusammenfassung der Fragestellung

Die Karäer bringen das Omer-Opfer am Sonntag der Pessach-Woche und beginnen an diesem Tag 50 Tage bis Schawuot zu zählen.
Andere Juden bringen das Omer immer am 16. Nissan und beginnen an diesem Tag 50 Tage bis Schawuot zu zählen.
Das führt zu einer Differenz von 7 Tagen beim Datums von Schawuot.
Karäer verstehen die Worte מִמָּחֳרַת הַשַּׁבָּת in Lev. 23:15 als „der Tag nach Schabbat“, damit ist der Schabbat der Pessach-Woche gemeint.
Juden verstehen die Worte מִמָּחֳרַת הַשַּׁבָּת in Lev. 23:15 als „der Tag nach Pessach“, damit ist der 16. Nissan gemeint.

FRAGE: Wer hat recht?

Die These der Karäer

Die These der Karäer führt uns zu interessanten Fragestellungen mit interessanten Antworten und Überraschungen.
Schauen wir uns zunähst die Verse an. Joschua und das jüdische Volk überquerten den Jordan und stehen kurz vor ihrem ersten Feldzug im Land Kanaan. In Jos. 5: 10-12 lesen wir:

Joschua 5:10-12

Vers 10: Und die Israeliten lagerten in Gilgal und feierten das Pessach, am vierzehnten Tag des Monats, am Abend, in den Steppen von Jericho.
Vers 11: Und sie aßen am Tag nach dem Pessach מִמָּחֳרַת הַפֶּסַח vom Ertrag des Landes ‎ מֵעֲבוּר הָאָרֶץ , ungesäuerte Brote und geröstetes Korn, an ebendiesem Tag.
Vers 12: Und das Manna hörte auf am Tag, nachdem sie vom Ertrag des Landes gegessen hatten, und es gab kein Manna mehr für die Israeliten. Und in jenem Jahr aßen sie von der Ernte des Landes Kanaan.

Aus diesen Versen erfahren wir, die Juden feierten am 14. Nissan Abends Pessach in der nähe von Jericho. Dann aßen am Tag nach dem Pessach מִמָּחֳרַת הַפֶּסַח vom Ertrag des Landes, worauf das Manna aufhörte. Wir müssen annehmen, dass sie vom Ertrag des Landes essen durften, weil sie das Omer Opfer dargebracht haben. Denn sonst darf man von neuem Ertrag des Landes nichts essen (Lev.23:14), wie oben erklärt.

Frage: wann haben sie genau das Omer Opfer geopfert?

Die zitierten Verse verraten uns nur das Datum des Pessach-Festes, nämlich 14. Nissan Abends. Sie aßen gemeinsam das Pessach Opfer mit Matza und erzählt sich gegenseitig vom Auszug aus Ägypten und priesen Gott für seine Wundertaten. Das war alles am 14. Nissan. In Vers 11 aßen sie vom Ertrag des Landes gerösteten Korn. Welcher Tag war dieser Tag? Es steht „am Tag nach dem Pessach“ מִמָּחֳרַת הַפֶּסַח. Welcher Tag ist nach dem Pessach? Die Karäer sagen,der 15. Nissan sei gemeint. Die Karäer führen einen schriftlichen Beweis an, um zu belegen, dass Israel am 15. Nissan vom Ertrag des Landes Kanaan gegessen hat. Wenn die Karäer recht hätten, dann müsste man annehmen, das Omer Opfer wurde am 15. Nissan gebracht und deshalb durften sie vom Ertrag des Landes essen. Der 14. Nissan war ein Schabbat, der 15. Nissan ein Sonntag, also ein Tag nach Schabbat der Pessach Woche. Das widerspricht der Rabbinischen Tradition, wonach das Omer immer am 16. Nissan gebracht wird.

Die Beweisführung der Karäer

In Num. 33:3 lesen wir über den Auszug Israels aus Ägypten.

Von Ramses brachen sie auf im ersten Monat, am fünfzehnten Tag des ersten Monats; am Tag nach dem Pessach מִמָּחֳרַת הַפֶּסַח zogen die Kinder Israels aus mit erhobener Hand, vor den Augen ganz Ägyptens.

Hier sehen wir klar, dass die Juden am 15. Nissan aus Ägypten zogen. Der 15. Nissan wird als מִמָּחֳרַת הַפֶּסַח , „der Tag nach Pessach“ beschrieben. Überträgt man es auf Jos. 5:11, wo ebenfalls מִמָּחֳרַת הַפֶּסַח steht, so kommt heraus, dass sie am 15. Nissan Gerste gegessen haben. Die Worte „der Tag nach Pessach“ in Jos. 5:11 und „der Tag nach Pessach“ in Num. 33:3 müssen die gleiche Bedeutung haben. Damit sagen die Karäer zu den Rabbinern: Seht, zur Zeit von Joschua wurde das Omer am 15. gebracht und der 14. war ein Schabbat. Wäre es nach Eurer Meinung, dann hätten sie das Omer am 16. Nissan darbringen müssen, wie aber konnten sie am 15. Gerste essen? Etwa vor dem Omer Opfer? Das ist doch gegen das Gesetz.

