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Pirkej Awot mit dem Kommentar des Moses Maimonides > Kapitel 2

Die Übersetzung stammt von Me’ir Rawicz.

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§ 1

Rabbi sagt: Welches ist der rechte Weg, den sich der Mensch wählen soll? Derjenige, der ruhmvoll ist für den, der ihn wandelt und der ihm Ruhm einträgt von den Menschen1. Gib acht auf das geringe (minder wichtige) Gebot2 wie auf das schwerwiegende3, denn du kennst nicht die Entlohnung und Vergeltung der religiösen Gebote4. Bedenke, welchen Verlust du bei der Ausübung eines religiösen Gebotes hast gegen den Lohn (der deiner wartet und der den Verlust bei weitem übertrifft), und bedenke den (geringen) Gewinn, den du von einer Sünde hast gegenüber ihrem (großen) Nachteil (den sie im Gefolge hat). Bedenke drei Dinge und du wirst nie zu einer Sünde kommen. Wisse, was über dir ist, nämlich ein allsehendes Auge, ein allhörendes Ohr und wisse, dass alle deine Taten in ein Buch eingeschrieben werden5.

§ 2a

R. Gamaliel, der Sohn des R. Jehuda hanassi, sagt: Schön ist das Studium der Thora, wenn es mit Weltsitte (w. mit einer Beschäftigung)6 verbunden ist, denn das Sichabmühen mit beiden macht die Sünde vergessen (scheucht sie aus dem Sinn) und jedes Studium der Thora, das nicht mit einer Arbeit (einem Handwerk oder Gewerbe) verbunden ist, hört schließlich auf (hat keinen Bestand) und zieht Sünde nach sich 7.

§ 2b

Alle, die sich mit gemeinnützigen Angelegenheiten beschäftigen (gewöhnlich heißt es: וכל העוסקים), sollen sich des Himmels wegen damit abmühen (gewöhnlich heißt es: יהיו עוסקים לש“ש, hier steht: יהיו עימלים עמהם), denn das Verdienst ihrer Väter hilft ihnen und ihre Tugend besteht ewiglich. Euch aber werde ich viel Lohn erteilen, als ob ihr es getan hättet8.

§ 3

Seid gewarnt vor den Herren der Obrigkeit9, denn sie nehmen den Menschen nur zu ihrem eigenen Nutzen auf, sie erscheinen als Freunde, wenn sie von ihm einen Vorteil suchen, aber sie stehen dem Menschen in seiner Not nicht bei.

§ 4a

Derselbe (R. Gamaliel, der Sohn des R. Jehuda hanassi) sagte: Vollziehe seinen (Gottes) Willen, als wenn es dein eigener Wille wäre, damit er deinen Willen nach seinem Willen (wie er es für gut findet) tue. Entsage auch deinem Willen wegen seines Willens (unterdrücke deine Leidenschaft, wenn Gott den Genuss verboten hat), damit er den Willen anderer aufhebe wegen deines Willens.

§ 4b

Hillel sagte: Sondere dich nicht von einer (religiösen) Gesamtheit ab10 und glaube nicht an dich (traue dir selbst nicht) bis zum Tage deines Todes11. Richte nicht eher deinen Nächsten, bis du an seine Stelle gelangt bist. Sage nicht, das kann man unmöglich erfahren12, denn schließlich wird es doch gehört (ein ähnlicher Gedanke wie Koheleth 10, 20). Sage ferner nicht: Wenn ich Musse haben werde, werde ich lernen, denn vielleicht wirst du gar keine Musse bekommen.

§ 5

Derselbe (Hillel) sagte: Ein Ungebildeter13 ist nicht Sündenscheu, ein am ha arez, ein Idiot (jemand, der für die Erde, das Irdische lebt, namentlich Übertreter einzelner Satzungen, die der Chaber חבר streng befolgte) kann nicht wirklich fromm, ein Verschämter (Schüchterner) lernt nichts, ein Jähzorniger kann nicht lehren (unterrichten), nicht jeder, der viel Handel treibt, wird weise werden (weil ihm das Geschäft zu wenig Zeit zum Studium übrig lässt, יתחכם = מחכים intrns.) und an einem Orte, wo keine Männer vorhanden sind (die die Gemeindeangelegenheiten in die Hand nehmen können), bestrebe dich14, ein Mann zu sein (und energisch aufzutreten).

