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Pirkej Awot mit dem Kommentar des Moses Maimonides > Kapitel 4

Die Übersetzung stammt von Me’ir Rawicz.

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§ 1

Ben Soma sagt: Wer ist weise? Der von jedem Menschen Lehre annimmt, wie (Ps. 119, 99) gesagt ist: “Von allen meinen Lehrern bin ich verständig worden.” Wer ist ein Held? Der seine Leidenschaft bezwingt, wie es (Spr. Sal. 16, 32) heißt: “Besser ein Langmütiger, als ein Held; und wer sein Gemüt beherrscht, als ein Städtebezwinger.” Wer ist reich? Der sich mit seinem Anteil (seinem Lose) freut, wie (Ps. 128, 2) gesagt ist: “Wenn du deiner Hände Arbeit geniessest, Heil dir, und dir ist wohl.” Heil dir in dieser Welt und dir ist wohl in der zukünftigen Welt. Wer ist geehrt? Wer auch die Menschen ehrt, wie (I Sam. 2, 30) gesagt ist: “Meine Verehrer ehre ich und meine Verächter werden gering gehalten.”

§ 2

Ben Asai sagt: Laufe (gehe) einem geringen (weniger wichtigen) Gebote ebenso nach, wie einem wichtigen und fliehe die Sünde, denn ein Gebot zieht ein anderes nach sich, wie auch eine Übertretung eine andere nach sich zieht, denn der Lohn (Gewinn) eines religiösen Gebotes ist das religiöse Gebot selbst (die innere Selbstbefriedigung), wie der Lohn (Gewinn) einer Übertretung die Übertretung selbst ist (die Befriedigung der Leidenschaft)1.

§ 3

Derselbe sagte: Verachte keinen Menschen und halte nichts für unmöglich (eigentl. verschiebe es nicht in die Ferne), denn es gibt keinen Menschen, der nicht seine Stunde haben sollte (wo ihm etwas gelingt2 und darum verachte niemanden) und es gibt nichts, das nicht einmal seinen Platz finden sollte (darum halte nichts für unmöglich).

§ 4

R. Lewitas aus Jabne sagt: Sei sehr, sehr demütig, denn die Hoffnung des Menschen ist das Gewürm3.

§ 5

R. Jochanan b. Baroka sagt: Wer den Namen Gottes im Geheimen entweiht, den bestraft man öffentlich, sei es vorsätzlich, sei es unvorsätzlich, das gilt gleich bei Entweihung des göttlichen Namens (die Strafe erfolgt immer öffentlich)4.

§ 6a

R. Ismael sagt: Wer lernt, um zu lehren, der wird vermögen, sowohl zu lernen als zu lehren, wer aber lernt, um zu handeln (nach dem Gesetze), der wird zu lernen, zu lehren, zu beobachten und zu handeln vermögen.

§ 6b

B.. Zadok sagt: Verwende sie (die Thora) nicht zu einer Krone, um hierdurch hohes Ansehen zu erlangen, auch nicht zum Grabscheit, um damit zu graben (um vergängliche Güter damit zu erzielen), und so sagte Hillel: Wer sich der Krone (eine andere Erklärung ist: Wer sich der Toga, sc. der toga candida, um Ämter zu erlangen) bedient, schwindet hin5, woraus folgt: Wer von der Thora Nutzen zieht, kommt um sein Leben.

§ 7

R. Jose sagt: Wer die Thora ehrt, dessen Person wird auch bei den Menschen geehrt, wer aber die Thora entweiht, dessen Person wird auch von den Menschen entehrt6.

§ 8

R. Ismael sagt: Wer sich zurückhält von einem Prozess (ihn nicht führen will), entfernt von sich Feindschaft, Raub (Aneignung unrechtmässigen Gutes) und Falscheid (den man eventl. leisten könnte), und wer sich gewöhnt an Entscheidungen (gern Urteile fällt)7, ist ein Narr, ein Bösewicht und ein hochmütiger Mensch.

§ 9

Derselbe sagte: Richte nie allein, denn nur der Einzige (Gott) darf allein richten8; sage auch nicht (zu den Kollegen beim Richten): Nehmet meine Ansicht an, denn sie dürfen, aber du nicht9.

§ 10

R. Jonathan sagt: Wer die Thora in Armut hält, wird sie schließlich noch in Reichtum halten können10, und wer die Thora bei Reichtum nachlässig behandelt, wird sie schließlich bei Armut vernachlässigen müssen11.

§ 11

R. Meir sagt: Treibe wenig (weltliche) Geschäfte, und beschäftige dich (mehr) mit der Thora; sei demütig gegen jeden Menschen12. Wenn du das Thorastudium (viel) unterbrichst, wirst du dagegen noch andere Abhaltungen haben13, mühst du dich aber mit der Thora ab, hast du viel Lohn zu erwarten, den man dir geben wird.

§ 12

R. Eliëser b. Jakob sagt: Wer ein religiöses Gebot erfüllt, erwirbt sich damit einen Fürsprecher (פרקליט — παράκλητος gr.), wer hingegen eine Sünde begeht, erwirbt sich damit einen Ankläger (קטיגור = κατήγορος gr.). Busse und gute Werke sind ein Brustpanzer (כתרית = κίθαρος = θώραξ gr. S. Passow, Gr.-deutsches W.-B. s. v. κίθαρος No. 3) gegen Leiden 14.

§ 13a

R. Jochanan der Sandalar sagt: Jede Vereinigung, die im Namen des Himmels veranstaltet wird (d.h. göttliche Zwecke verfolgt), wird sich schließlich erhalten, die jedoch nicht im Namen Gottes veranstaltet wird, wird sich schließlich nicht erhalten.

