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Pirkej Awot mit dem Kommentar des Moses Maimonides > Kapitel 6

Die Übersetzung stammt von Me’ir Rawicz.

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Weil nun bis jetzt alle fünf Abschnitte zur Mischna gehörten, muss man kund tun, dass von da ab und weiter das Gesagte von der Borajtha (was ausserhalb des Lehrhauses vorgetragen wurde) gelehrt wurde. Deshalb steht im Anfang des kommenden 6. Abschnittes: Die Weisen lehrten in der Sprache der Mischna, d.h. das Folgende gehört der Borajtha an, nur ist es nach mischnaitischer Art gelehrt worden, ist jedoch keine Mischna. Weil die Aussprüche des 6. Abschnitts agadischer (nicht halachischer) Art sind, pflegt man sie im Gotteshause wie die andern Abschnitte zu lesen.

§ 1

Es lehrten die Weisen in der Sprache der Mischna: Gelobt sei, wer sie (die Gelehrten) und ihr Lernen erwählt hat (Dieser Perek handelt von der Vorzüglichkeit der Thora).

R. Meir sagt: Wer sich mit der Thora um ihrer selbst willen beschäftigt (wer sie als Selbstzweck studiert), erlangt viele Dinge und nicht nur das; sondern die ganze Welt ist durchaus seiner würdig (dass sie seinetwegen geschaffen wurde). Ein Solcher wird genannt: Freund1, Liebling2, Gott und Menschen liebend3, Gott und Menschen erfreuend, es (das Thorastudium) bekleidet ihn mit Demut und Gottesfurcht4 und es (das Thorastudium) macht ihn fähig, dass er fromm und überaus tugendhaft5, redlich6 und glaubwürdig (in Handel und Wandel) werde; es entfernt ihn von der Sünde und bringt ihn der Tugend näher und die Leute geniessen von ihm Rat und Heil, wie (Spr. Sal. 8, 14) gesagt ist: “Bei mir ist Rat und Ausführung; ich bin die Einsicht, besitze die Stärke.”7

§2a

Ausserdem verleiht sie (die Thora) ihm Königtum, Herrschaft; sie bewirkt, dass man eine Rechtssache gründlich untersuchen kann (sie gibt die Mittel an die Hand, die Wahrheit zu eruieren); man offenbart ihm (dem frommen Gelehrten) die Geheimnisse (tiefer liegenden Gründe) der Lehre und er wird gleichsam zu einer Quelle, die nicht aufhört (unerschöpflich ist), und zu einem Strome, der immer mächtiger wird. Er (der Thora studiert) wird bescheiden, langmütig (gerät nicht leicht in Zorn), verzeiht seine Beschimpfung (wenn man ihn beleidigt); auch erhöht und erhebt es (das Thorastudium) ihn über alle Geschöpfe.

§ 2b

R. Josua b. Levi sagt: An jedem Tage kommt ein Bath Kol (eine Art Himmelsstimme) vom Berge Horeb herab, welche ausruft: Wehe den Menschen wegen der Schändung der Thora8, denn wer sich nicht mit der Thora beschäftigt, wird נזוף genannt (d.h. es wird ihm von Gott ein Verweis erteilt)9, wie (Spr. Sal. 11,22) gesagt ist: “Ein goldener Nasenring am Rüssel des Schweines, so ein schönes Weib, das ohne Anmut ist.”10 Ferner steht (Exod. 32, 16): “Und die Tafeln waren göttliches Werk und die Schrift war eine göttliche Schrift, eingegraben חרות in die Tafeln.” Lies nicht חרות, sondern חירות, d.h. es gibt keinen freieren Menschen11 als denjenigen, der sich mit der Thora befasst, denn jeder, der sich mit der Thora befasst, wird erhöht (gelangt zu hohen Ehren), wie (Num. 21, 19) steht: וממתנה נחליאל12 ומנחליאל במות13