§ 6

Er (Hillel) sah auch einst einen Schädel, welcher auf dem Wasser schwamm, da sagte er zu ihm: Weil du ertränkt hast, haben sie dich ertränkt; schließlich aber werden diejenigen, welche dich ertränkten, wieder ertrinken15.

§ 7a

Derselbe sagte: Je mehr Fleisch (am Körper), desto mehr Gewürm (nagt am Körper nach dem Tode), je mehr Vermögen, desto mehr Sorge (dass man nichts davon verliert), je mehr Frauen, desto mehr Zauberei, je mehr Sklavinnen, desto mehr Unzucht, je mehr Sklaven, desto mehr Raub (Diebstahl), je mehr Thora aber, desto mehr Leben, je mehr Akademien (Lehrhäuser), desto mehr Weisheit, je mehr Rat (man sich holt), desto mehr Einsicht (Klarheit kommt in eine Sache), je mehr Tugend, desto mehr Frieden. Wer sich einen guten Namen erworben, hat ihn für sich selbst erworben, wer Thorakenntnisse sich angeeignet, hat sich Anteil am Leben einer zukünftigen Welt erworben.

§ 7b

R. Jochanan b. Sakkai empfing (die Überlieferung) von Hillel und Samai. Er sagte: Wenn du viel Thora lerntest, so tue dir nichts darauf zu gute, denn dazu bist du gebildet (geschaffen) worden.

§ 7c

Fünf Schüler hatte R. Jochanan b. Sakkai: R. Eliëser b. Horkanos, R. Josua b. Chananja, R. Jose der Kohen, R. Simon b. Nathanaël und R. Eleasar b. Arach. Er zählte einst ihre guten, lobenswerten Eigenschaften auf (und sagte): R. Eliëser b. Horkanos gleicht einer verkalkten Zisterne, die keinen Tropfen verdirbt16. Von R. Josua (sagte er): Heil der, die ihn geboren hat!17 R. Jose ist ein frommer Mann18. R. Simon b. Nathanaël ist sündenscheu19, und R. Eliëser b. Arach gleicht einer immer stärker werdenden Quelle (so nimmt er immer mehr an Wissen zu)20.

§ 8a

Derselbe sagte: Wenn alle Weisen Israels in der einen Wagschale liegen möchten und R. Eliëser b. Horkanos in der andern, so würde er sie alle aufwiegen. Abba Saul sagte in seinem (des R. Jochanan b. Sakkai) Namen so: Wenn alle Weisen Israels in der einen Wagschale liegen würden und R.E.b.H. auch bei, ihnen, aber R. Eliëser b. Arach in der andern, so würde dieser sie alle aufwiegen.

§ 8b

Er (R. J. b. S.) sprach einst zu ihnen (seinen Schülern): Gehet hinaus und sehet (überleget), welches der rechte Weg (das Richtigste) sei, dem der Mensch sich anschließen soll. R. Eliëser sagte: Ein gutes Auge21. R. Jehoschua sagte: Ein guter Freund. R. Jose sagte: Ein guter Nachbar. R. Simon sagte: Wer das Zukünftige im voraus sieht22. R. Eleasar sagte: Ein gutes Herz. Darauf sagte er (R. Jochanan b. Sakkai) zu ihnen: Mir gefällt das, was R. Eleasar sagte, denn in seinen Worten sind die eurigen mit enthalten. Er sagte zu ihnen: Jetzt gehet hinaus und überleget, was das Schlechteste ist, wovon sich der Mensch fernhalten soll. R. Eleasar sagte: Ein missgünstiges Auge, R. Josua, ein schlechter Genosse, R. Jose, ein schlechter Nachbar, R. Simon meinte, ein solcher, der sich leiht und nicht bezahlt23, sei es, dass man sich von Menschen oder von Gott leiht, wie (Ps. 37, 21) steht: “Es borgt der Frevler und bezahlt nicht, aber der Gerechte ist mildtätig und gibt”24, R. Eliëser meint, ein böses Herz und sagte er zu ihnen: Mir gefallen25 die Worte des R. Eliëser b. Arach, denn in seinen Worten sind die eurigen mit enthalten.

