Tischa beAw

Tischa beAv und die drei vorausgehenden Wochen

Argentinien ist Heimat der größten jüdischen Gemeinden Lateinamerikas. Sieben Stockwerke hatte das Gebäude der »Asociación Mutual Israelita Argentina« (AMIA) in Buenos Aires, ein Gemeindezentrum für die Juden der Stadt. Am 18. Juli 1994 wurde ein Lieferwagen in den Eingangsbereich der AMIA gesteuert, beladen mit einer aus Ammoniumnitrat beladenen Bombe.
Die fahrende Bombe tötete 85 Menschen, verletzte mehr als 300 schwer und machte das Gemeindezentrum dem Erdboden gleich. Später vermutete man, die Hisbollah steckte hinter diesem Anschlag.
Am 1. August 1914 ergeht Deutschlands Kriegserklärung an Russland. Zu gleicher Zeit beginnt die Mobilmachung der deutschen Truppen. Nachdem bereits Österreich-Ungarn den Krieg gegen Serbien erklärt hat, beginnt nun der Erste Weltkrieg, der am Ende zehn Millionen Menschen das Leben kosten wird.
Im Jahr 1492 erließ Isabella von Kastilien ein Dekret, wonach sich alle Juden des Landes bis zum 31. Juli 1492 entweder taufen lassen sollten, oder das Land zu verlassen hatten. Die Vertreibung der Juden aus Spanien hatte begonnen.
Diese drei, scheinbar wahllos gewählten, Ereignisse aus der jüdischen Geschichte, sind nicht nur durch den großen Schrecken, der ihnen innewohnt, verbunden. Sie fanden auch alle am gleichen jüdischen Datum statt, dem 9. Av – Tischa be Av. Ein Fasten- und Gedenktag, der ursprünglich an weiter zurückliegende Ereignisse der jüdischen Geschichte erinnern sollte: In der Tradition heißt es, dass an diesem Tag Mosche die 12 Späher in das Land Israel gesendet hat. Sie verbreiteten durch ihren Bericht über das Land Angst und Schrecken. Infolge dessen wurde dieser Tag zu einem Tag des Klagens und Weinens für das jüdische Volk (Vgl. BaMidbar Kapitel 13 und 14).
»Rabbi Jochanan sagte, dass dieser Tag (als die Kundschafter aus dem Land Jisrael kamen und ihren entmutigenden Bericht ablieferten), der Vorabend von Tischah be’Av war. Der Heilige, gelobt sei sein Name, sagte: „Du hast für nichts geweint. Ich werde dieses Datum für euch als einen Tag wirklichen Weinens für alle kommenden Generationen einsetzen.« (Talmud Bavli Taanit 29a).

Wie man den anfangs beschriebenen Ereignissen entnehmen kann, scheint es tatsächlich so zu sein.

Im Jahr 586 vor unserer Zeitrechnung zerstörten die Babylonier den Ersten Tempel, den Schlomoh erbaut hatte – und für das jüdische Volk begann das babylonische Exil. Im Jahre 70 wurde an genau diesem Tag auch der Zweite Tempel zerstört, und die Verbannung der Juden aus ihrem Land begann, während die Unheilsfälle sich in der Zeit zwischen dem 17. Tammus (in diesem Jahr der 13. Juli) und dem 9. Aw häuften.

In der charejdischen Welt ist Tischa be Aw auch der Tag, an dem an die Opfer der Schoa erinnert wird. In jüngster Zeit verfassten Rabbiner Schlomoh Halberstam und Rabbiner Schimon Schwab spezielle Kinnot (Klagelieder) für diesen Zweck.

Halachot und Gebräuche dieser Zeit

Die Zeit zwischen dem 17. Tammus und dem 9. Av war immer eine Zeit des Unglücks und Unheils für das jüdische Volk.
Trauerbräuche werden während dieser Zeit beachtet. Man vermeidet Freude und auch gefährliche oder Riskikoreiche Unternehmungen sollten vermieden werden.

Ach, wie liegt einsam die Stadt,
so volkreich sonst!
Wie eine Witwe ist sie geworden,
Die groß war unter den Völkern.
Die Fürstin der Städte
Muss tragen das Joch.

Beginn des Buches „Echah“ das zu Tischa beAw gelesen wird.