§ 13b

R. Eleasar b. Schamua sagt: Die Ehre deines Schülers sei dir so lieb, wie die deine, die Ehre deines Kollegen so wie die Ehrfurcht vor deinem Lehrer und die Ehrfurcht vor deinem Lehrer gleiche der Ehrfurcht vor Gott.

§ 13c

R. Jehuda sagt: Sei vorsichtig in der Erlernung (Erörterung gesetzlicher Bestimmungen), denn der Irrtum, der hierdurch entsteht, wird als ein mutwilliger Fehler angesehen (d.h. es stand bei dir, dich gründlicher unterrichten zu lassen).

§ 13d

R. Simon sagt: Drei Kronen gibt es: die Krone der Thora, die Krone des Priestertums und die Krone des Königtums, aber die Krone eines guten Namens übersteigt (übertrifft) alle andern15.

§ 14

R. Nehorai sagt: Wandere nur aus nach einem Orte, wo die Thora gepflegt wird und sage (glaube) nicht, dass sie hinterher kommen (dir nachgehen) wird, denn nur deine Genossen erhalten sie bei dir (und musst du Umgang mit Gelehrten haben) und stütze dich nicht auf deine Vernunft16.

§ 15

R. Janai sagt: Wir besitzen weder etwas von dem Glücke der Frevler, noch von den Leiden der Frommen. R. Mathja b. Charasch sagt: Grüsse jeden Menschen zuerst, sei eher ein Schweif der Löwen, als ein Haupt der Füchse17.

§ 16

R. Jakob sagt: Diese Welt gleicht einer Vorhalle (gr. πρόσοδος) der zukünftigen Welt gegenüber, rüste dich in der Vorhalle, damit du eintreten kannst in das Triklinium (Himmelsgemach)18.

§ 17

Derselbe sagte: Besser eine Stunde in Busse und mit guten Werken in dieser Welt zugebracht als das ganze zukünftige Leben und besser eine Stunde Freude in der zukünftigen Welt als das ganze diesseitige Leben19.

§ 18

R. Simon b. Eleasar sagt: Beruhige (bitte um Verzeihung) nicht deinen Nächsten, wenn er im Zorne ist, tröste ihn auch nicht, solange noch sein Angehöriger als Leiche vor ihm liegt, löse ihm nicht sein Gelübde in dem Momente, wo er es gelobt und suche nicht, ihn zu sehen, wenn er im Unglücke ist (zur Zeit seiner Erniedrigung) 20.

§ 19

Samuel der Jüngere sagt: Wenn dein Feind fällt, freue dich nicht und wenn er strauchelt, frohlocke dein Herz nicht, denn es könnte es Gott sehen, ihm missfallen und seinen Zorn von ihm abwenden (Spr. Sal. 24, 17, 18)21.

§ 20

Elisa b. Abuja sagt: Wer als Kind lernt, womit ist der zu vergleichen? Mit einer Tinte, mit der auf neuem (noch nicht benutztem) Papier geschrieben wird, wer aber im Alter lernt, wem gleicht dieser? Der Tinte, mit der auf verlöschtem Papier (von dem die Schrift abgewischt ist) geschrieben wird22.

§ 21a

R. Jose b. Jehuda, ein Mann aus Kefar in Babylonien, sagt: Wer von Jungen lernt, mit wem ist ein solcher zu vergleichen? Mit einem, der unreife Trauben isst und Wein frisch aus der Kelter trinkt23. Wer aber von Alten lernt, mit wem ist der zu vergleichen? Mit einem, der reife Trauben isst und alten Wein trinkt.

§ 21b

Rabbi sagt: Sieh nicht auf den Krug, sondern auf das, was er enthält, es gibt einen neuen Krug, der voll ist von altem Wein und es gibt einen alten Krug, worin nicht einmal neuer Wein ist24.

§ 22

R. Eliëser der Quappar sagt: Der Neid, die Leidenschaft und die Ehrsucht bringen den Menschen (frühzeitig) von der Welt.

§ 23

Derselbe sagte: Die geboren werden, gehen dem Tode entgegen, die gestorben sind, werden wieder aufleben und die wieder aufleben, werden gerichtet, um zu wissen, wissen zu lassen und allgemein bekannt zu werden, dass er der Allmächtige, der Bildner, der Schöpfer (der Welt) ist, er ist der Einsichtsvolle, Richter, Zeuge und Partei zugleich und er wird einst das Urteil sprechen25. Gelobt sei er, vor dem es kein Unrecht, keine Vergessenheit, kein Ansehen der Person und keine Bestechung26 gibt; denn alles gehört ihm. Wisse auch, dass alles nach Abrechnung geschieht und es soll dein (böser) Trieb dir nicht die Sicherheit geben, dass die Gruft ein Zufluchtsort für dich sei, denn du wirst mit Gewalt (gegen deinen Willen) gebildet, gegen deinen Willen geboren27, gegen deinen Willen musst du leben und sterben und wirst auch einst, wenn du auch nicht willst, Rechenschaft (über dein Tun und Handeln auf Erden) ablegen müssen vor dem König aller Könige, dem Heiligen, gelobt sei er.