§ 9

Sie sagten drei Dinge: R. Eliëser sagte: Es sei die Ehre deines Nächsten dir so lieb, wie die deinige; sei nicht leicht zu erzürnen26; kehre einen Tag vor deinem Tode (zu Gott) zurück27, wärme dich am Feuer der Weisen28, aber hüte dich vor ihrer Glut, dass du nicht versengst; denn ihr Biss ist der Biss des Schakals, ihr Stich der Stich des Skorpions, ihr Zischen das Zischen des Saraph (der Schlange) und alle ihre Worte gleichen glühenden Kohlen.

§ 10

R. Josua sagt: Ein missgünstiges Auge, der böse Trieb und der Hass der Menschen bringen den Menschen (frühzeitig) von der Welt29.

§ 11

R. Jose sagt: Das Geld deines Nächsten sei dir so lieb wie das deinige, schicke dich an30, Thora zu lernen, da sie nicht als ein Erbe (ohne Mühe) dir zukommt und alle deine Taten sollen im Namen (zur Ehre) Gottes ausgeführt werden31.

§ 12

R. Simon sagt: Sei vorsichtig (oder sei eifrig) beim Lesen des Schema und des 18 Gebetes (verrichte es gleich nach Sonnenaufgang) und wenn du betest, so mache dein Gebet nicht zu etwas Feststehendem32 (Gewohnheitsmässigem, was zu einer bestimmten, feststehenden Zeit getan werden muss), sondern flehe um Erbarmen dabei vor Gott, wie (Joel 2, 13) gesagt ist: “Denn gnädig und barmherzig ist er, langmütig und reich an Huld und bedenkt sich wegen des Unheils” und sei kein Frevler vor dir selbst (wenn du mit dir allein bist und denkst, du würdest von den Menschen nicht gesehen werden und der Strafe entgehen können).

§ 13

R. Eleasar sagt: Sei eifrig33 im Thorastudium, wisse, was du einem Epikuräer34 (Freidenker, einem Anhänger der freien Denkungsweise des gr. Philosophen Epikurus) erwidern sollst, wisse auch, vor wem du dich abmühst (beim Thorastudium)35 und dein Werkmeister ist glaubwürdig, dass er dir den Lohn für dein Tun bezahlen wird.

§ 14

R. Tarfon sagt: Der Tag ist kurz, die Arbeit viel, die Arbeiter sind träge, der Lohn ist groß und der Herr drängt36.

§ 15

Derselbe sagte: Dir liegt es nicht ob, die Arbeit zu vollenden, du bist aber auch nicht frei, dass du dich ihrer entziehen darfst. Wenn du viel Thora gelernt hast, gibt man dir viel Lohn, denn dein Werkmeister ist beglaubt, dass er dir den Lohn deines Tuns bezahlen wird. Du musst nämlich wissen, dass die Erteilung des Lohnes für die Frommen erst in der zukünftigen Welt zu erwarten ist37.