§ 3

Wer von seinem Nächsten einen Abschnitt (aus dem Talmud) oder eine Halacha (eine religionsgesetzliche Lehre) oder einen Vers (in der heiligen Schrift) oder selbst nur einen Buchstaben (in der Bibel) lernt (d.h. näher erklärt von ihm bekommt)14, so muss er ihm Ehre erweisen, denn so finden wir, dass David, der König von Israel, der von Achitofel nur zwei Dinge gelernt hat15, er ihn Rabbi, seinen Lehrer, seinen Vertrauten und seinen Bekannten (Freund) nannte, wie (Ps. 55, 14) steht: “Sondern du, ein Mensch meines Standes16, mein Vertrauter und mein Bekannter.”17 Du kannst dabei fürwahr das Kal wachaumer, eine Klimax a minori ad majus, anwenden. Wenn schon David, der König von Israel, der von Achitofel nur zwei Dinge gelernt hat, ihn Lehrer, Vertrauter und Bekannter nannte, um wieviel mehr muss derjenige, welcher von seinem Nächsten einen Abschnitt oder eine Halacha oder einen Vers oder einen Buchstaben in der Bibel erklärt bekommt, ihm Ehre erweisen. Unter Ehre ist aber nur die Thora zu verstehen18, wie (Spr. Sal. 3, 35) gesagt ist: “Ehre besitzen die Weisen”19 und (ibid. 28, 10): “Die Vollkommenen erben das Gute.” Und unter “Gut” ist nur die Thora zu verstehen, wie es (ibid. 4, 2) heißt: “Eine gute Lehre gab ich euch, meine Thora verlasset nicht.”

§ 4b

Das ist die Art und Weise (die Lebensweise) der Thora (die sie empfiehlt): Brot mit Salz iss20, Wasser nach Mass trinke, auf der Erde schlafe, führe ein leidenvolles Leben und mühe dich mit der Thora (sc. mit dem Studium der Thora) ab. Wenn du so tust, dann wohl dir, es geht dir gut, d.h. wohl ist dir in dieser Welt und wohl wird es dir noch sein in der zukünftigen Welt.

§ 4b

Verlange nicht Ehre für dich selbst, strebe nicht nach zuviel Ehre21, tue mehr als du lernst (übe mehr praktisches Judentum als theoretisches, spekulatives, sei mehr wohltätig als gelehrt), habe kein Gelüste nach dem Tische (Tafel) der Könige, denn dein Tisch ist ihrem Tische vorzuziehen22 und deine Krone mehr wert als die ihrige und dein Werkmeister (Schöpfer) ist beglaubigt, dass er dir den Lohn deines Tuns (und Handelns) geben wird.

§ 5

Die Thora ist noch wertvoller als die Würde des Priesterund Königtums, denn das Königtum wird durch 30 hohe Eigenschaften, das Priestertum durch 24 und die Thora durch 48 hohe Eigenschaften erworben. Die letzteren sind: Lernen (Studieren), Hören (Aufmerksamkeit), Ordnung der Lippen (geordnete Reden), Verständnis des Herzens, Klugheit des Herzens, Angst, Furcht (vor Gott)23, Demut, Freude (Heiterkeit des Gemüts)24, Umgang mit Weisen, genaue und sorgfältige Auswahl der Genossen (Freunde), Disputieren mit den Schülern bei dem Lehrvortrage25, Bibellesen, Mischnalernen (wozu wohl auch die Gemara gehört), wenig Handel treiben26, wenig Schlaf, wenig Vergnügen (weltliches Amüsement), wenig Scherzen (mit Frauen), wenig ehelichen Umgang pflegen27, lang den Zorn an sich halten können (w. langmütig sein), ein gutes Herz, der Glaube an die Weisen (sc. an die Wahrheit der Lehren der späteren Weisen, d. i. der Glaube an die Tradition) und die Ertragung von Leiden28.