  1. Siehe darüber die Erklärung im 10. Abschnitt von Traktat Sanhedrin. Die Weisen machten auf das Besondere aufmerksam, dass in der Thora eine Aneiferung zur Ausübung eines religiösen Gebotes vorkommt und so heißt es Deuter. 4, 41: “Damals sonderte Moses drei Städte diesseits des Jordans ab”, obwohl das bekanntlich gar keinen Zweck hatte, denn das Gesetz von der Errichtung der Zufluchtsstätte für einen Mörder (der absichtslos einen Mord beging) trat erst dann in Kraft, als die andern drei Städte in Palästina (jenseits des Jordans) zur Zufluchtsstätte eingerichtet wurden, aber die Weisen sagten: Moses wusste das, er sonderte sie aber deshalb diesseits des Jordans ab, weil er sich sagte: Jetzt habe ich Gelegenheit, ein religiöses Gebot zu erfüllen, so will ich es tun. Wenn nun Moses, der die Wahrheiten (von Gott) erhalten hat, der Vollkommenste unter den Vollkommenen, sich sehnte, noch die Hälfte eines religiösen Gebots hinzuzufügen, um so mehr müssen es diejenigen tun, deren Seele betrübt ist und deren Aussatz (Mangelhaftigkeit) bekannt ist.↩︎

  2. Und dir alsdann schaden oder nützen könnte, wenn es auch nur wenig wäre.↩︎

  3. Wir erwähnten bereits früher, dass die Bescheidenheit zu den vorzüglichsten Eigenschaften gehört, sie steht in der Mitte zwischen Hochmut und Demut, die nur mit ענוה bezeichnet wird, nicht anders, aber für den Hochmut gibt es im Hebräischen viel Bezeichnungen, wie: רם ,גאה, ענים רמות, גובה לב, im Späthebräischen kommen noch die Ausdrücke גסות רוח, רוח גבוה und מתגאה vor. Das Gegenteil von alledem ist שפלות רוח. Wir setzten bereits im 4. Abschnitt auseinander, dass man sonst immer die Mittellinie einhalten muss, aber bezüglich der Demut muss man bis zum Äussersten gehen und muss sie im höchsten Grade üben, weil der Stolz und der Hochmut den Frommen so schädlich ist und soll auch nicht der geringste Stolz bei ihnen anzutreffen sein. …Ich will nun erwähnen, was die Weisen über Demut und Hochmut sagen: Deshalb heißt es: “Sehr, sehr sei demütig”, damit der Mensch nicht bei der Bescheidenheit stehen bleibe, die in der Mitte zwischen Hochund Demut steht, und etwas von Stolz annehme. Die Weisen sagen: Wenn die Weisheit eine Krone für das Haupt ist, ist die Demut eine Ferse für den Bänderschuh, denn es steht (Ps. 111,10): “Das Haupt der Weisheit ist die Gottesfurcht”, somit ist die Gottesfurcht höher als die Weisheit und liegt ihr zu Grunde. Ferner steht (Spr. Sal. 22, 4): “Die Ferse (Folge) der Demut ist die Gottesfurcht”, d.h. die Gottesfurcht findest du am Saum der Demut, somit ist diese viel mehr als Weisheit. Ferner steht (Megilla 31a): Folgendes steht erstens in der Thora, zweitens in den Propheten und drittens in den Hagiographen (heiligen Schriften): Überall, wo etwas von der Grösse Gottes erwähnt wird, kommt auch zugleich ein Ausspruch über die Herablassung Gottes (dem Menschen gegenüber) vor: In der Thora steht (Deuter. 10, 17): “Der große, mächtige und ehrfurchtgebietende Gott” usw. und hernach (V. 18) steht: “Er schaffet Recht der Waise und Witwe”. Zweitens steht in den Propheten (Jesajas 57, 15): “Hoch und heilig throne ich” und dabei: “Ich bin auch mit dem, der gebrochenen und gebeugten Gemüts ist” (ibid.). Drittens steht in den Hagiographen: “Machet Bahn dem auf Wolken Einherfahrenden, in Jah (erschallt) sein Name” (Ps. 68, 5), und (ibid. V. 6) steht: “Vater der Waisen und Richter der Witwen ist Gott” (s. Megilla 31a). Du kannst lernen von unserem Lehrer Moses, der die intellektuellen und ethischen Vorzüge in vollstem Masse besass und die alle auf die Stufe der Prophetie gerichtet waren. Er war Vater (Meister) in der Thora, Vater an Weisheit und Vater in der Prophetie und dennoch rühmte Gott nur seine Demut, wie Num. 12, 3 steht: “Der Mann Moses war der Demutsvollste auf Erden”. Es heißt: עניו מאוד, nämlich wegen seiner großen Demut, die fast ans andere Extrem reichte; auch steht, dass Moses sagte: “Was sind wir, dass ihr gegen uns murret” (Exod. 16, 7). Ebenso finden wir bei David, dem Gesalbten des Gottes Jakob und der so schöne Gesänge und Lieder für Israel verfasste, der ein geachteter König war, dessen Reich groß und dessen Schwert mächtig war, den Gott durch Moses uns ankündigte mit den Worten: “Es tritt hervor ein Stern in Jakob” (Num, 24, 17), er war ein Prophet, der bedeutendste unter den 70 Ältesten, wie es heißt (II Sam. 23, 8): ישב בשבת תחכמוני, und dennoch sagte er: “Ein geknicktes und gebrochenes Herz verwirfst du Ewiger nicht” (Ps. 51, 14). Ausserdem gibt es viele dergleichen Tugenden, die auf die hohe Bedeutung der Demut hinweisen. Ferner sprechen unsere Weisen bezüglich des Hochmuts (Sota 4b): Jeder, der hochmütig ist, sündigt ebenso, wie ein Götzendiener, da hier (Spr. Sal. 16, 5) steht: “Ein Greuel dem Ewigen ist jeglicher Hochmütige”, und dort (Deuter. 7, 26): “Du sollst keinen Greuel bringen in dein Haus”. Dann heißt es: Ein Hochmütiger gleicht einem solchen, der die Hauptsache (das Dasein Gottes) leugnet, wie (ibid. 8, 14) steht: “Dein Herz erhebt sich und du vergisst den Ewigen, deinen Gott”. Sie (die Weisen) sagten auch: Wer hochmütig ist, sündigt ebenso wie der, welcher Inzest begeht, da es heißt (Spr. Sal. 1. c.): “Ein Greuel dem Ewigen ist jeglicher Hochmütige”, und (Lev. 18, 27) steht: “Denn alle diese Greuel taten die Bewohner des Landes”. Ferner sagten sie: Wer sich stolz zeigt, ist bei Gott selbst einem Götzendiener gleich geachtet, wofür sie einen Beweis bringen, weil es (Jesajas 2, 22) heißt: “Lasset ab von dem Menschen, in dessen Nase Odem (d.h. Hochmut) ist; denn wofür במה ist er geachtet”. Lies nicht בַּמֶה, sondern בָּמָה, er wird einer Anhöhe, einem Götzendiener gleich geachtet. Auch heißt es: Einen Stolzen darf man töten und abhauen (verstümmeln), da es (Jesajas 10, 33) heißt: Die von hohem Wuchse sind gefällt, und (Deuter. 7, 5) steht: “Ihre Haine sollet ihr fällen”. Ferner sagten sie: Alle, die hochmütig sind, lässt Gott bei der Wiederbelebung der Toten nicht wieder aufleben, indem sie meinten, dass der Staub eines Hochmütigen nicht abgeschüttelt wird, weil (Jesajas 26, 14) gesagt ist: “Erwachet und jubelt, die ihr im Staube ruhet”, was besagt: Die sich im Leben dem Staube gleich achteten, d.h. demütig waren, werden einst wieder aufleben. Sie dehnten es noch weiter aus und sagten: Über einen Hochmütigen spricht (spottet) Gott, weil es (Ps. 138, 6) heißt: “Den Hohen erkennt er aus der Ferne”. Vieles dergleichen steht, so z. B., dass der Aussatz die Strafe für den Hochmut ist, mit Anspielung auf Lev. 14, 56: ולשאת ולספחת ולבהרת. Unter “ שאתerhabene Stelle“ ist der Hochmut zu verstehen, der beim Aussatz sich findet. Schliesslich heißt es (Sota 5a): “In Bann sei derjenige, der zuviel Stolz besitzt, aber auch derjenige, der gar nichts davon besitzt” (keine Selbstachtung hat) usw. Es heißt hier deshalb: “Sehr, sehr sei demütig”, denn die Hoffnung der Menschen ist Gewürm, d.h. du musst dich bezwingen, bis jede Spur von Stolz getilgt ist, indem du an das Ende deines Körpers denkst, an dem einst das Gewürm nagen wird.↩︎