  1. Damit sind die guten Werke gemeint, s. oben 4. Abschnitt, d.h. man soll die Tugenden, die in der Mitte von zwei Extremen liegen, üben, wodurch man für die Seele einen würdigen Zustand schaffen kann, man soll mit den Menschen freundlich umgehen.↩︎

  2. z.B. die Festfreude an den drei Wallfahrtsfesten und das Erlernen der heiligen (hebräischen) Sprache.↩︎

  3. z.B. die Beschneidung, das Gebot der Schaufäden, das Schlachten des Pessachlamms.↩︎

  4. Bei den Verboten steht die Bestrafung für ihre Übertretung in der Thora, teils erfolgt darauf gerichtliche Todesstrafe, teils Koreth (Ausrottung), d. i. göttliche Todesstrafe und Geisselung. An den Strafen für Übertretung der Verbote können wir erkennen, wie schwer ein Verbot ist und welches nicht so schwer ist und zwar gibt es acht Abstufungen dabei: 1. Verbote, worauf Steinigung, 2. worauf Verbrennung, 3. Tod durchs Schwert, 4. Erwürgung, 5. Koreth, 6. göttliche Todesstrafe, 7. Geisselung, 8. Verbote, worauf keine Geisselung gesetzt ist. An diesen verschiedenen Graden von Verboten können wir die schwere resp. leichtere Art des Vergehens ermessen, aber bei den Geboten wissen wir nicht, welcher Lohn auf jedes einzelne erfolgt, das ist nur deshalb, damit wir nicht wissen sollen, welches Gebot mehr und welches weniger beachtet zu werden verdient. Gott befahl, das und das zu tun, ohne anzugeben, welches von zwei Geboten mehr belohnt wird, weshalb man alles gleich beobachten müsse. Wegen dieses Grundsatzes heißt es (Sota 22b): “Wer sich mit einem Gebote beschäftigt, ist von einem andern befreit”, ohne dass ein Unterschied gemacht wird zwischen dem Gebote, womit man beschäftigt ist und dem andern, von dem man befreit ist (weil alle Gebote in gleichem Range stehen). Deshalb sagte man auch (Joma 33a): “Man darf Gebote nicht übergehen” (nicht das eine, weil es wichtiger zu sein scheint, dem andern vorziehen), dann sagt er (der Autor der Mischna): Obwohl dir nicht offenbar ist, wie weit das eine Gebot mehr geliebt zu werden verdient, als ein anderes, so gibt es doch einen Massstab dafür, nämlich so groß die Strafe, welche auf die Nichtbefolgung eines Gebotes gesetzt ist, ebenso groß ist der Lohn für die Befolgung dieses Gebotes, z. B. Beschneidung, Darbringung des Pessachopfers, das Brachliegenlassen der Felder im Erlassjahre, das Anfertigen eines Geländes um das Dach eines Hauses (Deuter. 22, 8), alle diese sind Gebote. Wer aber am Sabbath eine Arbeit verrichtet, macht sich der Steinigung schuldig, wer die Beschneidung (bei seinem Kinde) nicht vollziehen lässt oder kein Opfer zum Feste darbringt, macht sich der Korethstrafe schuldig, wer Blut kommen lässt auf sein Haus (ibid.), erhält Geisselhiebe, wie es heißt: “Du sollst keine Blutschuld über dein Haus bringen.” Daran kannst du erkennen, dass der Lohn für das Ruhen am Sabbath grösser ist, als der Lohn für die Beschneidung (weil auch die Strafe für die Nichtbefolgung grösser ist). Der Lohn für die Beschneidung wiederum grösser als der Lohn für die Anfertigung eines Geländes, was mit den Worten gesagt sein soll: “Bedenke den Verlust, den du durch die Nichtbefolgung hast gegen den Lohn für die Befolgung.” Auch spricht er (der Autor der Mischna) von einem Lohn für die Sünde, wenn du sie nicht begehst, was auch nicht klar ist, aber erweise es von der Strafe, denn der Lohn für die Unterlassung einer Sünde richtet sich nach der Grösse der Strafe, die auf die Begehung der betreffenden Sünde gesetzt ist, wie in Kidduschin steht: “Wer still sitzt und keine Sünde begeht, dem gibt man Lohn, als hätte er ein Gebot erfüllt”, was wir z.St. näher erklärten.↩︎

  5. So spricht auch die Thora, als Gott die Taten (das Anfertigen des goldenen Kalbes) bekannt wurden, wie Moses sagte: “Streiche mich aus dem Buche, das du geschrieben hast” (Exod. 32, 35) also auch in der Thora von einem Buche die Rede ist.)↩︎