§ 6

Ferner gehört dazu (zu den Eigenschaften, wodurch man die Krone der Thora erhält): Wer seinen Platz (Stellung) kennt (weiss, wie er seine Stelle und seinen Beruf ausfüllen muss), wer sich mit seinem Lose freut (sich begnügt mit dem, was er besitzt), wer einen Zaun um seine Worte macht (dass sie nicht missverstanden werden), wer sich nicht auf etwas viel zu gute tut (d.h. nicht glaubt, dass er infolge seines Vielwissens alle andern überragt), wer beliebt ist, Gott und die Menschen liebt, wer Wohltaten (oder Gerechtigkeit) und Zurechtweisungen liebt, wer die Billigdenkenden liebt, sich von Ehrsucht fernhält und sich nicht groß dünkt, nicht stolz ist auf seine Gelehrsamkeit, keine Freude hat am Lehramt (oder Richteramt), wer seinem Nebenmenschen das Joch (die Bürde des Lebens) mit tragen hilft, wer ihn nach der guten Seite beurteilt, ihn zur Wahrheit und zum Frieden hinführt, wer im Talmudstudium Befriedigung findet, wer fragt und Antworten gibt, wer hört (Gesetzesauslegungen) und noch manches hinzufügt29 (selbst darüber nachdenkt und auch Bücher verfasst), wer lernt, um weiter zu lehren, wer lernt, um danach zu handeln, wer seinen Lehrer anregt (durch verschiedene Fragen, w. wer ihn weise macht), wer die Tradition seines Lehrers genau beachtet30 und wer etwas tradiert im Namen dessen, der es zuerst ausgesprochen hat, woraus du entnehmen kannst, dass jeder, der etwas im Namen des Autors wiedergibt, die Erlösung der Welt bringt, wie (Esther 2, 22) steht: “Esther sagte es dem Könige im Namen des Mordechai.”

§ 7

Gross (wichtig) ist die Thora, denn sie verleiht Leben denen, die sie üben, in dieser31 und in der zukünftigen Welt, wie (Spr. Sal. 4, 22) steht: “Denn Leben sind sie denen, die sie gefunden32, und dem ganzen Leibe Arznei.” Ferner (ibid. 3, 8): “Eine Heilung ist sie deinem Leibe und ein Saft für dein Gebein.”33. Ferner (ibid. V. 18): “Ein Baum des Lebens34 ist sie den an ihr Festhaltenden und die sie erfassen, sind glücklich.” Ferner (ibid. 1, 9): “Denn ein anmutiger Kranz sind sie um dein Haupt35 und ein Geschmeide um deinen Hals.” Ferner (ibid. 4, 9): “Sie (die Weisheit) wird auf dein Haupt setzen einen anmutigen Kranz, eine zierende Krone zum Schmucke wird sie dich umgeben.”36 Ferner (ibid. 3, 16): “Langes Leben ist in ihrer Rechten37, in ihrer Linken Reichtum und Ehre.”38 Ferner (ibid. V. 2): “Denn Dauer der Tage und Jahre des Lebens und des Friedens geben sie dir in Fülle.”39

§ 8

R. Simon b. Menasja sagt im Namen des R. Simon b. Jochai: Schönheit, Kraft, Reichtum, Ehre, Weisheit, Alter, Greisenalter und Kinder sind eine Zierde für die Frommen und eine Zierde für die Welt (in der sie leben), wie (Spr. Sal. 16, 31) gesagt ist: “Eine prachtvolle Krone40 ist das graue Haupt, auf dem Wege der Tugend wird es erreicht.” Ferner steht (ibid. 20, 29): “Die Zierde der Jünglinge ist ihre Kraft41 und der Schmuck der Alten ist das greise Haupt.” Ferner steht (Jesajas 24, 23): “Es errötet der Mond und schämt sich die Sonne, denn es regiert der Ewige der Heerscharen auf dem Berge Zion und in Jerusalem und angesichts seiner Ältesten in Herrlichkeit.”42