  4. Du weisst aus der Schrift, dass, wer unvorsätzlich etwas übertritt, auch eine Sünde begeht und bedarf der Sühne durch ein Opfer, alsdann verzeiht ihm Gott, aber wie ein vorsätzlicher Sünder wird er durchaus nicht betrachtet, sondern hier meint der Autor der Mischna: Die Strafe für Entweihung des göttlichen Namens ist öffentlich, aber natürlich, je nachdem die Sünde war, geschah es vorsätzlich, büsst man die dafür bestimmte Strafe, und geschah es unvorsätzlich auch die dafür bestimmte Strafe öffentlich.↩︎

  5. Wenn es heißt, man soll die Thora nicht zum Grabscheit verwenden, so meint man, du sollst sie nicht als Werkzeug verwenden, um davon zu leben, denn, wie am Schluss erklärt wird, bringt sich der um sein Leben, der von der Thora Nutzen zieht, d.h. er bringt sich um seinen Anteil an dem zukünftigen Leben. Das hat jedoch die Leute irre geführt, obwohl der Ausspruch so klar ist, sie verwarfen ihn und hängten sich an den einfachen Wortsinn, den sie nicht verstanden, aber ich will es jetzt erklären. Man hat sowohl einzelnen als Gemeinden bestimmte Gaben aufgelegt und irrtümlich die Leute veranlasst zu glauben, sie müssen geben und Weisen, Schülern und solchen, die sich mit der Thora beschäftigen und deren Handwerk die Thora ist, Hilfe leisten (sie unterstützen), was alles auf Irrtum beruht, denn weder in der Thora noch in den Büchern der späteren Weisen findet sich ein Anhaltspunkt dafür, nichts, worauf man sich berufen könnte, denn wenn wir über die Worte unserer Weisen nachdenken, finden wir nicht, dass sie Geld von den Leuten verlangten, sie sammelten kein Geld für geachtete und angesehene Hochschulen, weder für die Exilarchen, noch für ihre Richter, noch für solche, die die Thora verbreiteten, noch sonst für einen bedeutenden Gelehrten, noch für irgend welche aus dem Volke. Wohl finden wir in jedem Zeitalter, dass in allen Gemeinden wirklich Arme und wirklich Reiche waren und fern sei es von mir, die Glaubensgenossen in jenem Zeitalter zu verdächtigen, dass sie nicht Wohltätigkeit geübt und Almosen gespendet haben, denn wahrlich, wenn jener Arme (sc. Hillel) seine Hand ausgestreckt (hingehalten) hätte (dass man ihm etwas gebe), hätte man sein Haus mit Gold und Edelsteinen angefüllt, aber er wollte nichts annehmen, sondern er begnügte sich mit dem Verdienste von seiner Arbeit, wovon er sich ernährte, entweder reichlich oder kümmerlich, er verachtete die Gabe der Menschen, weil die Thora ihn davon abhielt. Du weisst bereits, dass Hillel der Ältere ein Holzhauer war, der zu Füssen von Schemaja und Abtaljon sass, der notorisch arm war und besondere Vorzüge hatte, wie du von seinen Schülern weisst, die ihn mit Moses, Aharon und Josua verglichen. Sein kleinster Schüler war Rabban Jochanan b. Sackai und sicherlich hätte man ihn (Hillel) nicht Holz hauen lassen (um sich davon zu ernähren), wenn man den Leuten seines Zeitalters erlaubt hätte, ihm etwas zu geben. Von R. Chanina b. Dosa soll ein Bathkol (eine Himmelsstimme) ausgerufen haben: Die ganze Welt wird wegen der Tugendhaftigkeit meines Sohnes Chanina gespeist und mein Sohn Chanina begnügt sich mit einem Kab Johannisbrot von einem Freitag zum andern (Tannith 24b) und verlangte von niemandem etwas. Karna war Richter in Palästina und Wasserträger und wenn Parteien zu Gericht vor ihm erschienen, sagte er zu ihnen: Stellet jemanden an, der für mich das Wasser trägt oder ersetzet mir das, was ich durch den Prozess versäume und dann will ich eure Streitsache entscheiden. (Nach Kethuboth 105a war es nicht Karna, der das sagte, sondern R. Huna, s. Randglosse.) Die Israeliten in jener Zeit waren doch nicht hartherzig, die keine Wohltätigkeit übten und wir finden nicht, dass ein Weiser von den armen Weisen seine Zeitgenossen schlecht gemacht hätte, weil sie ihm nicht Reichtümer gegeben haben, Gott bewahre! Allein sie (die armen Weisen) waren fromm, glaubten für sich an die Wahrheit, glaubten an Gott und an die Lehre Mosis, wodurch der Mensch eines jenseitigen Lebens teilhaftig werden kann, deshalb erlaubten sie sich selbst nicht, Geld von den Leuten zu fordern, weil sie einsahen, dass die Annahme von Geld den Namen Gottes bei der Menge entweihen würde, indem man glauben könnte, die Thora sei wie ein anderes Gewerbe, wovon man sich ernährt, wodurch sie in ihren Augen an Ansehen verlieren würde. Und wer dies tut, macht das Gotteswort verächtlich. Wahrlich, die Leute irren, welche sich erkühnen, der Wahrheit ins Gesicht zu schlagen und gegen