  6. Mit einem Gewerbsund Ernährungszweig.↩︎

  7. Man wird schließlich zum Räuber und Dieb wegen allzugroßer Armut.↩︎

  8. Wenn die mit gemeinnützigen Angelegenheiten sich Beschäftigenden manches Gebot nicht erfüllen können, so rechnet es ihnen Gott an, als ob sie es dennoch getan hätten.↩︎

  9. Vor den Machthabern, Würdenträgern.↩︎

  10. Im vierten Abschnitt sagten wir, dass man sich von der Gesamtheit nur nach Massgabe ihrer Lasterhaftigkeit trennen soll.↩︎

  11. d.h. wenn beim Menschen auch der Seelenzustand in Ordnung und erstarkt ist, so soll er doch noch einmal so viel Gutes tun, damit sein Seelenzutand noch fester werde; er soll nicht selbstbewusst und selbstvertrauend sagen: Die Tugend ist mir eigen und kann sie unmöglich von mir weichen.↩︎

  12. Maimonides erklärt es so: Drücke dich nicht in einer Weise aus, dass deine Worte im ersten Moment ganz unverständlich sind und erst bei genauem Aufmerken und tiefem Nachdenken verstanden werden können, sondern der Wortsinn deiner Rede soll sofort klar und verständlich sein. Sage also nicht, es wird schließlich verständlich sein; was jedoch nicht richtig ist.↩︎

  13. בור ist ein solcher, der weder Wissen noch gute Eigenschaften besitzt, während ein Am ha arez zwar auch keine geistigen Vorzüge hat, aber doch einige gute moralische Eigenschaften besitzt.↩︎

  14. d.h. wenn keine Gelehrte da sind, von denen du lernen kannst, höhere Vorzüge dir anzueignen, lerne selbst, wie das Targum zu Gen. 32, 25 ויאבק איש עמו mit: ואשתדל גברא עמיה übersetzt. Ferner steht (Erubin 55a): Die Thora wird nicht bei hochmütigen und stolzen Leuten angetroffen, auch nicht bei solchen, die in ferne Länder gehen (immer auf Reisen sind), was sie, um es verständlich zu machen, mit dem Verse (Deuter. 30, 13) belegten: “Sie (die Thora) ist nicht jenseits des Meeres” usw., d.h. nicht bei Hochmütigen und übers Meer Reisenden ist sie zu finden.↩︎

  15. d.h. die schlechten Taten rächen sich an dem, von welchem sie ausgingen, wie es heißt (Spr. Sal. 5, 22): “Die eigenen Missetaten fangen ihn, den Frevler” usw. Ferner (Ps. 7, 16): “Eine Grube gräbt und höhlt sie aus” (und fällt in den Abgrund, den er gemacht). Auch sagen die Weisen (Sanh. 100a, Sota 9b): Mit demselben Masse, womit jemand misst, misst man auch ihm, was man zu jeder Zeit und an jedem Orte wahrnehmen kann, dass wer Böses tut und immer von neuem Lasterhaftes begeht, selbst von dem Bösen, das er neu erfindet, geschädigt wird, weil er an eine Arbeit gewöhnt ist, die ihm und andern schadet, umgekehrt ist es bei guten Taten.↩︎

  16. d.h. er hat ein gutes Gedächtnis, er behält alles, was er lernt und geht bei ihm nichts verloren.↩︎

  17. Weil er so gute moralische Eigenschaften besass, denn ein solcher wird glücklich gepriesen, geehrt und von der Welt grösstenteils geliebt.↩︎

  18. Weil er vorzügliche ethische und intellektuelle Eigenschaften hatte.↩︎

  19. d.h. eifrig und strebsam in der Ausübung guter (religiöser) Angelegenheiten und nimmt sich vor dem Bösen in acht.↩︎

  20. Er versteht alles gut und alles Schwierige und Tieferliegende ist ihm leicht verständlich und fügt sein Verstand zu dem Gegenstande manches hinzu.↩︎