Mögliche Antworte 1:

Das ist eine super Frage. Es gibt nun zwei Möglichkeiten gegen die Karäer zu argumentieren. 1. Man beweist, dass der Vers in Jos. 5:11 nicht den 15., sondern den 16. Nissan meint oder 2. man beweist, dass sie am 15. Getreide essen durften und dennoch am 16. das Omer gebracht haben.

Saadia Gaon

Raw Saadia Gaon (882–942) antwortete so: Von Num. 33:3 auf Jos. 5:11 ist kein Beweis zu führen. Da das Pessach in Num. 33 ein Pessachfest ganz anderer Art war, als es später geboten wurde. Z.B. mussten die Juden in Ägypten ein Lamm am 10. Nissan nehmen (Ex. 12:3) und es am 14. Nissan schlachten (Ex. 12:6), außerdem mussten sie mit Blut die Türpfosten bestreichen (Ex. 12:7) und das Pessach in Eile essen (Ex. 12:11). Das alles ist nur ein einmaliges Ereignis, das zum Tod der Erstgeborenen und zur Erlösung Israels aus Ägypten mündete. Bei der Offenbarung am Sinai und der Übergabe der Torah, fehlen diese Vorschriften (Lev. 23:5-8; Num. 9:11-14). Das Pessach vor Sinai und nach Sinai sind unterschiedliche Pessach Feste mit unterschiedlichen Vorschriften.

Was bedeutet מִמָּחֳרַת הַפֶּסַח?

Die Worte מִמָּחֳרַת הַפֶּסַח , „der Tag nach Pessach“ in Num. 33:3 bedeuten, der 15. Nissan, nach dem Pessach-Opfer, das die Juden am 14. Nissan in Ägypten aßen, als Gott alle Erstgeborenen tötete, während er die jüdischen Häuser übersprang. Dagegen bedeuten die Worte מִמָּחֳרַת הַפֶּסַח, „der Tag nach Pessach“ in Jos. 5:11, der 16. Nissan. Denn Israel musste sich an allen Vorschriften halten, wie sie am Sinai gegeben wurden. D.h. „Pessach“ in Num. 33:3 bezieht sich auf das Pessach-Opfer, das am 14. Nissan gegessen wurde und „Pessach“ in Jos. 5:11 bezieht sich auf den ganzen Tag des 15. Nissan, weil am 15. Nissan das Pessach Fest stattfindet und jegliche Arbeit verboten ist. Deshalb können wir keinen Rückschluss von מִמָּחֳרַת הַפֶּסַח in Num. 33:3 auf מִמָּחֳרַת הַפֶּסַח in Jos. 5:11 machen. Das erklärt auch, warum Israel am 15. Nissan in Num. 33:3 mit erhobener Hand aus Ramses aufbrachen. Der 15. ist doch ein Jom Tow, und man darf keine Arbeit an Pessach verrichten (Lev. 23:7). Warum zogen sie mit Gepäck am 15. Nissan? Weil das Pessach vor Sinai kein Arbeitsverbot enthält und somit ein ganz anderes Pessach war, als nach der Offenbarung. Somit gibt es keine Notwendigkeit das מִמָּחֳרַת הַפֶּסַח, als der 15. Nissan in Num. 33:3 auf Jos. 5:11 zu übertragen.

Einwand Ibn Ezras

Ibn Ezra ist mit der Antwort von Raw Saadia Gaon nicht zufrieden. Das Problem ist: Wenn die Torah von „Pessach“ spricht, ist damit nur der Abend am 14. Nissan gemeint (Lev. 23:5; Num. 9:11; 28:16; Deut. 16:6). Dagegen wird der 15. Nissan immer ‎ חַג הַמַּצּוֹת „Fest der Matzot“ genannt (Lev. 23:6; Num. 28:17) aber nie „Pessach“. Das bedeutet, wir haben keinen Beweis, dass der Tag des 15. Nissan „Pessach“ bezeichnet wird. Damit können die Worte in Jos. 5:11 מִמָּחֳרַת הַפֶּסַח, „der Tag nach Pessach“ sich sehr wohl auf den 15. Nissan beziehen und nicht auf den 16. Die Frage ist somit unbeantwortet, warum Israel von dem Getreide des Landes Kanaan am 15. Nissan essen konnten, wenn das Omer-Opfer am 16. Nissan dargebracht werden muss, um neues Getreide zu essen.