die einfachen und klaren Aussprüche in der Bibel zu handeln, indem sie Geld von den Leuten nehmen, sei es, dass sie es ihnen gutwillig geben oder dass man es ihnen mit Gewalt fortnimmt, weil im Talmud folgende Tatsachen berichtet werden: Leute, die ein körperliches Gebrechen hatten oder sehr alt waren und keine Arbeit mehr verrichten konnten, diesen bleibt nichts anderes übrig, als Geld von andern zu nehmen. Was hätten sie sonst tun sollen? Sollten sie Hungers sterben? Das will die Thora doch nicht. Du findest auch eine Geschichte, die man zum Beweise dafür (dass Thoragelehrte Geld annehmen dürfen) anführt, indem es (Baba Mezia 84b) heißt: Es steht (Spr. Sal. 31, 14): “Sie ist gleich dem Kaufmannsschiffe, das aus der Ferne sein Brot bringt”, womit ein mit Leibesfehlem Behafteter gemeint ist, der keine Arbeit verrichten kann, aber wenn er arbeiten kann, hat die Thora es ihm nicht erlaubt. R. Josef führte Holz von einem Ort zum andern und sagte: Schön (gut) ist die Arbeit, denn sie erwärmt den, der sie verrichtet, d. h. bei der Mühe (dem Schweisse) seiner Glieder, denn bei dem Holzführen, was eine schwere Arbeit ist, wurde ohne Zweifel sein Körper warm, was er gern hatte und freute er sich darüber, denn er genoss von dem, was Gott ihm zugeteilt hatte, ausgezeichnet durch die Tugend der Genügsamkeit. Ich hörte auch, dass verrückte und verdrehte Leute ihre Ansicht darauf gründen (dass Gottesgelehrte Geld annehmen dürfen), weil (Berachoth 10b) die Weisen sagen: Wer (von den Menschen) einen Genuss haben will, soll ihn haben, wie Elisa (d.h. er darf annehmen, wie auch Elisa manches angenommen hat, z. B. von der Sunamiterin, II Kön. 4, 7) und wer keinen Genuss von andern haben will, soll sich dessen enthalten, wie Samuel, der Mann aus Rama getan hat (von dem I Sam. 7, 17 steht: “Seine Heimkehr war nach Rama, denn dort war sein Haus”, d.h. er nahm auf seinen Reisen nichts zu essen an, sondern kehrte immer gleich wieder nach Haus zurück), was jedoch mit dem, was die Gegner erweisen wollen, gar nicht zu vergleichen ist; aber das scheint mir der grösste Irrtum zu sein, davon überhaupt einen Beweis bringen zu wollen, obwohl die Sache ganz klar und jeder Irrtum dabei ausgeschlossen ist, denn Elisa hat von den Leuten gar kein Geld angenommen und um so weniger von ihnen etwas verlangt, oder, Gott bewahre, ihnen bestimmte Gaben auferlegt, er hat sich nur die Ehre gefallen lassen, die man ihm erwies, wenn man ihn eingeladen hat, sobald er vor jemandem vorüberging, er ass alsdann bei dem Manne entweder bei Tage oder bei Nacht und kehrte dann wieder zu seinen Geschäften zurück. Samuel jedoch ging überhaupt zu niemandem ins Haus und ass bei niemandem. Ähnlich sagten die talmudischen Weisen: “Wenn ein Gottesgelehrter sich daran ein Beispiel nehmen und gar nicht in ein Haus gehen will, darf er, will er sich aber von jemandem einladen lassen, wenn er vor ihm vorübergeht, da er für die Reise Speise nötig hat, darf er es gleichfalls”, weil man bereits davor gewarnt hat, bei einem zu essen, ohne dass man es nötig hat. Ferner heißt es (Pessachim 49a): “Ein Gottesgelehrter, der überall lange Mahlzeiten hält usw. (wird verschiedentlich bestraft).” Ferner steht (ibid.): “Von einer Mahlzeit, die nicht eines religiösen Zwecks wegen abgehalten wird, darf ein Gottesgelehrter nichts geniessen.” Wozu soll ich übrigens noch weiter darüber sprechen? Nur folgendes will ich noch erwähnen: Es heißt (Nedarim 62a): “Einst hatte jemand einen Weinberg, in den Diebe hineingingen und fand der Mann, dass seine Früchte täglich weniger werden, so dass es ihm nicht Zweifelhaft war, dass einer von den Dieben es auf den Weinberg abgesehen hatte, was ihn sehr ärgerte während der ganzen Zeit der Lese. Er las, soviel da war und liess die Trauben trocknen und sammelte die getrockneten Weintrauben ein. Die Leute pflegen aber dabei einzelne Beeren von den Datteln und von den Weinstöcken fallen zu lassen, was als herrenloses Gut zu essen erlaubt ist, das die Eigentümer für die Finder in Behältern hingelegt haben. Einmal kam R. Tarfon zufällig in den Weinberg, er setzte sich hin und las von den getrockneten Weintrauben, die zur Erde gefallen waren, auf und ass sie. Der Eigentümer des Weinbergs kam gerade dazu und hielt ihn für den Dieb, der immer die Früchte aus dem Weinberge gestohlen hatte, er kannte ihn zwar nicht, aber er hatte von ihm gehört (dass es einen großen Gelehrten namens R. Tarfon gebe). Er fasste ihn, bemächtigte sich seiner, tat