Rabbi Jochanan sagte, dass dieser Tag (als die Kundschafter aus dem Land Jisrael kamen und ihren entmutigenden Bericht ablieferten), der Vorabend von Tischah be’Av war. Der Heilige, gelobt sei sein Name, sagte, »Du hast für nichts geweint. Ich werde dieses Datum für Euch als ein Tag wirklichen Weinens für alle kommenden Generationen einsetzen«.
Talmud Bavli Taanit 29a

Der Neunte Aw (Tischa beAw) wird in Trauer begangen, dieser Tag ist ein besonderer Fastentag. Torahschrein und Lesepult werden von den schmuckvollen Vorhängen entblößt und bei schwachem Licht werden am Abend die Kinnot gelesen. Ereignisse der jüdischen Geschichte die an Tischa beAw stattfanden:

  • Am neunten Aw wurde verfügt, dass die Generation, die durch die Wüste gewandert war, nicht das Land Jisrael betreten durfte (Bamidbar 14:26-35)
  • Im Jahre 3338 wurde der erste Tempel durch Nebuzaradan zerstört. Er war ein Gesandter des babylonischen Königs Nebukadnezar.
  • Im Jahre 3318 zerstörten die Römer den zweiten Tempel.
  • Die Römer zerstörten die Stadt Bethar und töteten alle ihre Bewohner.
  • Die Vertreibung der Juden aus England 1290
  • Die Vertreibung der Juden aus Spanien
  • Der Ausbruch des ersten Weltkrieges

Regeln und Bräuche während der »Drei Wochen« (Kizzur Schulchan Aruch §122)

  • Es finden keine Hochzeiten statt, während aber Verlobungen erlaubt sind.
  • Man hört nicht Musik
  • Man hält sich von fröhlichen öffentlichen Veranstaltungen fern.
  • Man vermeidet Ausflüge
  • Man schneidet sich nicht die Haare
  • Man vermeidet das Sagen der Brachah: „Schehechijanu“
  • Man trinkt keinen Wein und verzehrt kein Fleisch (außer am Schabbat)

Während der »Neun Tage«

  • Man vermeidet es, Dinge zu kaufen, die einem Freude bereiten.
  • Man verzichtet völlig auf den Verzehr von Fleisch und Wein (wenn man dies nicht schon während der „Drei Wochen“ begonnen hat); auch hier gilt, daß man Fleisch und Wein genießen darf, wenn man sie am Schabbat verzehrt, oder im Anschluß an eine Mitzvah.
  • Man verzichtet auf das Tragen neuer Kleidung.
  • Man badet nicht zum Vergnügen, sondern nur um sich zu reinigen. Vorzugsweise sollte man kaltes Wasser benutzen. Außerdem sollte sich nicht der gesamte Körper im Wasser befinden. Am Freitag ist das Baden in warmen Wasser erlaubt, um den Schabbat zu ehren.

Tischa be Av

Am Abend vor Tischa be Av sollte man eine ausgedehnte Mahlzeit essen, als Vorbereitung auf das Fasten.

Kurz vor dem Fasten nimmt man noch eine spezielle Mahlzeit zu sich. Seuda Ha’maf sekes – Ein gekochtes Ei, Brot und Wasser. Das Ei erinnert uns an den Kreislauf des Lebens. Diese Mahlzeit wird auf dem Boden sitzend gegessen, als Symbol der Trauer.

Tischa be Aw ist ein voller Fastentag, vom Abend bis zum nächsten Abend wird weder gegessen, noch getrunken.
Schwangere und stillende Frauen sind ebenfalls zum Fasten verpflichtet.
Kranke, Alte und schwache Menschen sind vom Fasten befreit.
Medizin darf eingenommen werden, wenn es möglich ist, ohne Wasser.
Man wäscht sich nicht, nach dem Aufstehen reinigt man sich lediglich die Finger.
Das Tragen von Lederschuhen ist nicht erlaubt.
Das Lernen von Torah und Talmud ist nicht erlaubt, ausgenommen von Stellen, die sich auf Trauer beziehen, denn das Lernen von Torah wird als Freude betrachtet.
Man sitzt auf dem Boden
Man grüßt andere nicht, wenn man einen Gruß erwidern muss, dann nickt man nur mit dem Kopf oder bewegt nur die Lippen.