§ 9

R. Simon b. Menasja sagt: Obige 7 Eigenschaften, die die Weisen bei den Frommen aufzählten, waren sämtlich bei Rabbi (R. Jehuda ha Nassi) und seinen Söhnen in Erfüllung gegangen. R. Jose b. Kisma sagt: Einst war ich auf der Reise und begegnete mir jemand, der mich grüsste und dem ich den Gruss erwiderte. Er sagte zu mir: Rabbi! Von wo bist du? Ich sagte zu ihm: Ich bin von einer großen Stadt, wo viel Weise und Schriftgelehrte wohnen. Er sprach zu mir: Rabbi! Möchtest du wohl bei uns in unserer Stadt wohnen? ich will dir eine Million Golddenare, viel Edelsteine und Perlen geben, worauf ich ihm erwiderte: Mein Sohn, wenn du mir auch alles Silber und Gold, alle Edelsteine und Perlen von der Welt geben würdest, möchte ich doch nur in einem Orte wohnen, wo Thora studiert wird, weil den Menschen, wenn er gestorben ist, weder Silber noch Gold, noch Edelsteine und Perlen begleiten, sondern nur die Thora und die guten Werke, wie (Spr. Sal. 6, 22) gesagt ist: “Wenn du gehst, wird sie (die Lehre) dich leiten, wenn du dich niederlegst, wird sie über dich wachen und erwachst du, wird sie sich mit dir unterreden”, d.h. in der zukünftigen Welt, und ebenso steht in dem Psalmbuche von David, dem Könige von Israel, geschrieben (Ps. 119, 72): “Lieber ist mir die Lehre deines Mundes als Tausende Goldes und Silbers.” Ferner steht (Chaggai 2, 8): “Mein ist das Silber und mein das Gold, ist der Spruch des Ewigen der Heerscharen.”43

§ 10

Fünf Besitztümer hat Gott in seiner Welt sich erworben und folgende sind sie: Die Thora ist ein Besitztum, Himmel und Erde ein zweites, Abraham ein drittes, Israel ein viertes und der Tempel ein fünftes Besitztum. Woher ist bewiesen, dass die Thora ein Besitztum Gottes ist? Weil (Spr. Sal. 8, 22) steht: “Der Ewige hat mich geeignet als den Erstling seines Weges, das erste seiner Werke seit der Urzeit.”44 Bezüglich Himmel und Erde steht (Jesajas 66, 1): “Also spricht der Ewige: Der Himmel ist mein Thron und die Erde der Schemel meiner Füsse45. Wo ist ein Haus, das ihr mir erbauen könnet, und wo ein Ort zu meiner Ruhestätte?” Ferner steht (Ps. 104, 24): “Wieviel sind deine Werke, Ewiger! Sie alle hast du mit Weisheit gemacht. Voll ist die Erde deiner Besitztümer.” Bezüglich Abraham steht (Gen. 14, 19): “Er segnete ihn und sprach: Gesegnet sei Abraham dem höchsten Gott, dem Eigner des Himmels und der Erde.”46 Bezüglich Israel steht (Exod. 15, 16): “Bis hinübergezogen dein Volk, Ewiger, bis hinübergezogen das Volk, so du geeignet.”47 Ferner steht (Ps. 16, 3): “Die Heiligen, die auf Erden sind, und Edlen, all mein Wohlgefallen haben sie.” Bezüglich des Heiligtums steht (Exod. 15, 17): “Das Heiligtum, Herr, das deine Hände eingerichtet.”48 Ferner steht (Ps. 78; 54): “Er brachte sie in sein heiliges Gebiet, zum Berge, den sich geeignet seine Rechte.”

§ 11

Alles, was Gott in seiner Welt erschaffen hat, erschuf er nur zu seiner Ehre, wie (Jesajas 43, 7) gesagt ist: “Alles, was sich nennt mit meinem Namen, was ich zu meiner Ehre geschaffen, gebildet und bereitet.” Ferner steht (Exod. 15, 18): “Der Ewige wird regieren immer und ewig.”