ihn in einen Sack, nahm ihn auf den Rücken, um ihn in den Fluss zu werfen. Als R. Tarfon dies sah, schrie er und rief: Wehe dir, Tarfon, der Mann will dich töten! Wie dies der Eigentümer des Weinbergs hörte, liess er ihn gehen und floh, da er nach seiner Ansicht eine große Sünde getan hatte. Da grämte sich R. Tarfon von dem Tage an während seines ganzen Lebens und bedauerte es, dass er die Ehre der Thora (d. h, seine Berühmtheit als Thorakenner) benutzt habe, um sich dadurch das Leben zu retten.” Nun war R. Tarfon sehr reich und konnte sagen: Lass mich, ich will dir so und so viel Golddenare geben, er hätte sie ihm wirklich gegeben und brauchte er gar nicht zu sagen, dass er der (berühmte) R. Tarfon sei und hätte er sich durch sein Geld, nicht durch die Thora, retten können. Deshalb sagte man: Der Fromme grämte sich sein Leben lang darüber und sagte: Wehe mir, dass ich mich der Krone der Thora bediente, denn wer sich ihrer bedient, hat keinen Anteil an der ewigen Seligkeit und wird der Welt entrissen. Und sagten sie (die Weisen) auch, er (R. Tarfon) grämte sich, weil er sehr reich war und den Mann mit Gold hätte befriedigen können. Ebenso steht (Baba bathra 8a): “Rabbi (R. Jehuda hanassi) öffnete die Vorratskammern in einem Hungersnotjahre und sagte: Wer will, soll kommen und sich Nahrung holen, aber er muss ein Gottesgelehrter sein. Da kam R. Jonathan b. Amram und stellte sich vor ihn (Rabbi) hin, der ihn jedoch nicht erkannte. Jener sagte: Rabbi, ernähre mich. Da sagte Rabbi zu ihm: Hast du Bibel gelernt? Nein, gab jener zur Antwort. Hast du Mischna gelernt? Nein, lautete wieder die Antwort. Aus welchem Grunde soll ich dir Nahrung geben? Er antwortete: Ernähre mich wie einen Hund und wie einen Raben” (die auch Anspruch auf das menschliche Mitleid haben), d.h. wenn ich auch kein Weiser bin, so gib mir doch Nahrung, wie Gott auch ein unreines wildes Tier oder einen unreinen Vogel speist, denn ein Ungebildeter wird doch nicht weniger sein als diese Tiere. Darauf gab ihm Rabbi Nahrung, aber nachträglich bereute er es, dass er sich hat durch dessen Worte überreden lassen und sprach: Wehe mir, dass ein Am ha arez (Ungebildeter) von meinem Vermögen einen Genuss hatte! Die diesen Ausspruch hörten, sagten zu ihm: Vielleicht war der Mann Jonathan b. Amram, dein Schüler, der von der Thora keinen Nutzen haben will (und deshalb sich nicht als thorakundig ausgab), wenn er es vermeiden kann, selbst auf eine listige Weise. Man forschte nach und fand, dass es wirklich so war. Diese zwei Erzählungen mögen die Gegner (meiner Ansicht) zum Schweigen bringen. Die Thora erlaubt jedoch den Gottesgelehrten, einem andern Geld zu geben, dass er nach Gutdünken für sie Geschäfte mache und darf dieser ihnen den ganzen Verdienst überlassen, wenn er will, wofür er einen großen Lohn (von Gott) zu erwarten hat. Das ist es auch, was (Pessachim 53b) steht: “Wer Gelehrten Ware übergibt (damit sie davon Nutzen ziehen, eigentlich ihnen in den Beutel wirft, der erlangt eine erhabene Stufe im Himmel)”, oder was (Baba bathra 22a) steht: “Man darf die Ware, die Gottesgelehrten gehört, vor allen andern Waren verkaufen und darf man für sie zuerst auf dem Markte einkaufen.” Das sind die bestimmten Gaben, die Gott ihnen zugewiesen hat, ähnlich wie dem Aharoniden und dem Leviten Gaben und Zehnten bestimmt sind, was traditionell ist; denn dies beides tun die Kaufleute teilweise ehrenhalber, wenn auch keine Weisheit dabei ist und verdient ein Gottesgelehrter wenigstens so geehrt zu werden, wie ein Am ha arez. Ebenso hat die Thora für die Gottesgelehrten die königlichen Beisteuern, die Verpflegung des Heeres (auf einem Marsche) und sonstige für jeden einzelnen bestimmte Steuern, die Kopfsteuer genannt werden, herabgesetzt und soll die Gemeinde für sie die Steuern zahlen, was auch bezüglich der Errichtung einer Mauer und dergl. gilt. Auch wenn der Gottesgelehrte Geld hat, braucht er dazu nichts beizusteuern. Es entschied bereits R. Josef Halevi in Betreff eines Mannes, der an einem Orte Gärten und Weinberge hatte und davon mehrere tausend Golddenare an Steuern hätte zahlen sollen, dass er von jeder Steuer frei ist, weil er ein Gottesgelehrter war, obwohl selbst ein Armer in Israel an dieser Steuer hat teilnehmen müssen. Das ist Thoragesetz, wie die Thora auch die Aharoniden von dem halben Schekel befreite, wie wir am betreffenden Orte des näheren ausgeführt haben, und sie auch von allem befreit waren, was dem ähnlich war.↩︎