Mögliche Antwort 2

Die erste mögliche Antwort wird durch den Einspruch Ibn Ezras abgeschwächt. Die zweite Antwort ist interessanter. Wir müssen zugeben, dass Israel am 15. Nissan Getreide gegessen haben und gleichzeitig begründen, warum das Omer am 16. Nissan dargebracht werden muss.

Raw Saadia Gaon zum 2.

Die Verse in Jos. 5:11 deuten darauf, dass die Juden am 15. Nissan Getreide des Landes Kanaan gegessen haben. Jedoch haben sie nicht von neuem Getreide gegessen, das in jenem Jahr gewachsen ist, sondern von altem, aus dem Vorjahr. Die Darbringung des Omer Opfers am 16. Nissan erlaubt das neu gewachsene Getreide zu essen, dagegen ist das Getreide des Vorjahrs auch vor dem Omer Opfer erlaubt (Deut. 16:9). Sie aßen am 15. Nissan von der Ernte aber nicht von der neuen. Dieses Argument löst auch eine andere Frage, die wir oben gestellt haben. Wie haben sie das Pessach Fest am 14. Nissan gefeiert? Aus welchem Getreide haben sie Matza gebacken, um sie am Seder Abend zu essen? Wenn sie erst am 15., nach dem Omer Opfer, das neue Getreide des Landes gegessen hätten, wie die Karäer es behaupten, dann müssen wir annehmen, dass sie am 14. Matza aus altem Getreide hergestellt haben. Und wenn sie altes Getreide besaßen, können wir annehmen, dass sie auch am 15. Nissan davon aßen und das Omer Opfer erst am 16. darbrachten. Zur Untermauerung dieses Arguments schauen wir uns noch einmal den Vers in Jos. 5:11 an.

וַיֹּאכְלוּ מֵעֲבוּר הָאָרֶץ מִמָּחֳרַת הַפֶּסַח מַצּוֹת וְקָלוּי בְּעֶצֶם הַיּוֹם הַזֶּה
Und sie aßen am Tag nach dem Pessach vom Ertrag des Landes, Matzot und geröstetes Korn, an ebendiesem Tag.

Ernte wessen Landes?

Der Vers sagt uns nicht aus welchem Land der Ertrag kam, den sie gegessen haben. Das Hebräische Wort für „Ertrag, Ernte“ עֲבוּר, wird im ganzen Tanach nur hier benutzt. Ertrag, Ernte heißt immer תְּבוּאָה aber nie עֲבוּר. Warum wird ein besonderes Wort für Ernte verwendet? Interessant ist auch, im ganzen Buch Joschua wird Ernte nur zweimal erwähnt. Hier in Vers. 11 und in Vers 12. Beide Male mit unterschiedlichen Wörtern. Das Wort עֲבוּר kommt von עבר, vergehen. Dagegen kommt das gewöhnlich benutzte Wort für Ernte, תְּבוּאָה, von בוא, kommen, einbringen. Es möglich anzunehmen, dass עֲבוּר nicht die neue, frisch geerntete Ernte ist, sondern die, aus dem Vorjahr, da עֲבוּר von עבר, vergehen, heißt und vielleicht auf die Ernte aus dem vergangenen Jahr hindeutet. Stünde dort תְּבוּאָה, dann wäre so eine Annahme unmöglich.

Wo hatten sie das Getreide her?

Das Wort עֲבוּר kann noch etwas anderes andeuten. Das Wort עֲבוּר kann auch von עבר „überqueren“ kommen oder von עֵבֶר, „die gegenüber liegende Seite“, „die andere Seite“. Wie in Jos. 12:7 ‎ בְּעֵבֶר הַיַּרְדֵּן „auf der anderen Seite des Jordan“. Die Verse in Jos. 5:10-11 handeln von der Zeit, als Israel den Jordan überquerten und vor der Eroberung von Jericho standen. Wann und wo hätten sie Getreide im Land Kanaan ernten können? Das Wort עֲבוּר ist nicht das Getreide des Landes Kanaan, sondern des Landes Sichon und Og, wo Israel sich aufhielt, bevor sie den Jordan überquerten. Damit können wir die Worte für „Ernte“ עֲבוּר als „Ernte von der anderen Seite“ verstehen, d.h. Ernte, nicht aus dem Land Kanaan, sondern aus Sichon und Og.

Diese Interpretation passt sehr gut zu dem, was wir einen Verse später lesen in Jos. 5:12.