  21. d.h. die Genügsamkeit mit dem, was man besitzt, was zu den ethischen Eigenschaften gehört; das Gegenteil davon ist das böse Auge, d. i. die Verkleinerung der Dinge und die Schnelligkeit (eifriges Streben), noch mehr zu erlangen.↩︎

  22. Er erkennt das Zukünftige aus dem, was in der Gegenwart vorgeht, nicht durch Kenntnisse, so dass er durch die hohen Geistesvorzüge die Zukunft berechnet. Er lernt das Verborgene von dem Offenkundigen, er betrachtet die menschlichen Dinge und verfolgt sie bis zu ihrem letzten Endziele.↩︎

  23. Das gilt als Beispiel für etwas sehr Schlechtes.↩︎

  24. Er vergilt dem, der das Geliehene nicht wieder erhält.↩︎

  25. d.h. nach genauer Prüfung wählte er die Worte des R. Eliëser als die besten aus, denn in dem guten Herzen ist alles enthalten, wie bereits oben im 4. (S. 9 § II) und 2. (S. 6) Abschnitt auseinandergesetzt ist, dass die sich regende Seele im Herzen ihren Sitz hat, die Herzkammer und die Nieren stammen auch davon. Und obgleich alle Kräfte vom Herzen ausgehend zu betrachten sind und vom Herzen ihren Anfang nehmen, was auch die wahre (richtige) Ansicht ist, so breitet sich doch die angeregte Kraft nicht von ihm nach einem andern Gliede aus, wie z. B. die ernährende Kraft, d.h. das Wachstum vom Herzen zur Leber geht. Unter einem guten Herzen sind demnach zu verstehen die guten Taten, die mittleren Tätigkeiten (in der Mitte von zwei Extremen), d.h. die moralischethischen Eigenschaften, was die Enthaltsamkeit, die Liebe zu allem Guten und ausserdem noch andere gute Eigenschaften in sich schließt, umgekehrt fasst das schlechte Herz alle schlechten Eigenschaften, wovor man sich in acht nehmen muss, in sich.↩︎

  26. Bringe dich nicht selbst schnell in Zorn und sagen die Weisen: Wer in Zorn gerät, gleicht einem Götzendiennr, was mit dem Verse (Ps. 81, 10): “Nicht soll in dir sein ein fremder Gott und bücke dich nicht vor einem andern Gotte” belegt wird, d.h. beides ist eins.↩︎

  27. Da der Mensch nicht weiss, wann er sterben wird, so muss er jeden Tag denken, er könnte schon morgen sterben, so dass der heutige Tag der Tag vor seinem Tode sein würde, und somit bringt er sein ganzes Leben in Busse zu (Sabbath 153a).↩︎

  28. Dies ist kein Ausspruch, der eine Morallehre enthält, sondern etwas, was er sonstwo gehört hat und erzählte er es wieder und deshalb wird es nicht zugezählt den (ersten drei) Hauptaussprüchen. Gemeint ist damit folgendes: Wenn du dich zu Weisen und hervorragenden Männern gesellst, so reibe dich nicht an ihnen und erhebe dich nicht über sie, sondern sei ihr Genosse, um ihnen kund zu tun, dass du dich ihnen nähern wirst, wenn sie dich sich annähern werden. Suche aber nicht, dich ihnen mehr anzuschließen, als sie es mit dir tun, denn sonst könntest du ihrer Gesinnung gegen dich schaden und ihre Liebe in Hass verwandeln und würdest den Nutzen von ihnen nicht erlangen, den du erhoffst, gleich wie jemand, der sich am Feuer wärmt, der nur einen Nutzen vom Feuer hat, wenn er in einer gewissen Entfernung bleibt; wird er aber wag halsig und kommt er dem Feuer zu nahe, verbrennt er sich und statt Nutzen erleidet er Schaden, was mit den Worten gemeint ist: Wärme dich, aber nimm dich in acht vor ihrer Glut, dass du nicht versengst. Dann schreckt er davor noch mehr ab mit dem Zusatz: Denke nicht, dass du, wenn sie (die geschmähten Weisen) dich geflucht haben, sie um Verzeihung bitten wirst, sie dir vergeben werden, denn sie hören nicht auf die Stimme des Beschwörers, wie der Seraph nicht auf ihn hört, wie es (Ps. 58, 6) heißt: “Sie hören nicht auf die Stimme der Beschwörer.” Das kannst du auch von Gechasi (II Kön. 5, 20, 27) wissen, der mit einer ekelhaften Krankheit bestraft wurde, weil er gegen seinen Herrn Elisa sich aufgelehnt hatte, wie aus den Worten der Weisen hervorgeht (Sanhedrin 107b) in Betreff der Prophetenstelle (II Kön. 7, 3): “Es waren vier aussätzige Männer am Eingange des Tores”; ebenso ist bei R. Josua b. Parachja und bei allen andern ausser ihnen der Schaden angegeben, den sie dadurch erlitten, dass ihre Schüler einen schlechten Lebenswandel führten (w. das Essen anbrennen liessen).↩︎