  6. Die Verehrung der Thora besteht in den Belehrungen (Entscheidungen nach ihr), der Eifer (im Thorastudium) besteht in dem Tun und Handeln (nach ihr), auch indem man die Weisen ehrt, die die Thora bestehen lassen (erhalten) und die Bücher schätzt, die über die Thora verfasst wurden, das Gegenteil davon ist Entweihung der Thora.↩︎

  7. Er fühlt sich stark in Entscheidungen und fällt sie ohne Angst und Furcht.↩︎

  8. Ein bei der Menge anerkannter Mann darf nach Sanhedrin allein richten, aber das ist nach dem Schriftworte, hier warnt man davor vom Standpunkt der Moral, nicht vom Standpunkt des rituellen Verbotes.↩︎

  9. Wenn die Kollegen anderer Meinung sind, sollst du sie nicht nötigen, deine Ansicht anzunehmen, denn sie wissen, ob sie sich zu deiner Ansicht bekennen dürfen und du hast kein Recht, einen Druck auf sie auszuüben, um deine Ansicht durchzusetzen.↩︎

  10. Wer als Armer sich quält und Mühe hat, Zeit zum Thorastudium zu finden, wird noch als Reicher Thora lernen können, ohne dass ihn etwas vom Lernen fernhalten wird.↩︎

  11. Wer aber als Reicher nicht Thora studiert, weil er viel Geld hat, um viel an Mahlzeiten teilzunehmen, der wird noch arm werden und dann wird er keine Zeit haben, Thora zu lernen, weil er zu viel von Nahrungssorgen geplagt sein wird.↩︎

  12. d.h. nicht bloss vor Grossen und Vornehmen sollst du dich erniedrigen, sondern vor jeglichem Menschen, wenn du mit jemand zusammen sitzest, sprich mit ihm, als wenn er höher stünde als du, damit jeder Stolz dir fern sei.↩︎

  13. d.h. die Sorgen des Lebens, wie Nahrungssorgen und dergl., werden dich von der Thora abziehen.↩︎

  14. Die Busse nach begangenen schlechten Taten und die gleich von vornherein geübten Guttaten verhindern die Plagen und Krankheiten des Menschen.↩︎

  15. Das Priestertum erhielt Aharon, das Königtum David und die Krone der Thora liegt für jeden da, wer will, kann sich mit ihr schmücken. Der Talmud sagt: Du wirst vielleicht meinen, dass diese Krone geringer an Wert sei, als die ersten beiden; so ist es nicht, sie ist vielmehr wertvoller als jene, denn in ihr sind jene mit enthalten, wie (Spr. Sal. 8, 15) steht: “Durch mich regieren Könige, und Fürsten geben gerechte Gesetze”. Ferner steht (ibid.): “Durch mich herrschen die Fürsten (V. 16), durch die Thora entsteht der gute Name”, d.h. die Erkenntnis und das Tun liegt in ihr (der Thora), denn dadurch erlangt man einen wahrhaft guten Namen.↩︎

  16. Stütze dich nicht auf deine Vernunft, die dir sagt, du bedarfst der Genossen zum Studium gar nicht, auch nicht der Schüler, die dich anregen.↩︎