Es sagte R. Chananja b. Akaschja: Gott wollte Israel beglücken, deshalb gab er ihm viel Thora und viel religiöse Gebote, wie (Jesajas 42, 21) gesagt ist: “Dem Ewigen gefiel es um seiner Gnade willen, dass groß werde die Lehre und herrlich.” 49


  1. Nach Ps. 139, 17: ולי מה יקרו רעיך אל (vgl. meine Übersetzung des Traktats Sanhedrin S. 229, Anm. 4).↩︎

  2. Nach ibid. 122, 6: ישליו אהביך, auch kann der Vers ibid. 119, 165 dafür gelten.↩︎

  3. Gott liebt er, weil er die Thora aus Liebe zu ihm studiert und die Menschen liebt er, weil er sie sich nähert, sie belehrt und ihnen Gutes erweist.↩︎

  4. Die die Thora ans Herz legt.↩︎

  5. Dass er in seiner Schlichtheit und Geradheit als frommer Mensch auf Erden wandle und kein Unrecht tue. Der חסיד tut mehr, als er von Rechts wegen verpflichtet wäre.↩︎

  6. Wer das Rechte vollzieht, ist noch mehr als ein צדיק.↩︎

  7. Weil weiter unten [im Text steht: לעיל מהאי קרא, es muss aber למטה heissen] (Spr. Sal. 8,22) steht: ה׳ קנני ראשית דרכו וכו׳ und V. 14: לי עצה ותושיה, so bedeutet es: Ich (die Thora) bin Hort, Stärke und Vernunft denen, die mich studieren, um den Menschen beizustehen. תושיה ist gleich altesse oder altie franz. und bedeutet soviel wie Hoheit, Stolz.↩︎

  8. Indem sie sich nicht mit ihr beschäftigen.↩︎

  9. d.h. er wird in Bann getan, wie das Targum die Worte Gen. 37, 10: ויגער בו אביו mit ונזף ביה אבוהי übersetzt.↩︎

  10. Das Schwein weiss den goldenen Ring nicht zu hüten, sondern geht im Kote mit ihm herum und besudelt ihn, ebenso ist ein Weiser, dem der Geschmack und die Lust an der Thora fehlt, verabscheuenswürdig, wie ein Gebannter.↩︎

  11. Dem man sich dienstbar erweist und dem man sich unterwirft.↩︎

  12. d.h. wenn man die Thora als ein von Gott erhaltenes Erbe, als נחלת אל, betrachtet.↩︎

  13. במה heißt Anhöhe, dann gelangt man zu Erhöhungen (Ehren).↩︎

  14. d.h. er lernt von ihm Dinge, die einen Sinn haben, wohlbegründet sind, denn auf den Vers Ps. 55, 14 folgt V. 15: “Die wir zusammen süsse Zwiesprache gepflogen.”↩︎

  15. Achitofel traf David, wie dieser allein sich mit der Thora beschäftigte, da sagte er zu ihm: Weshalb beschäftigst du dich allein mit der Thora? Es heißt doch (Jeremias 50, 36): „חרב על הבדים ונואלו das Schwert über die einzelnen und sie werden zu Toren?“ (Indes heissen בדים die lügenhaften Wahrsager.) Dann traf er ihn wieder, wie er hoch erhobenen Hauptes ins Lehrhaus ging. Achitofel sagte zu David: Es steht doch: Man soll in Ehrfurcht dahin gehen, damit man von Gottesfurcht erfüllt sei? Einige meinen, David ging allein ins Lehrhaus und habe Achitofel zu ihm gesagt: Es steht doch: “Wir wollen zum Gotteshause im Getümmel wallen”, d.h. man muss mit versammeltem Volke dahin gehen, wie es heißt (Spr. Sal. 14,28): “In der Menge des Volkes besteht der Schmuck des Königs.” Das Wort רגש bedeutet VerSammlung, wie למה רגשו גוים (Ps. 2, 1) oder auch Angst und Furcht.↩︎