  29. Er meint: das Haschen nach irdischem Gut, die große Leidenschaft und die Schlechtigkeit der Seele ist die Krankheit eines Pessimisten, dabei verachtet der Mensch das, was seine Augen sehen und hasst es, er befindet sich nur wohl in der Gesellschaft von Tieren, er liebt die Einsamkeit in den Wüsten und in den Wäldern, er sucht sich einen Ort aus, der nicht bewohnt ist, was nicht aus Frömmigkeit geschieht, sondern wegen der schlechten Leidenschaft und aus Neid gegen andere. Solche Leute sterben ohne Zweifel, wenn der Körper krank wird, vor der Zeit.↩︎

  30. Wir erklärten bereits im 8. Abschnitt (oben S. 38), was unter Rüsten und Vorbereiten zu verstehen ist, denn der Mensch muss Vorbereitung treffen zur Erlangung von Tugenden.↩︎

  31. Im 5. Abschnitt (oben S. 22 u. 23) erklärten wir, was die Worte bedeuten: Alle deine Taten sollen im Namen des Himmels geschehen.↩︎

  32. קבע bedeutet etwas, was einem schwer ankommt. Du sollst das Gebet nicht betrachten, als ob man dir befehlen würde, ein Geschäft zu verrichten, wovon man sich gern befreien möchte.↩︎

  33. Über שקד vgl. Jeremias 1, 12, schnell, emsig sein, oder auch beständig, oft etwas tun, wie (Spr. Sal. 8, 34) steht: לשקוד על דלתותי יום יום↩︎

  34. Wenn er an dich Fragen richtet. Es heißt (Sanhedrin 38b): Das gilt bloss von einem nichtjüdischen Freidenker, aber ein jüdischer wird durch Widerlegungen noch mehr entarten, d.h. er wird noch spöttischer werden und hat es keinen Zweck, sich mit ihm in Dispute einzulassen, wie es (Spr. Sal. 2, 19) heißt: “Alle, die zu ihr kommen, kehren nicht zurück und erreichen nicht wieder die Pfade des Lebens.” Ferner sagen die Weisen: Wenn du auch die Ansichten der übrigen Völker (über Religion) kennen lernst, um sie zu widerlegen, so sollst du dir doch nichts davon aneignen, denn Gott kennt dein Inneres.↩︎

  35. d.h. das Herz muss immer auf den Glauben an Gott gerichtet sein.↩︎

  36. Das bezieht sich auf die Kürze der Lebensjahre und die Fülle von Wissenswertem, die es gibt, während die Menschen zu lässig sind, sich Wissen anzueignen, obwohl viel Lohn darauf gesetzt ist und die Thora warnend ihre Stimme erhebt und ermahnt, nach Weisheit und frommen Sitten zu streben.↩︎

  37. Was unter עולם הבא zu verstehen ist, erklärten wir zur Genüge im 10. Abschnitt von Sanhedrin.↩︎