„Und das Manna hörte auf am Tag, nachdem sie vom Ertrag des Landes gegessen hatten, und es gab kein Manna mehr für die Israeliten. Und in jenem Jahr aßen sie von der Ernte des Landes Kanaan.“
‎ ויִּשְׁבֹּת הַמָּן מִמָּחֳרָת בְּאָכְלָם מֵעֲבוּר הָאָרֶץ וְלֹא־הָיָה עוֹד לִבְנֵי יִשְׂרָאֵל מָן וַיֹּאכְלוּ מִתְּבוּאַת אֶרֶץ כְּנַעַן בַּשָּׁנָה הַהִיא׃

Das Manna hörte auf, es ruhte ויִּשְׁבֹּת. Wir erfahren, dass sie noch in diesem Jahr von der Ernte des Landes Kanaan aßen. Also nicht direkt nach Pessach, sondern irgendwann in diesem Jahr. Das Wort für „Ernte des Landes Kanaan“ ist ‎ מִתְּבוּאַת אֶרֶץ כְּנַעַן. Hier wird das gewöhnliche Wort für „Ernte“ benutzt, nämlich תְּבוּאָה und nicht עֲבוּר. Oben habe ich die Tatsache erwähnt, das ganze Buch Joschua enthalte nur zwei Verse mit dem Wort „Ernte“. Auf Hebräisch sind es zwei unterschiedliche Wörter, obwohl diese zwei Verse nebeneinander stehen.

Also muss עֲבוּר eine ganz andere Bedeutung haben, besonders wenn diese Verse nebeneinander stehen. Somit ist es möglich, dass sie am 15. Nissan Getreide gegessen haben, da das Getreide nicht vom Land Kanaan war. Dieser Umstand widerspricht nicht der mündlichen Tradition, das Omer Opfer am 16. Nissan darzubringen.

Und noch ein Argument

Raw Saadia Gaon bringt noch einen weiteren Beweis. Vor der Darbringung des Omers ist es verboten von neuem Getreide zu essen. Der Vers in Lev. 23:14 verrät uns, welches Getreide erst nach dem Omer gegessen werden darf:

‎ וְלֶחֶם וְקָלִי וְכַרְמֶל לֹא תֹאכְלוּ
Brot, geröstetes Getreide und Körner dürft ihr nicht essen.

Das Wort für „geröstetes Getreide“ קָלִי (Qali), das in Lev. 23:14 erwähnt wird, ist sehr ähnlich zu dem Wort in Jos. 5:11, wo sie ‎ מַצּוֹת וְקָלוּי Matzot und geröstetes Korn (Qaluj) gegessen haben. Wenn קָלִי (Qali) und קָלוּי (Qaluj) identisch sind, dann kann man nicht behaupten, dass sie in Jos. 5:11 vom alten Getreide gegessen haben, weil קָלִי (Qali) erst erlaubt ist, nachdem das Omer dargebracht wird. Was ist קָלִי (Qali) und was ist קָלוּי (Qaluj)?

Das קָלִי (Qali) bezeichnet feuchte Weizen neuer Ernte, die man röstet. Dagegen ist קָלוּי (Qaluj) ein eine Art geröstetes Mehlgericht. Man könnte den Einwand machen: Steht denn nicht über das Omer-Opfer ‎ קָלוּי בָּאֵשׁ geröstet (Qaluj) im Feuer (Lev. 2:14)? Also wurde das קָלוּי in Jos. 5:11 auch vom neunen Getreide dargebracht, womit die ganze Argumentation zerstört wäre. Doch nein, das קָלוּי in Lev. 2:14 bezeichnet nur etwas geröstetes. Das kann alles mögliche sein, wie Körner, Brot oder Fleisch. Z.B. in Jer. 29:22 „Der Ewige behandle dich wie Zidkijahu und wie Achab, die der König von Babel im Feuer geröstet (Qalam) hat!“. Dagegen heißt das geröstete Getreide von der neune Ernte קָלִי (Qali). Folglich gibt es keine Verbindung zwischen קָלִי in Lev. 23:14 und קָלוּי in Jos. 5:11. Denn das קָלוּי wird nur erwähnt, um zu unterstreichen, dass das Manna aufhörte und sie nun sich selbst Essen zubereiten mussten.

Zusammenfassung

Joschua und die Juden haben am 15. Nissan altes Getreide gegessen, das sie aus dem Land Sichon mitgebracht haben. Das Omer-Opfer war nicht notwendig, weil das Omer nur neues Getreide erlaubt aber nicht altes. Darauf deuten die Worte עֲבוּר und תְּבוּאָה, die im Kontrast stehen. Auch erfahren wir, dass sie von der Ernte des Landes irgendwann in jenem Jahr gegessen haben und nicht vorher. Die Worte קָלִי und קָלוּי haben unterschiedliche Bedeutungen und können nicht aufeinander bezogen werden. So erklärt Raw Saadia Gaon diese Verse gegen die Behauptungen der Karäer, dass das Omer am Sonntag nach dem Schabbat dargebracht werden muss.