  16. So geachtet wie ich.↩︎

  17. מיודעי sind weise, verständige, kundige Männer.↩︎

  18. d.h. Ehre erhält der Mensch nur wegen der Thora (mit der er sich beschäftigt).↩︎

  19. Sie erhalten die Ehre als Lohn, weil sie die Thora studieren.↩︎

  20. Selbst wenn du nur Brot mit Salz zu essen hast, sollst du doch nicht unterlassen, dich mit der Thora zu beschäftigen.↩︎

  21. Wegen deiner Thorakenntnisse, die du dir erworben hast, denn alsdann würdest du den Anschein erwecken, als ob du die Thora nicht als Selbstzweck studiertest, sondern um Ehren dadurch zu erlangen.↩︎

  22. Damit ist der Lohn gemeint, der dir wegen des Studiums der Thora zuteil wird.↩︎

  23. Der Mensch soll nicht hochmütig sein, wie (Deuter. 4, 10) gesagt ist: “Gedenke des Tages, wo du vor Gott am Choreb standest” und im V. 9 vorher steht: “Du sollst sie (die Lehre) kund tun deinen Kindern und Kindeskindern.” Dazu wird (Berachoth 22a) bemerkt: Wie an ersterer Stelle (V. 10) gemeint ist: Mit Furcht, Angst und Zittern sollst du dich des Tages der Gesetzgebung erinnern; ebenso dort (V. 9), d.h. du sollst mit Angst, Furcht, Zittern und Schrecken deinen Kindern die Thora lehren, weshalb die Weisen sagen, Pollution Habende sollen weder in der Thora, noch in den prophetischen, noch in den heiligen Schriften lesen, noch Mischna, Gemara, Halachoth und Hagadoch lernen dürfen, und aus Leichtsinn und böser Gesinnung im Herzen kommt man zur Pollution.↩︎

  24. Denn die Schechina lässt sich nicht bei Leid, sondern bei Freude nieder.↩︎

  25. בישוב heißt mit Gelassenheit = בישוב הדעת (wir fassen das ישוב gleich ישיבה auf, die Lehrversammlung, Akademie).↩︎

  26. Denn Rab (eigent. R. Jochanan) sagt (Erubin 55a): Du findest die Thora nicht bei den Händlern und Krämern.↩︎

  27. Man soll die Leute nicht zu häufig auf der Strasse antreffen (Maimonides fasst דרך ארץ als etwas Weltliches auf, aber im Talmud kommt der Ausdruck oft für geschlechtlichen Umgang vor).↩︎

  28. Man soll die Leiden aus Liebe zu Gott ertragen.↩︎

  29. Er hört alles an, was der Lehrer ihm sagt und fügt noch etwas hinzu, nicht, dass er seine Worte widerlegt.↩︎

  30. Wenn er später ein Lehramt bekleidet, hält er sich strikte an das, was ihm der Lehrer tradierte und legt ihm nichts bei, was er gar nicht lehrte.↩︎

  31. d.h. man geniesst die Früchte des Handelns in dieser Welt und das Grundkapital, das eigentliche Gut, bleibt für die zukünftige Welt aufbewahrt.↩︎

  32. Bezüglich des Genusses der Früchte auf Erden.↩︎

  33. Sie gibt Saft deinem Gebeine, wenn du auch schon im Grabe ruhst.↩︎

  34. d.h. des jenseitigen Lebens.↩︎

  35. Du könntest glauben, nur Leben spendet die Lehre, aber keinen Reichtum, und es gibt viele, die zur Armut verurteilt sind, denen der Tod lieber wäre als das Leben. Deshalb steht: “Sie ist ein anmutiger Kranz” usw., d.h. was verschafft dem Menschen Anmut bei seinen Mitmenschen? Das Geld, der Reichtum.↩︎

  36. Du könntest glauben, Geld, aber keine Ehre wirst du durch die Lehre erhalten, deshalb steht: Zum Schmucke, d.h. mit Ehre wird sie dich umgeben.↩︎