  17. Besser ein Schüler bei großen Lehrern sein, als Lehrer für geringe Schüler, denn im ersten Falle nimmt man an Wissen zu und im letzteren ab. Dennoch sagten wir im Traktat Sanhedrin: Man nahm zum Vorsitzenden des 23gliedrigen Richterkollegiums den letzten der 71 Synhedristen, denn das war eine Rangerhöhung für den Betreffenden.↩︎

  18. In dieser Welt soll man Tugenden sich aneignen, durch die man des jenseitigen Lebens teilhaftig wird, denn diese Welt ist eine Brücke, die zur künftigen Welt hinüberführt.↩︎

  19. Wir setzten bereits im Abschnitt von Sanhedrin auseinander, dass nach dem Tode keine Vervollkommnung und Zunahme der Seelenkräfte möglich ist, aber der Mensch kann hienieden seine Tugenden vervollkommnen und vermehren, was Salomo mit den Worten (Koheleth 9, 10) andeutet: “Nicht Tat und Berechnung und Kenntnis und Weisheit gibt es in dem Grabe, wohin du gehst”, aber das Gute, das der Mensch tut, bleibt ihm für ewig und deshalb muss der Mensch in der kurzen Zeit seines Lebens sich anstrengen und darf seine Zeit nicht vergeuden, sondern muss sie dazu verwenden, sich Tugenden anzueignen, denn wenn er es nicht tut, ist der Schaden groß. Da man das Versäumte nicht gutmachen kann und das die Frommen wussten, suchten sie die Zeit nur zuzubringen mit Weisheit und mit Vermehrung der Tugenden. Sie brachten die meiste Zeit auf dem Wege der Wahrheit (der Gotteslehre) zu und vergeudeten nur wenig Zeit mit dem Materiellen und Irdischen, soweit es nötig war und nicht anders ging. Andere verwendeten ihre ganze Zeit auf das Irdische allein und gingen davon fort, wie sie kamen, wie Koheleth 5, 15 steht: “Ganz wie er gekommen, muss er gehen”; diese erleiden alle einen ewigen Verlust. Das Volk verkennt die Wahrheit in dieser Frage und meint, die erstere Klasse geht der Welt verlustig und die letztere Klasse gewinnt die Welt, was jedoch gerade umgekehrt ist, wie wir sagten. Sie machen die Finsternis zum Licht und das Licht zur Finsternis. Wehe über die, welche die Wahrheit tilgen! Salomo hat das Richtige getroffen mit seinem Buche Koheleth, worin er den Gewinn der (wahren) Welt preist und den Verlust schändet. Er erklärt, dass nach dem Tode von Gewinn und Erwerb dessen, wovon man hier sich trennen musste, nicht die Rede sein kann, was vollständig wahr ist. Wenn du das Buch (Koheleth) genau lesen wirst, wird die Wahrheit ans Licht gebracht werden.↩︎

  20. Das ist klar und in den menschlichen Verhältnissen als Morallehre begründet, wovon man nicht bei Gelegenheit abgehen darf.↩︎

  21. Es ist dies allerdings der Ausspruch Salomos, aber der Weise (sc. Samuel) bediente sich dieser Verse als Morrallehren und warnte vor einer solchen Sünde.↩︎

  22. Was man in der Jugend lernt, behält man und vergisst es nicht leicht, während im Alter es umgekehrt ist. Das ist klar und einleuchtend.↩︎

  23. Weil ihre Ansichten noch nicht geklärt und sicher sind, und sich dagegen noch viel einwenden lässt.↩︎

  24. d.h. bei manchen jungen Leuten findet man schon sichere und zuverlässige Lehrmeinungen, gleich altem Wein, wovon die Hefe abgesondert ist, wie es auch alte Leute gibt, die gar keine Weisheit besitzen und um so weniger unklare und verworrene Gelehrsamkeit besitzen.↩︎

  25. d.h. er richtet (bestimmt) jetzt alle fürs Leben, für den Tod und für alles Sonstige, was im Leben vorkommt und er wird einst bestimmen, wer in der zukünftigen Welt leben soll, wer Lohn (für die guten Taten) und Strafe (für die bösen Taten) erhalten soll.↩︎

  26. Nicht etwa, um das Recht zu beugen, denn das braucht nicht gesagt zu werden, dass es Gott nicht tut, aber gemeint ist, er bevorzugt die guten Taten nicht, wenn der Mensch z. B. 1000 gute Taten und eine schlechte Tat vollzieht, so verzeiht Gott diese eine schlechte Tat nicht wegen der vielen Guttaten und nimmt von 1000 guten Taten nicht eine fort, um zu kompensieren, sondern er bestraft den Menschen wegen der einen Sünde und gibt ihm den vollen Lohn für die 1000 guten Taten. Er übt auch kein Ansehen der Person, sondern bestraft einen, der viel Tugenden besitzt, wegen eines geringen Vergehens, wie z. B. Moses beim Haderwasser bestraft wurde, weil er in Zorn geriet und anderseits Esau belohnt wurde, weil er Vater und Mutter ehrte, ebenso Nebukadnezar, weil er Gott verehrte.↩︎

  27. d.h. denke an die physischen Dinge, wobei der Mensch keine Wahl hat, wie unsere Weisen sagen: Alles liegt in Gottes Hand, nur nicht die Gottesfurcht. Es steht nicht: Du musst mit Gewalt und gegen deinen Willen sündigen, oder du musst mit Gewalt reisen, gehen oder stehen und dergl., denn das steht in der Gewalt des Menschen und hängt von seinem freien Willen ab, ohne dass ein Zwang dabei besteht, wie wir im 5. Abschnitt erklärten.↩︎