  37. Du könntest meinen, auch wenn man die Thora nicht um ihrer selbst willen studiert, erlangt man alles, deshalb steht: אורך ימים בימינה d. h למיימינים בה denjenigen, welche die Lehre sorgfältig erforschen (eigentl. darin recht geschickt verfahren), bringt sie langes Leben, um wieviel mehr Ehre und Reichtum.↩︎

  38. Denjenigen aber, welche sie nur oberflächlich (eigentl. links) durchgehen, bringt sie nur Reichtum und Ehre, nicht aber langes Leben, nach Sabbath 63a.↩︎

  39. Du würdest glauben, Ehre und Reichtum wohl, aber keinen Frieden, deshalb steht: Ein Leben des Friedens verleiht die Thora gleichfalls.↩︎

  40. Unter Krone ist Reichtum, unter Pracht Schönheit und Kinder zu verstehen.↩︎

  41. Damit ist die Stärke angedeutet.↩︎

  42. Damit ist die Ehre angedeutet. Über Weisheit und Alter gibt es viele Verse, wovon einer auf einen solchen, der Weisheit besitzt und deshalb ein Greis genannt wird, hinweist.↩︎

  43. d.h. zu seinem Ruhme und zu seiner Ehre, wie gesagt ist: “Voll ist die ganze Erde von seiner Herrlichkeit” (Jesajas 6, 3).↩︎

  44. d.h. die Entstehung der Thora ging der Erschaffung der Welt voraus, weil, als Gott daran dachte, die Welt zu erschaffen, er sagte, sie soll nur wegen der Thora bestehen bleiben.↩︎

  45. Somit steht hier das Wort “Erde” und Ps. 104, 24: “Voll ist die Erde deiner Besitztümer.”↩︎

  46. Das war, weil er die Menschen unter die Fittige der Schechina brachte und sie zur Tugend zurückbrachte (wenn sie auf Abwege gerieten).↩︎

  47. Und zum Beweise, dass die Welt Israels wegen sich erhält, wird noch der folgende Vers (Ps. 16, 3) angeführt, dass die Frommen die Hauptbewohner der Erde sind.↩︎

  48. Dabei steht allerdings nicht das Wort קנין Besitztum, aber weil hier מקדש Heiligtum, und weiter Ps. 78, 54 zitiert wird, wo ויביאם אל גבול קדשו הר זה קנתה ימינו steht, so vergleicht man beides miteinander und sagt: Wie an dieser Stelle das Heiligtum Besitz genannt wird, ebenso ist Exod. 15, 17 das Heiligtum als Besitz Gottes gemeint. Indes lässt sich dagegen manches einwenden, denn uns scheint die Borajtha nicht richtig zu sein, da Pessachim 87a nur Thora, Himmel und Erde und Israel als Besitztümer Gottes bezeichnet werden, auch wird dort der Beweis für Himmel und Erde von Gen. 14, 19 erbracht, welcher Vers hier für Abraham angeführt wird. Siehe die Randglosse zu Anfang der Borajtha, wo darauf aufmerksam gemacht wird, dass in der Mechiltha nur von vier Besitztümern Gottes die Rede ist, danach richtet sich auch Salomon Lurja und Samuel Edels in seinem Buche “Chadusche hagadoth”.↩︎

  49. Der Ausspruch des R. Chananja b. Akaschja gehört nicht zur Borajtha, sondern soll nur ein schöner Abschluss des Ganzen sein. Das Volk pflegt es am Schluss eines jeden Perek (Abschnittes) zu sagen, weil man nach einer Mischna nicht das Kaddischgebet verrichten darf, sondern nur nach einer Agada, wie der Herr (Sota 49a) sagt: Die Welt beruht auf dem Kaddischgebete (dem יהי שמיה רבא, das im Kaddisch vorkommt) nach einem Vortrage aus der Agada (nicht halachischen Teile des Talmuds).↩︎

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